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BGH Urteil v. - X ZR 117/23

Instanzenzug: Az: 7 Ni 14/21 (EP) Urteil

Tatbestand

1Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 215 919 (Streitpatents), das aus der Teilung einer Stammanmeldung vom hervorgegangen ist, eine italienische Priorität vom in Anspruch nimmt und eine Schuhsohle betrifft.

2Patentanspruch 1, auf den vier Ansprüche zurückbezogen sind, hat im Einspruchsverfahren folgende Fassung erhalten:

A waterproof and breathable sole for shoes having a structure that is characterized in that it comprises:

- a supporting layer (110) that is completely made of net or felt, which accordingly constitutes a single large macroportion (111);

- a membrane (113) that is made of a material that is impermeable to water and permeable to water vapor and is associated above said supporting layer (110) at least in said macroportion (111) which it covers;

- a tread (115) made of plastic material, with at least one through macroperforation (116) at said macroportion (111),

said tread (115) having a ground contact surface formed by a perimeter (115a) and protrusions (115b) extending through said at least one through macroperforation (116),

said tread (115) being joined hermetically to said membrane (113) and to said supporting layer (110) at least at the perimeter of said macroportion (111), wherein said tread (115) is injected directly into a mold onto said supporting layer (110) with at least perimetric penetration through the meshes of said net or of the felt, which is bordered with net, so as to reach and join hermetically said membrane (113).

3Die Klägerin, die wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich in Anspruch genommen wird, hat die Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang von Patentanspruch 1 sowie der Ansprüche 2 bis 5, soweit diese unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 zurückbezogen sind, beantragt und geltend gemacht, der angegriffene Gegenstand sei nicht patentfähig und gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinaus. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten und hilfsweise in einer geänderten Fassung verteidigt.

4Das Patentgericht hat das Streitpatent im beantragten Umfang für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die das Streitpatent mit ihren erstinstanzlichen Anträgen sowie einem neuen Hilfsantrag verteidigt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Gründe

5Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

6I. Das Streitpatent betrifft eine Schuhsohle.

71. Nach der Beschreibung des Streitpatents waren im Stand der Technik wasserdichte und atmungsaktive Schuhsohlen aus Kunststoff bekannt.

8Diese Sohlen wiesen eine untere, wasserdichte Komponente auf, die zugleich die Laufsohle bilde, ferner eine obere Komponente und eine wasserdichte und dampfdurchlässige Membran, die zumindest die nach außen weisenden Bereiche der oberen Komponente umgebe (Abs. 10). Die Struktur dieser Sohlen weise zumindest in einem unteren Bereich Schichten von mikroperforiertem Kunststoffmaterial auf, d.h. sie sei mit Löchern mit einem Durchmesser in der Größenordnung von 1-2 Millimetern versehen, und die Gesamtfläche der Mikroperforationen begrenze die Fläche der Membran, die tatsächlich von dem Austausch von Wärme und Dampf beeinflusst werde (Abs. 13).

9Aus der internationalen Patentanmeldung 97/28711 (OP8) sei eine atmungsaktive und wasserdichte Außensohle mit einem zweilagigen Aufbau bekannt. Diese umfasse eine elastische und wasserdampfdurchlässige Innenschicht und eine Außenschicht, welche weniger als 70 % der Innenschicht bedecke. Über ihr sei eine Funktionsschicht angeordnet (Abs. 14).

10Diese Sohlen bewerkstelligten einen Wärme- und Wasserdampfausgleich zwischen dem Mikroklima innerhalb des Schuhs und dem externen Mikroklima. Gleichwohl sei die Atmungsaktivität insbesondere bei Trägern mit überdurchschnittlichem Fußschweiß unzureichend, um die entstandenen Dämpfe abzuführen und innerhalb des Schuhs ein ausgewogenes Mikroklima herzustellen (Abs. 12).

112. Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, eine wasserdichte und atmungsaktive Schuhsohle mit verbesserter Atmungsfähigkeit zur Verfügung zu stellen (Abs. 15).

123. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent eine Sohle vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

144. Einige Merkmale bedürfen der näheren Erörterung.

15a) Wie das Patentgericht zutreffend entschieden hat, kommt der in Merkmal 1.1 vorgesehenen tragenden Schicht (110) die Funktion zu, die gemäß Merkmal 1.2.1 oberhalb davon angeordnete Membran (113) zu tragen.

16aa) Wie auch die Parteien nicht in Zweifel ziehen, sieht Patentanspruch 1 weitere Funktionen der tragenden Schicht (110) - etwa eine weitergehende Stützfunktion - nicht zwingend vor.

17Entgegen der Auffassung der Berufung sind solche Funktionen damit jedoch nicht ausgeschlossen.

18Aus dem Umstand, dass bei dem in Figur 6 dargestellten Ausführungsbeispiel zusätzlich eine Brandsohle (124) vorhanden ist, die eine weitergehende Stützfunktion übernehmen kann, ergibt sich keine abweichende Schlussfolgerung. Patentanspruch 1 sieht eine Brandsohle nicht zwingend vor und lässt auch im Übrigen nicht erkennen, dass die tragende Schicht (110) keine Funktionen haben darf, die bei dem Ausführungsbeispiel in Figur 6 die Brandsohle erfüllt.

