Gründe
I.
1Die Beschuldigte ist am aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des ) festgenommen worden und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft.
2Gegenstand des Haftbefehls ist zum einen der Vorwurf, die Beschuldigte habe im Zeitraum vom bis zum in D. durch acht selbständige Handlungen (Fälle II.1. bis II.8.) die terroristische Vereinigung im Ausland „Islamischer Staat“ (IS) unterstützt, deren Zwecke und Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§ 8 ff. VStGB) zu begehen, und dabei in einem Fall (Fall II.5.) zugleich gegen das Bereitstellungsverbot der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 139 vom , S. 9) veröffentlichten unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom verstoßen, die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme gedient habe.
3Der Haftbefehl nimmt insofern eine mutmaßliche Strafbarkeit der Beschuldigten gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 52, 53 StGB, § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 632/2013 der Kommission der Europäischen Union vom (ABl. L 179 vom , S. 85) an.
4Zum anderen legt der Haftbefehl der Beschuldigten zur Last, vom bis zum ebenfalls in D. durch weitere acht selbständige Handlungen (Fälle III.1. bis III.8.) für die terroristische Vereinigung im Ausland „Islamischer Staat“ um Mitglieder oder Unterstützer geworben zu haben. Der Haftbefehl geht hinsichtlich dieser Taten von einer mutmaßlichen Strafbarkeit der Beschuldigten gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 53 StGB aus.
5Gegen den Haftbefehl wendet sich die Beschuldigte mit ihrer Beschwerde vom .
6Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
7Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Haftbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Der Verteidiger der Beschuldigten hat mit Schriftsatz vom erwidert.
II.
8Die gemäß § 304 Abs. 5 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die rechtlichen Voraussetzungen für einen Haftbefehl und dessen Vollzug sind gegeben.
91. Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
10Die in Deutschland geborene und lebende Beschuldigte radikalisierte sich nach ihrer Konvertierung zum Islam in ihrem Glauben, wurde Anhängerin eines salafistisch-dschihadistischen Religionsverständnisses und sympathisierte mit der terroristischen Vereinigung im Ausland „Islamischer Staat“, deren Ideologie sie teilte und von deren Agieren sie Kenntnis hatte, ohne selbst Mitglied der Gruppierung zu sein. Von ihrem Wohnort D. aus wurde sie für die Vereinigung tätig, indem sie in großem Umfang und gut organisiert Geldspenden für – überwiegend in Deutschland – inhaftierte IS-Mitglieder einwarb und an diese beziehungsweise deren Angehörige transferierte sowie Briefe an in Gefangenschaft befindliche IS-Mitglieder schrieb oder weiterleitete, mit denen diese implizit dazu aufgefordert wurden, sich weiterhin für den IS zu engagieren. Damit wollte sie die Gefangenen im Interesse der Vereinigung dazu motivieren, dem IS die Treue zu halten und sich auch zukünftig als Mitglied an der terroristischen Vereinigung zu beteiligen. Auf diese Weise wollte sie den IS unterstützen (Fälle II.1. bis II.8.). Zudem sammelte die Beschuldigte – gleichfalls von D. aus – Geldspenden für Personen, die – ohne Mitglied des IS zu sein – die Vereinigung unterstützt hatten oder anderweitig in deren Interesse tätig geworden waren und deshalb in Deutschland Strafhaft verbüßten. Dies tat sie, um die Geldempfänger dazu zu bewegen, sich nach ihrer Freilassung dem IS als Mitglied anzuschließen oder aber (erneut) die Vereinigung durch eigenes Tun zu unterstützen (Fälle III.1. bis III.8.).
11Im Einzelnen:
12a) Die Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen Irak und die historische Region „ash-Sham“ – die heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina – umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden „Gottesstaat“ unter Geltung der Scharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im Irak sowie das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als „Feind des Islam“ begreift; die Tötung solcher „Feinde“ oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die Vereinigung als legitimes Mittel des Kampfes an.
13Die Führung der Vereinigung, die sich mit der Ausrufung des „Kalifats“ am von „Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien“ (ISIG) in „Islamischer Staat“ (IS) umbenannte – wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm –, hatte seit 2010 bis zu seiner Tötung im Oktober 2019 Abu Bakr al-Baghdadi inne. Die Vereinigung setzte ihre Ziele durch offenen militärischen Bodenkampf im Irak und in Syrien sowie durch Sprengstoff- und Selbstmordanschläge, aber auch durch Entführungen, Erschießungen und spektakulär inszenierte, grausame Hinrichtungen durch. Sie teilte von ihr besetzte Gebiete in Gouvernements ein und errichtete einen Geheimdienstapparat; diese Maßnahmen zielten auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der irakischen und syrischen Armee, aber auch in Gegnerschaft zum IS stehender Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des IS in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom IS zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus beging der IS immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Terroranschläge. So übernahm er auch für Anschläge in Europa, etwa in Paris, Brüssel, Nizza und Berlin, die Verantwortung.
14Im Irak gelang es dem IS im Jahr 2014, etwa ein Drittel des Staatsterritoriums zu besetzen. Am erlangte er die Kontrolle über die Millionenstadt Mossul, die bis zu der Offensive der von den USA unterstützten irakischen Armee Ende 2016 der zentrale Ort seiner Herrschaft im Irak war. In den Jahren 2013 und 2014 gelang es dem IS zudem, weite Teile im Norden und Osten Syriens unter seine Gewalt zu bringen.
15Seit Januar 2015 wurde die Vereinigung schrittweise erfolgreich zurückgeschlagen. So begann am die Rückeroberung von Mossul, die Anfang Juni 2017 abgeschlossen war. Am wurde der IS aus seiner letzten nordirakischen Hochburg in Tal Afar verdrängt. Die irakischen Sicherheitskräfte erklärten im Dezember 2017 den Krieg gegen den IS für beendet, nachdem sie in einem letzten Schritt die Kontrolle von Gebieten an der syrisch-irakischen Grenze vollständig zurückerlangt hatten.
