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BSG Urteil v. - B 1 KR 3/24 R

Instanzenzug: Az: S 9 KR 2984/21 Urteilvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 5 KR 3223/22 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung eines pflegesensitiven Bereichs in ihrem Krankenhaus im Fachgebiet der Neurologie für 2021 durch die Beklagte.

2Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, das mit den Fachgebieten Chirurgie und Neurologie in den Krankenhausplan des Landes B aufgenommen worden ist. Nach dem Feststellungsbescheid vom ist der Versorgungsauftrag im Fachgebiet Chirurgie auf "konservative Behandlungen im Bereich der Facharztkompetenz Orthopädie und Unfallchirurgie" beschränkt. Eine Beschränkung des Versorgungsauftrags im Fachgebiet Neurologie ergibt sich aus dem Feststellungbescheid nicht.

3Die Beklagte ist das in der Rechtsform einer GmbH betriebene, von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband), dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) gegründete Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, dessen Aufgabe es ua ist, nach § 3 der aufgrund von § 137i Abs 3 Satz 1 iVm Satz 2 SGB V erlassenen Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern für das Jahr 2021 (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung - PpUGV; vorliegend maßgeblich idF vom , BGBl I 2357) pflegesensitive Bereiche in den Krankenhäusern zu ermitteln und nach § 5 Abs 1 PpUGV den betroffenen Krankenhäusern das Ergebnis der Ermittlungen zu übermitteln.

4Mit Schreiben vom teilte die Beklagte der Klägerin mit, zwar sei nach den in § 3 Abs 2 Nr 2 und 3 und Abs 3 PpUGV geregelten Kriterien kein pflegesensitiver Bereich für das Krankenhaus der Klägerin ermittelt worden, jedoch verfüge sie mit ihrer neurologischen Fachabteilung nach § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV über einen pflegesensitiven Bereich. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom : Die in einer typischen neurologischen Fachabteilung eines Krankenhauses anzutreffenden Krankheitsbilder der Neurologie (Hirninfarkt, Epilepsie, Entzündungen des Nervensystems) würden in ihrem Krankenhaus nicht behandelt. Hohe Fallzahlen pflegeintensiver Prozeduren, wie beispielsweise bei der neurologischen Komplexbehandlung, seien überhaupt nicht anzutreffen. Auf der Grundlage der Pflegepersonal-Regelungen (PPR-Werte) sei eine Zuordnung der Krankheitsbilder, die in ihrem Krankenhaus versorgt würden, ganz überwiegend lediglich in den Bereich pflegerischer Grundversorgung (A1) erfolgt. Zu keinem Zeitpunkt sei in den letzten Jahren ein Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) nach dem Pflege-Komplex-Maßnahmen-Score (PKMS) abgerechnet worden. Allerdings habe sich im Rahmen der beklagtenseitigen Kalkulation in der Vergangenheit neben einem vergleichsweise geringen Pflegekostenanteil ein hoher Therapiekostenanteil ergeben. Gegen einen pflegesensitiven Bereich spreche hier auch, dass die Indikatoren-DRGs nach der Anlage zu § 3 Abs 1 PpUGV im Krankenhaus der Klägerin lediglich zu einem sehr geringen Anteil abgerechnet würden. Mit Schreiben vom verblieb die Beklagte bei der Festlegung des pflegesensitiven Bereichs Neurologie, da die gesetzlichen Vorgaben eingehalten worden seien und keinen Ermessensspielraum einräumten.

5Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom zurück: Sie handele bei Erlass der Bescheide als Beliehene, was der Gesetzgeber inzwischen klargestellt habe. Sie habe den pflegesensitiven Bereich auf Grundlage der PpUGV zutreffend ermittelt, ein Spielraum komme ihr hierbei nicht zu. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liege nicht vor. Der Gesetzgeber dürfe den Bedürfnissen der Massenverwaltung durch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen Rechnung tragen. Insoweit handele es sich bei den Pflegepersonaluntergrenzen um ein vom Gesetzgeber gewähltes praktikables System.

6Im Klageverfahren hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sie verfüge weder über eine Stroke Unit (zertifizierte Schlaganfallstation) noch über eine neurologische Intensivstation. Das Krankenhaus nehme nach dem Stufenkonzept des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nicht an der Notfallversorgung teil und sei daher bereits mit Vergütungsabschlägen belastet. Alle diese Besonderheiten führten dazu, dass bei der Versorgung der Patienten ein wesentlich geringerer Personaleinsatz im Bereich der Pflege erforderlich sei, dafür aber ein deutlich höherer Anteil von Therapeuten, insbesondere Physiotherapeuten und Psychologen. Das SG hat die von ihm als Bescheide bezeichneten Mitteilungen der Beklagten vom und , jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom aufgehoben: Es fehle bereits an einer ordnungsgemäßen Beleihung der Beklagten. § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV verletze den Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG, da im Krankenhaus der Klägerin ein atypischer Sachverhalt im Hinblick auf die bei ihr anzutreffenden Krankheitsbilder mit dem insoweit maßgeblichen Versorgungsbedarf festgestellt werden könne, der gerade nicht den in der Verordnung unterstellten hohen Pflegebedarf begründe. Umfang und Schwere der erforderlichen pflegerischen Leistungen im Krankenhaus der Klägerin stellten sich nach den PPR-Werten als weit unterdurchschnittlich gegenüber den PPR-Werten anderer Krankenhäuser dar. Dafür spreche auch, dass die Quote der Indikatoren-DRGs nach der Anlage zu § 3 Abs 1 PpUGV lediglich zwischen 17,4 % und 22,5 % liege (und nicht 40 %, wie von § 3 Abs 2 Nr 2 PpUGV gefordert). Dies zeige, dass die Fachabteilungsbezeichnung als alleiniges Kriterium nicht ohne Weiteres aussagekräftig sei. Eine typisierende Behandlung könne nur in den Fällen hingenommen werden, in denen die damit verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen sei und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Alle diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Außerdem habe die Beklagte bereits in der Vergangenheit Krankenhäuser von pflegesensitiven Bereichen ausgenommen, bei denen ein mit dem vorliegenden vergleichbarer Sachverhalt vorgelegen habe (Urteil vom ).

7Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die von der Beklagten bei der Feststellung des pflegesensitiven Bereichs in der Neurologie der Klägerin korrekt angewendete Rechtsgrundlage in § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV verstoße gegen höherrangiges Recht. Nach § 137i Abs 1 Satz 3 SGB V in der seit dem geltenden Fassung (eingefügt durch das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals <Pflegepersonalstärkungsgesetz - PpSG> vom , BGBl I 2394) seien - anders noch als nach der vorherigen Gesetzesfassung - für jeden pflegesensitiven Bereich im Krankenhaus die Pflegepersonaluntergrenzen differenziert nach Schweregradgruppen nach dem jeweiligen Pflegeaufwand festzusetzen, der sich nach dem von der Beklagten entwickelten, jährlich zu aktualisierenden Katalog zur Risikoadjustierung für Pflegeaufwand (sog Pflegelast-Katalog) bestimme. Entgegen der Ansicht des Verordnungsgebers (Hinweis auf den Referentenentwurf zur PpUGV 2021 vom S 44) sei eine Differenzierung nach dem Pflegeaufwand daher sehr wohl angezeigt gewesen. Auf Grundlage der schon im Pflegelast-Katalog 2020 für die Neurologie enthaltenen unterschiedlichen Pflegelast-Werte hätten ohne Weiteres nach dem Schweregrad differenzierte Pflegeaufwandsgruppen gebildet werden können. Die fachabteilungsbezogene Festlegung von pflegesensitiven Bereichen mit pauschalierten Pflegepersonaluntergrenzen widerspreche auch dem Sinn und Zweck des § 137i SGB V, der nicht auf die Vorhaltung einer bestimmten Mindestzahl an Pflegekräften pro Patient entsprechend dem Versorgungsauftrag abziele, sondern darauf, Gesundheitsgefährdungen der Patienten infolge zu weniger Pflegepersonen entgegenzuwirken. Die Rechtsverletzung wiege auch schwer, weil die Krankenhäuser das Risiko des Fachkräftemangels allein zu tragen hätten und die PpUG-Sanktions-Vereinbarung nach § 137i Abs 1 Satz 1 SGB V in der ab dem gültigen Fassung keine Ausnahme von den Sanktionen (Vergütungsabschlag, Verringerung der Fallzahl) für eine unverschuldete Nichteinhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen mache (Urteil vom ).

8Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 137i Abs 1 Satz 3 SGB V, § 3 Abs 2, § 5 Abs 1 und § 6 Abs 1 PpUGV sowie § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Die angefochtenen Bescheide über die Feststellung des pflegesensitiven Bereichs der Neurologie sei nicht schon deswegen rechtswidrig, weil § 6 Abs 1 PpUGV keine Differenzierung nach Schweregradgruppen vornehme. Eine Verpflichtung zur Differenzierung nach Schweregradgruppen bestehe nach dem Wortlaut des § 137i Abs 1 Satz 3 SGB V nur dann, wenn sich dies nach dem von der Beklagten erstellten und jährlich weiterentwickelten Pflegelast-Katalog bestimme. Die Differenzierung nach Schweregradgruppen sei jedoch auf Grundlage des vorliegenden Zahlenmaterials nicht sachgerecht und deswegen nicht erfolgt. Außerdem habe der Verordnungsgeber die Vorgabe durch Ausweisung unterschiedlicher Teilbereiche der Neurologie (neurologische Frührehabilitation, neurologische Schlaganfalleinheit und Intensivmedizin) als pflegesensitive Bereiche sachgerecht umgesetzt. Außerdem hätten auch im Fall einer unzureichenden Differenzierung nach Schweregradgruppen keine niedrigeren Personaluntergrenzen festgesetzt werden können, da es sich bereits um die Untergrenze einer Mindestpersonalausstattung handele. Außerdem könnte sich die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht aus einer etwaigen fehlenden Schweregradgruppendifferenzierung ergeben. Denn die Bescheide bezögen sich lediglich auf die Feststellung pflegesensitiver Bereiche; die Personaluntergrenzen ergäben sich hingegen unmittelbar aus der PpUGV. Eine etwaige Nichtigkeit der diesbezüglichen Regelungen schlage jedenfalls nicht auf die Bestimmung der pflegesensitiven Bereiche durch. Es fehle auch weder an einer ordnungsgemäßen Beleihung der Beklagten, noch verstoße der Feststellungsbescheid gegen den Gleichheitssatz.

11Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.

Gründe

12Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die angegriffenen Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Klage ist abzuweisen. Die Beklagte hat rechtmäßig festgestellt, dass das Krankenhaus der Klägerin mit dem Standort in W auf der Grundlage des Datenjahrs 2019 über den pflegesensitiven Bereich Neurologie im Jahr 2021 verfügt hat.

13A. Der Senat hat nicht mehr über die des Rechtswegs zur Sozialgerichtsbarkeit zu entscheiden, da das SG eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen hat (vgl § 17a Abs 5 GVG und hierzu zB - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 26 ff mwN).

14Die Vorinstanzen sind allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist.

15Nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ua über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Angelegenheiten der GKV sind Streitigkeiten, die entweder die versicherungs- oder leistungsrechtlichen Beziehungen der Krankenkassen zu ihren Mitgliedern und zu den Leistungserbringern auf der Grundlage des SGB V oder auch die Beziehungen der Leistungserbringer untereinander betreffen ( - SozR 4-1500 § 51 Nr 19 RdNr 15). Entscheidend ist, ob das Rechtsverhältnis dem speziellen Recht der GKV unterliegt, die Streitigkeit also ihre Grundlage im Recht der GKV hat und die maßgeblichen Normen dem Recht der GKV zuzuordnen sind (BSG, aaO, mit Verweis auf - BVerwGE 176, 66, RdNr 26; vgl auch - juris RdNr 30). Dies ist hier der Fall.

16§ 69 Abs 1 Satz 1 SGB V weist alle Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des GBA und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94 SGB V abschließend dem Vierten Kapitel des SGB V und damit den Sozialgerichten zu (s BT-Drucks 14/1245 S 68; zu Entscheidungen des InEK nach § 137i SGB V nunmehr auch Engelmann in jurisPK-SGB V, 5. Aufl 2025, § 137i RdNr 87, Stand ). Die hier maßgeblichen Regelungen des § 137i SGB V betreffen diese Rechtsverhältnisse. Im Falle der im und aufgrund des SGB V geregelten qualitätsbezogenen Anforderungen gelten diese grundsätzlich auch dann nur für die Behandlung GKV-Versicherter, wenn der gewählte Bezugspunkt das Krankenhaus ist und im Hinblick auf den zu sichernden Qualitätsaspekt eine solche Anknüpfung - wie hier - sachgerecht ist (zur Erstreckung des Sanktionensystems auf nicht in der GKV versicherte Patienten und ihre Kostenträger aufgrund des für alle vom KHEntgG erfassten Krankenhäuser geltenden Preisrechts vgl RdNr 50; vgl auch - juris RdNr 39 f, dort zur Maßgeblichkeit der Gesetzgebungskompetenz nach Art 74 Abs 1 Nr 12 GG, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

17B. Die Anfechtungsklage ist zulässig.

18Gegenstand der von der Klägerin erhobenen Anfechtungsklage sind die Schreiben der Beklagten vom und in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom . Jedenfalls bei dem genannten Widerspruchsbescheid handelt es sich - schon seiner äußeren Form nach (vgl hierzu zB - BSGE 135, 209 = SozR 4-2500 § 110 Nr 1, RdNr 12 mwN) - um einen Verwaltungsakt. Dessen Gegenstand ist die Feststellung eines pflegesensitiven Bereichs der Neurologie im klägerischen Krankenhaus.

19Der Verwaltungsakt hat sich nicht erledigt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er noch die Klägerin belastende Rechtswirkungen entfaltet. Ein Verwaltungsakt erledigt sich, wenn seine Regelungswirkung entfällt, dh, wenn von ihm keine rechtlichen Wirkungen mehr ausgehen, oder die ihm innewohnende Steuerungsfunktion nachträglich entfallen ist (vgl zB - BSGE 129, 135 = SozR 4-2400 § 89 Nr 9, RdNr 16 mwN; - BSGE 124, 294 = SozR 4-2500 § 34 Nr 20, RdNr 30; 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr 1 = juris RdNr 13). Auch wenn der Verwaltungsakt lediglich noch mittelbare Rechtsfolgen auslösen kann, wenn also zB auf seine unmittelbare Regelungswirkung weitere Rechtsfolgen - auch durch weitere behördliche Maßnahmen oder gesetzliche Regelungen - gestützt werden können, tritt keine Erledigung ein. So liegt der Fall hier.

20Auch nach Ablauf des Jahres 2021 ist noch möglich, dass aus der Einstufung des Fachbereichs der Neurologie im Krankenhaus der Klägerin rechtliche Folgerungen gezogen werden, etwa im Hinblick auf die in § 6 PpUGV geregelten Pflegepersonaluntergrenzen und darauf (ggf auch rückwirkend) gestützte Sanktionen. Nach der hierzu auf Grundlage des § 137i Abs 1 Satz 10 SGB V zwischen dem GKV-Spitzenverband und der DKG geschlossenen PpUG-Sanktions-Vereinbarung für 2021 vom (abrufbar auf www.g-drg.de) sind Sanktionen in Form von Vergütungsabschlägen oder einer Verringerung der Fallzahl jedenfalls nicht ausdrücklich an eine Frist gebunden (vgl § 1 Abs 2 der PpUG-Sanktions-Vereinbarung für 2021 vom ).

