Zollwert - Grenzüberschreitende Geschäfte zwischen verbundenen Unternehmen
Leitsatz
1. Art. 78 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) / Art. 48 des Zollkodex der Union (UZK) ermöglicht den Zollbehörden, nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vorzunehmen.
2. Ist die Frage einer Preisbeeinflussung bei verbundenen Unternehmen zwischen den Beteiligten streitig, muss das Finanzgericht die zugrunde liegenden Tatsachen feststellen und würdigen.
3. Ist der Preis bei Geschäften zwischen verbundenen Unternehmen ursprünglich zu niedrig angegeben und wird der Preis nachträglich erhöht, deutet dies darauf hin, dass die Verbundenheit der Unternehmen den Preis beeinflusst hat. Die Transaktionswertmethode (Art. 29 ZK / Art. 70 UZK) gelangt dann möglicherweise nicht zur Anwendung.
Gesetze: ZK Art. 29; ZK Art. 31; ZK Art. 32; ZK Art. 78 Abs. 1; ZK Art. 201 Abs. 2; ZK Art. 214 Abs. 1; UZK Art. 48; UZK Art. 70; UZK Art. 71; UZK Art. 74; UZK Art. 77 Abs. 2; UZK Art. 85 Abs. 1; ZK DVO Art. 143 Abs. 1; UZK IA Art. 127; UZK IA Art. 128 Abs. 1; UZK IA Art. 134; FGO § 118 Abs. 2;
Instanzenzug:
Gründe
I.
1 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bezog in den Jahren 2014 bis 2017 Waren von den mit ihr verbundenen Unternehmen X mit Sitz (.), Y, der Konzernobergesellschaft mit Sitz (.), und Z mit Sitz (.). Sie meldete die Waren in der Bundesrepublik Deutschland zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Als Grundlage für die Zollwertermittlung gab sie die unterjährig gezahlten Verrechnungspreise aus den Rechnungen der verbundenen Unternehmen an.
2 Im Rahmen einer Zollprüfung stellte der Beklagte und Revisionskläger (Hauptzollamt —HZA—) fest, dass die Y der Klägerin Nachbelastungsbeträge von . € für das Jahr 2015, . € für das Jahr 2016 und . € für das Jahr 2017 in Rechnung gestellt hatte. Diese beruhten auf einem zwischen der Klägerin und der Y abgeschlossenen Vertrag („Distribution Agreement“) vom (.), nach dem sich die Klägerin verpflichtet hatte, Produkte von dieser zu beziehen und diese im festgelegten Vertriebsgebiet zu veräußern. Mit einer 2. Ergänzungsvereinbarung vom (.) wurde festgelegt, dass die Klägerin bei der Wareneinfuhr zunächst eine als fremdüblich bezeichnete „Agreed Margin“ erhalten sollte. Nach der Vereinbarung resultierte die Marge aus dem rollenden Dreijahresdurchschnitt der fremdüblichen Bandbreiten, die auf Basis von Datenbankanalysen für Umsatzrenditen vergleichbarer Unternehmen ermittelt worden waren. Die Y ermittelte, ausgehend von einer durch die Datenbankanalyse errechneten fremdüblichen Bandbreite für Umsatzrenditen, eine Marge von 1,93 %. Daraus ergaben sich die unterjährig gezahlten Verrechnungspreise. Tatsächlich erzielte die Klägerin durch den Weiterverkauf der Produkte im Geschäftsbereich (.) Umsatzrenditen von 23,24 % (2014/2015), 26,24 % (2015/2016) und 28,49 % (2016/2017).
3 Das HZA war der Auffassung, die von der Y der Klägerin in Rechnung gestellten Nachbelastungsbeträge seien darauf zurückzuführen, dass die tatsächlich erzielten zweistelligen Umsatzrenditen in den Geschäftsjahren 2015 bis 2017 erheblich über der vereinbarten Marge gelegen hätten, diese folglich nicht fremdüblich gewesen sei. Nach der Auffassung des HZA waren die ungewöhnlich hohen Gewinne nur deshalb möglich, weil die unterjährigen Verrechnungspreise zu niedrig berechnet worden seien. Daher seien die ursprünglich unterjährig angemeldeten Zollwerte um Korrekturfaktoren (1,34 für die Jahre 2014 und 2015 und 1,44 für die Jahre 2016 und 2017) zu erhöhen, um den korrekten Zollwert für die Einfuhrwaren zu ermitteln.
