Instanzenzug: LG Dresden Az: 2 KLs 618 Js 31220/24
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 19 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und in drei weiteren Fällen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Inhalte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Vom weiteren Anklagevorwurf der Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern hat es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit der auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
2Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3Der Angeklagte lernte die am geborene Nebenklägerin im Frühjahr 2022 kennen. Weil ihr ein Kleidungsstück in dem von ihm betriebenen Geschäft gefiel, bot ihr der Angeklagte an, dieses im Gegenzug für gelegentliche Aushilfstätigkeiten im Laden zu behalten. Darauf ließ sich die Nebenklägerin ein. Ihre Anwesenheit in seinem Geschäft nutzte der Angeklagte zur Vornahme sexueller Handlungen an dem Mädchen aus, dessen kindliches Alter ihm bekannt war. Im Einzelnen hat das Landgericht folgende Taten festgestellt:
4Einige Wochen nach dem führte die elfjährige Nebenklägerin nach Aufforderung des Angeklagten im Gang des Geschäfts an ihm den ungeschützten Oralverkehr durch, ohne dass es zum Samenerguss kam (Tat II.1). Am manipulierte der Angeklagte auf einem Bett im ausgebauten Keller des Ladens mit den Fingern am unbekleideten Intimbereich der Nebenklägerin und vollzog sodann mit ihr den geschützten vaginalen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss (Tat II.2). Am übte er den geschützten vaginalen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss auf dem Boden des Toilettenbereichs im Keller aus (Tat II.3) und am auf einer Matratze auf dem Boden des Verkaufsraums des Ladens (Tat II.4). Am führte die Nebenklägerin an ihm im Keller den ungeschützten Oralverkehr durch; anschließend vollzog der Angeklagte den ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss (Tat II.5). In der Zeit von Dezember 2022 bis zum vollzog er in mindestens weiteren dreizehn Fällen entweder im Verkaufsbereich des Ladens oder im Keller den geschützten vaginalen Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin bis zum Samenerguss und in einem weiteren Fall auf dem Bett der Nebenklägerin in ihrem Kinderzimmer in der Wohnung ihrer Mutter (Taten II.6 bis II.19). In den Fällen II.2 bis II.4 filmte er das Geschehen teilweise mit seinem Mobiltelefon. Beim ersten vaginalen Geschlechtsverkehr hatte die Nebenklägerin leichte Schmerzen und blutete aus der Vagina, was der Angeklagte billigend in Kauf nahm.
5Das Landgericht hat die Taten als schweren sexuellen Missbrauch von Kindern in 19 Fällen (§ 176 Abs. 1 Nr. 1, § 176c Abs. 1 Nr. 2a StGB), in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) und in drei weiteren Fällen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Inhalte (§ 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB) gewürdigt.
II.
6Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
71. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch und beruhen auf einer Beweiswürdigung, die den zu beachtenden revisionsrechtlichen Maßstäben genügt (vgl. Rn. 19; vom – 4 StR 477/24 Rn. 10 jeweils mwN).
8a) Das Landgericht hat zum äußeren Ablauf der Taten die von ihm für glaubhaft erachteten Angaben der Nebenklägerin aus der gemäß § 255a Abs. 2 StPO in die Hauptverhandlung eingeführten ermittlungsrichterlichen Vernehmung herangezogen, welche die im Urteil mitgeteilten originellen Details enthielten und mit Ausnahme der zeitlichen Einordnung der Taten eine hohe Konstanz zur früheren Aussage der Nebenklägerin in ihrer polizeilichen Vernehmung aufwiesen. Hinsichtlich des objektiven Geschehens entsprachen sie zudem in weiten Teilen der insoweit geständigen Einlassung des Angeklagten, worauf das Landgericht ebenfalls abgestellt hat. Der Angeklagte hat eingeräumt, die Nebenklägerin im Frühjahr 2022 kennengelernt und mit ihr mehrfach geschützten vaginalen Geschlechtsverkehr in seinem Laden, dem zum Geschäft gehörenden Keller und in der Wohnung der Nebenklägerin vollzogen zu haben, sowie darüber hinaus einmalig ungeschützten Oral- und Geschlechtsverkehr bei der zeitlich letzten Tat vor seiner Festnahme (Tat II.5).
9b) Die Behauptung des Angeklagten, die Nebenklägerin habe die sexuellen Handlungen bei den Taten II.2 bis II.4 selbst mit seinem Mobiltelefon aufgezeichnet, hat das Landgericht nicht geglaubt, sondern sich auf der Grundlage der aus den Videos ersichtlichen Positionierung der Nebenklägerin und der Kameraführung davon überzeugt, dass es der Angeklagte war, der die Aufnahmen fertigte.
