Suchen Barrierefrei
BMF - IV B 5 - S 1361/00010/001/047

Neufassung der Zurechnungsbesteuerung bei ausländischen Familienstiftungen nach § 15 Außensteuergesetz

In der Anlage übersende ich Ihnen den Entwurf einer Neufassung des § 15 AStG ausschließlich in elektronischer Form mit der Bitte um Kenntnisnahme und verbunden mit der Möglichkeit zur Stellungnahme.

Die sogenannte Zurechnungsbesteuerung wurde mit dem Inkrafttreten des Außensteuergesetzes vom (BGBl 1972 I S. 1713) eingeführt und im Lichte der steuer- und unionsrechtlichen Entwicklungen mehrfach angepasst. Mit dem anliegenden Vorschlag soll die Zurechnungsbesteuerung der mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz vom (BGBl 2021 I S. 2035) reformierten Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG mit dem Ziel der Vereinheitlichung und Vereinfachung systematisch weiter angenähert werden. Dies soll insbesondere durch die Einführung einer Niedrigsteuergrenze von 15 Prozent und die Anwendung des § 8b Absatz 1 KStG bereits auf Stiftungsebene erreicht werden. Zudem sollen der sogenannte Entlastungsnachweis (bislang § 15 Absatz 6 AStG) an die aktuelle Rechtsprechung des EuGH und des BFH angepasst, Gestaltungen zur Umgehung der Zurechnungsbesteuerung vermieden und die Rechtssicherheit im Bereich der Zurechnungsbesteuerung insgesamt erhöht werden.

Wesentliche Punkte des anliegenden Entwurfs sind:

  • Weitere Annäherung des § 15 AStG an die Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG):

    • Einbeziehung neben den unmittelbaren auch der mittelbaren Bezugs- und Anfallsberechtigungen,

    • Einführung einer Niedrigsteuergrenze von 15 Prozent,

    • Anwendung des § 11 AStG (Kürzungsbetrag) unter Berücksichtigung der Besonderheiten einer ausländischen Familienstiftung.

  • Definition des „Anteils“ auf Basis des gemeinen Wertes der Vermögensübertragungen bzw. Berechtigungen.

  • Einbeziehung von nahestehenden Personen für die Frage, ob eine ausländische Familienstiftung vorliegt (§ 15 Absatz 2 AStG/E).

  • Straffung der Vorschrift, u. a.

  • Fortentwicklung des Entlastungsnachweises auf Basis der EuGH-Rechtsprechung (bislang Absatz 6, künftig § 15 Absatz 3 AStG/E) und Ausweitung auf Drittstaaten.

  • Beibehaltung des bisherigen Systems der Zurechnung der Einkünfte im Fall nachgeschalteter Zwischengesellschaften (bislang Absatz 9, künftig § 15 Absatz 6 AStG/E) und anderer ausländischer Stiftungen (bislang Absatz 10, künftig § 15 Absatz 7 AStG/E) an die ausländische Familienstiftung und der anschließenden Zurechnung der Einkünfte an die Zurechnungsempfänger über § 15 Absatz 1 AStG/E.

In Bezug auf die Einzelheiten verweise ich auf die beigefügte Anlage.

Soweit Sie zu diesem Entwurf Stellung nehmen möchten, bitte ich Sie um Übersendung Ihrer Stellungnahme bis zum

per E-Mail an IVB5@bmf.bund.de.

Nach dem Beschluss der Bundesregierung werden zur Erhöhung der Transparenz Verbändestellungnahmen zu Gesetzgebungsverfahren im Internet veröffentlicht. Ich bitte Sie daher, Ihre Stellungnahme frei von personenbezogenen Daten abzugeben (etwa als Anlage zu Ihrem Anschreiben) oder alternativ in Ihrer Stellungnahme etwaige personenbezogene Daten zu anonymisieren. Sollten Sie eine Stellungnahme mit personenbezogenen Daten abgeben wollen, bitte ich Sie, sogleich den Nachweis über die erteilte Einwilligung der betroffenen Personen zur Veröffentlichung ihrer in der Stellungnahme enthaltenen personenbezogenen Daten mit zu übermitteln.