16Auch in Syrien büßte der IS im Laufe des Jahres 2018 große Gebiete ein. Ende 2018 verblieb dem IS nur noch ein kleines Territorium im Raum Baghuz in der Provinz Deir Ezzor, in das sich die IS-Kämpfer zurückziehen konnten. Am begann die finale Offensive der Syrian Democratic Forces (SDF) um den Ort Baghuz, wobei sie Luftunterstützung durch die Anti-IS-Koalition erhielten. Am kapitulierten dort die letzten IS-Kämpfer; tausende von ihnen sowie zehntausende Frauen und Kinder wurden in Gefängnissen und Lagern – etwa in Al-Hol oder Roj im Nordosten Syriens – interniert. Damit brach das territoriale Kalifat des IS mit quasi staatlichen Strukturen zusammen. Weitere Rückschläge erlitt die Vereinigung durch die Tötung ihres Anführers Abu Bakr al-Baghdadi und ihres offiziellen Sprechers in der Nacht vom 26. auf den im Rahmen einer US-amerikanischen Militäraktion in der syrischen Provinz Idlib.
17Trotz des Zusammenbruchs des Kalifats war der IS als militant-dschihadistische und international agierende Organisation nicht zerstört. Vielmehr verblieb die Vereinigung unter Aufrechterhaltung ihrer ideologischen Ausrichtung in der Folgezeit in ihrem Kerngebiet Syrien/Irak, insbesondere in der syrisch-irakischen Grenzregion sowie der syrischen Wüste. Auch passte sich der IS an die veränderten Rahmenbedingungen an: So benannte er kurz nach der Tötung der beiden Führungspersonen einen neuen Sprecher und einen neuen Emir, setzte seine Propagandatätigkeiten fort und operierte zunehmend aus dem Untergrund heraus. Schätzungen zufolge verfügt er im Kerngebiet weiterhin über 4.000 bis 6.000 aktive Kämpfer. Seit 2019 verübte er mehrere tausend terroristische Anschläge in Syrien und im Irak in Form von Sturm- und Raketenangriffen sowie Selbstmord- und Sprengstoffanschlägen. Derartige militärische Operationen führte er auch in Somalia, Ägypten/Sinai, Jemen, Nigeria, Tschad und Burkina Faso aus. Daneben nahm er gezielt Tötungen und Hinrichtungen von Einzelpersonen wie beispielsweise sunnitischen Stammesältesten, Kämpfern des SDF und solchen des syrischen Regimes vor.
18Der IS ist auch weiterhin in der Provinz Idlib aktiv. So gelang es der Vereinigung Ende Dezember 2017 nach tagelangen Kämpfen mit der Hai´At Tahrir Al-Sham (HTS), die in dieser Provinz militärisch, wirtschaftlich und politisch stark vertreten war, dort mehrere Dörfer einzunehmen. Es folgten zahlreiche Kämpfe zwischen beiden Gruppierungen, ohne dass der IS aus der von der HTS kontrollierten Region vollständig verdrängt werden konnte.
19Mit der Ausrufung weltweiter Provinzen außerhalb seines ursprünglichen Kerngebiets und fortwährender terroristischer Aktivitäten in zahlreichen Staaten in Afrika und Asien, vor allem in Ägypten/Sinai, West- und Zentralafrika sowie in der Provinz Khorasan bestehend aus den Ländern Afghanistan, Pakistan und Tadschikistan – dort agierend unter der Bezeichnung „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) – unterstreicht der IS seinen Anspruch, ein global agierender Akteur zu sein. In jüngerer Zeit hat sich der IS zu Anschlägen in Europa bekannt, die von Personen verübt wurden, welche über soziale Medien von der Vereinigung angeleitet worden waren.
20b) Die im Kreis IS-affiner Personen in der Bundesrepublik und darüber hinaus für ihr haftbefehlsgegenständliches Engagement weithin bekannte Beschuldigte betrieb von spätestens 2019 bis zu ihrer Verhaftung unter Nutzung verschiedener sozialer Netzwerke und in hohem Maße organisiert eine „Gefangenenhilfsinitiative“ mit der Bezeichnung „ “ zur Sammlung und Weiterleitung von Geldspenden an inhaftierte IS-Mitglieder, IS-Unterstützer und IS-Sympathisanten. Für das Einwerben der Spenden bediente sie sich mehrerer Konten Dritter, unter anderem eines Girokontos ihrer Mutter, um ihre Aktivitäten zu verschleiern. Bei ihrem Sammeln von Spendengeldern forderte sie ihre Geldgeber zu verdeckten Zahlungen auf; insbesondere erbat sie unverfängliche Angaben eines Verwendungszwecks bei Überweisungen. Auch dies tat sie, um zu verdecken, dass die Zahlungen ausschließlich Personen zu Gute kommen sollten, die wegen einer IS-bezogenen Straftat inhaftiert waren, und letztlich im beschriebenen Sinne den IS selbst stärken sollten. Über ihre Plattform „ “ forderte die Beschuldigte zudem IS-Sympathisanten auf, Briefe mit „Durchhalteparolen“ an inhaftierte IS-Mitglieder, IS-Unterstützer und andere IS-Sympathisanten zu schicken, wobei sie solche Zuschriften entgegennahm und selbst an die Empfänger weiterleitete.