10c) Ein Rechtsfehler ergibt sich nicht daraus, dass es das Landgericht aufgrund der in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung von der Nebenklägerin mitgeteilten Tatsachen als erwiesen erachtet hat, dass sie beim ersten Geschlechtsverkehr leichte Schmerzen empfunden und aus der Vagina geblutet habe, obwohl sie in ihrer früheren polizeilichen Vernehmung noch bekundet hatte, keine Schmerzen bei den Tathandlungen gehabt zu haben. Das Landgericht hat die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben hierdurch nicht erschüttert gesehen und die Divergenz darauf zurückgeführt, dass die Nebenklägerin den körperlichen Folgen des ersten vaginalen Geschlechtsverkehrs keine große Bedeutung beigemessen habe, weil diese für sie nach ihrem Bekunden „normal“ gewesen seien, weshalb sie bei der früheren Vernehmung davon auch nicht berichtet habe. Diese Würdigung des Landgerichts hält sich innerhalb des zulässigen rechtlichen Rahmens.
11d) Auch die Feststellung der Strafkammer, dass der insoweit bestreitende Angeklagte das Alter der Nebenklägerin bei Vornahme der sexuellen Handlungen gekannt habe, gründet auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
12Das Landgericht hat sich dabei auf die Angaben der Nebenklägerin gestützt, wonach sie dem Angeklagten mehrfach wahrheitsgemäß ihr Alter genannt und darüber hinaus ihre Personalien mit Anschrift und Geburtsdatum wenige Monaten nach dem ersten Kontakt aufgeschrieben habe.
13Es hat die Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin durch die Zeugenangaben ihrer Mutter bestätigt gesehen. Diese hat bekundet, dem Angeklagten wenige Monate nach dem Arbeitsbeginn ihrer Tochter erklärt zu haben, dass diese erst zwölf Jahre alt sei. Es ist von Rechts wegen nichts dagegen zu erinnern, dass die Strafkammer die Angaben der Zeugin für glaubhaft erachtet hat, obwohl diese von einem zeitlich späteren Beginn der Tätigkeit der Nebenklägerin im Geschäft des Angeklagten ausgegangen ist, als er sich aus den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten und der Nebenklägerin ergibt. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin von einer früheren Arbeitsaufnahme ihrer Tochter Kenntnis hatte, ergeben sich aus dem Urteil nicht.
14Angesichts dieser Beweislage bedurfte es der vom Generalbundesanwalt vermissten näheren Erörterung zum Erscheinungsbild der Nebenklägerin im Tatzeitraum, insbesondere zur Körpergröße, Ausprägung von Geschlechtsmerkmalen und zum Auftreten nicht.
15e) Schließlich ergeben sich in Bezug auf die zeitliche Einordnung der Taten, insbesondere zum Oralverkehr Ende Oktober 2022 (Tat II.1) und dem ersten vaginalen Geschlechtsverkehr im Dezember desselben Jahres weder unaufgelöste Widersprüche noch Erörterungslücken innerhalb der Beweiswürdigung.
16Den Umstand, dass die Nebenklägerin in ihrer polizeilichen Vernehmung den Beginn der Taten teils um mehrere Monate abweichend zu den Angaben in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung und teils auch in sich nicht durchgehend stimmig geschildert hat, sie sich mithin bei der zeitlichen Einordnung des Beginns der Taten „schwertat“, hat die Strafkammer erörtert, ihm aber keine maßgebliche Bedeutung beigemessen. Sie hat ihrer Überzeugungsbildung vielmehr die aus ihrer Sicht „sehr konkreten“ und nachvollziehbaren Angaben der Nebenklägerin in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung zugrunde gelegt, weil diese durch den dort hergestellten zeitlichen Bezug des Beginns der Tatserie zu dem elften Geburtstag der Nebenklägerin und dem Geburtstag ihrer Schwester sowie ergänzend durch die Zeugenangaben der Familienhelferin plausibilisiert worden seien. Diese Erwägungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Schlussfolgerungen des Tatgerichts brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie – wie hier – möglich sind (vgl. Rn. 14 mwN).
17Von dem festgestellten Beginn der Tatserie Ende des Jahres 2022 ausgehend hat das Landgericht auf der Basis der weiteren Angaben der Nebenklägerin, dass es am Anfang ein- bis zweimal wöchentlich und im letzten Monat täglich zum Geschlechtsverkehr gekommen sei, ohne Rechtsfehler auf die festgestellte Mindestanzahl der Taten geschlossen.
182. Auch im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Gericke Mosbacher Köhler
Resch von Häfen
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:181125U5STR343.25.0
Fundstelle(n):
OAAAK-06374