Hamburger ZwSt auch für Altbau-Mietwohnung mit einem über Abluftgitter und Abluftschacht entlüftbaren fensterlosen Waschraum
Gesetze: Hamburgisches ZwStG § 2 Abs. 3
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Mieter einer von ihnen genutzten Wohnung in Hamburg und dort mit Nebenwohnung gemeldet. Die Wohnung befindet sich in einem Mehrfamilienhaus. Sie verfügt über einen fensterlosen Waschraum mit Badewanne und Waschbecken, der über ein in der Decke befindliches Abluftgitter und einen Abluftschacht entlüftet wird.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) setzte gegen die Kläger mit geänderten Bescheiden vom Zweitwohnungsteuer für 1993 bis 1995 von jährlich je 312 DM fest. Die hiergegen erhobenen Einsprüche hatten keinen Erfolg. Mit ihrer Klage machten die Kläger geltend, dass ihre Mietwohnung mangels eines ausreichend durchlüftbaren Waschraums nicht der Zweitwohnungsteuer unterliege. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, nachdem es zur Frage der Durchlüftbarkeit des Waschraums ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte, mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 395 veröffentlichten Urteil statt und führte zur Begründung aus: Der Zweitwohnung der Kläger fehle mangels ausreichender Durchlüftbarkeit des Waschraums ein für die Eigenschaft als Wohnung i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 des Zweitwohnungsteuergesetzes der Freien und Hansestadt Hamburg (HZwStG) vom (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt —GVBl HA—, 330) erforderliches Merkmal. Das sich aus § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG i.V.m. § 45 Abs. 5 der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) vom (GVBl HA 1986, 183 i.d.F. des Gesetzes vom , GVBl HA 1992, 83) ergebende Erfordernis der Durchlüftbarkeit des Waschraums sei ausschließlich nach Bauordnungsrecht zu beurteilen. Unter Zugrundelegung des § 3 Abs. 3 HBauO und der DIN-Vorschrift 18017 sei die Durchlüftung des Waschraums aufgrund der vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen als unzureichend zu beurteilen.
Mit der Revision rügt das FA fehlerhafte Anwendung des § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG. Das HZwStG solle auch preisgünstige Altbauwohnungen erfassen, so dass der zweitwohnungsteuerrechtliche Wohnungsbegriff lediglich an dem nach der Verkehrsauffassung am Wohnungsmarkt maßgebenden Wohnungsstandard auszurichten sei. Dies schließe eine Beurteilung der Durchlüftbarkeit des Waschraums nach den modernsten Maßstäben der DIN 18017 aus.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Das FG hat den Begriff der Wohnung i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG verkannt.
1. Das HZwStG ist revisibles Recht, dessen Auslegung durch das FG der Überprüfung durch den Senat im Revisionsverfahren unterliegt (s. § 1 Nr. 4 des Hamburgischen Abgabengesetzes vom , GVBl HA I 1976, 45, BStBl I 1976, 290; § 5 des Hamburger Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung vom , GVBl HA I 1965, 225).
2. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 HZwStG ist der Inhaber einer in Hamburg gelegenen Zweitwohnung (§ 2 HZwStG) steuerpflichtig. „Wohnung„ im Sinne des HZwStG ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG jede Gesamtheit von Räumen, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird und den Anforderungen des § 45 Abs. 3, 5 und 6 Sätze 1 und 2 HBauO genügt. Gemäß § 45 Abs. 5 HBauO muss jede Wohnung einen durchlüftbaren Waschraum mit Bade- oder Duscheinrichtung haben. Der Auffassung des FG, dass die Anforderungen an die Durchlüftbarkeit des Waschraums mangels eigenständiger Regelung im HZwStG nach Maßgabe des § 3 Abs. 3 HBauO i.V.m. der DIN-Norm 18017 zu beurteilen sind, kann unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG nicht gefolgt werden.