4 Das HZA erließ am einen Einfuhrabgabenbescheid für die in den Monaten November und Dezember 2014 eingeführten Waren, mit dem es —ausgehend von einem Korrekturfaktor von 3,88— Zoll in Höhe von . € nacherhob. Aufgrund eines Einspruchs der Klägerin setzte es den Nacherhebungsbetrag mit Einspruchsentscheidung vom —ausgehend von einem Korrekturfaktor von 1,34— auf . € herab. Außerdem erhob das HZA unter Zugrundelegung eines Korrekturfaktors von 1,44 mit Einfuhrabgabenbescheid vom für die in den Monaten Februar bis Oktober 2016 eingeführten Waren Zoll in Höhe von . € nach. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
5 Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage statt und entschied, das HZA habe den Zollwert unzutreffenderweise nicht anhand der unterjährig angemeldeten Zollwerte, sondern mittels eines Korrekturfaktors um die Preisbeeinflussung korrigiert und nacherhoben. Die von der Klägerin getragenen Kosten seien nicht in den Zollwert und damit in die Bemessungsgrundlagen der Zollschuld (Art. 214 Abs. 1 des Zollkodex —ZK— / Art. 85 des Zollkodex der Union —UZK—) einzubeziehen.
6 Zur Ermittlung des Zollwerts sei vorrangig die Transaktionswertmethode gemäß Art. 29 ZK / Art. 70 Abs. 1 UZK anzuwenden. Wenn der Zollwert nicht nach dieser Methode ermittelt werden könne, kämen die in Art. 30 ZK / Art. 74 Abs. 2 UZK beschriebenen Folgemethoden als nachrangige Methoden sowie zuletzt die Schlussmethode nach Art. 31 ZK / Art. 74 Abs. 3 UZK zur Anwendung. Selbst wenn man vorliegend der Auffassung des HZA folge, dass entsprechend der späteren Feststellungen des Prüfungsdienstes im Jahr 2017 eine Verbundenheit der Klägerin mit ihrer Konzernobergesellschaft vorgelegen habe, die den Preis beeinflusst habe, sei dies für den maßgebenden Zeitpunkt der Zollanmeldung unbedeutend gewesen. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung des Zollwerts sei gemäß Art. 214 Abs. 1 ZK / Art. 85 UZK der Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld, vorliegend also der Zeitpunkt, in dem die betreffenden Zollanmeldungen angenommen worden seien. Die Zollwertermittlung sei demnach eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung. Auch im Falle einer Bestimmung des Zollwerts nach der Schlussmethode, wie es das HZA aufgrund der Preisbeeinflussung annehme, sei daher auf den Zeitpunkt der Einfuhr abzustellen. Dabei gelte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) —und zwar auch im Falle einer Zollwertermittlung nach der Schlussmethode—, dass es der Zollkodex nicht zulasse, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetze, ohne dass sich sagen lasse, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen werde. Denn dann sei der Zollwert im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht quantifizierbar.
7 Im Streitfall habe das HZA, dem bei der Nacherhebung die Nachweispflicht obliege, nicht nachgewiesen, dass die von der Klägerin entrichtete Zollschuld im Zeitpunkt der Annahme der jeweiligen Zollanmeldung höher festzusetzen gewesen sei. Denn die Beteiligten hätten den Zollwert zunächst auf der Grundlage der der Klägerin unterjährig in Rechnung gestellten Preise nach der Transaktionswertmethode bestimmt. Es hätten zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass diese Preise nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der eingeführten Waren widergespiegelt hätten und nicht alle Elemente dieser Waren, die einen wirtschaftlichen Wert gehabt hätten, berücksichtigt hätten oder eine Preisbeeinflussung durch Verbundenheit vorgelegen hätte. Somit seien bei Annahme der Zollanmeldung weder Bedingungen erkennbar gewesen, die eine Ermittlung des Zollwerts nach der Transaktionswertmethode ausgeschlossen hätten, noch sei die Verbundenheit zwischen der Klägerin und der Y ein Grund gewesen, den Transaktionswert als unannehmbar anzusehen.