19bb) Als Material für die tragende Schicht (110) sieht Merkmal 1.1 Maschenwerk (net) oder Filz vor. Merkmal 1.4.1 konkretisiert dies dahin, dass eine tragende Schicht aus Filz an den Rändern durch Maschenwerk begrenzt ist.

20Zu Recht ist das Patentgericht davon ausgegangen, dass Merkmal 1.1 keine näheren Vorgaben für die Ausgestaltung des Maschenwerks enthält. Insbesondere ist kein Mindest- oder Höchstwert für die Weite der Maschen vorgesehen. Dementsprechend fällt auch feines Maschengewebe (fine mesh) unter Merkmal 1.1.

21cc) Hinsichtlich der Größe der tragenden Schicht (110) sieht Merkmal 1.1 lediglich vor, dass diese Schicht einen einzelnen großflächigen Makroabschnitt (111) ausbildet.

22Nach der Beschreibung muss ein Makroabschnitt eine Fläche in der Größenordnung von zumindest einem Quadratzentimeter aufweisen (Abs. 23). Diese Definition ist für die Auslegung von Merkmal 1.1 heranzuziehen.

23Die genannten Ausführungen beziehen sich zwar auf das in den Figuren 1 bis 5 dargestellte Ausführungsbeispiel, das nach der Beschreibung (Sp. 3 Z. 4-6 und Z. 16-20) nicht zur Erfindung gehört. Aus dem Zusammenhang ergibt sich aber hinreichend deutlich, dass sie auch für das Ausführungsbeispiel nach den Figuren 6 bis 9 gelten, bei dem sich ein einzelner Makroabschnitt über die gesamte Sohle erstreckt, wie dies unter anderem in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 6 und 8 dargestellt ist.

24Wie beide Parteien übereinstimmend annehmen, schreibt Patentanspruch 1 die in diesen Figuren gezeigte Ausgestaltung zwar nicht zwingend vor. Aus dem Vergleich der beiden Ausführungsbeispiele ergibt sich aber, dass ein Makroabschnitt im Sinne von Merkmal 1.1 unabhängig von der konkreten Ausgestaltung jedenfalls nicht kleiner sein darf als bei dem Ausführungsbeispiel in den Figuren 1 bis 5.

25b) Die in Merkmal 1.2 vorgesehene Membran (113) aus wasserundurchlässigem und wasserdampfdurchlässigem Material, beispielsweise Polytetrafluorethylen (Abs. 39), muss den ihr gemäß Merkmal 1.2.1 zugeordneten Makroabschnitt (111) vollständig überdecken. Dies ergibt sich jedenfalls aus der Zusammenschau mit Merkmal 1.3.2, dem zufolge die Laufsohle mit der tragenden Schicht (110) und der Membran (113) am Umfang des Makroabschnitts hermetisch verbunden ist.

26Weitere Anforderungen an die Ausgestaltung der Membran (113) enthält Patentanspruch 1 nicht. Insbesondere sieht er nicht zwingend vor, dass die Membran mit einem feinen, über ihr liegenden Maschengewebe (114) zusammenlaminiert ist, wie dies die Beschreibung (Abs. 39) als Option aufzeigt.

27c) Die in Merkmal 1.3 vorgesehene Laufsohle (115) muss zumindest eine durchgängige Makroperforation (116) im Bereich des Makroabschnitts (111) aufweisen.

28aa) Auch diese Makroperforation muss die in der Beschreibung vorgesehene Mindestgröße von zumindest einem Quadratzentimeter aufweisen. Sofern der Makroabschnitt (111) eine größere Fläche umfasst, können nach der Vorgabe aus Merkmal 1.3 ("zumindest") im zugehörigen Teil der Laufsohle auch mehrere Makroperforationen ausgebildet sein.

29bb) Gemäß Merkmal 1.3.1 weist die Bodenkontaktfläche der Laufsohle (115) einen Umfang auf, also eine äußere Umrandung. Ferner muss sie Vorsprünge (115b) umfassen, die sich durch die Makroperforation (116) erstrecken, sich also innerhalb des durch den Umfang definierten Bereichs befinden, wie dies in Figur 8 beispielhaft dargestellt ist.

30cc) Nach dem bereits erwähnten Merkmal 1.3.2 muss die Laufsohle mindestens am Umfang des Makroabschnitts (111) mit der tragenden Schicht (110) hermetisch, also wasserdicht verbunden sein.

31Wie die Berufungserwiderung zu Recht geltend macht, ergibt sich daraus nicht, dass der Umfang der Bodenkontaktfläche der Laufsohle (115) mit dem Umfang des Makroabschnitts (111) übereinstimmen muss. Die maßgebliche englische Fassung von Merkmal 1.3.2 nimmt allein auf den Umfang des Makroabschnitts (111) Bezug, nicht hingegen auf den Umfang der in der Laufsohle (115) ausgebildeten Makroperforation (116). Da sich die wasserdichte Verbindung um den gesamten Umfang des Makroabschnitts (111) herum erstreckt, muss aber auch die Laufsohle (115) eine umlaufende Struktur umfassen, deren innerer Rand den Umfang der tragenden Schicht (110) überdeckt. Außerhalb dieses Bereichs ist hingegen keine konkrete Ausgestaltung der Laufsohle (115) vorgegeben.

