Leitsätze
1. Eine haftungsbegründende vorsätzliche Lohnsteuerpflichtverletzung des Geschäftsführers einer GmbH liegt nicht nur bei Schwarzlohnzahlungen,
sondern auch dann vor, wenn er die Lohnsteuer zwar ordnungsgemäß einbehält und anmeldet, jedoch erst an das Finanzamt abführen
will, wenn ein gegenwärtig bestehender finanzieller Engpass der GmbH behoben ist.
2. Im Falle eines solchen Engpasses trifft den Geschäftsführer die Verpflichtung, die zur Auszahlung anstehenden Lohnmittel
so aufzuteilen, dass vermittels nur gekürzt ausgezahlter Löhne zugleich auch der staatliche Steueranspruch erfüllt werden
kann, es sei denn, der GmbH hätten keine Mittel zur Verfügung gestanden, die der Geschäftsführer zu Lohn(steuer)zahlungen
hätte verwenden können. Für diesen Ausnahmefall ist jedoch nicht die Ausschöpfung speziell des Etats für Lohngelder, sondern
das generelle Fehlen von Finanzmitteln der Gesellschaft entscheidend.
3. Im Falle einer Inhaftungnahme des Geschäftsführers wegen Lohnsteuerhinterziehung durch Schwarzlohnzahlungen können die
hinterzogenen Abzugssteuernbeträge erforderlichenfalls in Anwendung eines nach § 162 AO regelmäßig als Bruttodurchschnittssteuersatz
zu schätzenden Steuersatzes ermittelt werden.
4. Entscheidet sich das Finanzamt erstmals in der Einspruchsentscheidung, den Geschäftsführer nunmehr auch wegen Lohnsteuerhinterziehung
in Haftung zu nehmen, ohne ihn dazu gehört zu haben, so ist dies jedenfalls dann ohne rechtlichen Belang, wenn sich dadurch
für den Geschäftsführer im konkreten Einzelfall kein Rechtsnachteil ergibt.
5. Erfolgt die Inhaftungnahme des Geschäftsführers wegen Nichtabführung ordnungsgemäß einbehaltener und angemeldeter Lohnsteuer,
bestimmt sich die Höhe der Haftungsschuld nach den rückständigen Beträgen der jeweiligen Lohnsteueranmeldungen der GmbH, weil
durch diese Anmeldungen erklärt wurde, dass die entsprechenden Löhne und Gehälter ausgezahlt worden sind. Deshalb trifft den
haftenden Geschäftsführer die volle Beweislast dafür, dass die Löhne abweichend von den Anmeldungen tatsächlich nicht oder
nicht vollständig ausgezahlt worden sind.
6. Im Falle der Lohnsteuerinhaftungnahme des Geschäftsführers wegen Schwarzlohnzahlungen braucht die Ermessensbegründung des
Finanzamtes auf die Nichtinanspruchnahme der Schwarzlohnempfänger dann nicht einzugehen, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür
ersichtlich sind, dass sie von dem an Stelle der untergegangenen Arbeitgeber-GmbH in Haftung genommenen Geschäftsführer in
Regress genommen werden sollen.
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.