8 Die Vereinbarung der Klägerin mit der Y sei schließlich auch nicht geeignet gewesen, eine nachträgliche Anpassung der Verrechnungspreise nach der Schlussmethode zu rechtfertigen. Denn im Zeitpunkt der jeweiligen Zollanmeldungen habe nicht festgestanden, ob die angemeldeten Warenwerte aufgrund der nach Ablauf des Abrechnungszeitraums erst noch zu ermittelnden Verrechnungspreise korrigiert werden würden und, falls das der Fall gewesen sein sollte, ob eine Korrektur durch Zuschläge nach oben oder aber durch Abschläge nach unten erfolgen würde. Damit seien Zu- und Abschläge nicht quantifizierbar gewesen. Das Ergebnis, wonach unterjährig angemeldete Verrechnungspreise nicht nachträglich korrigiert werden könnten, ergebe sich zwingend aus der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BFH, so das FG.
9 Mit seiner dagegen eingelegten Revision rügt das HZA eine Verletzung materiellen Rechts. Im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen habe eine Preisbeeinflussung durch die Verbundenheit zwischen der Klägerin und der Y vorgelegen, die das HZA auch nachgewiesen habe. Die unterjährigen Verrechnungspreise hätten nicht den Preisen entsprochen, die zwischen unverbundenen Unternehmen vereinbart worden wären. Hätten die angemeldeten Preise dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprochen, hätten der Klägerin keine Nachbelastungen auferlegt werden müssen. Dabei sei das Senatsurteil vom - VII R 2/19 (BFHE 276, 279) nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar, da dort ein Erstattungsfall zugrunde gelegen habe, während es vorliegend um eine Nacherhebung gehe.
10 Das HZA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
11 Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
12 Nach ihrer Auffassung ist die Vorentscheidung nicht zu beanstanden. Das FG habe zutreffend die Kernaussagen des Senatsurteils vom - VII R 2/19 (BFHE 276, 279) auf den Streitfall angewandt. Warum diese Rechtsprechung, wie das HZA meine, nur in Erstattungsfällen anzuwenden sein solle, sei nicht nachvollziehbar.
II.
13 Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und ist daher aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO), weil die bisherigen Feststellungen des FG nicht ausreichen, um durchzuerkennen.
14 Das FG hat keine hinreichenden Feststellungen zum Inhalt der zwischen der Klägerin und der Y geschlossenen Verträge, zu der Frage einer Anwendung der Transaktionswertmethode sowie zur Bestimmung der Zollwerte getroffen.
15 1. Da die im Streitfall zu beurteilenden Einfuhren im Zeitraum von November bis Dezember 2014 sowie Februar bis Oktober 2016 durchgeführt wurden, richtet sich die streitgegenständliche Nacherhebung des Zolls durch die Einfuhrabgabenbescheide vom und vom in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom für die Einfuhren bis zum nach Art. 220 ZK, während für die Nacherhebung des Zolls für die nach diesem Zeitpunkt eingeführten Waren Art. 105 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 UZK anzuwenden ist (vgl. Art. 288 Abs. 2 UZK). Denn bei den letztgenannten Vorschriften handelt es sich um materiell-rechtliche Bestimmungen, die grundsätzlich nicht auf vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte anwendbar sind (vgl. zu Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK EuGH-Urteil Beemsterboer vom - C-293/04, EU:C:2006:162, Rz 20; vgl. auch Senatsurteil vom - VII R 27/19, Rz 15; Senatsbeschluss vom - VII R 28/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 31).
16 Art. 220 Abs. 1 Satz 1 ZK regelt, dass, wenn der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht nach Art. 218 und 219 ZK buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist, die buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrags oder des nachzuerhebenden Restbetrags innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag zu erfolgen hat, an dem die Zollbehörden diesen Umstand feststellen und in der Lage sind, den gesetzlich geschuldeten Betrag zu berechnen sowie den Zollschuldner zu bestimmen (nachträgliche buchmäßige Erfassung).
17 Wurde der zu entrichtende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag nicht nach Art. 105 Abs. 1, 2 und 3 UZK buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren Betrag als dem zu entrichtenden Betrag festgesetzt und buchmäßig erfasst, so ist gemäß Art. 105 Abs. 4 UZK der zu entrichtende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag nach Art. 105 Abs. 3 UZK zu erheben beziehungsweise nachzuerheben.
