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BGH Urteil v. - VIa ZR 53/22

Instanzenzug: Az: I-10 U 102/21vorgehend LG Wuppertal Az: 4 O 260/20

Tatbestand

1Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. Er erwarb im März 2016 von einer dritten Person einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten BMW 520d, der mit einem Motor vom Typ N 47 (Schadstoffklasse Euro 5) ausgestattet ist.

2Die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und die Feststellung des Annahmeverzugs sowie die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger weitere Schäden zu ersetzen, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Gründe

3Die Revision hat Erfolg.

4Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

5Der Kläger könne keinen Schadensersatz nach §§ 826, 31 BGB verlangen. Denn er habe keine Umstände dargetan, aus denen sich ergebe, dass die Beklagte sittenwidrig gehandelt habe. Zudem fehle es am notwendigen Schädigungsvorsatz der Beklagten. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV scheitere am fehlenden Schutzgesetzcharakter dieser Vorschriften.

II.

6Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

71. Allerdings begegnet es keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB dem Grunde nach verneint hat. Dagegen erhebt die Revision auch keine konkreten Einwände.

82. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl.  VIa ZR 335/21, Rn. 29 bis 32).

9Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl.  VIa ZR 335/21, Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso , WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

10Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil sie sich nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11.

C. Fischer                                Möhring                                Messing

                        F. Schmidt                                Pastohr

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:191125UVIAZR53.22.0

Fundstelle(n):
GAAAK-05169