Instanzenzug: LG Darmstadt Az: 10 KLs 8/24
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten und den nicht revidierenden Mitangeklagten B. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung jeweils zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Einen weiteren, ebenfalls revidierenden und zur Tatzeit erwachsenen Mittäter hat es zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Dessen Revision hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
2Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt – unter Erstreckung auf den Mitangeklagten B. – den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
31. Während die Überprüfung des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, hat der Strafausspruch nur teilweise Bestand. Die Jugendkammer hat bei dem zur Tatzeit 20 Jahre und zwei Monate alten Angeklagten ebenso wie bei dem zur Tatzeit 20 Jahre und fünf Monate alten Mitangeklagten B. Jugendstrafrecht zur Anwendung gebracht und ist bei beiden rechtsfehlerfrei von der Schwere ihrer Schuld gemäß § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG ausgegangen.
4Hingegen unterfällt die Höhe der Jugendstrafe der Aufhebung. Die Jugendkammer hat angenommen, „[d]a beide Angeklagte das 21. Lebensjahr bereits überschritten“ hätten, sei „für die Bemessung der Höhe der Jugendstrafe allein der gerechte Schuldausgleich maßgeblich, während der Erziehungsgedanke keine Rolle mehr“ spiele. Dies ist rechtsfehlerhaft. Zwar ist in Fällen, in denen der Angeklagte zur Tatzeit noch Heranwachsender war, im Urteilszeitpunkt aber bereits Erwachsener ist, die Zielsetzung der Jugendstrafe anders zu bewerten als etwa bei einem Jugendlichen, der das die Strafmündigkeit begründende Alter gerade erreicht hat. Welches Gewicht den einzelnen Zumessungserwägungen zukommt, ist indes abhängig vom Einzelfall. Der Tatrichter hat dazu eine umfassende Abwägung vorzunehmen (vgl. , NStZ 2018, 728, 729). Dem hat sich die Jugendkammer verschlossen, indem sie bei dem im Urteilszeitpunkt 21 Jahre und zwei Monate alten Angeklagten beziehungsweise 21 Jahre und fünf Monate alten Mitangeklagten B. in der rechtsfehlerhaften Annahme, § 18 Abs. 2 JGG finde nach Vollendung des 21. Lebensjahres keine Anwendung mehr, allein auf Zumessungserwägungen abgestellt hat, die bei Erwachsenen in Betracht kommen.
52. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die Höhe der Jugendstrafe. Die Aufhebung ist gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten B. zu erstrecken. Der Maßstabsfehler der Jugendkammer bei der Zumessung der Jugendstrafe betrifft ihn in gleicher Weise wie den Angeklagten. Die Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann – wie stets – ergänzende, nicht widersprechende Feststellungen treffen.
63. Die Zurückverweisung an das Amtsgericht – Jugendschöffengericht – beruht auf § 354 Abs. 3 StPO i.V.m. § 33 Abs. 1 und 2, § 40 Abs. 1 Satz 1, § 107 JGG. Dessen Zuständigkeit reicht zur Erledigung der Sache aus (vgl. , Rn. 19; Beschluss vom – 3 StR 166/12, Rn. 11), nachdem sich das Verfahren nur noch gegen die beiden Heranwachsenden richtet (vgl. auch § 41 Abs. 1 Nr. 3 JGG). Die örtliche Zuständigkeit des Jugendschöffengerichts Groß-Gerau folgt aus § 8 Nr. 1 Buchst. c der Hessischen Justizzuständigkeitsverordnung vom (GVBl. 2013, 386), da der Tatort in R. liegt.
Menges Zeng Grube
Schmidt Lutz
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:041125B2STR461.25.0
Fundstelle(n):
UAAAK-05442