Sollten Sie mit einer Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme nicht einverstanden sein, bitte ich Sie, bei Übermittlung Ihrer Stellungnahme deren Veröffentlichung zu widersprechen. In diesem Fall wird im Rahmen der Veröffentlichung lediglich vermerkt, dass eine Stellungnahme Ihres Verbandes eingereicht wurde.

Im Auftrag

Anlage zur Verbändeanhörung November 2025 Gesetzentwurf § 15 AStG

§ 15

Zurechnungsbesteuerung

(1) 1Einkünfte einer ausländischen Familienstiftung, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen (§ 8 Absatz 5), sind bei den Zurechnungsempfängern entsprechend ihrer Anteile steuerpflichtig. 2Zurechnungsempfänger sind die unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter, sonst die unbeschränkt steuerpflichtigen unmittelbar oder mittelbar Bezugs- und Anfallsberechtigten. 3Der Anteil eines Stifters entspricht dem Verhältnis des gemeinen Werts des von ihm übertragenen Vermögens zum gemeinen Wert des insgesamt übertragenen Vermögens; der Anteil eines Bezugs- oder Anfallsberechtigten entspricht dem Verhältnis des gemeinen Werts der Berechtigung zum gemeinen Wert sämtlicher Berechtigungen bezogen auf den Anteil im Sinne des Halbsatzes 1, der auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Stifter entfällt. 4Der Anteil eines mittelbar Bezugs- oder Anfallsberechtigten ist für die Steuerpflicht nach Satz 1 unbeachtlich, soweit bei einer die mittelbare Bezugs- oder Anfallsberechtigung vermittelnden Person hinsichtlich der Bezugs- oder Anfallsberechtigung an dieser ausländischen Familienstiftung eine Zurechnungsbesteuerung nach diesem Gesetz oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist und die danach zugerechneten Einkünfte dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 unterliegen.

(2) 1Eine ausländische Familienstiftung ist eine Stiftung, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat und bei der die Stifter und ihnen nahestehende Personen sowie deren Angehörige und deren Abkömmlinge und ihnen nahestehende Personen allein oder zusammen am Ende des Geschäftsjahres der Stiftung, in dem diese die Einkünfte nach Absatz 1 erzielt hat (maßgebendes Geschäftsjahr), zu mehr als der Hälfte unmittelbar oder mittelbar bezugs- oder anfallsberechtigt sind; Absatz 1 Satz 3 und § 7 Absatz 3 und 4 gelten entsprechend. 2Den Stiftungen stehen für Zwecke dieser Vorschrift vergleichbare Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen gleich.

(3) 1Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn nachgewiesen wird, dass die Einschaltung der ausländischen Familienstiftung nicht auf einer künstlichen Gestaltung beruht. 2§ 8 Absatz 4 gilt entsprechend. 3Satz 1 gilt nicht für Einkünfte im Sinne des Absatzes 6 und 7.

(4) 1Die nach dieser Vorschrift steuerpflichtigen Einkünfte sind bei den Zurechnungsempfängern als Zurechnungsbetrag anzusetzen; ergibt sich ein negativer Betrag, entfällt die Zurechnung. 2Der Zurechnungsbetrag gehört zu den Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9 des Einkommensteuergesetzes und gilt in dem Veranlagungszeitraum als zugeflossen, in dem das maßgebende Geschäftsjahr der ausländischen Familienstiftung endet; § 20 Absatz 8 des Einkommensteuergesetzes bleibt unberührt. 3§ 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d und § 32d des Einkommensteuergesetzes sind nur insoweit anzuwenden, als diese Vorschriften bei unmittelbarem Bezug der zuzurechnenden Einkünfte durch die Zurechnungsempfänger anzuwenden wären. 4Soweit es sich bei den Zurechnungsempfängern um Personen handelt, die ihre Einkünfte nach dem Körperschaftsteuergesetz ermitteln, bleibt § 8 Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes unberührt; § 8b Absatz 1 und 2 des Körperschaftsteuergesetzes ist nur insoweit anzuwenden, als diese Vorschrift bei unmittelbarem Bezug der zuzurechnenden Einkünfte durch die Zurechnungsempfänger anzuwenden wäre.