21C. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Schreiben vom und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom sind rechtmäßig. Die Beklagte war jedenfalls im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids auch befugt, als Behörde (dazu 1.) im Wege des Verwaltungsakts zu handeln (dazu 2.). Mit den Schreiben in Gestalt des Widerspruchsbescheids hat die Beklagte die neurologische Fachabteilung des Krankenhauses der Klägerin auch in der Sache rechtmäßig als pflegesensitiven Bereich festgestellt (dazu 3.). § 137i SGB V ist als Ermächtigungsgrundlage für § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV auch im Übrigen mit dem GG vereinbar (dazu 4.).

221. Für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ist unerheblich, ob die Beklagte vor Inkrafttreten des § 31 KHG am (eingefügt durch Art 5 Nr 7 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung <Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz - GVWG> vom , BGBl I 2754, 2788 f) bereits ordnungsgemäß zur Ausübung hoheitlicher Gewalt beliehen war. Selbst wenn man von einer möglicherweise fehlerhaften Beleihung der Beklagten bis zum ausgeht (dazu a), die nicht zwingend zur Nichtigkeit ergangener Verwaltungsakte führt (dazu b), durfte die Beklagte jedenfalls mit dem Widerspruchsbescheid vom eine verbindliche Feststellung über das Vorliegen pflegesensitiver Bereiche in der Form eines Verwaltungsakts treffen. Denn seit Inkrafttreten der §§ 31 ff KHG am lag eine ordnungsgemäße Beleihung der Beklagten vor (dazu c).

23a) Hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Beleihung der Beklagten vor Inkrafttreten der §§ 31 ff KHG am - dh zum Zeitpunkt der Ausgangsschreiben vom und - bestehen erhebliche Zweifel.

24aa) Die Beleihung Privater mit hoheitlichen Befugnissen stellt eine Maßnahme der Staatsorganisation dar, die vom Regelbild der Verfassungsordnung abweicht und dabei die Verfassungsgrundsätze des Rechtsstaats- und des Demokratiegebots berührt. Gegenstand der hiernach nötigen Entscheidung des Gesetzgebers ist jedenfalls die Abweichung vom Regelbild der Verfassungsordnung als solche; der Gesetzgeber muss beurteilen, ob für eine Indienstnahme Privater Gründe sprechen, die gewichtiger sind als die Beeinträchtigung, die die Rechtsgüter des Art 33 Abs 4 GG und insbesondere das Rechtsstaats- oder das Demokratiegebot erleiden (vgl 3 C 35.09 - BVerwGE 137, 377, RdNr 25 mwN; zu Art 33 Abs 4 GG: - BVerfGE 9, 268, 284; I C 15.75 - BVerwGE 57, 55, 58 ff; 7 BN 2.05 - Buchholz 451.221 § 41 KrW-/AbfG Nr 1 = NVwZ 2006, 829).

25bb) Zwar kann der Regelungskonzeption des Gesetzes deutlich entnommen werden, dass die Beklagte auf den gesetzlich geregelten Aufgabenfeldern die Befugnis zur eigenständigen verbindlichen Entscheidung haben sollte (vgl hierzu zB - juris RdNr 40 ff mwN), so etwa in § 137i Abs 3a Satz 3 SGB V (Ermächtigung zur Verpflichtung von Krankenhäusern zur Datenlieferung). Eine Beleihung der Beklagten mit hoheitlichen Befugnissen war bis zum Inkrafttreten der §§ 31 ff KHG am aber jedenfalls nicht ausdrücklich gesetzlich oder aufgrund eines Gesetzes geregelt. Insbesondere finden sich die der Beklagten in § 5 Abs 1 und 2 PpUGV übertragenen Befugnisse zur Ermittlung pflegesensitiver Bereiche und Übermittlung der Ergebnisse an die jeweiligen Krankenhäuser so nicht in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 137i SGB V (vgl hierzu Deister in Hauck/Noftz, SGB V, § 137i RdNr 29 mwN zur Literatur, Stand Oktober 2024).

26b) Bis zum ergangene Verwaltungsakte sind gleichwohl regelmäßig nicht nichtig.

27Denn es lag jedenfalls kein Fall der Amtsanmaßung vor. Die insoweit vorzunehmende Abwägung zwischen mit dem in Art 20 Abs 3 GG verkörperten Rechtsstaatsprinzip und der daraus folgenden Bindung der vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt an Recht und Gesetz und den ebenfalls in Art 20 Abs 3 GG verankerten Belangen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit führen jedenfalls dazu, dem Vertrauensschutz und der Rechtssicherheit Vorrang vor der Nichtigkeit der Behördenerrichtung und ihrer Rechtsakte einzuräumen (vgl 4 CN 9.17, 4 CN 10.17 - NVwZ 2019, 415, 416 = juris RdNr 19; - LKV 2001, 415, 417 = juris RdNr 70 ff; U. Stelkens, LKV 2003, 489, 494 mwN; Kollhosser, NJW 1997, 3265, 3268; vgl auch - BVerfGE 1, 14, 38; - BVerfGE 34, 81, 95 f; 9 B 81.02 - NVwZ 2003, 995, 996 = juris RdNr 9; 1 C 7.98 - Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr 4 = juris RdNr 34 f).

28Diese Grundsätze gelten auch für die fehlerhafte Beleihung Privater. Auch ein ohne die erforderliche gesetzliche Grundlage Beliehener ist daher jedenfalls dann eine Behörde iS des § 1 Abs 2 SGB X, wenn dessen Tätigwerden staatlich veranlasst ist und daher keine Amtsanmaßung vorliegt (vgl U. Stelkens, NVwZ 2004, 304, 308 mwN; U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl 2023, § 35 RdNr 64 f mwN). Soweit die Beklagte in anderen Fällen Verwaltungsakte erlassen haben sollte, dürften diese folglich nicht nichtig sein. Die Beklagte wollte und sollte im staatlichen Auftrag nach § 137i SGB V iVm § 5 PpUGV öffentlich-rechtlich handeln. Dies entspricht auch dem sich aus § 137i SGB V und der PpUGV ergebenden Normkonzept. Dem ist deutlich zu entnehmen, dass die Beklagte auf den gesetzlich ausdrücklich geregelten Aufgabenfeldern die Befugnis zur eigenständigen verbindlichen Entscheidung haben sollte (vgl hierzu zB - juris RdNr 40 ff mwN), so etwa in § 137i Abs 3a Satz 3 SGB V (Ermächtigung zur Verpflichtung von Krankenhäusern zur Datenlieferung). Die Beklagte ist auch auf dem gesetzlich vorgegebenen Aufgabenfeld tätig geworden.

29c) Zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids lag in Form der inzwischen in Kraft getretenen §§ 31 ff KHG eine ordnungsgemäße Beleihung der Beklagten vor. § 31 Abs 1 Nr 1 KHG spricht ausdrücklich die Beleihung der Beklagten zur Wahrnehmung ua der Aufgaben aus, die ihr nach dem SGB V und nach den auf Grundlage des SGB V erlassenen Rechtsverordnungen übertragen sind.

30Neben dem "Ob" einer Beleihung können aber auch einzelne Modalitäten der Beleihung derart wesentlich sein, dass sie der Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten sind. Was in diesem Sinn wesentlich ist, lässt sich nicht allgemein feststellen. Maßgeblich ist jeweils, ob und in welchem Maß die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Staatsorganisationsrechts oder andere Verfassungssätze betroffen sind. Die Substitution einer gesamten Behörde durch eine größere Gesellschaft des Privatrechts löst jedenfalls einen erheblichen Klärungsbedarf im Hinblick auf eine hinlängliche demokratische Legitimation des hoheitlichen Handelns dieser Gesellschaft und der für sie Handelnden aus, einschließlich der gebotenen Aufsicht (vgl 3 C 35.09 - BVerwGE 137, 377, RdNr 25; ausführlich: Niedersächsischer StGH vom - StGH 2/07 - GesR 2009, 146 - juris RdNr 132 ff; Thiele, Der Staat 49, 2010, S 274 ff mwN).