21Die Beschuldigte, die zu den Geld- und Briefempfängern in keiner persönlichen, insbesondere keiner verwandtschaftlichen oder engeren freundschaftlichen Beziehung stand, wurde nicht aus einer humanitären Motivation heraus tätig, um allgemein hilfsbedürftige Gefangene oder deren Angehörige zu unterstützen. Vielmehr wollte sie mit ihrem Tun – getragen von ihrer salafistisch-dschihadistischen Ideologie – jeweils den IS als solchen unterstützen und fördern.
22Dabei ging es ihr zum einen darum, den jeweiligen Geld- und Briefempfängern zu zeigen, dass der IS und sein Umfeld sich um sie und ihre Bedürfnisse kümmert, und sie so zu einer (weiteren) mitgliedschaftlichen Beteiligung am IS beziehungsweise einer erneuten Förderung der Vereinigung zu bewegen. Soweit die Beschuldigte Zahlungen an inhaftierte IS-Mitglieder oder deren Angehörige bewirkte, erreichten die Spenden ihr Ziel: Sie trugen jeweils tatsächlich dazu bei, dass sich die betreffenden Gefangenen, die überwiegend selbst um Unterstützung durch das IS-Umfeld gebeten hatten und vom Spendennetzwerk der Beschuldigten Kenntnis hatten, nicht vom IS abwandten, sondern an ihrer Zugehörigkeit zur Vereinigung festhielten.
23Zum anderen wollte die Beschuldigte, soweit sie Spenden für IS-Mitglieder sammelte und an diese beziehungsweise deren Angehörige transferierte, IS-Sympathisanten, die sie über ihre Plattform „ “ in sozialen Netzwerken erreichte, signalisieren, der IS kümmere sich um „seine“ Gefangenen und bei der Vereinigung handele es sich um eine Gemeinschaft, die kein Mitglied „im Stich lasse“ und für die es sich lohne, sich zu engagieren. Dafür machte sie auf den Kanälen ihrer Plattform „ “ in verschiedenen sozialen Netzwerken regelmäßig Mitteilung von erfolgreich abgeschlossenen Spenden- und Briefaktionen. Damit stärkte sie die Organisation und ihre Wirkmacht auch unmittelbar, worauf es ihr gleichfalls ankam.
24c) Vor diesem Hintergrund entfaltete die Beschuldigte folgende haftbefehlsgegenständliche Aktivitäten zu Gunsten inhaftierter IS-Mitglieder (Fälle II.1. bis II.8.):
25aa) Im Jahr 2020 sammelte sie mindestens 248 € für den in Österreich inhaftierten dschihadistischen Prediger O. („ “). Den Geldbetrag, der dazu bestimmt war, dem IS-Mitglied Einkäufe in der Justizvollzugsanstalt zu ermöglichen, leitete sie zumindest teilweise über die Ehefrau des O. an diesen weiter (Fall II.1.).
26bb) Im folgenden Jahr unternahm die Beschuldigte – gemeinsam mit einem Dritten – einen erneuten Spendenaufruf für O. . Bei diesem eingeworbenes Geld – mindestens 3.939 € – leitete sie über die Ehefrau des Bedachten an diesen weiter (Fall II.2.).
27cc) Im Rahmen einer weiteren Spendenaktion warb die Beschuldigte über einen Telegram-Kanal von „ “ im Jahr 2023 erneut Geld für O. ein und überwies insgesamt 790 € an dessen Ehefrau (Fall II.3.).
28dd) Am veranlasste die Beschuldigte eine Zahlung von einem von ihr genutzten PayPal-Konto ihrer Mutter in Höhe von 15 € an die Schwägerin eines österreichischen IS-Aktivisten, die das Spendenprojekt „ “ betrieb, mit dem Geldzahlungen an „IS-Frauen“ erbracht wurden, die in kurdischen Lagern in Nord-Syrien inhaftiert waren. Das Geld erreichte hochwahrscheinlich – wie vorgesehen – internierte weibliche IS-Mitglieder im Lager Al-Hol oder Roj (Fall II.4.).
29ee) Am rief die Beschuldigte über den Instagram-Kanal von „ “ zu Spenden für die „Schwestern im Camp“ – also von kurdischen Kräften in Syrien internierte „IS-Frauen“ – auf. Den erlangten Geldbetrag in Höhe von 3.350 € transferierte sie zwischen Juni 2021 und September 2021 erfolgreich an internierte weibliche IS-Mitglieder im Lager Al-Hol. Mit dieser Geldzahlung wollte die Beschuldigte den Empfängerinnen ermöglichen, im Lager ein Leben entsprechend den Vorstellungen des IS zu führen und sich für eine Rückkehr zu der Vereinigung nach einer Freilassung oder einem Freikauf bereitzuhalten; hierzu trug der Geldbetrag tatsächlich bei (Fall II.5.).
30ff) Am überwies die Beschuldigte 160 € an die Ehefrau des inhaftierten IS-Mitglieds L. , um einen Kindergartenbesuch der gemeinsamen drei Kinder des Ehepaares finanziell zu unterstützen. Damit signalisierte sie L. , der IS kümmere sich während seiner Inhaftierung um seine Kinder, und motivierte ihn so zu einer Fortsetzung seiner mitgliedschaftlichen Beteiligung am IS (Fall II.6.).
31gg) Am zahlte die Beschuldigte 650 € an die Ehefrau des inhaftierten IS-Mitglieds K. durch Überweisung auf das Girokonto von deren Mutter, um der Ehefrau die Anschaffung eines benötigten Pkw zu ermöglichen. Damit zeigte sie einerseits K. , dass sich der IS während seiner Inhaftierung um seine Familie kümmere, wodurch sie ihn darin bestärkte, IS-Mitglied zu bleiben. Andererseits vermittelte sie den Nutzern ihrer Plattform „ “ durch eine – wie üblich vorgenommene – dortige Mitteilung von der Spendenaktion ein positives Bild vom IS und der fortbestehenden Wirkmacht der Vereinigung (Fall II.7.).