32d) Das in Merkmal 1.4 definierte Herstellungsverfahren, bei dem die Laufsohle, bestehend aus Umfang und Vorsprüngen, in einer Form direkt auf die tragende Schicht (110) aufgespritzt wird, dient der Verwirklichung von Merkmal 1.4.1, nach dem zumindest die Umrandung des Maschengewebes des Maschenwerks bzw. die Umrandung des durch Maschenwerk begrenzten Filzes, die den Makroabschnitt (111) bilden, durchdrungen wird, so dass sich Laufsohle (115), tragende Schicht (110) und Membran (113) an der Umrandung hermetisch miteinander verbinden.

33Entgegen der Ansicht der Berufungserwiderung ergibt sich aus diesen Vorgaben, dass die hermetische Verbindung zwischen Laufsohle (115) und Membran (113) auch die dazwischenliegende tragende Schicht (110) umfassen muss.

34Vorgaben zur Einstellung von Einspritzparametern wie Druck, Temperatur oder Viskosität des Kunststoffs sind Merkmal 1.4 entgegen der Ansicht der Berufung hingegen nicht zu entnehmen. Zur Verwirklichung der Merkmale 1.4 und 1.4.1 genügt es vielmehr, wenn die drei in Rede stehenden Schichten eine hermetische Verbindung aufweisen, wie sie durch direktes Einspritzen der Laufsohle (115) in eine Form auf die tragende Schicht (110) erreicht werden kann.

35II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

36Der Gegenstand von Patentanspruch 1 gehe nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus. Er sei jedoch für den Fachmann, einen Textilingenieur mit Hochschulabschluss in der Fachrichtung Textiltechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Bekleidungsindustrie und der Entwicklung und Herstellung von Schuhen, durch OP8 nahegelegt.

37OP8 offenbare eine wasserdichte und atmungsaktive Sohle mit einer aus Filz oder Gewirke bestehenden Innenlage, die der tragenden Schicht (110) entspreche, und einer Außenlage aus Kunststoff, die ihre Entsprechung in der Laufsohle (115) finde. Die Beschreibung der Außenlage mit einem Rand und darin angeordneten Noppen entspreche der Gestaltung der von Patentanspruch 1 geschützten Laufsohle mit einem Umfang und in der Makroperforation angeordneten Vorsprüngen. OP8 offenbare ein Anspritzen der Außenlage auf die Innenlage. Dies setze offensichtlich eine Form voraus. Durch das Anspritzen werde die Innenlage durchdrungen und hermetisch mit der Außenlage verbunden. OP8 offenbare zudem mit der über der Innenlage angeordneten Funktionsschicht eine Membran (113) im Sinne des Streitpatents. Anhaltspunkte dafür, dass die Funktionsschicht die Innenlage anders als von Merkmal 1.2.1 gefordert nicht insgesamt abdecke, seien mit Blick auf die in OP8 enthaltene Figur 7 nicht ersichtlich. Selbst wenn man davon ausgehe, dass OP8 ein vollständiges Abdecken der Innenlage durch die Membran nicht offenbare, liege dies für den Fachmann nahe, da andernfalls zusätzliche, in OP8 nicht beschriebene Maßnahmen zur Abdichtung erforderlich seien.

38OP8 offenbare nicht unmittelbar eine hermetische Verbindung von Außenlage, Innenlage und Funktionsschicht. Diese liege für den Fachmann jedoch nahe. OP8 beschreibe eine Innenlage aus Maschenwerk, die beim Anspritzen der Außenlage aus Kunststoff - wie die Beklagte selbst vorbringe und sich im Übrigen aus dem deutschen Gebrauchsmuster 296 01 600 (OP11) ergebe - durchdrungen werde, womit auch die sie vollständig abdeckende Funktionsschicht hermetisch mit der Außenlage verbunden werde.

39Der angegriffene Gegenstand von Patentanspruch 2 sei durch OP8 in Verbindung mit der internationalen Patentanmeldung 01/30190 (OP10) nahegelegt. Dem Fachmann sei bekannt, dass die in OP8 beschriebene Funktionsschicht äußerst empfindlich sei. OP10 beschreibe einen mit einer Funktionsschicht versehenen Innenschuh, bei dem die Funktionsschicht zu ihrem Schutz entweder an einer oder an beiden Seiten mit einem textilen Flächengebilde verbunden sei. Davon ausgehend habe es nahegelegen, ein entsprechendes Laminat auch für die in OP8 vorgesehene Sohle vorzusehen und dabei die Funktionsschicht so anzuordnen, dass unter ihr die Innenlage und über ihr das textile Flächengebilde angeordnet sei.

40Der angegriffene Gegenstand von Patentanspruch 3 sei durch OP8 in Verbindung mit den internationalen Patentanmeldungen 98/51177 (OP5) und 97/14326 (OP7) nahegelegt, da die Verbindung von tragender Schicht und Membran mit Klebstoffpunkten zum Erhalt der Wasserdampfdurchlässigkeit naheliegend sei.

41Der angegriffene Gegenstand von Patentanspruch 4 sei gegenüber OP8 nicht neu, da dieser eine tragende Schicht aus Maschenwerk offenbare.

42Gleiches gelte für den angegriffenen Gegenstand von Patentanspruch 5. OP8 offenbare eine im Wesentlichen durchgehende Makroperforation, die lediglich durch einen Rand und durch verschieden ausgestaltete Vorsprünge begrenzt sei.