31Die die Beklagte betreffenden Vorschriften im KHG enthalten Regelungen zum Gesellschaftsgegenstand und zu deren Eignung (§ 32 KHG), zur Aufsicht (§ 33 KHG), zum Rückgriff (§ 34 KHG) und zur Finanzierung (§ 35 KHG). Sie entsprechen den vorgenannten Anforderungen.

322. Der feststellende Verwaltungsakt der Beklagten ist formell rechtmäßig ergangen. Die Befugnis der Beklagten, pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern verbindlich durch Verwaltungsakt festzustellen, folgt aus § 31 Abs 1 Nr 1, Abs 2 KHG iVm § 137i Abs 3 SGB V und § 5 Abs 1 PpUGV (dazu a). Diese Befugnis hat die Beklagte durch den Erlass des Widerspruchsbescheids auch wahrgenommen. Unerheblich ist insoweit, dass dem Widerspruchsbescheid kein Ausgangsverwaltungsakt zugrunde liegt (dazu b).

33a) Die Befugnis, Rechtsbeziehungen hoheitlich durch Verwaltungsakt zu gestalten, setzt wegen der mit dieser Handlungsform verbundenen spezifischen Eingriffswirkungen nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes eine hierauf bezogene Ermächtigungsgrundlage im materiellen Recht voraus, das den betreffenden Rechtsbeziehungen zugrunde liegt (vgl zB - SozR 3-2600 § 118 Nr 1 S 4; - BSGE 135, 209 = SozR 4-2500 § 110 Nr 1, RdNr 16; - BSGE 135, 260 = SozR 4-2500 § 134a Nr 1, RdNr 14; 7 B 21.18 - juris RdNr 7 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

34aa) Die Befugnis der Verwaltung, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben des Mittels des Verwaltungsakts zu bedienen (Verwaltungsaktbefugnis), muss nicht ausdrücklich in der gesetzlichen Grundlage erwähnt sein, die in materieller Hinsicht zu einem Eingriff ermächtigt. Denn als Handlungsform, in der die Verwaltung Privatpersonen in der Regel gegenübertritt, ist der Verwaltungsakt allseits bekannt. Es reicht deshalb aus, wenn sich die Verwaltungsaktbefugnis dem Gesetz im Wege der Auslegung entnehmen lässt (vgl 7 B 21.18 - juris RdNr 7; 6 C 39.10 - BVerwGE 141, 243, RdNr 14; 1 C 11.14 - BVerwGE 151, 102, RdNr 13 und 2 C 16.16 - BVerwGE 158, 364, RdNr 15). Dies kommt aber in der Regel nur dann in Betracht, wenn eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung normiert wird, der als solcher bereits eine Nähe zum Verwaltungsakt als einer üblichen Handlungsform der Verwaltung innewohnt (vgl zB 7 B 21.18 - juris RdNr 9; 6 C 39.10 - BVerwGE 141, 243, RdNr 14). Soweit die Behörde nicht ausdrücklich zur Regelung durch Verwaltungsakt ermächtigt wird, muss jedenfalls aus der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnisses zu ersehen sein, dass sie berechtigt sein soll, in dieser Form tätig zu werden (vgl - BSGE 135, 209 = SozR 4-2500 § 110 Nr 1, RdNr 16; - BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 16 ff mwN; - BSGE 100, 243 = SozR 4-2700 § 150 Nr 3, RdNr 12).

35bb) Eine solche Rechtsgrundlage ergibt sich aus § 31 Abs 2 KHG. Dieser bestimmt ab dem , dass die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 31 Abs 1 KHG durch die Beklagte "die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten" einschließt. Nach § 31 Abs 1 Nr 1 KHG nimmt die Beklagte ua die Aufgaben als Beliehene wahr, die ihr nach dem SGB V und den auf Grundlage dieser Gesetze jeweils erlassenen Rechtsverordnungen übertragen sind. Danach entscheidet die Beklagte als Beliehene über die ihr durch das SGB V übertragenen Aufgaben regelhaft mittels Verwaltungsakt, soweit sich nicht ausnahmsweise aus der Art der Aufgabenübertragung etwas anderes ergibt. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Wortlaut, Regelungssystem, Regelungszweck und Entstehungsgeschichte des § 137i SGB V und der PpUGV sprechen maßgeblich für die von § 31 Abs 2 KHG übertragene Verwaltungsaktbefugnis als Regelfall auch für diesen Aufgabenbereich.

36(1) Nach § 137i Abs 3 Satz 1 und 2 SGB V und der auf dieser Grundlage erlassenen PpUGV, hier § 5 Abs 1 und 2 PpUGV, ist der Beklagten die Aufgabe zugewiesen, pflegesensitive Bereiche zu ermitteln und dem Krankenhaus das Ergebnis der Ermittlung mitzuteilen. Das für die Regelung durch Verwaltungsakt vorgegebene Über-Unterordnungsverhältnis lässt sich § 5 PpUGV entnehmen. Danach übermittelt die Beklagte den Krankenhäusern, bei denen nach § 3 PpUGV ein oder mehrere pflegesensitive Bereiche ermittelt wurden, das sie betreffende Ergebnis der Ermittlung (Abs 1 Satz 1). Erhebt ein Krankenhaus dagegen (jährlich bis zum 30.11.) Einwände (Abs 2 Satz 1), teilt die Beklagte dem betroffenen Krankenhaus jährlich bis zum 15.12. mit, ob und inwieweit sie unter Berücksichtigung der Einwände zu einem anderen Ergebnis gelangt (Abs 2 Satz 2). Eine solche Regelung ist nicht mit einer unverbindlichen Mitteilung zu vereinbaren.

37(2) Im Einklang mit dem Wortlaut des § 5 PpUGV wird dieses Ergebnis durch systematische Erwägungen gestützt. Die gesetzlichen Regelungen enthalten zahlreiche Anknüpfungen an das Vorliegen eines pflegesensitiven Bereichs, etwa Verpflichtungen zur Datenübermittlung (vgl § 137i Abs 3a Satz 3 SGB V; § 5 Abs 3 und 4 PpUGV), die Verpflichtung zur Einhaltung gesondert festgesetzter Pflegepersonaluntergrenzen (vgl § 6 PpUGV) und die Verpflichtung zur Vereinbarung der "Höhe und (der) näheren Ausgestaltung von Sanktionen" - § 137i Abs 1 Satz 10 und Abs 4b und 5 SGB V (vgl hierzu die PpUG-Sanktions-Vereinbarung vom ).

38(3) Auch Sinn und Zweck sprechen dafür, der Mitteilung des Ermittlungsergebnisses durch die Beklagte gegenüber den Krankenhäusern verbindliche Wirkung beizumessen. Ziel des Gesetzgebers war es, Einsparungen der Krankenhäuser bei der pflegerischen Versorgung zunächst vorübergehend durch verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen in besonders kritischen Bereichen - den "pflegesensitiven Bereichen" - kurzfristig entgegenzuwirken (vgl hierzu die Begründung des Referentenentwurfs einer PpUGV für das Jahr 2019, S 2, 25, 29, 32 und 37). Die mit einem höheren wissenschaftlichen Aufwand patientenorientiert nach deren individuellem Pflegebedarf bemessenen Pflegebedarfsregelungen (§ 137k SGB V) benötigen demgegenüber einen längeren zeitlichen Vorlauf.

