Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
Grundlagen - Stand: 17.08.2020

Betriebsverpachtung

Catrin Geißler

I. Definition der Betriebsverpachtung

Die Betriebsverpachtung im Ganzen ist – ebenso wie das „Ruhen des Betriebs” – ein ursprünglich von der steuerlichen Rechtsprechung geschaffenes und von der Steuerverwaltung anerkanntes Institut, welches es dem Betriebsinhaber ermöglicht, seinen Gewerbebetrieb – nach neuerer Rechtsprechung nicht notwendig mit der Absicht der späteren Wiederaufnahme (als subjektives Merkmal) – zu unterbrechen, ohne dass ein Zwang zur Aufdeckung der im Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven im Rahmen einer Betriebsaufgabe besteht. Hierdurch kann eine Steuerzahlung zu einem Zeitpunkt vermieden werden, in dem hierfür möglicherweise keine ausreichenden Mittel zur Verfügung stehen.

Mit Wirkung ab dem ist das Rechtsinstitut der Betriebsverpachtung in § 16 Abs. 3b EStG auch gesetzlich verankert. Zur Auslegung hat sich die Finanzverwaltung in einem Anwendungsschreiben geäußert.

Dem Verpächter wird gleichwohl ein Wahlrecht eingeräumt, die Betriebsaufgabe zu erklären (Verpächterwahlrecht). Das Wahlrecht kann jedoch dann nicht ausgeübt werden, wenn die Betriebsverpachtung bereits aus anderen Gründen eine gewerbliche Tätigkeit darstellt (Subsidiarität der Betriebsverpachtung).

Sofern das Verpächterwahlrecht danach nicht in seiner Ausübung beschränkt ist, unterliegen die im Rahmen der Betriebsverpachtung erzielten gewerblichen Einkünfte nicht der Gewerbesteuer, da es an einem „werbenden” Betrieb fehlt.

Ein Verpächterwahlrecht besteht auch bei einem verpachteten Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sowie bei einer verpachteten freiberuflichen Praxis.

Das Verpächterwahlrecht geht im Rahmen unentgeltlicher Einzelrechtsnachfolge sowie im Fall der Gesamtrechtsnachfolge auf den Rechtsnachfolger über. Entsprechendes gilt bei der Umwandlung des Verpächters in eine Personengesellschaft sowie bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen einer verpachtenden Personengesellschaft, sofern nicht alle Anteile innerhalb kurzer Zeit an neue Gesellschafter übertragen werden.

II. Sachliche und persönliche Voraussetzungen

Eine Betriebsverpachtung liegt vor, wenn und solange

  • ein zunächst vom Verpächter oder seinem „unentgeltlichen” Rechtsvorgänger bewirtschafteter

  • Betrieb oder Teilbetrieb mit seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen (im funktionellen Sinne)

  • im Ganzen

  • an einen Anderen verpachtet wird, und

  • der Betrieb auch objektiv in der bisherigen Form fortgeführt werden kann.

Eine Betriebsverpachtung im vorstehenden Sinne einer Betriebsunterbrechung liegt insbesondere dann nicht (mehr) vor, wenn

  • eine Wiederaufnahme des ursprünglichen Betriebs nicht ohne erheblichen Aufwand möglich ist;

  • wesentliche Betriebsgrundlagen so umgestaltet werden, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden können;

  • ein deutsches Besteuerungsrecht mangels unbeschränkter Einkommensteuerpflicht des Verpächters oder nach einem DBA entfällt.

Demgegenüber kann ein Grundstück im Sonderbetriebsvermögen, das bisher wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs einer Personengesellschaft war, auch dann Gegenstand einer Betriebsverpachtung sein, wenn die Personengesellschaft liquidiert wurde.

III. Besteuerungsfolgen

1. Einkommensteuer

In Folge der Betriebsverpachtung erzielt der Verpächter unter Vermeidung einer Betriebsaufgabe weiterhin Einkünfte aus

  • Gewerbebetrieb,

  • Land- und Forstwirtschaft oder

  • selbständiger Arbeit.

Bei einer Betriebsverpachtung entfällt die Möglichkeit des Verpächters, Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG vorzunehmen und Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG in Anspruch zu nehmen.

Liegen die Voraussetzungen der Betriebsverpachtung nicht insgesamt von Beginn an vor oder entfällt eine Voraussetzung und

  • sind nicht stattdessen die Voraussetzungen für einen ruhenden Gewerbebetrieb erfüllt oder

  • ist nicht aus anderem Grund eine Gewerblichkeit der Verpachtung gegeben,

so ist in diesem Zeitpunkt eine Besteuerung der im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven nach den Regeln der Betriebsaufgabe vorzunehmen.

Lagen die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung ursprünglich vor, so führt der nachträgliche Wegfall dieser Voraussetzungen - z. B. die Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen - gem. § 16 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 EStG ab dem erst dann zu einer Zwangsbetriebsaufgabe, wenn dem Finanzamt dies bekannt wird.

2. Gewerbesteuer

Gewerbliche Einkünfte aus Betriebsverpachtung unterliegen mangels „werbender” Tätigkeit nicht der Gewerbesteuer, wenn und solange nicht das Verpächterwahlrecht

  • durch eine weitere gewerbliche Betätigung oder

  • durch Gesetz überlagert wird.

3. Umsatzsteuer

  • Die Durchschnittsatzbesteuerung erfordert einen aktiven land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Mit der Betriebsverpachtung entfällt damit regelmäßig die Möglichkeit der Durchschnittsatzbesteuerung.

  • Die Betriebsverpachtung kann eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse darstellen und daher Anlass für Vorsteuerberichtigungen geben.

Testen Sie kostenfrei eines der folgenden Produkte, die das Dokument enthalten:

NWB MAX
NWB PLUS
NWB PRO
Wählen Sie das für Ihre Bedürfnisse passende NWB-Paket und testen Sie dieses kostenfrei
Jetzt testen