18 2. Ob im Streitfall die Nacherhebung des Zolls durch die angefochtenen Einfuhrabgabenbescheide rechtmäßig war, richtet sich danach, ob der Zollwert der eingeführten Waren vor dem Hintergrund der von der Y in Rechnung gestellten Nachbelastungsbeträge ursprünglich zu gering buchmäßig erfasst worden war. Dabei ist zwischen den Beteiligten lediglich der Zollwert streitig.
19 Nach Art. 214 Abs. 1 ZK / Art. 85 Abs. 1 UZK wird der Betrag der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben anhand der Bemessungsgrundlagen festgesetzt, die zum Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld für die betreffenden Waren gelten. Zu diesen Bemessungsgrundlagen gehören die Beschaffenheit der Ware, ihre Menge, ihr Zollwert sowie der Zollsatz (Senatsurteil vom - VII R 2/19, BFHE 276, 279, Rz 26; Senatsbeschluss vom - VII B 104/11, Rz 9).
20 a) Die Ermittlung des Zollwerts richtet sich nach den in Art. 29 ff. ZK / Art. 70 ff. UZK geregelten Methoden (vgl. Art. 28 ZK / Art. 69 UZK).
21 Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung soll mit der unionsrechtlichen Zollwertregelung ein gerechtes, einheitliches und neutrales System errichtet werden, das die Anwendung willkürlicher oder fiktiver Zollwerte ausschließt. Der Zollwert muss daher den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer eingeführten Ware widerspiegeln und folglich alle Elemente dieser Ware, die einen wirtschaftlichen Wert haben, berücksichtigen (z.B. EuGH-Urteil Tauritus vom - C-782/23, EU:C:2025:353, Rz 51; vgl. auch Senatsurteil vom - VII R 2/19, BFHE 276, 279, Rz 30).
22 Zur Bestimmung des Zollwerts ist vorrangig die Transaktionswertmethode gemäß Art. 29 ZK / Art. 70 UZK anzuwenden (EuGH-Urteil Baltic Master vom - C-599/20, EU:C:2022:457, Rz 26; , BFHE 276, 279, Rz 29, und vom - VII R 24/19, BFHE 273, 374, Rz 18; Senatsbeschluss vom - VII R 28/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 32). Nur wenn der Zollwert nicht nach der Transaktionswertmethode ermittelt werden kann, kommen die in Art. 30 Abs. 2 ZK / Art. 74 Abs. 2 UZK beschriebenen Folgemethoden (nachrangige Methoden) zur Anwendung; daraus ergibt sich ein Verhältnis der Subsidiarität (EuGH-Urteile Hamamatsu Photonics Deutschland vom - C-529/16, EU:C:2017:984, Rz 26, und EURO 2004. Hungary vom - C-291/15, EU:C:2016:455, Rz 29). Die Nachrangigkeit der Folgemethoden ergibt sich aus Art. 30 Abs. 1 ZK / Art. 74 Abs. 1 UZK. Falls der Zollwert auch danach nicht bestimmt werden kann, ist die Schlussmethode nach Art. 31 ZK / Art. 74 Abs. 3 UZK anzuwenden (Senatsurteil vom - VII R 2/19, BFHE 276, 279, Rz 29).
23 b) Die Transaktionswertmethode gemäß Art. 29 ZK / Art. 70 UZK geht von folgenden Grundsätzen aus.
24 aa) Gemäß Art. 29 Abs. 1 ZK ist der Zollwert eingeführter Waren der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Art. 32 und 33 ZK. Dabei gelten unter anderem die weiteren Voraussetzungen, dass hinsichtlich des Kaufgeschäfts oder des Preises weder Bedingungen vorliegen noch Leistungen zu erbringen sind, deren Wert im Hinblick auf die zu bewertenden Waren nicht bestimmt werden kann (Art. 29 Abs. 1 Buchst. b ZK), und dass der Käufer und der Verkäufer nicht miteinander verbunden sind oder, wenn sie miteinander verbunden sind, der Transaktionswert gemäß Art. 29 Abs. 2 ZK für Zollzwecke anerkannt werden kann (Art. 29 Abs. 1 Buchst. d ZK).
25 Art. 70 Abs. 1 UZK enthält eine vergleichbare Definition des Transaktionswerts, wobei sich die Preisberichtigungen nach Art. 71, 72 UZK richten. Als weitere Voraussetzungen sehen Art. 70 Abs. 3 Buchst. b UZK vor, dass der Verkauf oder der Preis keinen Bedingungen oder Leistungen unterliegt, deren Wert im Hinblick auf die zu bewertenden Waren nicht bestimmt werden kann, und Art. 70 Abs. 3 Buchst. d UZK, dass der Käufer und der Verkäufer nicht verbunden sind oder die Verbindung den Preis nicht beeinflusst hat.