32hh) Im Dezember 2019 sandte die Beschuldigte einen Brief an die seinerzeit in der JVA M. in Untersuchungshaft befindliche W. , die im Jahr 2014 in das IS-Herrschaftsgebiet nach Syrien ausgereist war und sich dort dem IS als Mitglied angeschlossen hatte. Die Briefsendung bestand aus einem eigenen Schreiben der Beschuldigten sowie von anderen IS-affinen Personen verfassten Texten, die – implizit formulierte – Durchhalteparolen des IS enthielten und dem Zweck dienten, die Empfängerin durch Zuspruch von Gleichgesinnten davon abzuhalten, sich vom IS abzuwenden. W. sollte dazu bewegt werden, sich spätestens nach ihrer Haftentlassung erneut für den IS zu betätigen. Tatsächlich trugen die Schreiben dazu bei, dass W. der Ideologie des jihadistischen Islam treu blieb und sich weiterhin für ein erneutes Engagement für den IS nach einer Haftentlassung bereithielt (Fall II.8.).
33d) Folgende Taten, auf die sich der Haftbefehl gleichfalls stützt, beging die Beschuldigte hochwahrscheinlich zu Gunsten inhaftierter Personen, die zwar keine IS-Mitglieder waren, sich aber gleichwohl in strafbarer Weise für die terroristische Vereinigung engagiert hatten und deshalb Strafhaft verbüßten, wobei die Beschuldigte in diesen Fällen tätig wurde, um die Geldempfänger dazu zu bewegen, sich nach ihrer Freilassung dem IS als Mitglied anzuschließen oder aber (erneut) die Vereinigung durch eigenes Tun zu unterstützen (Fälle III.1. bis III.8.):
34aa) Im Sommer 2020 zahlte die Beschuldigte von ihr eingeworbenes Spendengeld in Höhe von 1.197 € an A. , der Strafhaft aufgrund einer Verurteilung wegen Werbens um Mitglieder und Unterstützer des IS verbüßte (Fall III.1.).
35bb) Im Sommer 2021 startete die Beschuldigte einen erneuten Spendenaufruf für A. und ließ ihm 400 € zukommen. In beiden Fällen erlangte A. Kenntnis von der Herkunft und der Motivation der Zahlungen an ihn (Fall III.2.).
36cc) Am überwies die Beschuldigte 368,21 € an die Ehefrau nach islamischem Recht des Q. , der aufgrund einer Verurteilung wegen Werbens um Mitglieder und Unterstützer des IS Strafhaft verbüßte. Das Geld erreichte Q. , der von der Motivation der Spende Kenntnis erlangte, oder wurde jedenfalls von seiner Ehefrau in Absprache mit ihm für Anschaffungen in seinem Sinne ausgegeben. Kurze Zeit später zahlte die Beschuldigte weitere 330 € aus Einnahmen der betreffenden Spendenkampagne für Q. an dessen Ehefrau (Fall III.3.).
37dd) Im folgenden Jahr unternahm die Beschuldigte eine erneute Spendensammlung für Q. und überwies am einen Betrag in Höhe von 150 € an dessen Ehefrau (Fall III.4.).
38ee) Am bat die Beschuldigte über Telegram und Instagram im Namen von „ “ um Spenden für den wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a Abs. 2a StGB verurteilten und in Deutschland in Haft befindlichen N. , um diesem Zahlungen an seinen Strafverteidiger zu ermöglichen. Von dem eingeworbenen Spendengeld überwies die Beschuldigte im November 2021 einen Betrag in Höhe von 1.000 € an den Verteidiger des N. , wobei letzterer von der Zahlung Kenntnis erlangte und zudem wusste, dass sie dazu diente, ihn zu einem Anschluss an den IS als Mitglied oder jedenfalls einem Tätigwerden für die Vereinigung nach Haftentlassung zu bewegen (Fall III.5.).
39ff) Im Januar 2022 bewirkte die Beschuldigte Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.200 €, die sie durch einen entsprechenden Spendenaufruf eingeworben hatte, zu Gunsten des IS-Anhängers S. , der unter anderem wegen zu Gunsten des IS begangener Terrorismusfinanzierung verurteilt worden war und Strafhaft verbüßte, an dessen Strafverteidiger. S. war bekannt, dass er durch die Geldzahlung, mit der Verteidigerhonorar bezahlt wurde, dazu veranlasst werden sollte, sich nunmehr dem IS als Mitglied anzuschließen, jedenfalls aber nach seiner Entlassung aus der Strafhaft erneut für den IS tätig zu werden (Fall III.6.).
40gg) Anfang 2022 veröffentlichte die Beschuldigte über ihre Plattform „ “ einen Spendenaufruf, der von Ko. initiiert worden war. Dieser war in ähnlicher Weise wie die Beschuldigte als Spendensammler für den IS tätig. Der Spendenaufruf galt einem in B. inhaftierten „Bruder“, der Geld für die Zahlung eines Anwalts benötigte, um sich gegen seine drohende Abschiebung zu wehren. Am überwies die Beschuldigte 280 € auf ein Konto der Ehefrau des Ko. . Dieser erlangte von der Zahlung Kenntnis, wobei ihm klar war, dass sie seinem Spendenaufruf für den in B. inhaftieren „Bruder“ zu Gute kommen sollte. Er wusste zudem, dass die Beschuldigte mit der Zahlung bezweckte, ihn dazu zu gewinnen, sich dem IS als Mitglied anzuschließen, zumindest aber ihn dazu motivieren wollte, weiterhin Unterstützungshandlungen – in Form von Spendensammlungen – für den IS vorzunehmen (Fall III.7.).