43Der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag verteidigte Gegenstand sei ebenfalls durch OP8 nahegelegt.

44III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.

451. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 durch OP8 nahegelegt ist.

46a) OP8 beschreibt eine zweilagige atmungsaktive Laufsohle für normales und wasserdichtes Schuhwerk mit einer elastischen und wasserdampfdurchlässigen Innenlage und einer Außenlage (S. 2 Z. 42 ff.).

47aa) Die Innenlage besteht aus mikroporösem Material, vorzugsweise aus gesintertem Kunststoff, der einerseits wasserdampfdurchlässig ist, andererseits eine Barriere gegen das Eindringen von Kieseln, Staub und ähnlichem bildet (S. 3 Z. 23 ff.). Ebenso können Filz, Vlies, Gewebe und Gewirke aus Kunststoff wie Polyester verwendet werden (S. 3 Z. 31 ff.). Die Innenlage kann wasserdicht ausgebildet sein, beispielsweise durch die Gestaltung des gesinterten Kunststoffes oder durch Aufbringen einer wasserdichten und wasserdampfdurchlässigen Funktionsschicht auf die anderen Materialien (S. 5 Z. 11 ff.).

48Die Außenlage besteht aus Kunststoff, beispielsweise Polyurethan oder Polyvinylchlorid (S. 6 Z. 16). Sie soll weniger als 70 % der Innenlage abdecken, vorzugsweise weniger als 30 %, um die Atmungsaktivität der Innenlage aufrechtzuerhalten (S. 3 Z. 5 ff., S. 4 Z. 5 ff.).

49Die Außenlage ist vorteilhaft durch punkt- oder streifenförmige Elemente (Noppen bzw. Rippen) gebildet, um nur eine geringe Fläche der Unterseite der Innenlage abzudecken und den Wasserdampftransport möglichst weitgehend zu gewährleisten (S. 4 Z. 34 ff.; S. 6 Z. 26). Sie kann aus einer einzigen Form oder mehreren Einzelteilen bestehen. Die Einzelteile der Außenlage können an die Innenlage angespritzt oder anvulkanisiert werden (S. 4 Z. 11 ff.; S. 6 Z. 16). Der Aufbau der Außenlage wird durch einen den äußeren Konturen des Fußes entsprechenden Rand gebildet, welcher der Sohle einen stabilen äußeren Rahmen und damit sicheren Tritt gibt (S. 4 Z. 17; S. 6 Z. 20). Bei einer angespritzten Außenlage wird der Rand durch eine Ummantelung der Innenlage sowie der umgeschlagenen unteren Schaftenden gebildet (S. 4 Z. 20; S. 16 Z. 17).

50Auf die Innenlage kann eine wasserdichte und wasserdampfdurchlässige Funktionsschicht aufgebracht werden, vorzugsweise aus mikroporösem Polytetrafluorethylen (PTFE, S. 5 Z. 17, S. 7 Z. 27 ff.). In diesem Fall dient die Innenlage dazu, das Eintreten von spitzen oder reibenden Partikeln auszuschließen und die mechanisch empfindliche Funktionsschicht vor Schaden zu bewahren (S. 5 Z. 19 ff.).

51bb) Die einzelnen Schichten der Sohle sind beispielhaft in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 dargestellt.

52Die Sohle besteht aus einer Brandsohle (10) und einer Laufsohle (11), die eine mikroporöse Innenlage (1) und eine mehrteilige Außenlage (2) umfasst. Die Innenlage (1) dient der Außenlage (2) als Träger. Ihre wasserdampfdurchlässige Ausgestaltung mit Mikroporen ermöglicht das Abführen der Schwitzfeuchtigkeit (5). Die Außenlage (2) ist zusammengesetzt aus einer Ummantelung (3) des äußeren Umfangs der Innenlage und des Schafts (9) sowie Noppen (4a) oder Rippen (4b), die an der Unterseite der Innenlage (1) angespritzt sind. Die Ummantelung (3) hat hauptsächlich die Funktion, der Schuhsohle einen festen Tritt und Halt zu geben (S. 6 Z. 20 f.).

53cc) Die nachfolgend wiedergegebene Figur 2 zeigt die Unterseite einer Sohle mit Noppen (4a).

54dd) Ein Beispiel für eine oberhalb der Laufsohle angebrachte Funktionsschicht ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 6 dargestellt.

55Die in der Beschreibung (S. 7 Z. 19 ff.) mit dem Bezugszeichen 8 und in Figur 6 mit dem Bezugszeichen 7 versehene Funktionsschicht kann aus gestrecktem Polytetrafluorethylen bestehen (S. 7 Z. 27-29). Die Innenlage ist bei dieser Ausgestaltung zusätzlich zu ihren atmungsaktiven Eigenschaften Träger für die Funktionsschicht (S. 7 Z. 22 f.). Die Funktionsschicht kann vorzugsweise auf die Sohle aufgebügelt werden (S. 7 Z. 25 f.).

56ee) OP8 bezeichnet die dort offenbarte Laufsohle als bei allen Schuhen anwendbar (S. 7 Z. 35). Ein Ausführungsbeispiel für einen Schuh ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 7 dargestellt.

57Bei dieser Ausführungsform kann der gesamte Schuhinnenraum zusätzlich mit einer Funktionsschicht (8) ausgestattet sein (S. 7 Z. 37).

