Gesetze: FGO § 56 ;
EStG § 32;
EStG § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1;
EStG § 63 Abs. 1;
VO (EG) Nr. 883/2004 Art. 68;
Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen
Atomgemeinschaft Art. 30
;
Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen
Atomgemeinschaft Art. 31 Abs. 1
;
FGO § 47 Abs. 1 Satz 1
Kindergeld
Zum vollständigen Kindergeldanspruch, wenn fraglich ist, ob nach ausländischem Recht entsprechende Leistungen beansprucht
werden können
Leitsatz
1. Ein Beteiligter, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, eine fristgebundene Klage rechtzeitig einzulegen, hat
Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb der Klagefrist alles Zumutbare unternimmt, um das in
seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beheben, indem er z.B. bis zum Ablauf der Klagefrist alle Voraussetzungen für
die Bewilligung von Prozesskostenhilfe schafft.
2. Für ein in Deutschland geborenes minderjähriges Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit, welches bei der arbeitslosen Mutter
in Deutschland lebt und dessen Vater in England als Soldat stationiert ist, besteht ein ungekürzter Kindergeldanspruch, wenn
sich nicht zweifelsfrei klären lässt, ob für das Kind im Vereinigten Königreich ein Anspruch auf vergleichbare Familienleistungen
(„child benefit”) im fraglichen Zeitraum bestand.
3. Ein Kindergeldanspruch kann allerdings ganz oder teilweise ausgeschlossen sein, wenn in einem anderen Staat konkurrierende
Ansprüche auf Familienleistungen bestehen.
4. Wenn Deutschland insoweit nachrangig zuständiger Staat ist, wird das Kindergeld bis zur Höhe der vorrangigen ausländischen
Familienleistungen ausgezahlt, wobei jedoch nur sog. Differenzkindergeld in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den geringeren
ausländischen Familienleistungen und dem inländischen Kindergeld gezahlt wird.
5. Fehlt es an zu koordinierenden Ansprüchen, weil in keinem anderen Staat Kindergeldansprüche bestehen, findet eine solche
Kürzung nicht statt.
6. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union schließt Auskunftsersuchen der für die Familienleistungen
zuständigen Träger der Mitgliedstaaten an die des Vereinigten Königreichs und umgekehrt nicht aus.