41hh) Am rief die Beschuldigte auf dem Telegram-Kanal von „ “ zu dem vorgenannten Zweck zu Spenden für Ko. selbst auf, um eine ihm drohende Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Zahlung abzuwenden. Nach Erhalt entsprechender Spendengelder überwies die Beschuldigte am insgesamt 370 € auf ein Konto des Ko. , dem erneut klar war, dass die Zahlung letztlich dem Ziel diente, ihn zu einem (weiteren) Engagement für den IS als Mitglied oder Unterstützer der Vereinigung zu bewegen (Fall III.8.).
422. Der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) begründet sich wie folgt:
43a) In Bezug auf die außereuropäische terroristische Vereinigung „Islamischer Staat“ ergibt sich der dringende Tatverdacht, wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, insbesondere aus Gutachten des Sachverständigen St. , umfangreichen Auswertevermerken des Bundeskriminalamts und Behördenerklärungen des Bundesnachrichtendienstes.
44b) Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Aktivitäten für den IS, die der Beschuldigten zur Last gelegt werden, folgt aus einer Gesamtschau der bisherigen Ermittlungsergebnisse. Die einzelnen hochwahrscheinlichen Spendenaktionen der Beschuldigten, die jeweiligen Geldflüsse und ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit Briefen an Gefangene ergeben sich vor allem aus gesicherten Nachrichten in den Kanälen von „ “ in sozialen Netzwerken und aus Kontoauswertungen. Der Umstand, dass die Empfänger von Geldzahlungen und Briefsendungen IS-Mitglieder, IS-Unterstützer beziehungsweise IS-Sympathisanten waren, folgt im Sinne eines dringenden Tatverdachts aus deren Verurteilungen. Entgegen dem Vorbringen der Beschuldigten in der Beschwerdebegründung und deren Ergänzung mit dem Verteidigerschriftsatz vom ist in Ermangelung belastbarer gegenteiliger Anhaltspunkte in hohem Maße wahrscheinlich, dass die inhaftierten IS-Mitglieder auch zum Zeitpunkt der Taten weiterhin dem IS anhingen; dem steht nicht mit durchgreifendem Gewicht entgegen, dass sie – so das Beschwerdevorbringen – an Deradikalisierungsprogrammen teilnahmen, weil die bloße Teilnahme an einem solchen Programm nicht mit einer Abkehr vom IS gleichgesetzt werden kann. Dass die Beschuldigte mit ihren Zahlungen – aber auch dem Versenden von Briefen mit „Durchhalteparolen“ – die geschilderten Zwecke verfolgte, ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung ihrer Person, ihrer ideologischen Einstellung und ihres mutmaßlichen Tathandelns. Insofern ist namentlich von Belang, dass die von ihr verfassten Inhalte in sozialen Netzwerken einen deutlichen Bezug zum IS aufwiesen und die Beschuldigte speziell zu Gunsten von inhaftierten IS-Mitgliedern, IS-Unterstützern und IS-Sympathisanten tätig wurde, mit denen sie in keiner engeren persönlichen Beziehung – etwa Verwandtschaft oder Freundschaft – stand. Das bisherige Ermittlungsergebnis trägt auch den dringenden Tatverdacht dahin, dass die inhaftierten IS-Mitglieder, die oder deren Familienmitglieder Empfänger von Geldspenden beziehungsweise Briefempfänger waren, sich jeweils zumindest auch aufgrund der Geldzahlungen und des verbalen Zuspruchs dazu entschlossen, dem IS die Treue zu halten, Mitglied der Vereinigung zu bleiben und sich für erneute Beteiligungshandlungen im Anschluss an eine Haftentlassung zur Verfügung zu halten. So machte die Geldempfängerin W. (Fall II.8.) nach der erhaltenen Briefsendung deutlich, dass sie weiterhin der IS-Ideologie anhänge. Der Umstand, dass die Ehefrau des IS-Mitglieds O. („ “) (Fälle II.1. bis II.3.) nach Erhalt der Geldzahlungen selbst als Spenderin bei von „ “ durchgeführten Geldsammlungen in Erscheinung trat, und zwar naheliegend auf Geheiß ihres Ehemannes oder zumindest mit dessen Kenntnis, lässt darauf schließen, dass O. auch bedingt durch die Geldzuwendung an ihn an seiner IS-Mitgliedschaft und seiner Bereitschaft, für die Vereinigung tätig zu werden, festhielt.
45Wegen der Einzelheiten der bisherigen Ermittlungsergebnisse wird verwiesen auf die sehr ausführlichen und detaillierten diesbezüglichen Darlegungen im angefochtenen Haftbefehl (dort unter IV., S. 25-84).
463. In rechtlicher Hinsicht ist – im Einklang mit der Würdigung des Haftbefehls – gegenwärtig auszugehen von folgenden hochwahrscheinlichen Strafbarkeiten der Beschuldigten:
47a) Durch die Geldtransfers an IS-Mitglieder oder deren nahe Angehörigen (Fälle II.1. bis II.8.) hat sich die Beschuldigte hochwahrscheinlich jeweils strafbar gemacht wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 53 StGB, davon in einem Fall (Fall II.5.) in Tateinheit (§ 52 StGB) mit einem Verstoß gegen das Bereitstellungsverbot der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 139 vom , S. 9) veröffentlichten unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom , gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 632/2013 der Kommission der Europäischen Union vom (ABl. L 179 vom , S. 85).
48Insofern gilt:
49aa) Bei dem IS handelt es sich um eine terroristische Vereinigung im Ausland (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom – AK 25/25, juris Rn. 39; vom – StB 63+64/23, juris Rn. 31; vom – StB 56/23, juris Rn. 36; vom – StB 44/23, juris Rn. 7 ff., 38).