39Über das Vorliegen pflegesensitiver Bereiche in den einzelnen Krankenhäusern als Grundlage für die im SGB V und der PpUGV daran geknüpften Rechtsfolgen (Datenübermittlungspflichten - insbesondere nach § 5 Abs 3 und 4 PpUGV -, Pflegepersonaluntergrenzen - § 6 PpUGV - und die Pflicht zur Vereinbarung der "Höhe und (der) näheren Ausgestaltung von Sanktionen" - § 137i Abs 1 Satz 10 und Abs 4b und 5 SGB V - vgl hierzu die PpUG-Sanktions-Vereinbarung vom ) soll danach schnell Klarheit herrschen. Die Verordnung sieht daher über die Formulierung des Tatbestandsmerkmals des "pflegesensitiven Bereichs" hinaus ein spezielles Verfahren zur Mitteilung durch die Beklagte vor. Dieses dient dazu, verbindlich zu konkretisieren und zu individualisieren und damit festzulegen, was als Ergebnis des behördlichen Subsumtionsvorgangs nach der abstrakten Regelung in § 3 Abs 2 PpUGV im Einzelfall des jeweiligen Krankenhauses rechtens sein soll. Das hierfür vorgesehene verwaltungsrechtliche Handlungsinstrument ist der feststellende Verwaltungsakt (vgl hierzu zB 4 C 3.09 - NVwZ 2010, 133, 134; VIII C 52.77 - NJW 1979, 2116).

40(4) Schließlich spricht auch § 137i Abs 4c SGB V (eingefügt durch das PpSG vom , BGBl I 2394, neu gefasst durch das Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung <Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG> vom , BGBl I 646), nach dem "Widerspruch und Klage gegen Maßnahmen zur Ermittlung der pflegesensitiven Bereiche in Krankenhäusern (…) keine aufschiebende Wirkung (haben)", für eine umfassende Verwaltungsaktbefugnis der Beklagten. Denn die Regelung will verhindern, dass die Umsetzung von "Maßnahmen" der Beklagten durch Rechtsbehelfe der Krankenhäuser verzögert wird. Nach dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit soll der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage "die zeitgerechte Umsetzung der Einführung der Pflegepersonaluntergrenzen sicher(stellen). Die Regelung führt dazu, dass Krankenhäuser, die gegen die Ermittlung ihrer pflegesensitiven Bereiche, des Pflegeaufwands und der in diesen pflegesensitiven Bereichen geltenden Pflegepersonaluntergrenzen vorgehen, die Einführung der Pflegepersonaluntergrenzen nicht auf unabsehbare Zeit verzögern können, indem sie Rechtsbehelfe erheben" (vgl BT-Drucks 19/5593 S 121).

41Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht befugt ist, Verwaltungsakte zu erlassen, wäre diese Regelung nicht verständlich. Ermittlung iS des § 137i Abs 4c SGB V meint ausgehend vom zuvor aufgezeigten Regelungszweck insbesondere die Feststellung eines oder mehrerer pflegesensitiver Bereiche in einem bestimmten Krankenhaus. Denn dem Gesetzgeber war bei der Einfügung des Abs 4c in § 137i SGB V durch das PpSG insbesondere die Konzeption der Feststellung pflegesensitiver Bereiche nach dem Fachabteilungsprinzip als Subsumtionsvorgang auf Grundlage der durch das jeweilige Krankenhaus nach § 21 KHEntgG übermittelten Daten des Vorjahres (vgl § 3 Abs 2 und 3 PpUGV idF vom , BGBl I 1632) und der Übermittlung des Ergebnisses dieses Subsumtionsvorgangs an das betreffende Krankenhaus nach § 5 Abs 1 PpUGV bereits bekannt (vgl dazu RdNr 58 f).

42Als "Maßnahme zur Ermittlung" iS des § 137i Abs 4c SGB V kommt daher ausschließlich die Übermittlung des Ergebnisses der Ermittlung nach § 5 Abs 1 PpUGV in Betracht. Da die "Ermittlung pflegesensitiver Bereiche" in der Subsumtion unter die Tatbestände des § 3 Abs 2 PpUGV auf Grundlage der vom jeweiligen Krankenhaus bereits im Vorjahr nach § 21 KHEntgG übermittelten Daten erfolgt, sind auf der Grundlagen dieser Konzeption, an die der Gesetzgeber mit der Einführung des § 137i Abs 4c SGB V angeknüpft hat, keine weiteren vorbereitenden "Maßnahmen" für die "Ermittlung pflegesensitiver Bereiche" denkbar.

43b) Die Feststellung des pflegesensitiven Bereichs der Neurologie ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Schreiben der Beklagten vom und vom mangels Regelung keine Verwaltungsakte sind. Der Widerspruchsbescheid vom hat hier unter Bezugnahme auf die Schreiben vom und vom eine überprüfbare eigenständige Regelung getroffen.

44Aus der Regelung in § 95 SGG, wonach Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, folgt, dass erst der Widerspruchsbescheid einem etwaigen Verwaltungsakt die für die gerichtliche Kontrolle maßgebende Form gibt. Ein Verwaltungsakt, der die Anfechtungsklage eröffnet, liegt daher vor, wenn zwar der ursprüngliche Akt kein Verwaltungsakt war, jedoch der Widerspruchsbescheid aus der schlichten Willenserklärung der Behörde einen Verwaltungsakt macht ( - SozR 3-4100 § 34 Nr 4 S 9 = juris RdNr 15 mwN; s ferner 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245, RdNr 20 mwN). Nichts anderes gilt, wenn die Behörde im Widerspruchsbescheid deutlich macht, dass ihre Wissensmitteilung verbindlich den Status des Adressaten der Wissensmitteilung unter einem bestimmten rechtlichen Aspekt festlegen soll.

45Das in § 5 Abs 2 PpUGV geregelte Einwandsverfahren ersetzt nicht das gesetzlich in §§ 78 ff SGG regelte Widerspruchsverfahren. Es stellt auch keine zusätzlichen Voraussetzungen für die Erhebung eines Widerspruchs auf. Der vorliegende Sachverhalt erfordert darüber hinaus keine rechtliche Qualifizierung des Einwandsverfahrens. Denn die Klägerin hat Einwände erst außerhalb der in § 5 Abs 2 PpUGV vorgesehenen Frist erhoben.

463. Mit den Schreiben in Gestalt des Widerspruchsbescheids hat die Beklagte die neurologische Fachabteilung des Krankenhauses der Klägerin auch in der Sache rechtmäßig als pflegesensitiven Bereich festgestellt.

47Der Gesetzgeber hatte für die Schaffung der Ermächtigungsgrundlage in § 137i Abs 3 Satz 1 iVm Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V (in der hier maßgeblichen, ab dem geltenden Fassung des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung vom , BGBl I 1202) die Gesetzgebungskompetenz (dazu a). Die Ermächtigungsgrundlage erfüllt die Voraussetzungen des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG (dazu b). Die Verordnung ist auch formell rechtmäßig ergangen (dazu c). Die Feststellung der Beklagten entspricht den Vorgaben der Rechtsgrundlage in § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV (dazu d). Unerheblich ist dagegen, ob die Klägerin durch § 6 PpUGV in ihren Rechten verletzt wird (dazu e).

48a) § 137i Abs 3 iVm Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V ist durch die Kompetenzordnung des GG gedeckt.

49Der Bund verfügt über die notwendige Gesetzgebungskompetenz für Regelungen über die Personalausstattung in der stationären Versorgung. Art 74 Abs 1 Nr 12 GG weist dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherung zu. Dies schließt Regelungen zur Qualitätssicherung in der stationären Versorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten als Teil des Leistungserbringungsrechts ein (vgl hierzu ausführlich - juris RdNr 38 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; vgl zur vertragsärztlichen Versorgung BVerfG <Kammer> vom - 1 BvR 2507/97 - juris RdNr 21; Axer in Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 227. Lieferung, 10/2024, Art 74 GG, RdNr 71 f; Uhle in Dürig/Herzog/Scholz, 107. EL März 2025, GG Art 74 RdNr 309). § 137i SGB V regelt nur die Behandlungsqualität zugunsten gesetzlich Versicherter und ist daher vom Kompetenztitel des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG gedeckt (vgl zur Gesetzgebungskompetenz auch StGH Bremen vom - St 1/19 - juris RdNr 66 ff; Hamburgisches VerfG vom - 4/2018 - juris RdNr 74 ff). Wie der Senat im Zusammenhang mit der vom GBA erlassenen Richtlinie "über die Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal gemäß § 136a Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) (Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie/PPP-RL)" entschieden hat (vgl -- juris RdNr 39 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen), haben vergütungsrechtliche Folgen eines Verstoßes gegen qualitätssichernde Vorgaben ihre Grundlage nicht in den erlassenen untergesetzlichen Bestimmungen.