26 bb) Ob eine Verbundenheit im Sinne des Art. 29 Abs. 1 Buchst. d ZK besteht, richtet sich bis zum nach Art. 143 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1993, Nr. L 253, 1) —ZK-DVO—. Nach Art. 143 Abs. 1 Buchst. e ZK-DVO gelten Personen als verbunden, wenn eine von ihnen unmittelbar oder mittelbar die andere kontrolliert.
27 Für den Zeitraum ab dem enthält Art. 127 Abs. 1 Buchst. e der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (Amtsblatt der Europäischen Union 2015, Nr. L 343, 558) —UZK-IA— eine identische Regelung.
28 cc) Nach Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 ZK ist bei der Feststellung, ob der Transaktionswert im Sinne des Art. 29 Abs. 1 ZK anerkannt werden kann, die Verbundenheit von Käufer und Verkäufer allein kein Grund, den Transaktionswert als unannehmbar anzusehen. Falls notwendig, sind die Begleitumstände des Kaufgeschäfts zu prüfen und ist der Transaktionswert anzuerkennen, wenn die Verbundenheit den Preis nicht beeinflusst hat (Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 ZK). Sofern Zollbehörden jedoch aufgrund der vom Anmelder oder auf andere Art beigebrachten Informationen Grund zu der Annahme haben, dass die Verbundenheit den Preis beeinflusst hat, teilen sie dem Anmelder ihre Gründe mit und geben ihm ausreichende Gelegenheit zur Gegenäußerung (Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 3 ZK).
29 Eine dem Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 und 3 ZK vergleichbare Regelung ergibt sich für den Zeitraum ab dem aus Art. 134 Abs. 1 UZK-IA.
30 (1) Der Begriff der Preisbeeinflussung im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Buchst. a ZK / Art. 70 Abs. 3 Buchst. d UZK i.V.m. Art. 134 Abs. 1 UZK-IA ist weder im Zollkodex noch im Zollkodex der Union definiert (Wäger in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, Art. 70 UZK Rz 74; Wäger in Wolffgang/Jatzke, UZK, Art. 70 Rz 74). Zur Auslegung dieses Begriffs können jedoch andere Rechtsquellen herangezogen werden, und zwar die Erläuternde Anm. 3 zu Art. 70 Abs. 3 Buchst. d UZK und Art. 134 UZK-IA im Kompendium Zollwerttexte der Europäischen Union, die Erläuternde Anm. 3 zu Art. 29 Abs. 2 ZK in Anh. 23 ZK-DVO (Wäger in HHSp, Art. 29 ZK Rz 56 [Stand Februar 2004]) sowie die Anm. 3 zu Art. 1 Abs. 2 des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 —GATT-Zollwert-Kodex 1994— (Müller-Eiselt/Vonderbank, EU-Zollrecht, Zollwert, Art. 70 UZK Rz 864; Vonderbank, Internationale SteuerRundschau —ISR— 2025, 139, 142). Nach diesen im Wesentlichen inhaltsgleichen Texten liegt eine Preisbeeinflussung nicht vor, wenn aufgezeigt werden kann, dass Käufer und Verkäufer, obwohl miteinander verbunden, voneinander kaufen oder aneinander verkaufen, als wenn sie nicht miteinander verbunden wären. In diesem Zusammenhang wird auch das folgende Beispiel genannt: Wird aufgezeigt, dass der Preis zur Deckung aller Kosten zuzüglich eines Gewinnes ausreicht, der dem allgemeinen Gewinn des Unternehmens innerhalb eines repräsentativen Zeitraums (zum Beispiel auf jährlicher Grundlage) bei Verkäufen von Waren der gleichen Gattung oder Art entspricht, so würde dies beweisen, dass der Preis nicht beeinflusst wurde (zum Textnachweis vgl. Müller-Eiselt/Vonderbank, EU-Zollrecht, Zollwert, Fach 2519 [Kompendium Zollwerttexte - Erläuternde Anmerkungen] und Fach 3110 [GATT-Zollwert-Kodex 1994]).