50bb) Unter einem Unterstützen im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und deren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten – wenngleich nicht unbedingt maßgebend – erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom – StB 66/24, juris Rn. 38; vom – StB 21/24, NJW 2025, 1140 Rn. 33; vom – StB 44/23, juris Rn. 44; vom – 3 StR 268/20, NStZ-RR 2022, 13; Urteile vom – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa , juris Rn. 38; Urteile vom – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom – 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und – wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt – sogar in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. BGH, Beschlüsse vom – StB 66/24, juris Rn. 38; vom – 3 StR 268/20, NStZ-RR 2022, 13; Urteile vom – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 136; Beschluss vom – AK 6/07, BGHSt 51, 345 Rn. 16 ff.). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Beschlüsse vom – StB 21/24, NJW 2025, 1140 Rn. 34; vom – StB 63+64/23, juris Rn. 32; Urteil vom – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 18; Beschluss vom – 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6 Rn. 5). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – StB 66/24, juris Rn. 38; vom – StB 21/24, NJW 2025, 1140 Rn. 34; Urteil vom – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 18; Beschluss vom – AK 13/13 u.a., BGHSt 58, 318 Rn. 19; Urteil vom – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 134).
51Hieran gemessen handelte die Beschuldigte hochwahrscheinlich in mehrfacher Hinsicht in für den IS objektiv nützlicher Weise und unterstützte damit die Vereinigung im Sinne des § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB.
52Die Beschuldigte bestärkte – in Gestalt einer „psychischen Unterstützung“ (vgl. insofern , NStZ-RR 2018, 72, 74; MüKoStGB/Anstötz, 5. Aufl., § 129 Rn. 118; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 121 mwN) – die inhaftierten IS-Mitglieder durch ihr Tun darin, dem IS die Treue zu halten, Mitglied der Vereinigung zu bleiben und sich für erneute Beteiligungshandlungen im Anschluss an eine Haftentlassung zur Verfügung zu halten. Jedenfalls hochwahrscheinlich ist, dass nicht nur die Beschuldigte mit einer solchen Intention agierte, sondern ihr Handeln in jedem Einzelfall zu einer entsprechenden Entscheidung des bedachten Gefangenen tatsächlich beitrug (vgl. zu diesem Erfordernis , NStZ-RR 2018, 72, 74). Darin lag – im Sinne des für die Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Unterstützungserfolgs – ein objektiver Vorteil für die Vereinigung selbst, auch wenn dieser sich – wegen der Inhaftierung der Geld- beziehungsweise Briefempfänger – aktuell in keinem messbaren Nutzen niederschlug (Fälle II.1. bis II.4. und II.6. bis II.8.).
53Soweit die Beschuldigte einen von ihr eingeworbenen Geldbetrag an im Internierungslager Al Hol in Syrien internierte weibliche IS-Mitglieder transferierte (Fall II.5.), ermöglichte sie den Geldempfängerinnen, im Gefangenenlager ein Leben im Sinne der Vereinigung zu führen und sich für ein anderweitiges Engagement im IS nach einer Freilassung zur Verfügung zu halten (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom – AK 25/25, juris Rn. 42; vom – AK 91-95/23, juris Rn. 122; vom – StB 63+64/23, juris Rn. 35; vom – StB 56/23, juris Rn. 38; vom – StB 47/23, juris Rn. 7 ff.; vom – StB 44/23, juris Rn. 15 ff., 42 ff.; vom – 3 StR 268/20, juris Rn. 11; vom – AK 61/19, juris Rn. 29 f.). Auch dies war für den IS von objektivem Nutzen.
54Hinzu kommt Folgendes: In den haftbefehlsgegenständlichen Geldtransferfällen, die Zahlungen an IS-Mitglieder beziehungsweise deren Ehefrauen betrafen (Fälle II.1. bis II.8.), förderte die Beschuldigte auch den IS unmittelbar. Denn mit der finanziellen Unterstützung inhaftierter IS-Mitglieder beziehungsweise ihrer Familien wurde das Signal an Mitglieder und Sympathisanten des IS ausgesandt, dass sich die Vereinigung intensiv um gefangen genommene oder aus anderen Gründen unterstützungsbedürftige Mitglieder kümmert. Da die Beschuldigte in den sozialen Medien über abgeschlossene Spendenaktionen und Briefkampagnen in Gestalt von „Erfolgsmeldungen“ berichtete, erreichte diese Botschaft eine große Zahl IS-affiner Personen. Dies war geeignet, deren Glauben an die fortbestehende Wirkmacht der Vereinigung und ihre Loyalität zu dieser zu stärken, was für den IS gleichfalls von objektivem Nutzen war, weil dadurch der Kreis potentieller zukünftiger Mitglieder und Unterstützer erhalten blieb beziehungsweise sogar erweitert wurde (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom – AK 25/25, juris Rn. 43; vom – StB 21/24, NJW 2025, 1140 Rn. 39; vom – AK 91-95/23, juris Rn. 123; vom – StB 63+64/23, juris Rn. 35; vom – StB 56/23, juris Rn. 38; vom – StB 47/23, juris Rn. 7 ff.; vom – StB 44/23, juris Rn. 15 ff., 42 ff.).