(5) 1Die dem Zurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte sind in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln. 2Bei der Ermittlung der Einkünfte gilt § 10 Absatz 3 Satz 3 bis 6 entsprechend. 2§ 8b des Körperschaftsteuergesetzes bleibt unberücksichtigt.

(6) 1Beherrscht eine ausländische Familienstiftung oder eine andere ausländische Stiftung im Sinne des Absatzes 7 eine ausländische Gesellschaft entsprechend § 7 Absatz 2, gehören die Einkünfte dieser Gesellschaft in entsprechender Anwendung der §§ 7 bis 10 zu den Einkünften der ausländischen Familienstiftung im Sinne des Absatzes 1. 2Auf Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 aus der Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft, denen nachweislich Einkünfte der ausländischen Gesellschaft nach Satz 1 zugrunde liegen, sind die Absätze 1 und 7 nicht anzuwenden. 3Entsprechendes gilt für Bezüge im Sinne des Satzes 2 aus der Beteiligung an einer Gesellschaft, die an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist.

(7) 1Einkünfte einer anderen ausländischen Stiftung, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen (§ 8 Absatz 5) und für die nicht die Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 vorliegen, gehören zu den Einkünften der ausländischen Familienstiftung im Sinne des Absatzes 1 entsprechend ihrem Anteil, wenn sie allein oder zusammen mit den in den Absatz 2 genannten Personen zu mehr als der Hälfte am Ende des maßgebenden Geschäftsjahrs der anderen ausländischen Stiftung unmittelbar oder mittelbar bezugs- oder anfallsberechtigt ist; Absatz 1 Satz 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. 2Auf Zuwendungen der anderen ausländischen Stiftung, denen nachweislich Einkünfte nach Satz 1 zugrunde liegen, ist Absatz 1 und Satz 1 nicht anzuwenden.

(8) Erhält ein Steuerpflichtiger Zuwendungen der ausländischen Familienstiftung oder der anderen ausländischen Stiftung im Sinne des Absatzes 7 und haben die diesen zugrunde liegenden Einkünfte nachweislich bereits als Zurechnungsbeträge nach Absatz 4 bei einem Zurechnungsempfänger der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterlegen, gilt § 11 Absatz 1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechend, dass abweichend von § 11 Absatz 3 Satz 1 das am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Zurechnungskorrekturvolumen stiftungsbezogen gemäß § 18 gesondert festzustellen ist.

(9) § 12 gilt entsprechend.

§ 21

Anwendungsvorschriften

[…]

(8) […] 4§ 15 Absatz 1 bis 7 und 9 in der am … [einsetzen: Tag nach der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes] geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden für die Einkommen- und Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum und für die Gewerbesteuer für den Erhebungszeitraum, für den Einkünfte der ausländischen Familienstiftung zuzurechnen sind, die in einem Geschäftsjahr der ausländischen Familienstiftung entstanden sind, das nach dem 31. Dezember 202x beginnt. 5§ 15 Absatz 8 in der am … [einsetzen: Tag nach der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes] geltenden Fassung ist erstmals für den Veranlagungs- und Erhebungszeitraum 202x anzuwenden; als Anfangsbestand des Zurechnungskorrekturvolumens zum 31. Dezember 202x wird die Summe der Einkünfte der ausländischen Familienstiftung erfasst, die bei dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter oder den unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, die bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind, gemäß § 15 Absatz 1 in einer vor dem … [einsetzen: Tag nach der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes] geltenden Fassung der Besteuerung unterliegen, soweit sie nicht für Zwecke des § 15 Absatz 11 Satz 1 in einer vor dem … [einsetzen: Tag nach der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes] geltenden Fassung zu berücksichtigen sind.