31 (2) Bei einem Kaufgeschäft zwischen verbundenen Personen wird gemäß Art. 29 Abs. 2 Buchst. b Satz 1 ZK der Transaktionswert anerkannt und werden die Waren nach Art. 29 Abs. 1 ZK bewertet, wenn der Anmelder darlegt, dass dieser Wert einem der nachstehenden in demselben oder annähernd demselben Zeitpunkt bestehenden Werte sehr nahe kommt. Dazu zählt nach Art. 29 Abs. 2 Buchst. b Satz 1 Ziff. i ZK der Transaktionswert bei Verkäufen gleicher oder gleichartiger Waren zur Ausfuhr in die Gemeinschaft zwischen in keinem besonderen Fall verbundenen Käufern und Verkäufern.
32 Für den Zeitraum ab dem sind die Möglichkeiten des Anmelders in Art. 134 Abs. 2 UZK-IA ähnlich wie in Art. 29 Abs. 2 Buchst. b ZK geregelt. Nach Art. 134 Abs. 2 Buchst. a UZK-IA ist maßgeblicher Vergleichswert der Transaktionswert bei Verkäufen gleicher oder ähnlicher Waren zwischen in keinem besonderen Fall verbundenen Käufern oder Verkäufern. Diesen Wert hat der Anmelder nachzuweisen. Der Vergleichswert wird gemäß Art. 134 Abs. 4 Satz 1 UZK-IA aber nur auf Antrag des Anmelders herangezogen.
33 dd) Der Transaktionswert, also der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis im Sinne des Art. 29 Abs. 1 ZK / Art. 70 Abs. 1 UZK, ist gemäß Art. 29 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 ZK die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder zu dessen Gunsten für die eingeführten Waren entrichtet oder zu entrichten hat, und schließt alle Zahlungen ein, die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer oder vom Käufer an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind. Der Zollkodex der Union enthält eine vergleichbare Regelung in Art. 70 Abs. 2 UZK.
34 c) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Zollwerts ist gemäß Art. 214 Abs. 1 ZK / Art. 85 Abs. 1 UZK der Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld, vorliegend also der Zeitpunkt, in dem die betreffenden Zollanmeldungen angenommen worden sind (Art. 201 Abs. 2 ZK / Art. 77 Abs. 2 UZK; Art. 128 Abs. 1 UZK-IA). Die Zollwertermittlung ist demnach eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung (Senatsurteil vom - VII R 2/19, BFHE 276, 279, Rz 40).
35 d) Art. 78 Abs. 1 ZK / Art. 48 UZK ermöglicht den Zollbehörden, nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vorzunehmen.
36 aa) Auf die Prüfungsmöglichkeit nach Überlassung der Waren haben sowohl der EuGH (Urteile Hamamatsu Photonics Deutschland vom - C-529/16, EU:C:2017:984, Rz 29, und FAWKES vom - C-187/21, EU:C:2022:458, Rz 61) als auch der erkennende Senat (Urteil vom - VII R 2/19, BFHE 276, 279, Rz 23) hingewiesen. Zudem hat der EuGH bereits in seinem Urteil Overland Footwear vom - C-468/03 (EU:C:2005:624, Rz 66) zu Art. 78 ZK ausgeführt, dass es sich bei der nachträglichen Prüfung um eine Ermessensentscheidung der Zollbehörden handelt. Ergeben sich nachträglich andere Erkenntnisse hinsichtlich des Zollwerts im Zeitpunkt der Zollschuldentstehung, kann der Zollwert unter bestimmten Voraussetzungen korrigiert werden.
37 bb) Eine nachträgliche Berichtigung des Transaktionswertes hat der EuGH anerkannt zum Beispiel bei fehlerhaften oder mängelbehafteten Waren (EuGH-Urteil Hamamatsu Photonics Deutschland vom - C-529/16, EU:C:2017:984, Rz 30 ff.). Nicht zulässig ist es hingegen, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird (EuGH-Urteil Hamamatsu Photonics Deutschland vom - C-529/16, EU:C:2017:984, Rz 34 und 35). Diese Entscheidung des EuGH betraf eine nachträgliche pauschale Berichtigung in Form einer Preissenkung.