58b) Damit sind die Merkmale 1, 1.1, 1.2, 1.3, 1.3.1 und 1.4 offenbart.

59aa) Wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, offenbart OP8 eine wasserdichte und atmungsaktive Sohle für einen Schuh.

60bb) Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass die in OP8 offenbarte Außenlage (2) eine Laufsohle im Sinne der Merkmale 1.3 und 1.3.1 und die Innenlage (1) eine tragende Schicht im Sinne von Merkmal 1.1 darstellt.

61Entgegen der Ansicht der Berufung kommt es insoweit nicht auf die Bezeichnung, sondern auf die funktionelle Ausgestaltung der Komponenten an. Danach entspricht die Außenlage der OP8 der Laufsohle im Sinne des Streitpatents und die Innenlage der OP8 der tragenden Schicht.

62cc) OP8 offenbart mit der Innenlage eine tragende Schicht im Sinne von Merkmal 1.1, die vollständig aus Filz oder aus Geweben oder Gewirken, also aus einem durchdringbaren Maschenwerk bestehen kann, und die einen einzelnen großflächigen Makroabschnitt bildet.

63(1) In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass die Innenlage (1) in OP8 als Bestandteil der Laufsohle bezeichnet wird. Maßgeblich ist, dass die Innenlage (1) einen Bestandteil der Sohle darstellt, der die in Merkmal 1.1 vorgesehene Funktion erfüllt.

64(2) Ebenfalls unerheblich ist, dass die Innenlage (1) möglicherweise zur Stabilität der Laufsohle beiträgt. Wie bereits dargelegt wurde, schließt Merkmal 1.1 nicht aus, dass die tragende Schicht (110) zusätzliche Funktionen verwirklicht.

65(3) Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich aus dem Hinweis in der Beschreibung von OP8, wonach sich die Stärke des Materials der Innenlage nach den Anforderungen an die Sohle richtet, insbesondere an einen ausreichenden Widerstand gegen äußere mechanische Einwirkungen (S. 3 Z. 18-20), nicht, dass Filze, Gewebe oder Gewirke entgegen den oben wiedergegebenen Ausführungen in OP8 als Material für die Innenlage (1) ungeeignet sind.

66OP8 gibt keine bestimmte Festigkeit oder Widerstandsfähigkeit vor. Dementsprechend umfassen die Ausführungen zur Stärke des Materials der Innenlage den abschließenden Hinweis, dies sei dann von Bedeutung, wenn das Eindringen von spitzen Gegenständen wie zum Beispiel Steinen verhindert werden solle (S. 3 Z. 20-22). Selbst wenn bei der zuletzt genannten Anforderung der Einsatz von Filzen, Geweben oder Gewirken ausscheidet, steht diese Möglichkeit jedenfalls für andere Ausführungsformen zur Verfügung. Auch solche Ausführungsformen sind vom Offenbarungsgehalt von OP8 umfasst.

67dd) Das Patentgericht hat zutreffend festgestellt, dass OP8 mit der Funktionsschicht aus Polytetrafluorethylen (Bezugszeichen 7 bzw. 8) eine Membran im Sinne von Merkmal 1.2 offenbart.

68ee) Wie ausgeführt stellt die aus Kunststoff gefertigte Außenlage (2) eine Laufsohle im Sinne der Merkmale 1.3 und 1.3.1 dar, weil sie derjenige Teil der Sohle ist, der auf den Untergrund trifft und entsprechend eine Bodenkontaktfläche aufweist.

69(1) Wie bereits oben dargelegt wurde, ergeben sich aus Merkmal 1.3 keine weitergehenden Anforderungen an die Steifigkeit, Tragfähigkeit oder Stabilität der Laufsohle. Deshalb ist entgegen der Ansicht der Berufung auch in Zusammenhang mit diesem Merkmal unerheblich, dass die Innenlage (1) möglicherweise zur Stabilität der Laufsohle beiträgt. Unabhängig davon beschreibt OP8, dass der Rand der Außenlage der Sohle einen stabilen äußeren Rahmen und damit sicheren Tritt gebe (S. 4 Z. 17; S. 6 Z. 20).

70(2) Die Außenlage weist ausweislich der Figuren 2 und 3 zudem in dem durch die tragende Schicht gebildeten Makroabschnitt (111) mindestens eine durchgängige Makroperforation auf. Die von der Außenlage (2) nicht abgedeckten Bereiche bilden eine Makroperforation im Sinne von Merkmal 1.3.

71Entgegen der Auffassung der Berufung fehlt es nicht deshalb an einer durchgängigen Makroperforation, weil diese nur in der Außenlage (2) ausgebildet ist. Wie oben dargelegt wurde, entspricht die Außenlage der Laufsohle im Sinne von Merkmal 3. Deshalb reicht es aus, wenn die Makroperforation in dieser Lage ausgebildet ist und die Innenlage (1) freilegt.

72Die vom Streitpatent vorgegebene Größenordnung von zumindest einem Quadratzentimeter ist überschritten, weil sich die Außenlage der OP8 auf weniger als 70 %, in einer bevorzugten Ausführungsvariante sogar auf weniger als 30 % der Innenlage erstreckt.

