Gründe
1I. In den den Nichtzulassungsbeschwerden zugrunde liegenden Verfahren begehren die Kläger ua die Feststellung, dass das beklagte Jobcenter sie fortwährend rechtsbrüchig verbescheide. Sie beziehen sich dabei in ihrer gegen einen Gerichtsbescheid des SG gerichteten Berufungsschrift auf einen vorläufigen Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für Februar bis Juli 2017. Die tatsächlich belegten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hat der Beklagte im Rahmen der abschließenden Festsetzung der Leistungsansprüche bewilligt. Die Kläger machen im Rahmen der fortgeführten Feststellungsklage ua geltend, im Weiterbewilligungsverfahren sei nicht auf fällige Kosten und aktuelle Nachweise abzustellen, sondern es seien auch vorläufige Angaben zu berücksichtigen.
2Auf die Ladung des zur mündlichen Verhandlung des sog kleinen Senats am machten die Kläger mit beim LSG am selben Tag per Telefax eingegangenem Schreiben vom geltend, das LSG müsse Maßnahmen vergleichbar einem "Zeugenschutz" ergreifen; die Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung sei erst nach erfolgter "Gefahrenabwehr" möglich. Die Berichterstatterin beim LSG teilte mit am ausgeführter Verfügung mit, die Kläger seien nicht Zeugen, eine Entscheidung über den beantragten Zeugenschutz könne bereits aus diesem Grund nicht ergehen. Am beantragten die Kläger förmlich die Absetzung des Termins und wiederholten die mit Schreiben vom geltend gemachten Gründe. Über den Antrag entschied das LSG nicht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erschien für die Kläger niemand.
3Nach der Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren und Beiordnung von Rechtsanwalt K1 (Beschluss vom ) hat dieser am Nichtzulassungsbeschwerde für die Kläger eingelegt und ihnen nach Akteneinsicht den Entwurf einer Beschwerdebegründung übersandt. In der Folge kam es zu Unstimmigkeiten und der Kündigung des Anwaltsvertrags durch die Kläger. Mit Beschluss vom hat der Senat die Beiordnung von Rechtsanwalt K1 aufgehoben und - auf deren Hinweis, erst im Februar 2025 mit einer Bearbeitung der Nichtzulassungsbeschwerden beginnen zu können - die Kanzlei Rechtsanwälte K2 mit den Klägern am zugestellten Beschluss vom beigeordnet. Nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat bis zum (Dienstag nach Ostermontag) hat die Kanzlei Rechtsanwälte K2 die Nichtzulassungsbeschwerde begründet und unter anderem Verstöße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör durch Nichtbescheidung des Terminverlegungsantrags sowie Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Kläger geltend gemacht (Schriftsätze vom 17. und ). Am haben die Kläger die Anwaltsverträge gekündigt. Mit Schreiben vom 22.4. und haben sie die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zur Kanzlei Rechtsanwälte K2 geltend gemacht und die Beiordnung eines neuen Rechtsanwalts beantragt. Der Senat hat die Beiordnung wegen des entzogenen Mandats aufgehoben (Beschluss vom ).
4II. Die Beschwerden sind nach Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zu ihrer Einlegung und Begründung zulässig und begründet (dazu 1.). Der Antrag der Kläger auf erneute Beiordnung eines anwaltlichen Bevollmächtigten hat keinen Erfolg (dazu 2.).
51. Die Kläger haben die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) und damit einen Verfahrensmangel hinreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der im Zusammenhang mit der Durchführung der mündlichen Verhandlung am LSG am gerügte Verfahrensmangel liegt auch vor und das Urteil des LSG kann hierauf beruhen.
6Zwar war eine Verlegung bzw Vertagung des Termins im Hinblick auf ein Vorbringen zum "Zeugenschutz" nicht geboten, wie beide mit Verfahren der Kläger befasste, für das SGB II zuständige Senate des BSG bereits entschieden haben (zuletzt - juris RdNr 12 mwN; zur Ablehnung von PKH zuletzt BH - juris RdNr 5 sowie BH - juris RdNr 6).
7Von der Frage, ob dem Antrag stattgegeben werden muss zu unterscheiden ist die Verpflichtung des Vorsitzenden (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 227 Abs 4 Satz 1 ZPO) - bzw nach Übertragung des Rechtsstreits auf den sog kleinen Senat des Berichterstatters -, einen Antrag auf Terminsaufhebung bzw -verlegung vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung förmlich kurz zu bescheiden, sofern dies noch technisch durchführbar und zeitlich zumutbar ist (vgl - juris RdNr 8; - juris RdNr 7; zum fairen Verfahren - juris RdNr 7; - juris RdNr 11). Der Schwerpunkt liegt hier auf dem Recht des Beteiligten auf Information über das Schicksal des Verlegungsantrags (zum Recht auf Information als Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör - BVerfGE 89, 28, 35 = SozR 3-1500 § 60 Nr 2 S 7 f, juris RdNr 26; vgl - juris RdNr 8). Infolge dieser Information kann sich der Beteiligte darauf einrichten, dass eine Entscheidung des Gerichts aufgrund der angesetzten mündlichen Verhandlung möglich ist. Die - kurz begründete - Entscheidung über den Verlegungsantrag kann formlos mitgeteilt werden (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 227 Abs 4 Satz 2 ZPO; vgl - juris RdNr 6 mwN; insgesamt - juris RdNr 8).
8Daran fehlt es hier. Insbesondere liegt in der formlosen Mitteilung der Berichterstatterin, sie werde einen Antrag auf Zeugenschutz nicht verbescheiden, weil die Kläger keine Zeugen seien, nicht zugleich die Ablehnung eines Antrags auf Aufhebung oder Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung (zu einem solchen Fall vgl - juris). Insoweit befasst sich ihr Schreiben nicht mit der Rolle der Kläger als Beteiligte des Verfahrens beim LSG und deren Recht, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen sowie Terminverlegung geltend zu machen.
9Ob weitere vorliegende Verfahrensmängel hinreichend gerügt worden sind oder gerügte Verfahrensmängel vorliegen, kann der Senat offenlassen.
10Nach § 160a Abs 5 SGG kann das Revisionsgericht in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.
112. Den Klägern ist kein weiterer Rechtsanwalt beizuordnen.
12Die Beiordnung eines weiteren Anwalts findet nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der auch einen auf eigene Kosten prozessierenden Beteiligten zu einem Anwaltswechsel veranlasst hätte ( B 10 ÜG 25/16 B - juris RdNr 22). Ein Anspruch auf Beiordnung eines weiteren Rechtsanwalts scheidet hier bereits aus, weil die für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wesentlichen Handlungen eines beim BSG zugelassenen Bevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) - Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde - zum Zeitpunkt der Kündigung des Anwaltsvertrags gegenüber der Kanzlei Rechtsanwälte K2 abgeschlossen waren. Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt insoweit zulässig (vgl - juris RdNr 5). Schon unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, ein auf eigene Kosten prozessierender Beteiligter hätte im Anschluss daran einen weiteren Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beauftragt.
133. Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:011025BB7AS8624B0
Fundstelle(n):
NAAAK-06049