Keine Änderung eines Erbschaftsteuerbescheids nach §
173 Abs. 1,
§ 175 Abs. 1 AO
bei geänderter Auslegung eines Testaments durch das Beschwerdegericht im
Erbscheinverfahren
Erbschaftsteuer
Leitsatz
1. Ein Erbschein entfaltet ebenso wie
eine dessen Inhalt abändernde Entscheidung des Beschwerdegerichts im
Erbscheinverfahren, anders als ein zivilrechtliches Urteil, keine Bindung in
rechtlicher oder in tatsächlicher Hinsicht. Die Finanzbehörden und
die Finanzgerichte sind, sofern Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des
Erbscheins erkennbar sind, berechtigt und verpflichtet, das Erbrecht –
insbesondere durch Auslegung des Testamentes – selbst zu ermitteln.
Entsprechendes gilt hinsichtlich eines im Erbscheinverfahren ergangenen
Beschlusses eines Beschwerdegerichts, durch den das Amtsgericht als
Nachlassgericht zur Einziehung eines Erbscheins angewiesen wird.
2. Bei der Frage, ob die im Erbschein
zum Ausdruck gekommene Wertung des Amtsgerichts richtig ist, handelt es sich
nicht um eine Tatsache i.S. des
§ 173 Abs. 1 AO,
sondern um eine aus den vorhandenen Tatsachen – insbesondere dem
Testament – zu ziehende juristische Schlussfolgerung.
3. Mit der geänderten Auslegung
eines Testamentes durch das Beschwerdegericht im Erbscheinverfahren ist kein
Sachverhalt anders gestaltet worden i.S. des
§ 175 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 AO, sondern vielmehr die durch die
testamentarische Verfügung festgelegte Erbfolge rechtlich anders als zuvor
durch das Amtsgericht als Nachlassgericht bewertet worden.
4. Eine Bescheidänderung nach
§ 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5
AO setzt u.a. voraus, dass diese von dem
Begünstigten beantragt worden ist.
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