73(3) Der den äußeren Konturen des Fußes entsprechende Rand der Außenlage entspricht dem Umfang, die innerhalb des Randes angeordneten Noppen den Vorsprüngen im Sinne von Merkmal 1.3.1. Diese erstrecken sich durch die Makroperforation (Figuren 4, 6).

74ff) Merkmal 1.4 ist ebenfalls offenbart.

75Nach den Feststellungen des Patentgerichts erfordert das in OP8 offenbarte Anspritzen der (ein- oder mehrstückigen) Außenlage (2) an die Innenlage (1) eine Form.

76Die Berufung zeigt keine Umstände auf, die konkrete Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Feststellung begründen. Soweit sie ausführt, OP8 verschweige sich zu Art und Weise des Anspritzens der Außenlage an die Innenlage, substantiiert sie nicht, auf welchem anderen Weg das Aufspritzen der Außenlage erfolgen könnte.

77c) Die Merkmale 1.2.1, 1.3.2 und 1.4.1 sind nicht vollständig offenbart.

78aa) OP8 zeigt zwar eine Ausführungsform, bei der eine Funktionsschicht - und damit eine Membran im Sinne von Merkmal 1.2 - oberhalb der Innenlage (1) angeordnet ist und von dieser getragen wird (S. 7 Z. 22 ff.; Figur 6). OP8 offenbart aber nicht eindeutig, dass die Membran die aus einem einzelnen großflächigen Makroabschnitt bestehende Innenlage insgesamt abdeckt.

79(1) OP8 lässt sich entgegen der Ansicht der Berufungserwiderung nicht entnehmen, dass die Funktionsschicht vor der Außenlage auf die Innenlage aufgebracht wird.

80Dementsprechend kann OP8 nicht entnommen werden, dass die Funktionsschicht die Innenlage insgesamt abdeckt, wie dies Merkmal 1.2.1 fordert. Wird die Funktionsschicht erst nach dem Aufspritzen der Außenlage auf die Innenlage und damit deren Ummantelung aufgebracht, kann sie diese nicht mehr in Gänze abdecken, da dann durch das Aufspritzen der Außenlage Teile der Innenlage bereits überdeckt sind.

81(2) Eine vollständige Überdeckung lässt sich auch Figur 6 nicht entnehmen. Diese zeigt lediglich einen Ausschnitt der Sohle.

82(3) Aus Figur 1 ergeben sich entgegen der Ansicht der Berufungserwiderung keine weitergehenden Schlussfolgerungen.

83Figur 1 zeigt ausweislich der Beschreibung nicht eine Sohle, bei der oberhalb der tragenden Schicht eine Membran angeordnet ist, sondern eine Sohle mit einer zusätzlichen Brandsohle (10) (S. 6 Z. 6).

84(4) Nichts anders gilt für Figur 7.

85Dort sind Innenlage (1) und Funktionsschicht (7) zwar mittels einer einheitlichen gestrichelten Linie gekennzeichnet. Dies offenbart jedoch ebenfalls nicht eindeutig, dass die Funktionsschicht vor der Verbindung von Außenlage und Innenlage aufgebracht wird und entsprechend die Innenlage vollständig abdecken kann.

86bb) Die Merkmale 1.3.2 und 1.4.1 sind ebenfalls nicht vollständig offenbart.

87Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Aufspritzen der Außenlage auf die Innenlage stets zu einer hermetischen Verbindung an der Umrandung der Innenlage führt. Wie die Berufung zutreffend vorbringt, offenbart OP8 jedenfalls nicht eine Einbeziehung der Funktionsschicht (7 bzw. 8) in diese Verbindung.

88d) Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass es ausgehend von OP8 nahelag, zunächst die Membran auf die tragende Schicht aufzubringen und diese abzudecken (Merkmal 1.2.1) und sie danach durch Aufspritzen der Außenlage im Randbereich hermetisch mit der Innen- und der Außenlage zu verbinden (Merkmale 1.3.2 und 1.4.1).

89aa) Wie ausgeführt enthält OP8 keine eindeutigen Angaben dazu, über welchen Bereich der Innenlage (1) sich die Funktionsschicht (7 bzw. 8) erstreckt.

90bb) Dies gab Anlass, zur Herbeiführung der von OP8 beschriebenen Wasserdichtigkeit der Sohle nach Lösungen für die Aufbringung der Funktionsschicht zu suchen.

91(1) Dabei mag es sich, wie die Berufung im Ansatz zutreffend geltend macht, angeboten haben, zunächst die Außenlage auf die Innenlage aufzuspritzen und erst danach die Funktionsschicht auf die durch Außen- und Innenlage ausgebildete Sohle aufzubügeln, was einer Verwirklichung von Merkmal 1.3.2 entgegensteht, aber dennoch die Möglichkeit einer vollständigen Abdichtung bietet, wie dies die Berufung anhand von Skizzen auf der Grundlage von Figur 1 aus OP8 verdeutlicht.

92(2) Wie das Patentgericht zutreffend dargelegt hat, bot es sich jedoch ebenso an, zunächst die Funktionsschicht auf die Innenlage aufzubringen und erst danach die Außenlage anzuspritzen. Dies eröffnet die Möglichkeit, die Funktionsschicht allseitig bis an den Rand der Innenlage zu erstrecken. Diese Möglichkeit zu nutzen, lag nahe, weil auf diese Weise die Funktionsschicht in die Abdichtung der Innenlage durch die Umrandung (3) einbezogen werden kann.