Begründung zu § 15 AStG-E

Allgemeines

Die sogenannte Zurechnungsbesteuerung wurde mit dem Inkrafttreten des Außensteuergesetzes vom (BGBl. 1972 I S. 1713) eingeführt und im Lichte der steuer- und unionsrechtlichen Entwicklungen mehrfach angepasst. Sie bildet eine Regelungseinheit zur Verhinderung der steuerlich indizierten, nicht zwingend missbräuchlichen Verlagerung von Einkünften mithilfe ausländischer Familienstiftungen.

Mit diesem Gesetzesentwurf wird die Zurechnungsbesteuerung der mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz vom (BGBl. 2021 I S. 2035) reformierten Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 12 AStG mit dem Ziel der Vereinheitlichung und Vereinfachung systematisch weiter angenähert. Dies geschieht insbesondere durch die Einführung einer Niedrigsteuergrenze von 15 Prozent und die Anwendung des § 8b Absatz 1 KStG bereits auf Stiftungsebene. Zudem werden der sogenannte Entlastungsnachweis an die aktuelle Rechtsprechung des EuGH angepasst und auch in Drittstaatenfällen ermöglicht, Gestaltungen zur Umgehung der Zurechnungsbesteuerung vermieden und die Rechtssicherheit im Bereich der Zurechnungsbesteuerung insgesamt erhöht. Die Vorschrift des bisherigen § 15 Absatz 3 AStG, wonach sogenannte Unternehmerstiftungen der Zurechnungsbesteuerung unterworfen werden, wird ersatzlos gestrichen.

§ 15 AStG wird entsprechend der bisherigen allgemeinen Bezeichnung der Regelungseinheit mit „Zurechnungsbesteuerung“ überschrieben.

Absatz 1

Der Grundtatbestand der Zurechnungsbesteuerung wird umfassend angepasst. Im Einzelnen sind folgende Anpassungen vorgesehen:

  • Die Zurechnung wird auf Einkünfte der ausländischen Familienstiftung beschränkt, die einer niedrigen Besteuerung nach Maßgabe des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen.

  • Zur Annäherung an die Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung wird der Kreis der Zurechnungsempfänger auf mittelbar Bezugs- und Anfallsberechtigte erweitert. Einbezogen werden insbesondere mehrstufige Stiftungsstrukturen oder Bezugs- oder Anfallsberechtigungen von Gesellschaften, an denen der Betroffene beteiligt ist. Eine Doppelbesteuerung wird entsprechend der Grundsätze des § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG vermieden.

  • Der den Zurechnungsempfängern zuzurechnende Anteil an den niedrig besteuerten Einkünften der ausländischen Familienstiftung wird entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis gesetzlich definiert. Dabei ist bei der vorrangigen Zurechnung an die inländischen Stifter der gemeine Wert des jeweils übertragenen Vermögens, bei der nachrangigen Zurechnung an die inländischen Bezugs- und Anfallsberechtigten der gemeine Wert der jeweiligen Berechtigung maßgebend. Den Bezugs- und Anfallsberechtigten können die Einkünfte nur insoweit zugerechnet werden, als diese nicht vorrangig den Stiftern zuzurechnen sind.

    Beispiel:

    Ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger Stifter D überträgt ein Vermögen von 1 GE auf eine ausländische Familienstiftung. Ein in Frankreich ansässiger, in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtiger Stifter F überträgt ein Vermögen von 99 GE auf diese Stiftung. Das in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Kind des F ist gegenüber der Stiftung zu 99 Prozent bezugsberechtigt; das in Frankreich ansässige und in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtige Kind des D ist zu 1 Prozent bezugsberechtigt. Die ausländische Familienstiftung erzielt niedrig besteuerte Einkünfte (§ 8 Absatz 5 AStG) in Höhe von 100 GE.