50Die auf Grundlage des § 137i Abs 5 SGB V sowie der auf Grundlage des § 137i Abs 1 Satz 10 und Abs 4b und 5 SGB V getroffenen PpUG-Sanktions-Vereinbarung (hier für 2021) vereinbarten Vergütungsabschläge gelten nur für die stationäre Behandlung GKV-Versicherter (vgl auch oben 16). Soweit nicht in der GKV versicherte Patienten behandelt werden, ergeben sich die vergütungsrechtlichen Folgen allein aus der preisrechtlichen Regelung in § 8 Abs 4 Satz 1 und 2 KHEntgG. Diese erstreckt im Sinne einer dynamischen Verweisung die sozialversicherungsrechtlich vom Beklagten getroffenen qualitätssichernden Vorgaben und die Folgen ihrer Nichteinhaltung auf die Vergütung aller stationären Behandlungen (vgl zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit solcher dynamischen Verweisungen 5 C 9.14 - BVerwGE 151, 386, RdNr 17 ff mwN).

51Ob auch die Vereinbarung der Verringerung der Fallzahl nach § 137i Abs 5 Satz 2 SGB V und § 1 Abs 2 und § 5 PpUG-Sanktions-Vereinbarung (hier für 2021) als Sanktion von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art 74 Abs 1 Nr 12 GG gedeckt ist, kann hier offenbleiben. Dies ist nicht Gegenstand der mit der Anfechtungsklage angegriffenen Feststellung der Beklagten.

52b) Die Ermächtigungsgrundlage in § 137i Abs 3 Satz 1 iVm Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V ist nach Inhalt, Zweck und Ausmaß der dem Verordnungsgeber gestatteten Regelungen hinreichend bestimmt (vgl Art 80 Abs 1 Satz 2 GG und hierzu zB ua - BVerfGE 150, 1 RdNr 201 ff; dazu aa). Der Verordnungsgeber durfte aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung insbesondere auch pflegesensitive Bereiche durch die Angabe von Fachabteilungen definieren (dazu bb). § 137i Abs 1 Satz 2 SGB V (idF des PpSG) steht dem nicht entgegen (dazu cc).

53aa) Welche Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm im Einzelnen zu stellen sind, ist von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts und der Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen abhängig (vgl - BVerfGE 143, 38 RdNr 56 f; - SozR 4-2600 § 226 Nr 1 RdNr 26; vgl zur Bestimmung der Anforderungen je nach Grundrechtsrelevanz ua - BVerfGE 139, 19 RdNr 55). Die Verwendung unbestimmter, der Auslegung und Konkretisierung bedürftiger Begriffe macht eine gesetzliche Regelung noch nicht von vornherein unbestimmt. Die Regelung muss allerdings so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Die von der Norm Betroffenen müssen die Rechtslage erkennen, ihr Verhalten danach einrichten und in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für eine bestimmte Rechtsfolge vorliegen (vgl - BVerfGE 103, 332, 384 = juris RdNr 164 mwN; vgl auch - SozR 4-2500 § 129 Nr 13 RdNr 45).

54Diese Voraussetzungen erfüllt die Ermächtigungsgrundlage in § 137i Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V. Der unbestimmte Rechtsbegriff des "pflegesensitiven Bereichs" lässt sich durch die Entstehungsgeschichte der Norm ermitteln. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, die Grundlage der Einführung der Regelungen zu pflegesensitiven Bereichen war, sollen unter pflegesensitiven Bereichen "aus Erwägungen des Patientenschutzes und der Qualitätssicherung in der Versorgung solche zu verstehen (sein), für die ein Zusammenhang zwischen der Zahl an Pflegerinnen und Pflegern und dem Vorkommen pflegesensitiver Ereignisindikatoren, sogenannter unerwünschter Ereignisse evident ist" (BT-Drucks 18/12604 S 79). Grundlage dessen war die im Auftrag der von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform eingesetzten Expertenkommission "Pflegepersonal im Krankenhaus" erstellte "Expertise zur Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Pflegeverhältniszahlen und pflegesensitiven Ergebnisparametern in Deutschland" von Prof. Dr. Jonas Schreyögg und Ricarda Milstein vom (<Expertise> abrufbar unter www.bundesgesundheitsministerium.de). Wie sich der Bezugnahme auf die Beratungen der "Expertinnen- und Expertenkommission Pflegepersonal im Krankenhaus" und den in der Expertise niedergelegten Ansatz in der Gesetzesbegründung entnehmen lässt, wollte der Gesetzgeber daran im Sinne der Bewältigung eines legislatorischen Handlungsbedarfs anknüpfen (vgl BT-Drucks 18/12604 S 78). Hiernach lässt sich die Anforderung einer sachlich-wissenschaftlichen Grundlage, soweit erzielbar, für die Feststellung eines Zusammenhangs zwischen der Pflegepersonalzahl und der Versorgungsqualität ausreichend entnehmen.

55Das Gesetz räumt dabei dem untergesetzlichen Normgeber - sowohl in methodischer als auch in inhaltlicher Hinsicht - einen weiten Gestaltungsspielraum zur Feststellung pflegesensitiver Bereiche im Krankenhaus ein. Weder der Begriff des "pflegesensitiven Bereichs" (§ 137i SGB V spricht an anderer Stelle auch vom "pflegesensitiven Krankenhausbereich") noch eine bestimmte wissenschaftliche Methodik zur Feststellung solcher Bereiche im Krankenhaus sind im Gesetz näher definiert. Der Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage in § 137i Abs 1 Satz 1 und 2 iVm Abs 3 Satz 1 SGB V ist vielmehr offen und enthält keine ausdrückliche Festlegung auf eine bestimmte Methodik. Für einen weiten Gestaltungsspielraum des untergesetzlichen Normgebers spricht neben dem offenen Wortlaut auch die Gesetzesbegründung, nach der die Festlegung pflegesensitiver Bereiche und zugehöriger Untergrenzen sowohl durch "wissenschaftliche als auch typisierend-normative Ansätze" erfolgen kann (vgl Begründung der Beschlussempfehlung, BT-Drucks 18/12604 S 80; vgl zu diesem Verständnis auch Deister in Hauck/Noftz, SGB V, § 137i RdNr 35, Stand Oktober 2024).

56bb) Wie weit der methodische Spielraum geht, den die Ermächtigungsgrundlage dem Verordnungsgeber nach § 137i Abs 3 SGB V einräumt, kann hier offenbleiben. Die PpUGV durfte sich jedenfalls der Methode des personalassoziierten Risikos für Pflegekomplikationen bedienen. In der Expertise von Schreyögg/Milstein (S 5 ff) wurde für 15 Fachabteilungen ein Zusammenhang zwischen der Zahl an Pflegern und dem Vorkommen pflegesensitiver Ergebnisparameter, sog unerwünschter Ereignisse wie Dekubitus, Harntraktinfektion, im Krankenhaus erworbene Pneumonien, Thrombosen, Geschwüre, identifiziert. Es handelt sich dabei um eine auf einer wissenschaftlichen Methodik beruhende Untersuchung, die sich innerhalb des aufgezeigten weiten Gestaltungsspielraums zur Feststellung pflegesensitiver Bereiche im Krankenhaus befindet. Daran durfte der Verordnungsgeber die in § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV geregelte Konzeption ausrichten.