93(3) OP8 lässt keine Präferenz für eine dieser Ausgestaltungen erkennen. Angesichts dessen waren beide Ausgestaltungen gleichermaßen naheliegend.

94Bei dieser Ausgangslage ist unerheblich, welche dieser Lösungsalternativen der Fachmann als erste in Betracht gezogen hätte (vgl. , GRUR 2020, 603 Rn. 40 - Tadalafil).

95(4) Dass OP8 die Möglichkeit aufzeigt, den gesamten Innenraum eines Schuhs mit einer Funktionsschicht zu versehen, führt entgegen der Auffassung der Berufung nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

96Bei einer solchen Ausgestaltung mag es ausreichen, die Funktionsschicht nach Art einer Socke auszugestalten und sie nicht bis zu den Rändern der Innenlage (1) zu erstrecken.

97OP8 führt diese Ausgestaltung aber nur als zusätzliche oder alternative Möglichkeit (S. 7 Z. 37) zu einem mit einer wasserdichten Sohle versehenen Schuh an (S. 5 Z. 17 ff.). Deshalb bestand unabhängig von dieser Alternative Anlass, nach Möglichkeiten zu suchen, eine möglichst vollständige Abdichtung mit einer allein auf der Sohle angeordneten Funktionsschicht zu erzielen.

98cc) Bei einer danach nahegelegten Erstreckung der Funktionsschicht über die gesamte Fläche und ihre Einbeziehung in die durch das Einspritzen der Außenlage hergestellte hermetische Abdichtung mittels der Umrandung (3) ist Merkmal 1.4.1, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, jedenfalls dann verwirklicht, wenn die Innenlage aus Maschenwerk besteht.

99(1) Wie auch die Berufung im Ausgangspunkt nicht in Zweifel zieht, führt das Einspritzen der Außenlage (2) zu einer Durchdringung der Innenlage (1), wenn diese aus Maschenwerk im Sinne des Streitpatents besteht. Den Einsatz eines solchen Materials - Gewebe oder Gewirke - schlägt OP8 als Alternative zu gesintertem Kunststoff ausdrücklich vor.

100Dass OP8 die zuletzt genannte Variante als vorzugswürdig bezeichnet, führt nicht dazu, dass die Anbringung einer Funktionsschicht in der oben genannten Weise für die in OP8 angeführten Alternativen als nicht naheliegend anzusehen wären. Der Einsatz einer Funktionsschicht und deren vollständige Abdichtung bot sich sogar in besonderem Maße an, wenn die Innenlage aus Gewebe oder Gewirke besteht, das in der Regel keinen hinreichenden Schutz gegen durchdringendes Wasser bietet.

101(2) Ob der nach Merkmal 1.4.1 alternativ vorgesehene Einsatz von Filz mit einer Begrenzung aus Maschenwerk ausgehend von OP8 nahegelegen hat, ist unerheblich.

102Der Gegenstand eines Patents ist schon dann nicht patentfähig, wenn eine von zwei alternativ vorgesehenen Ausgestaltungen durch den Stand der Technik vorweggenommen oder nahegelegt ist.

1032. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der angegriffene Gegenstand von Patentanspruch 2 ausgehend von OP8 durch OP10 nahegelegt war.

104a) Patentanspruch 2 lautet:

106b) Dieser Gegenstand war ausgehend von OP8 durch OP10 nahegelegt.

107aa) OP10 offenbart einen Außenschuh mit einem herausnehmbaren wasserdichten Innenschuh.

108OP10 führt aus, aus dem Stand der Technik seien Innenschuhe aus textilem Laminat bekannt. Dieses bestehe aus zwei textilen Außenlagen, zwischen denen eine wasserdichte und wasserdampfdurchlässige Funktionsschicht, beispielsweise eine Membran, laminiert sei (S. 1 Z. 8 ff.; S. 2 Z. 9). Der Nachteil derartiger Innenschuhe bestehe darin, dass sie bei der Nutzung mechanisch stark beansprucht würden. Die Funktionsschicht sei sehr dünn; kleinste Risse führten zu Beschädigungen und damit zur Wasserdurchlässigkeit (S. 2 Z. 5 ff.).

109Zur Verbesserung schlägt OP10 eine wasserdichte und wasserdampfdurchlässige Funktionsschicht, vorzugsweise eine Membran aus expandiertem Polytetrafluorethylen (ePTFE) (S. 14 Z. 3, Z. 32 ff.) vor, die auf mindestens ein textiles Flächengebilde aus Gewebe, Gestrick, Vlies oder Gewirk laminiert ist (S. 13 Z. 10). Als Material könne Polyester oder Polyamide (Nylon) verwendet werden (S. 13 Z. 10). Denkbar sei auch die Laminierung der Funktionsschicht zwischen zwei textilen Flächengebilden, wie dies in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 4 dargestellt ist (S. 13 Z. 3 ff.).

110Das textile Laminat (80) besteht aus drei Lagen: einem ersten textilen Flächengebilde (82), einer wasserdichten und wasserdampfdurchlässigen Funktionsschicht (45) und einem zweiten textilen Flächengebilde (84). Beide textilen Flächengebilde sind auf die Funktionsschicht auflaminiert.

111bb) Dadurch war es nahegelegt, auch die in OP8 offenbarte Membran bei Bedarf durch eine auflaminierte Schicht zusätzlich zu stabilisieren.