    Die niedrig besteuerten Einkünfte der Stiftung werden vorrangig D mit einem Anteil von 1 Prozent zugerechnet (= 1 GE). Dem in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Kind des F wird nachrangig ein Anteil von 98,01 Prozent (= 99 Prozent * 99 Prozent) der Einkünfte zugerechnet (= 98,01 GE).

  • Die bisherige Zurechnung des Vermögens einer ausländischen Familienstiftung entfällt aufgrund der fehlenden steuerlichen Relevanz.

Darüber hinaus erfolgen redaktionelle Anpassungen, mit denen keine Änderung der bisherigen Rechtslage intendiert ist. Insbesondere werden die Zurechnungsempfänger gesondert als solche definiert und in Anlehnung an die Hinzurechnungsbesteuerung die Steuerpflicht der zuzurechnenden Einkünfte begrifflich festgeschrieben. Auch dies dient der Vereinheitlichung und der Vereinfachung.

Absatz 2

§ 15 Absatz 2 AStG enthält – wie bereits nach bisheriger Rechtslage – die Definition einer ausländischen Familienstiftung.

Der Begriff der ausländischen Familienstiftung wird mit diesem Gesetzesentwurf klarer gefasst. Der relevante „Familienkreis“ umfasst zukünftig auch nahestehende Personen. Dabei sind insbesondere bei Kapitalgesellschaften als Stifterinnen auch nahestehende Personen im Sinne des § 7 Absatz 3 und 4 AStG zu berücksichtigen. Für die Prüfung, ob eine Bezugs- oder Anfallsberechtigung von mehr als der Hälfte vorliegt, sind auch mittelbare Berechtigungen zu berücksichtigen. Für die Ermittlung der Anteilshöhe gilt § 15 Absatz 1 Satz 3 AStG entsprechend. Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen der Bezugs- oder Anfallsberechtigung von mehr als der Hälfte ist das Ende des Geschäftsjahres der Stiftung, in dem diese die zuzurechnenden Einkünfte erzielt hat (maßgebendes Geschäftsjahr).

Der bisherige § 15 Absatz 4 AStG wird in modifizierter Form in § 15 Absatz 2 Satz 2 AStG überführt. Dabei wird klargestellt, dass den Stiftungen nur solche Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen gleichstehen, die mit Stiftungen strukturell vergleichbar sind, und die Gleichstellung ausschließlich für Zwecke der Zurechnungsbesteuerung erfolgt.

Absatz 3

In § 15 Absatz 3 AStG wird der – bisher in § 15 Absatz 6 AStG geregelte – sogenannte Entlastungsnachweis neu gefasst. Damit werden die aktuellen Grundsätze der Rechtsprechung des EuGH und insbesondere die Vorgaben aus dem - Rs. X in das nationale Recht überführt. Zudem werden Abgrenzungsschwierigkeiten im Hinblick auf die gegenüber der Zurechnungsbesteuerung vorrangige Zurechnung nach § 39 Absatz 2 Nummer 1 AO beseitigt.

Der bisherige Entlastungsnachweis gilt in Bezug auf EU-/EWR-Mitgliedstaaten und stellt im Wesentlichen darauf ab, dass das Stiftungsvermögen der Verfügungsmacht der Zurechnungsempfänger rechtlich und tatsächlich entzogen ist. Abweichend hiervon erfordert der Entlastungsnachweis nach diesem Gesetzesentwurf unter Berücksichtigung der einschlägigen Grundsätze der Rechtsprechung des EuGH, dass die Einschaltung der ausländischen Familienstiftung nicht auf einer künstlichen Gestaltung beruht. Zudem wird der Entlastungsnachweis territorial auch in Bezug auf Familienstiftungen eröffnet, die Sitz und Geschäftsleitung in Drittstaaten haben.