Der Begriff der Wohnung in § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG ist nicht wegen der Verweisung auf Einzelbestimmungen des § 45 HBauO nach Bauordnungsrecht auszulegen. Grundsätzlich sind steuerrechtliche Tatbestandsmerkmale, auch wenn sie einem anderen Rechtsgebiet entnommen sind, nach dem steuerrechtlichen Bedeutungszusammenhang, nach dem Zweck des jeweiligen Steuergesetzes und dem Inhalt der einschlägigen Einzelregelung zu interpretieren. Es besteht weder eine Vermutung für ein übereinstimmendes noch für ein abweichendes Verständnis. Durch Auslegung ist jeweils zu ermitteln, ob das Steuerrecht den Wertungen des jeweiligen Rechtsgebiets folgt oder mit Hilfe des entlehnten Begriffs eigenständige steuerrechtliche Tatbestände bildet (, BStBl II 1992, 212). Dies muss auch dann gelten, wenn eine steuergesetzliche Regelung —wie hier § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG— auf eine Vorschrift eines anderen Rechtsgebiets verweist.
Zweck der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer ist die Besteuerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wie sie typischerweise im Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt (, BFHE 182, 243, BStBl II 1997, 469). Dies setzt voraus, dass die Wohnung tatsächlich zu einem —mindestens vorübergehenden— Wohnen geeignet ist. In diesem Rahmen erstreckt sich die Steuerpflicht auch auf das Innehaben von (Altbau-)Wohnungen mit unzeitgemäß niedrigem Ausstattungsstandard; die Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer ist nicht mit einer Luxussteuer gleichzusetzen (, BFH/NV 2002, 232).
Diesem Zweck der Zweitwohnungsteuer entsprechend dient der in § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG unter Verweisung auf § 45 Abs. 3, 5 und 6 Sätze 1 und 2 HBauO definierte Wohnungsbegriff nur der typisierenden Umschreibung der Wohnungen, die aufgrund der näher festgeschriebenen qualitativen Anforderungen zweitwohnungsteuerrechtlich als zum Wohnen geeignet anzusehen sind und deren Innehaben typischerweise wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt (vgl. auch , BFHE 182, 249). Damit ist —lediglich— ein Mindestbestand an Räumlichkeiten und Wohnungsausstattung vorausgesetzt (vgl. Gesetzesbegründung des HZwStG, BTDrucks 14/2408, S. 4 f.). Die der Zweitwohnungsteuer unterliegenden Wohnungen müssen jedoch nicht alle für Neu- oder Umbaumaßnahmen geltenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen erfüllen. Vielmehr zeigt die auf Teilausschnitte des § 45 HBauO beschränkte Verweisung des § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG, dass die Wohnung im Sinne dieser Vorschrift weder eine bauliche Abgeschlossenheit und das Vorhandensein von Abstellräumen (§ 45 Abs. 1 und 4 HBauO) noch eine Durchlüftbarkeit von Wohnung und Toilettenräumen (§ 45 Abs. 2 und 6 Satz 4 HBauO) voraussetzt. Mangels Verweisung auf § 3 HBauO kommt es auch nicht darauf an, ob die Wohnung den für bauliche Anlagen, Bauprodukte und Bauausführungen geltenden allgemeinen bauordnungsrechtlichen Anforderungen genügt. Daher rechtfertigt es weder Wortlaut noch Zweck der Verweisung des § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG auf § 43 Abs. 5 HBauO, den Begriff des „durchlüftbaren„ Waschraums über den bloßen Wortsinn hinaus an qualifizierten bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten auszurichten. Eine Wohnung im zweitwohnungsteuerrechtlichen Sinn liegt deshalb auch dann vor, wenn ein vorhandener durchlüftbarer Waschraum im Maß der Durchlüftbarkeit nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 3 HBauO und den insoweit einschlägigen Technischen Baubestimmungen entspricht.
3. Die Sache ist spruchreif. Die angegriffenen Zweitwohnungsteuerbescheide sind rechtmäßig. Die Kläger waren in den Streitjahren Inhaber einer Zweitwohnung in der Freien und Hansestadt Hamburg. Diese Zweitwohnung genügte den Anforderungen des § 2 Abs. 3 Satz 1 HZwStG, da sie aufgrund der vorhandenen Ablufteinrichtung über einen durchlüftbaren Waschraum verfügte. Der Umstand, dass das Maß der Durchlüftung nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 3 HBauO und der DIN-Norm 18017 entspricht, steht der Annahme einer Wohnung i.S. des § 2 Abs. 3 HZwStG nicht entgegen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 546 Nr. 4
RAAAB-13732