57Ob neben dieser Konzeption, die unter "Bereich" eine bestehende organisatorische Einheit des Krankenhauses - hier eine Fachabteilung - versteht, auch eine solche von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt wäre, die den "Bereich" nach inhaltlichen Kriterien abgrenzt, etwa nach der am tatsächlichen Pflegebedarf patientenorientiert bemessenen Pflegeintensität, muss hier nicht entschieden werden. In der Praxis existieren insoweit unterschiedliche Sichtweisen, wie sie sich etwa im Ergebnis einer für den GKV-Spitzenverband und die DKG durchgeführten "Befragung von Pflegeexpertinnen und -experten zur Identifikation von pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern" widerspiegeln (vgl die von der IGES im März 2018 durchgeführte Pflegepersonaluntergrenzen - Expertenbefragung, S 16 ff, abrufbar auf www.gkv-spitzenverband.de). Hintergrund dieser unterschiedlichen Ansätze ist die Frage, ob die Definition pflegesensitiver Bereiche als Mittel zur Erreichung einer angemessenen Patientenversorgung patientenorientiert nach dem jeweiligen individuellen Pflegebedarf erfolgen muss oder ob auch eine Gruppierung von Patienten anhand klinischer Fachdisziplinen oder stationärer Einheiten zur Ermittlung eines personalzahlassoziierten Risikos für Pflegekomplikationen zu praktikablen und sachgerechten Ergebnissen führen kann (vgl zur Kritik an letzterer Konzeption zB das Fazit der DKG zu den Auswirkungen der Pflegepersonaluntergrenzen in den pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern im Rahmen der Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drucks 20/10810 S 33 f sowie Kapitel I.12 der Broschüre "Das Fallpauschalensystem und die Ökonomisierung der Krankenhäuser" des Bündnisses "Krankenhaus statt Fabrik", abrufbar auf www.krankenhaus-statt-fabrik.de).

58cc) Gegen die Regelung in § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV spricht nicht, dass der Gesetzgeber in § 137i Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V (idF des PpSG) von den "pflegesensitiven Bereiche(n) der Neurologie und Herzchirurgie" spricht (Formulierung mit Wirkung zum entfallen), was nach dem reinen Wortlaut auch dahingehend verstanden werden könnte, dass einzelne pflegesensitive Bereiche nur innerhalb der Fachrichtungen der Neurologie und der Herzchirurgie bestimmt werden könnten, nicht aber die gesamte Fachrichtung Neurologie und damit auch nicht die Fachabteilung Neurologie in einem Krankenhaus. Denn der Gesetzgeber nimmt in dem dieser Regelung vorausgehenden ersten Satz des § 137i Abs 1 SGB V Bezug auf die "in der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung festgelegten pflegesensitiven Bereiche in Krankenhäusern sowie der zugehörigen Pflegepersonaluntergrenzen" und ordnet dort ihre Weiterentwicklung an (idF des PpSG). Der Gesetzgeber knüpft damit an die Regelungen in der PpUGV an und nimmt sie unmittelbar in seinen Willen auf. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte.

59Mit der "Weiterentwicklung" bezieht sich das Gesetz auf die bereits zuvor in der PpUGV vom (BGBl I 1632) nach dem Fachabteilungskriterium definierten pflegesensitiven Bereiche. Nach § 3 Abs 2 Satz 1 PpUGV umfasste bereits "ein pflegesensitiver Bereich in Krankenhäusern (…) die jeweilige Fachabteilung mit ihren Stationen für jeden Standort des Krankenhauses gesondert". In Abs 3 der Vorschrift war zudem schon geregelt, dass eine Fachabteilung ua ein pflegesensitiver Bereich sei, wenn sie in den nach § 21 KHEntgG übermittelten Daten des Jahres 2017 als Fachabteilung ua der Neurologie ausgewiesen sei. § 137i Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V erwähnt die "pflegesensitiven Bereiche der Neurologie und Herzchirurgie" nochmals gesondert im Zusammenhang mit der Ermächtigung zur Vereinbarung von Pflegepersonaluntergrenzen mit Wirkung zum . Dies hängt damit zusammen, dass für diese beiden Fachgebiete in § 6 PpUGV zunächst noch keine Pflegepersonaluntergrenzen geregelt waren (vgl Begründung des Ausschusses für Gesundheit zu seiner Beschlussempfehlung BT-Drucks 19/5593 S 119).

60c) Die Regelung in § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV ist mit der Ermächtigungsgrundlage in § 137i Abs 3 Satz 1 iVm Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V formell vereinbar.

61Nach § 137i Abs 1 Satz 1 SGB V vereinbaren der GKV-Spitzenverband und die DKG im Benehmen mit dem Verband der PKV ua mit Wirkung zum eine Weiterentwicklung der in der PpUGV festgelegten pflegesensitiven Bereiche in Krankenhäusern sowie der zugehörigen Pflegepersonaluntergrenzen. Darüber hinaus vereinbaren sie im Benehmen mit dem Verband der PKV bis zum mit Wirkung zum Pflegepersonaluntergrenzen mit Wirkung für alle gemäß § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser für die pflegesensitiven Bereiche der Neurologie und Herzchirurgie (§ 137i Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) und legen im Benehmen mit dem Verband der PKV bis zum 1.1. eines Jahres, erstmals bis zum , weitere pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern fest, für die sie Pflegepersonaluntergrenzen mit Wirkung für alle gemäß § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser bis zum 31.8. des jeweils selben Jahres mit Wirkung für das Folgejahr, erstmals bis zum mit Wirkung zum , im Benehmen mit dem Verband der PKV vereinbaren (§ 137i Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V). Kommt eine solche Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, erlässt das BMG nach Fristablauf die Vorgaben nach § 137i Abs 1 Satz 1 bis 9 SGB V durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates (§ 137i Abs 3 Satz 1 SGB V).

62Das BMG hat die vorliegend einschlägige PpUGV für das Jahr 2021 vom nach Ablauf der einschlägigen Frist mit Wirkung zum erlassen (BGBl I 2357). Deren § 3 Abs 2 Nr 1 bestimmt, dass ein Krankenhaus über einen pflegesensitiven Bereich verfügt, wenn gemäß den nach § 21 KHEntgG übermittelten Daten des Vorjahres eine Fachabteilung der Geriatrie, der Unfallchirurgie, der Kardiologie, der Neurologie, der Inneren Medizin, der allgemeinen Chirurgie oder der Herzchirurgie oder eine Fachabteilung mit einer entsprechenden Schwerpunktbezeichnung ausgewiesen ist.

63d) Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin mit ihrer Fachabteilung Neurologie über einen pflegesensitiven Bereich verfügt.

64Nach § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV (idF der PpUGV für das Jahr 2021 vom , BGBl I 2357, die die zuvor geltende, dieser Regelung im Wesentlichen inhaltlich weitgehend entsprechende PpUGV vom , BGBl I 1492, abgelöst hat) verfügt ein Krankenhaus (ua) über einen pflegesensitiven Bereich, wenn gemäß den nach § 21 KHEntgG übermittelten Daten des Vorjahres eine Fachabteilung der Geriatrie, der Unfallchirurgie, der Kardiologie, der Neurologie, der Inneren Medizin, der allgemeinen Chirurgie, der Neurochirurgie, der Orthopädie, der Gynäkologie und der Geburtshilfe, der neonatologischen Pädiatrie, der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, der Rheumatologie, der Urologie oder der Herzchirurgie oder eine Fachabteilung mit einer entsprechenden Schwerpunktbezeichnung ausgewiesen ist. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen in Bezug auf die Neurologie, was die Beteiligten übereinstimmend auch nicht in Zweifel ziehen. Im Hinblick auf die Bezugnahme auf die nach § 21 KHEntgG übermittelten Abrechnungsdaten in § 3 Abs 2 PpUGV ist die Beklagte auch zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Zuordnung zu einer bestimmten Fachabteilung (hier: der Neurologie) nach dem für die Übermittlung der Abrechnungsdaten maßgeblichen Fachabteilungsschlüssel richtet (vgl § 301 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V iVm mit Anlage 2 "Schlüsselverzeichnis" zur Vereinbarung gemäß § 301 Abs 3 SGB V über das Verfahren zur Abrechnung und Übermittlung der Daten nach § 301 Abs 1 SGB V - Datenübermittlungs-Vereinbarung).