Entsprechend der bisherigen Rechtslage ist die Möglichkeit eines Entlastungsnachweises nicht eröffnet, wenn der Ansässigkeitsstaat der ausländischen Familienstiftung im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind; insoweit wird in § 15 Absatz 3 Satz 2 AStG auf § 8 Absatz 4 AStG verwiesen.

Mit § 15 Absatz 3 Satz 3 AStG wird die bisherige Rechtslage, dass die Reichweite des Entlastungsnachweises auf die durch die ausländische Familienstiftung originär erzielten Einkünfte beschränkt ist, klarstellend festgeschrieben. Er gilt demgemäß nicht für Einkünfte nachgeschalteter Rechtsträger, die der ausländischen Familienstiftung nach den mit diesem Gesetzesentwurf neu gefassten Absätzen 6 und 7 zugerechnet werden. Insoweit bestehen gesonderte Exkulpationsmöglichkeiten (siehe hierzu § 15 Absatz 6 Satz 1 und Absatz 7 Satz 1 AStG).

Absatz 4

§ 15 Absatz 4 AStG regelt die – bislang in § 15 Absatz 8 AStG normierte – Behandlung der zugerechneten Stiftungseinkünfte auf der Ebene der Zurechnungsempfänger. In Anlehnung an den Hinzurechnungsbetrag (§ 10 Absatz 1 AStG) sind die nach der Zurechnungsbesteuerung steuerpflichtigen Einkünfte bei den Zurechnungsempfängern als Zurechnungsbetrag anzusetzen. Ergibt sich ein negativer Betrag, entfällt die Zurechnung. Der Zurechnungsbetrag gehört zu den Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9 EStG; in diesem Zusammenhang sind § 20 Absatz 8 EStG und § 8 Absatz 2 KStG zu beachten. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage. In zeitlicher Hinsicht wird klargestellt, dass der Zurechnungsbetrag in dem Veranlagungszeitraum als zugeflossen gilt, in dem das maßgebende Geschäftsjahr (§ 15 Absatz 2 AStG) der ausländischen Familienstiftung endet. Abhängig vom Zurechnungsempfänger ist das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d EStG, der gesonderte Steuertarif nach § 32d EStG oder § 8b Absatz 1 KStG auf den Zurechnungsbetrag anzuwenden. Dies entspricht der bisherigen Verfahrensweise.

Absatz 5

§ 15 Absatz 5 AStG regelt die – bislang in § 15 Absatz 7 AStG festgeschriebene – Ermittlung der zuzurechnenden Einkünfte der ausländischen Familienstiftung. Danach sind die zuzurechnenden Stiftungseinkünfte in Anlehnung an die Hinzurechnungsbesteuerung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln (§ 10 Absatz 3 AStG). Dabei ist wie bisher § 8b KStG nicht zu berücksichtigen. Für Besonderheiten wird entsprechend der bisherigen Rechtslage auf § 10 Absatz 3 Satz 3 bis 6 AStG verwiesen; dies betrifft insbesondere steuerliche Vergünstigungen, die an die unbeschränkte Steuerpflicht anknüpfen, und Verluste.