55cc) Im Fall des Geldtransfers an im syrischen Lager Al-Hol internierte IS-Frauen (Fall II.5.) hat sich die Beschuldigte hochwahrscheinlich tateinheitlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom – AK 25/25, juris Rn. 44; vom – AK 91-95/23, juris Rn. 124; vom – StB 63+64/23, juris Rn. 38; vom – StB 44/23, juris Rn. 46; vom – 3 StR 268/20, juris Rn. 25; vom – AK 37/21, juris Rn. 46 mwN) zur Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG strafbar gemacht. Die Übersendung von Geldern an IS-Mitglieder in Syrien verstieß gegen das in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom normierte Bereitstellungsverbot (vgl. BGH, Beschlüsse vom – AK 91-95/23, juris Rn. 124; vom – StB 63+64/23, juris Rn. 38 mwN; vom – StB 47/23, juris Rn. 10; vom – StB 44/23, juris Rn. 15 ff., 42 ff.; vom – 3 StR 483/21, StV 2023, 805 Rn. 22; vom – AK 47/21, juris Rn. 10 ff.; vom – AK 37/21, juris Rn. 32). Denn der IS ist eine in der Verordnung gelistete Vereinigung (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 483/21, StV 2023, 805 Rn. 22; vom – 3 StR 268/20, juris Rn. 16; – vom – AK 37/21, juris Rn. 40 mwN). Gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung dürfen gelisteten Gruppierungen weder direkt noch indirekt Gelder zur Verfügung gestellt werden.
56Indem die Beschuldigte im Fall II.5. hochwahrscheinlich dafür sorgte, dass Geld an IS-Mitglieder im (früheren) Hauptagitationsgebiet der Vereinigung gelangten und von diesem im Sinne der Vereinigung verwendet werden konnte, stellte sie finanzielle Ressourcen im Sinne des Art. 2 Abs. 2 der Struktur des IS und des Umstandes, dass es sich bei der Vereinigung um einen Personenverband handelt, werden Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen jedenfalls dann bereits dem IS selbst unmittelbar zur Verfügung gestellt, wenn sie einem im befindlichen und agierenden Mitglied, das in die dortigen Vereinigungsstrukturen eingebunden ist, zur Verwendung für die Ziele und Zwecke der Vereinigung zufließen. Insofern ist nicht erforderlich, dass die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen in die direkte Verfügungsgewalt eines Führungsverantwortlichen oder eines für Finanzangelegenheiten zuständigen Vereinigungsmitglieds gelangen oder solche höherrangigen Mitglieder eine eigene Zugriffsmöglichkeit erhaltenBGH, Beschlüsse vom – AK 25/25, juris Rn. 45; vom – AK 91-95/23, juris Rn. 125; vom – StB 63+64/23, juris Rn. 40; vom – StB 44/23, juris Rn. 47; vom – 3 StR 483/21, StV 2023, 805 Rn. 22; vom – AK 47/21, wistra 2022, 207 Rn. 17 ff.; vom – 3 StR 268/20, juris Rn. 18 ff.; – Beschlüsse vom – AK 37/21, juris Rn. 40; vom – AK 6/21, juris Rn. 33, 37 f.)
57BGH, Beschlüsse vom – AK 25/25, juris Rn. 46; vom – AK 91-95/23, juris Rn. 126; vom – StB 63+64/23, juris Rn. 40; vom – StB 44/23, juris Rn. 48
58vom – StB 21/24, NJW 2025, 1140 Rn. 47 ff.), liegt hier ersichtlich nicht vor.
59b) Soweit die Beschuldigte hochwahrscheinlich Geldzahlungen zu Gunsten inhaftierter Personen erbrachte, die zwar keine IS-Mitglieder waren, sich aber gleichwohl in strafbarer Weise für die terroristische Vereinigung engagiert hatten und deshalb Strafhaft verbüßten (Fälle III.1. bis III.8.), ist angesichts der mutmaßlichen Motivation ihres Handelns im Sinne eines dringenden Tatverdachts eine Strafbarkeit der Beschuldigten wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 53 StGB gegeben.
60Insofern gilt:
61aa) Im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB wirbt um Mitglieder für eine terroristische Vereinigung, wer sich um die Gewinnung von Personen bemüht, die sich mitgliedschaftlich in die Organisation einer bestimmten derartigen Vereinigung einfügen. Um Unterstützer wirbt, wer bei anderen die Bereitschaft wecken will, die Tätigkeit oder die Bestrebungen einer solchen Vereinigung direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern, ohne sich selbst als Mitglied in die Organisation einzugliedern (vgl. , BGHR StGB § 129a Abs. 5 Werben 4; Beschlüsse vom – AK 33/19, juris Rn. 24; vom – AK 6/07, BGHSt 51, 345 Rn. 24). Ein Erfolg der Werbung wird nicht vorausgesetzt; auch der erfolglose Versuch, andere als Mitglied oder Unterstützer einer Vereinigung zu gewinnen, wird von der Strafbarkeit erfasst (vgl. BGH, Beschlüsse vom – AK 33/19, juris Rn. 24, vom – AK 1/19, juris Rn. 31; vom – AK 6/07, BGHSt 51, 345 Rn. 25). Erforderlich ist allerdings eine Gedankenäußerung, die sich nach dem Verständnis des Adressaten als Werbung um Beitritt zu oder Unterstützung einer konkreten terroristischen Vereinigung darstellt (vgl. , juris Rn. 24). Die Werbung braucht nicht unbedingt in einer ausdrücklichen verbalen Aufforderung zu bestehen; sie kann auch konkludent zum Ausdruck gebracht werden, sofern eine Botschaft ausgesendet wird, die nach Art, Inhalt und Adressatenkreis geeignet ist, von einem verständigen Durchschnittsadressaten als Aufforderung dahin verstanden zu werden, einer bestimmten Organisation beizutreten oder diese zu unterstützen (vgl. insofern , BGHR StGB § 129a Abs. 5 Werben 4; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 107 mwN).