65e) Für die Rechtmäßigkeit des feststellenden Verwaltungsakts der Beklagten ist unerheblich, ob § 6 PpUGV seinerseits rechtmäßig ist.

66Entgegen der Auffassung des LSG ist eine Zusammenschau der Feststellung pflegesensitiver Bereiche mit den in § 6 PpUGV geregelten Pflegepersonaluntergrenzen nicht geboten. Die Ermächtigungsgrundlage in § 137i Abs 1 SGB V steht einer auf die Feststellung pflegesensitiver Bereiche beschränkten Entscheidung der Beklagten nicht entgegen. § 137i Abs 1 Satz 3 SGB V erlaubt die Festlegung von nach Schweregradgruppen differenzierten Pflegepersonaluntergrenzen getrennt von der Feststellung pflegesensitiver Bereiche. § 6 PpUGV ist insoweit von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Dieses gestufte Vorgehen hat zwar zur Folge, dass mit der Feststellung pflegesensitiver Bereiche für das Krankenhaus die Pflegepersonaluntergrenzen nach § 6 PpUGV ohne weiteren Vollzugsakt gelten. Entscheidungen der Beklagten treffen insoweit aber keine Regelung zulasten der Klägerin.

67So verhält es sich auch hier. Personaluntergrenzen oder Sanktionen sind nicht Gegenstand der angegriffenen Schreiben der Beklagten vom und in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom . Die Frage, ob die in § 6 PpUGV geregelten Pflegepersonaluntergrenzen ausreichend nach Schweregradgruppen differenzieren, ist daher hier nicht zu entscheiden. Der durch Art 19 Abs 4 GG gebotene Rechtsschutz wird insoweit durch die Normenfeststellungsklage gegen die Verordnung oder die Sanktionsvereinbarung gewährt. Möglich ist auch Rechtsschutz gegen einzelne Sanktionen.

684. § 137i SGB V ist als Ermächtigungsgrundlage für § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV auch im Übrigen mit dem GG vereinbar. Die Regelung einer gegenüber der psychiatrischen Versorgung abweichenden Konzeption verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz als Willkürverbot (dazu a). Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Regelung von Qualitätsanforderungen für die Krankenhausversorgung ist nicht überschritten. Der Gesetzgeber hat ein sachlich begründetes System zur Festlegung von Personaluntergrenzen auf empirischer Grundlage geregelt. Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz darin, dass der Verordnungsgeber mit der Fachabteilung eine organisatorische Anknüpfung gewählt hat (dazu b).

69a) Die unterschiedlichen Konzepte zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern im somatischen Bereich für das Jahr 2021 nach der PpUGV und zur Ermittlung und Festsetzung eines Mindestpersonalbedarfs in der Psychiatrie und Psychosomatik nach der PPP-RL verstoßen - wie der Senat bereits entschieden hat - nicht gegen das im allgemeinen Gleichheitssatz und in seiner objektiven Dimension im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde, an den Gesetzgeber gerichtete Gebot, bei seiner Festlegung auf ein bestimmtes Regelungskonzept an den von ihm getroffenen Grundentscheidungen festzuhalten (vgl - juris RdNr 41 ff mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

70Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber jedenfalls seit Einführung des DRG-Systems sehr eindeutig zwischen stationären somatischen Behandlungen einerseits und stationären psychiatrischen und psychosomatischen Behandlungen andererseits unterscheidet, die aufgrund ihrer jeweiligen Eigenart unterschiedlichen Vergütungskonzepten (Fallpauschalensystem <DRG> nach § 17b KHG; PEPP-Entgeltsystem nach § 17d KHG) unterliegen. Letztere sind Ausdruck dessen, dass sie wesentlich unterschiedliche, nicht miteinander vergleichbare Behandlungsstrukturen abzubilden haben. Dementsprechend war der Gesetzgeber auch berechtigt, unterschiedliche Regelungskonzepte für die Ermittlung und Festsetzung von Personaluntergrenzen vorzusehen.

71b) Die Regelungen in § 137i Abs 1 und 3 SGB V (idF des PpSG) zur Festlegung und Weiterentwicklung pflegesensitiver Bereiche (vgl hierzu oben RdNr 47 ff, 61 ff) und die auf dieser Grundlage erlassene Regelung in § 3 Abs 2 Nr 1 PpUGV (vgl hierzu oben RdNr 64 ff) sind von dem weiten Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber bei Regelungen der Qualitätssicherung von Verfassungs wegen zukommt, gedeckt. Sie verstoßen deshalb auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

72Der Gesetzgeber hat seinen für die Regelung von Qualitätsvorgaben für Leistungserbringer bestehenden weiten Gestaltungsspielraum (vgl hierzu zB BVerfG <Kammer> vom - 1 BvR 3042/14 - SozR 4-1100 Art 3 Nr 99 RdNr 15 ff, insbesondere zu Art 3 Abs 1 GG; BVerfG <Kammer> vom - 1 BvR 1127/01 - SozR 4-2500 § 135 Nr 2 RdNr 15 ff) nicht überschritten. Er hat ein gestuftes System zur Festlegung von Personaluntergrenzen auf empirischer Grundlage vorgesehen, das an das Verhältnis zwischen der Anzahl von Pflegekräften in bestimmten Fachabteilungen und dem statistisch signifikanten Auftreten sog unerwünschter Ereignisse anknüpft. Durch eine Mindestpersonalausstattung der Krankenhäuser sollen solche Ereignisse vermieden werden. Die PpUGV orientiert sich dabei an der Konzeption der Expertise von Schreyögg/Milstein (vgl oben 54). Für eine Einstufung von neurologischen Fachabteilungen als pflegesensitive Bereiche spricht vielmehr, dass diese nach den Erkenntnissen der Expertise von Schreyögg/Milstein vom als Bereiche identifiziert wurden, in denen grundsätzlich ein Zusammenhang zwischen Pflegeverhältniszahlen und pflegesensitiven Ergebnisparametern festgestellt werden kann.

73Die Personaluntergrenzen werden für die auf dieser Grundlage festgestellten pflegesensitiven Bereiche jeweils nach dem sog Perzentil- bzw Quartilsansatz errechnet. Dadurch soll bewirkt werden, dass die Personalausstattung der 25 % Fachabteilungen mit der schlechtesten Personalausstattung an das Niveau der übrigen 75 % der Versorgungsbereiche angeglichen werden, um kurzfristig jedenfalls eine Untergrenze in der Pflegepersonalausstattung der Krankenhäuser sicherzustellen (vgl die Begründung des Referentenentwurfs einer PpUGV vom , S 28, abrufbar auf www.bundesgesundheitsministerium.de und hierzu Deister in Hauck/Noftz, SGB V, § 137i RdNr 47, Stand Oktober 2024). Es handelt sich hierbei um einen vertretbaren und sachlich begründeten Ansatz. Die Regelungen sollen der "Sicherung des Patientenschutzes und der Versorgungsqualität in der pflegerischen Patientenversorgung" dienen (vgl BT-Drucks 18/12604 S 78). Solange sich die Regelungen - wie hier - auf sachliche Gründe stützen können (vgl hierzu und zu den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zB - BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 19 ff, 36 ff; - juris RdNr 29 ff; - juris RdNr 103 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen), kommt es nicht darauf an, ob es sich dabei um die inhaltlich sachgerechteste Lösung handelt. Auch nur auf empirisch tragfähigen Annahmen beruhende Qualitätsanforderungen in Form von Personaluntergrenzen können verhältnismäßige Qualitätssicherungsmaßnahmen zum Patientenschutz und zur Sicherung der Versorgungsqualität in der pflegerischen Patientenversorgung sein (vgl hierzu ausführlich - juris RdNr 108 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

74D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2 sowie § 47 Abs 1 Satz 1 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:160725UB1KR324R0

Fundstelle(n):
NAAAK-06801