Absatz 6

§ 15 Absatz 6 AStG trifft – entsprechend der bisherigen Vorschrift des § 15 Absatz 9 AStG – für die Konstellationen eine Regelung, in denen einer ausländischen Familienstiftung oder einer anderen ausländischen Stiftung im Sinne des § 15 Absatz 7 AStG (bisher § 15 Absatz 10 AStG) eine ausländische Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG nachgeschaltet ist. Entsprechend der bisherigen Rechtslage sind in diesen Fällen die Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung auf der Ebene der ausländischen Familienstiftung beziehungsweise der anderen ausländischen Stiftung entsprechend anzuwenden und der insoweit ermittelte Hinzurechnungsbetrag als Einkünfte der ausländischen Familienstiftung im Sinne des § 15 Absatz 1 AStG anzusetzen. Auf Grund der mit diesem Gesetzesentwurf aufgehobenen sogenannten erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung (§ 13 AStG) werden abweichend von der bisherigen Rechtlage ausschließlich Beherrschungskonstellationen erfasst, in denen die sogenannte allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung zur entsprechenden Anwendung kommt (§§ 7 bis 10 AStG). Die bislang ausdrücklich geregelte Bestimmung des Anteils der beherrschenden ausländischen Familienstiftung oder der anderen ausländischen Stiftung an den hinzuzurechnenden Zwischeneinkünften der nachgeschalteten Gesellschaft (Hinzurechnungsquote), einschließlich der entsprechenden Geltung des § 7 Absatz 1 Satz 3 AStG, ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 7 bis 10 AStG. Eine gesonderte Regelung ist daher nicht mehr enthalten. Die danach hinzugerechneten Zwischeneinkünfte gehören unabhängig von der Erbringung des Entlastungsnachweises nach § 15 Absatz 3 AStG auf der Ebene der ausländischen Familienstiftung beziehungsweise der anderen ausländischen Stiftung zu den nach § 15 Absatz 1 AStG zuzurechnenden Einkünften.

Für Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 AStG aus der Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft, denen nachweislich nach diesem Absatz hinzugerechnete Einkünfte der ausländischen Gesellschaft zugrunde liegen, gilt die Zurechnungsbesteuerung nicht (§ 15 Absatz 6 Satz 2 AStG). Entsprechendes gilt in Anlehnung an § 11 Absatz 1 Satz 2 AStG für Bezüge aus der Beteiligung an vermittelnden Gesellschaften (§ 15 Absatz 6 Satz 3 AStG). Die Regelungen dienen – wie bisher § 15 Absatz 9 Satz 3 AStG – der Vermeidung einer Doppelbesteuerung und betreffen insbesondere Fälle des § 8b Absatz 4 und 5 KStG.

Absatz 7

§ 15 Absatz 7 AStG regelt – entsprechend der bisherigen Vorschrift des § 15 Absatz 10 AStG – Fälle, in denen der ausländischen Familienstiftung eine andere ausländische Stiftung nachgeschaltet ist. Einkünfte der nachgeschalteten Stiftung, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen (§ 8 Absatz 5 AStG) und für die kein Entlastungsnachweis nach § 15 Absatz 3 Satz 1 und 2 AStG erbracht oder möglich ist, gehören zu den zuzurechnenden Einkünften der ausländischen Familienstiftung im Sinne des § 15 Absatz 1 AStG entsprechend ihrem Anteil. Zur Ermittlung des Anteils ist § 15 Absatz 1 Satz 3 AStG entsprechend anzuwenden; die Ermittlung der Einkünfte der nachgeschalteten Stiftung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 15 Absatz 5 AStG. Die Erfassung der Einkünfte der nachgeschalteten Stiftung im Rahmen der Zurechnungsbesteuerung setzt voraus, dass die ausländische Familienstiftung allein oder zusammen mit den in § 15 Absatz 2 AStG genannten Personen, das heißt dem relevanten „Familienkreis“, in Bezug auf die nachgeschaltete Stiftung zu mehr als der Hälfte am Ende des maßgebenden Geschäftsjahrs der nachgeschalteten Stiftung unmittelbar oder mittelbar bezugs- oder anfallsberechtigt ist. Für die Ermittlung der Anteilshöhe gilt § 15 Absatz 1 Satz 3 AStG entsprechend. Eine mittelbare Bezugs- oder Anfallsberechtigung der Familienstiftung besteht, wenn die entsprechende Rechtsposition einer anderen Person aus rechtlichen Erwägungen der Familienstiftung zugeordnet werden kann. In Betracht kommen insbesondere mehrstufige Stiftungsstrukturen oder Bezugs- oder Anfallsberechtigungen von Gesellschaften, an denen die Familienstiftung beteiligt ist. Dabei kann sich die mittelbare Bezugs- oder Anfallsberechtigung sowohl auf die Familienstiftung als auch auf den in § 15 Absatz 2 AStG genannten Personenkreis beziehen.

