Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung von Ferienwohnungen
Leitsatz
NV: Hat der Steuerpflichtige beim Erwerb einer Ferienwohnung deren späteren Verkauf bereits ernsthaft in Betracht gezogen, ist einer Totalüberschussprognose der kürzere Zeitraum der tatsächlichen Vermögensnutzung zugrunde zu legen (vgl. Parallelentscheidung vom - IX R 44/99).
Gesetze: EStG § 2 Abs. 1; EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug: ,
Tatbestand
I.
1 Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, erwarben im Jahre 1983 Miteigentumsanteile an einer im Bauherrenmodell errichteten Ferienwohnungsanlage in A; den Miteigentumsanteilen war eine Ferienwohnung zugeordnet, die die Kläger in der Folgezeit selbst an wechselnde Feriengäste vermieteten. Die Wohnung war —auch in den Streitjahren (1990 bis 1992)— durchschnittlich an 135 bis 140 Tagen im Jahr vermietet.
2 Wegen finanzieller Schwierigkeiten des Verkäufers kam es im Streitjahr 1990 —noch vor der Eigentumsumschreibung— zur Zwangsversteigerung der Ferienwohnungsanlage. Die das Bauvorhaben finanzierende Bank erhielt den Zuschlag. Sie teilte die Wohnanlage in Eigentumswohnungen auf und veräußerte den Klägern im Streitjahr 1992 die Ferienwohnung, die sie bereits seit 1984 in Besitz hatten. Der Kaufpreis entsprach dem Restdarlehen nach dem Stand vom zuzüglich einer Aufwandspauschale. Ende 1998 verkauften die Kläger die Ferienwohnung.
3 In ihren Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Streitjahre machten die Kläger unter anderem aus der Vermietung der Ferienwohnung —durch Gegenüberstellen der Einnahmen und der (gesamten) Aufwendungen ermittelte— Werbungskostenüberschüsse von 15.545,02 DM (1990), 19.344,28 DM (1991) und 9.706,88 DM (1992) geltend.
4 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt —FA—) kürzte die (der Vermietung nicht direkt zuordenbaren) Werbungskosten im Verhältnis der Mietzeiten zu den Zeiten einer möglichen Selbstnutzung; hierdurch ergaben sich für die Streitjahre 1990 und 1991 Werbungskostenüberschüsse von 196 DM (1990) und 3.490 DM (1991) sowie im Streitjahr 1992 positive Einkünfte von 1.512 DM. Die hiergegen gerichteten Einsprüche hatten nur insoweit Erfolg, als das FA im Streitjahr 1992 keine positiven Einkünfte mehr ansetzte. Es vertrat die Auffassung, Einkünfte aus der Vermietung der Ferienwohnung seien nicht zu berücksichtigen, da den Klägern die Überschusserzielungsabsicht gefehlt habe; eine Verböserung sei jedoch ausgeschlossen.
5 Die Klage, mit der die Kläger unter anderem geltend machten, sie hätten die Ferienwohnung ausschließlich zur Vermietung bereitgehalten, wies das Finanzgericht (FG) ab: Eine auf den Zeitraum von 20 Jahren zu erstellende Prognose ergebe, dass die Kläger keinen Totalüberschuss der Mieteinnahmen über die Werbungskosten hätten erreichen können. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2000, 1079 veröffentlicht.
6 Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
7 Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und unter Abänderung der Feststellungsbescheide 1990 bis 1992 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom in den Streitjahren aus der Vermietung der Ferienwohnung Werbungskostenüberschüsse von 15.545,02 DM (1990), 19.344,28 DM (1991) und 9.706,88 DM (1992) festzustellen.
8 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
II.
9 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Die bisherigen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend darüber zu entscheiden, ob das FG zu Recht die Überschusserzielungsabsicht der Kläger verneint hat.
10 1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C.IV.3.c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.
11 a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. , BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II.2.); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C.IV.3.c aa (2)). Die Überschusserzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).
12 b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch bei Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. , BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt —wie der Senat in seinem Urteil vom - IX R 97/00 (BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat— unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermieten. Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass durch die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte in der Ferienwohnung keine Selbstnutzung sind.
13 c) Dagegen ist nach dem Urteil IX R 97/00 bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob die Steuerpflichtigen mit oder ohne Überschusserzielungsabsicht vermietet haben, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Im Rahmen dieser Prognose sind, wenn eine Selbstnutzung jederzeit möglich ist, die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe des Urteils IX R 97/00.
14 2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Kläger bereits beim Erwerb der Ferienwohnung ernsthaft in Betracht gezogen haben, diese wieder zu veräußern. Ist hiervon auszugehen, wäre für die Feststellung der Überschusserzielungsabsicht von einem auf die tatsächliche Zeit der Vermögensnutzung beschränkten Prognosezeitraum auszugehen.
15 War dagegen die Veräußerung der Ferienwohnung —wie von den Klägern mit der Revision geltend gemacht— beim Erwerb noch nicht ernsthaft in Betracht gezogen, wäre in den Streitjahren vom Entschluss zur Dauernutzung auszugehen. Das FG hätte dann zu prüfen, ob die Kläger die Ferienwohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit zur Vermietung bereitgehalten oder ob sie diese auch (zu privaten Zwecken) selbst genutzt haben. Im ersten Fall wäre ohne weitere Prüfung für die Streitjahre von der Überschusserzielungsabsicht der Kläger auszugehen; im zweiten Fall müsste das FG die Kosten aufteilen und durch eine unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmende Prognose feststellen, ob in einem Zeitraum von 30 Jahren aus der Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss hätte erzielt werden können.
16 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2001:U.061101.IXR64.00.0
Fundstelle(n):
OAAAK-05324