62bb) Hieran gemessen sind die Geldzahlungen in den Fällen III.1. bis III.8. im Sinne eines dringenden Tatverdachts als Werben um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung einzuordnen. Zwar forderte die Beschuldigte die Geldempfänger nicht ausdrücklich verbal dazu auf, sich dem IS als Mitglied anzuschließen oder die Vereinigung in strafbarer Weise zu unterstützen. Die Geldzahlungen stellten indes eine – für die Tatbestandsverwirklichung hinreichende – konkludente Aufforderung hierzu dar. Denn sie wurden von der Beschuldigten mit diesem Ziel geleistet und mussten von den Empfängern, die hochwahrscheinlich von den Netzwerken zur Sammlung von Spenden für Personen wussten, die wegen Straftaten mit IS-Bezug inhaftiert waren, dahin verstanden werden, dass es darum ging, sie dazu zu bewegen, an ihrer IS-Affinität festzuhalten und sich nach ihrer Haftentlassung erneut für die Vereinigung zu engagieren, namentlich dem IS beizutreten oder ihn nach Haftentlassung (erneut) zu unterstützen.
63Da die bisherigen Ermittlungsergebnisse keine Erkenntnisse für eine hochwahrscheinliche Annahme dahin erkennen lassen, dass die Geldzahlungen in den Fällen III.1. bis III.8. das von der Beschuldigten beabsichtigte Ziel tatsächlich erreichten, und damit schon mangels Unterstützungserfolges kein dringender Tatverdacht einer Strafbarkeit auch in diesen Fällen wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung bejaht werden kann, braucht der Senat sich nicht zu der Frage verhalten, ob in Fallkonstellationen der vorliegenden Art eine Strafbarkeit wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung schon deshalb ausgeschlossen ist, weil das inmitten stehende Handeln den Tatbestand des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer einer terroristischen Vereinigung erfüllt, also die letztgenannte Strafbarkeit hier eine – wie auch immer geartete – „Sperrwirkung“ gegenüber der erstgenannten entfaltet.
64c) Die hochwahrscheinlichen Taten unterfallen der deutschen Strafgewalt nach dem Territorialitätsprinzip (§ 3 StGB), weil die Beschuldigte mutmaßlich jeweils in Deutschland tätig wurde. Deshalb ist auch der von § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB geforderte strafbarkeitsbegründende Inlandsbezug gegeben.
654. Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von bereits begangenen und künftigen Taten nach § 129a StGB im Zusammenhang mit der terroristischen Vereinigung im Ausland „Islamischer Staat“ (IS) hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – als Neufassung einer früheren Verfolgungsermächtigung – am erteilt.
665. Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts für die Strafverfolgung und damit die des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs für den Erlass des angefochtenen Haftbefehls folgt für die Strafbarkeiten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung aus § 142a Abs. 1 i.V.m. § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG. Hinsichtlich einer Strafbarkeit der Beschuldigten nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG ist die Verfolgungszuständigkeit des Generalbundesanwalts aufgrund Sachzusammenhangs begründet.
676. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Es ist gesamtwürdigend wahrscheinlicher, dass sich die Beschuldigte – sollte sie auf freien Fuß gelangen – dem Strafverfahren entziehen, als dass sie sich ihm stellen wird.
68Denn die Beschuldigte hat angesichts des Umfangs ihres mutmaßlichen Tathandelns und der hohen Gefährlichkeit der unterstützten terroristischen Vereinigung IS mit einer längeren Freiheitsstrafe zu rechnen. Dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände entgegen. Insofern gilt, dass die Annahme von Fluchtgefahr kein sicheres Wissen um die sie begründenden Tatsachen erfordert; es genügt derselbe Wahrscheinlichkeitsgrad wie bei der Annahme des dringenden Tatverdachts (vgl. BGH, Beschlüsse vom – AK 27/22, juris Rn. 36; vom – StB 43 u. 44/18, juris Rn. 37).
69Die verheiratete Beschuldigte, die vier Kinder hat, verfügt zwar in Deutschland über einen festen Wohnsitz. Sie ist jedoch vor ihrer Verhaftung nicht berufstätig gewesen. Zudem unterhält sie abgesehen von ihrer Mutter außerhalb ihrer Kernfamilie keine sozialen Kontakte. Ihr Umgang mit anderen Menschen in sozialen Medien konzentriert sich, soweit ersichtlich, auf das im Milieu ideologisch gleichgesinnter IS-affiner Personen. Vor dem Hintergrund ihrer eigenen salafistisch-dschihadistischen Ideologie lehnt sie die Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland ab und präferiert ein Leben in einem islamistisch geprägten Land; in sozialen Medien hat sie sich dahin geäußert, es gebe für sie nicht viele Gründe, in Deutschland zu bleiben. Dies begründet die Annahme, dass sie sich, sollte sie aus der Haft entlassen werden, dem weiteren Strafverfahren durch eine Flucht ins Ausland zu entziehen versucht. Hierfür spricht auch, dass sie – über ihren türkischen Ehemann – über Kontakte in der Türkei verfügt und sie in der Vergangenheit mit ihrer Familie regelmäßig dorthin gereist ist. Für eine Fluchtgefahr streitet weiter, dass die sowohl national als auch international in IS-Kreisen gut vernetzte Beschuldigte im Falle einer Flucht ins Ausland oder einem Untertauchen in Deutschland wahrscheinlich mit vielfältiger Unterstützung durch Gleichgesinnte rechnen kann.
70Der Zweck der Untersuchungshaft kann unter den gegebenen Umständen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO erreicht werden.
717. Die Untersuchungshaft ist angesichts der Straferwartung, der bisherigen – kurzen – Haftdauer sowie der aus den Verfahrensakten ersichtlichen stringenten und dem Beschleunigungsgrundsatz genügenden Ermittlungen verhältnismäßig (§ 120 StPO).
Schäfer Hohoff Kreicker
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:301025BSTB50.25.0
Fundstelle(n):
JAAAK-05518