Für Zuwendungen der anderen ausländischen Stiftung, denen nachweislich Einkünfte zugrunde liegen, die nach § 15 Absatz 7 Satz 1 AStG zu den Einkünften der ausländischen Familienstiftung gehören, gilt die Zurechnungsbesteuerung nach § 15 Absatz 1 AStG und in mehrstufigen Stiftungsstrukturen die Vorschrift des § 15 Absatz 7 Satz 1 AStG nicht (§ 15 Absatz 7 Satz 2 AStG). Die Regelung dient – wie bisher § 15 Absatz 10 Satz 2 AStG – der Vermeidung einer Doppelbesteuerung.

Absatz 8

Erhält ein Steuerpflichtiger Zuwendungen der ausländischen Familienstiftung oder der anderen ausländischen Stiftung im Sinne des § 15 Absatz 7 AStG und haben die diesen zugrunde liegenden Einkünfte nachweislich bereits als Zurechnungsbeträge nach § 15 Absatz 4 AStG bei einem Zurechnungsempfänger der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterlegen, gilt § 11 Absatz 1 bis 3 AStG mit der Maßgabe entsprechend, dass abweichend von § 11 Absatz 3 Satz 1 AStG das am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Zurechnungskorrekturvolumen stiftungsbezogen gemäß § 18 AStG gesondert festzustellen ist.

Die Vorschrift dient – wie bisher § 15 Absatz 11 AStG – der Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Zuwendungsfall. Mit dem Ziel der weiteren Annäherung an die Systematik der Hinzurechnungsbesteuerung kommt anstelle der bisherigen Besteuerungsausnahme für die Zuwendungen fortan der Kürzungsbetrag nach den Grundsätzen des § 11 Absatz 1 bis 3 AStG zur Anwendung. Danach wird beim Zuwendungsempfänger entsprechend § 11 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 AStG ein Kürzungsbetrag angesetzt; dies gilt unabhängig davon, ob der Zuwendungsempfänger zugleich Zurechnungsempfänger ist.

Auf Grund der Besonderheiten der Stiftungsstruktur ist das am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Zurechnungskorrekturvolumen abweichend von § 11 Absatz 3 Satz 1 AStG nicht bezogen auf den jeweiligen Zuwendungsempfänger, sondern stiftungsbezogen gemäß § 18 AStG gesondert festzustellen. Die Verwendung des Zurechnungskorrekturvolumens richtet sich nach der zeitlichen Abfolge der Zuwendungen unabhängig von der Person des Zuwendungsempfängers.

Absatz 9

Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung gilt – anstelle der bisherigen systemeigenen Vorschrift des § 15 Absatz 5 AStG zur Steueranrechnung – § 12 AStG entsprechend. Auch dies dient der Vereinheitlichung der Systeme von Hinzurechnungs- und Zurechnungsbesteuerung.

Die entsprechende Geltung des § 12 Absatz 1 AStG hat zur Folge, dass die zu Lasten der ausländischen Familienstiftung auf die dem Zurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte erhobenen Steuern vom Einkommen auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Zurechnungsempfängers, die auf den Zurechnungsbetrag entfällt, anzurechnen sind. Darüber hinaus wird entsprechend § 12 Absatz 2 AStG auf Antrag des Zurechnungsempfängers auch die anteilige Steuer angerechnet, die im Wege einer der Zurechnungsbesteuerung vergleichbaren vorgeschalteten ausländischen Zurechnungsbesteuerung tatsächlich erhoben worden ist. Die Vorschriften des § 34c Absatz 1 EStG und des § 26 Absatz 1 und 2 Satz 1 KStG sind auf den Gesamtbetrag der Anrechnungsbeträge entsprechend anzuwenden (§ 12 Absatz 3 AStG).

BMF v. - IV B 5 - S 1361/00010/001/047

Fundstelle(n):
IAAAK-04811