112Dass OP8 weder ein Laminat offenbart noch Angaben zur Dicke oder Beschaffenheit der Membran enthält, spricht entgegen der Auffassung der Berufung nicht gegen, sondern für eine Heranziehung zusätzlicher Dokumente wie etwa OP10.

1133. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der angegriffene Gegenstand von Patentanspruch 3 ausgehend von OP8 durch OP7 und OP5 nahegelegt war.

114a) Patentanspruch 3 lautet:

116b) Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, sehen sowohl OP7 (S. 5 Z. 16) als auch OP5 (S. 8 Z. 16) eine punktuelle Verklebung einer Membran mit einer darunterliegenden Schutzschicht vor.

117Diese Art der Verbindung bot sich damit als naheliegende Alternative zu dem in OP8 vorgesehenen Aufbügeln an.

118Dem steht nicht entgegen, dass ein Aufbügeln der Funktionsschicht (7 bzw. 8) in OP8 als vorzugswürdig bezeichnet wird. Aus dieser Einschätzung geht hervor, dass auch alternative Verbindungsmethoden in Betracht kommen. Folglich bestand Anlass, im Stand der Technik nach solchen Alternativen zu suchen.

1194. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der angegriffene Gegenstand von Patentanspruch 4 durch OP8 nahegelegt war.

120a) Patentanspruch 4 lautet:

122Damit ist die in Merkmal 1.1 alternativ vorgesehene Ausgestaltung der tragenden Schicht (110) aus Filz ausgeschlossen.

123b) Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, ist dieser Gegenstand durch OP8 nahegelegt.

124aa) OP8 offenbart eine Innenlage, die vollständig aus Maschengewebe gefertigt ist. Sie bildet mithin einen einzigen großen Makroabschnitt, über dem die Membran angeordnet ist.

125Entgegen der Ansicht der Berufung steht der Annahme eines einzigen großen Makroabschnitts nicht entgegen, dass die in OP8 offenbarte Sohle zwischen Ferse und Vorderfuß eine von ihr als Steg bezeichnete Querung aufweist (Figur 2). Diese bildet einen Teil der Außenlage und damit der Laufsohle. Sie steht daher der Annahme einer tragenden Schicht (110), die einen einzigen großen Makroabschnitt (111) bildet, nicht entgegen.

126bb) Eine hermetische Verbindung von Außenlage, Innenlage und Funktionsschicht lag ausgehend von OP8 aus den bereits zu den Merkmalen 1.3.2 und 1.4.1 dargelegten Gründen nahe.

1275. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass das zusätzliche Merkmal nach Patentanspruch 5 durch OP8 offenbart ist.

128a) Patentanspruch 5 lautet:

130b) Eine Laufsohle, die im Wesentlichen eine einzelne großflächige Makroperforation aufweist, die im Wesentlichen die ganze Fußsohle mit Ausnahme des Umfangs (115a) betrifft, setzt eine flächenmäßig erhebliche Ausdehnung der Makroperforation voraus. Die Formulierung "im Wesentlichen eine einzelne" Makroperforation schließt aber nicht aus, dass die Makroperforation der Laufsohle gequert und dadurch in mehr als einen einzelnen Bereich unterteilt wird, solange sie weiterhin im Wesentlichen die ganze Fußsohle betrifft.

131c) Eine solche Gestaltung ist in OP8 offenbart.

132Wie die Berufung im Ausgangspunkt zutreffend ausführt, weist die Makroperforation der von OP8 offenbarten Außenlage zwar neben Rand (3) und Noppen (4a) zwischen Ferse und Vorderfuß eine Querung auf. Diese bewirkt aber nicht, dass die Makroperforation bezogen auf ihre gesamte Erstreckung nicht mehr als im Wesentlichen durchgehend anzusehen ist.

1336. Zutreffend ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der mit Hilfsantrag 1 verteidigte Gegenstand durch OP8 nahegelegt war.

134a) Nach Hilfsantrag 1 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 wie folgt ergänzt werden:

136b) Merkmal 1.2.1' stellt klar, dass die Membran den Makroabschnitt, den die tragende Schicht ausbildet, komplett abdeckt.

137Dies entspricht den Vorgaben, die sich aus den oben dargelegten Gründen bereits aus Merkmal 1.2.1 ergeben.

138c) Der mit Hilfsantrag 1 verteidigte Gegenstand lag danach aus denselben Gründen nahe wie der Gegenstand der erteilten Fassung von Patentanspruch 1.

139d) Für die auf die geänderte Fassung von Anspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 gilt dasselbe.

1407. Hilfsantrag 2 hat ebenfalls keinen Erfolg.

141a) Nach Hilfsantrag 2 soll die mit Hilfsantrag 1 verteidigte Fassung von Patentanspruch 1 wie folgt geändert werden:

143b) Ob dieser erstmals im Berufungsverfahren gestellte Antrag zulässig ist, kann dahingestellt bleiben. Auch der damit verteidigte Gegenstand lag aus den im Zusammenhang mit Patentanspruch 2 dargelegten Gründen ausgehend von OP8 in Verbindung mit OP10 nahe.

144c) Für die Patentansprüche 2 bis 5 gilt Entsprechendes.

145II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:281025UXZR117.23.0

Fundstelle(n):
IAAAK-06739