38 cc) Die Rechtsprechung zur Überprüfbarkeit des Zollwerts wird durch das EuGH-Urteil Tauritus vom - C-782/23 (EU:C:2025:353, Rz 60 f.) bestätigt, in dem der EuGH ausgeführt hat, dass der Zollwert nach der Transaktionswertmethode bestimmt werden kann, wenn die nachträglichen Änderungen des Zollwerts von im Voraus festgelegten Faktoren abhängen, die außerhalb des Willens der Parteien liegen, und somit der Transaktionswert im Zeitpunkt der Einfuhr bestimmbar war. Demgegenüber kann sich der tatsächliche wirtschaftliche Wert einer Ware nicht aus einer nachträglichen Aufteilung von Gewinnen zwischen den am Verkauf Beteiligten auf der Grundlage einer Entscheidung ergeben, die einer der Beteiligten getroffen hat (EuGH-Urteil Tauritus vom - C-782/23, EU:C:2025:353, Rz 74).
39 3. Die Vorentscheidung verstößt insofern gegen Bundesrecht und ist daher aufzuheben, als das FG davon ausgegangen ist, dass unterjährig angemeldete Verrechnungspreise nicht nachträglich korrigiert werden können. Zwar ist der Zollwert bezogen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld zu ermitteln. Dies schließt jedoch nicht aus, dass die in der Zollanmeldung gemachten Angaben gemäß Art. 78 Abs. 1 ZK / Art. 48 UZK nach Überlassung der Waren von den Zollbehörden überprüft werden und der Zollwert nachträglich korrigiert wird, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen (s. oben unter II.2.d).
40 4. Die Sache ist nicht spruchreif, weil im finanzgerichtlichen Verfahren die erforderlichen Feststellungen unterblieben sind. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
41 a) Ohne Rechtsfehler und in einer den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Weise hat das FG festgestellt, dass es sich bei der Klägerin als Käuferin und bei der Y sowie der Z als Verkäuferinnen um verbundene Unternehmen handelte. Es lag eine Verbundenheit im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Buchst. d ZK i.V.m. Art. 143 Abs. 1 Buchst. e ZK-DVO / Art. 70 Abs. 3 Buchst. d UZK i.V.m. Art. 127 Abs. 1 Buchst. e UZK-IA vor.
42 b) Das FG hat jedoch keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Verbindung den Preis beeinflusst hat (Preisbeeinflussung gemäß Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 ZK / Art. 70 Abs. 3 Buchst. d UZK).
43 aa) Das HZA hatte die Frage einer nicht bestehenden Preisbeeinflussung streitig gestellt, da es von einer Preisbeeinflussung ausging. Dies hat es im Verwaltungs- und Klageverfahren verdeutlicht und mit den erheblichen Nachbelastungsbeträgen begründet, welche die Y der Klägerin in Rechnung gestellt hatte. Das HZA hat damit die Gründe mitgeteilt, die aus seiner Sicht zu einer Preisbeeinflussung geführt haben (vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Stretinskis vom - C-430/14, EU:C:2015:701, Rz 33). Die Nachbelastungsbeträge legen die Vermutung von ursprünglich zu niedrigen Kaufpreisen nahe (vgl. EuGH-Urteil EURO 2004. Hungary vom - C-291/15, EU:C:2016:455, Rz 22, und Dienstvorschrift Zollwertrecht, Elektronische Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung —E-VSF— Z 51 01 Abs. 31 Satz 1 Buchst. d; Krüger, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern —ZfZ— 2024, 281, 282). Denn in diesem Fall spiegelt der zunächst angegebene Zollwert nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der eingeführten Ware wider.
44 bb) Ist —wie hier— die Frage einer Preisbeeinflussung zwischen den Beteiligten streitig, muss das FG die zugrunde liegenden Tatsachen feststellen und würdigen.
45 (1) Das FG konnte es auf Seite 12 seines Urteils (Rz 52 ff.) nicht dahinstehen lassen, ob —unter Berücksichtigung der Auffassung des HZA—, eine Verbundenheit der Klägerin mit ihrer Konzernobergesellschaft bestand, die den Preis beeinflusst hatte, weil dies für den maßgebenden Zeitpunkt der jeweiligen Zollanmeldung unbedeutend gewesen sei, da auch im Falle einer Bestimmung des Zollwerts nach der Schlussmethode —wie sie das HZA zugrunde gelegt habe— auf den Zeitpunkt der Einfuhr abzustellen sei (kritisch hierzu auch Vonderbank in Müller-Eiselt/ Vonderbank, EU-Zollrecht, Zollwert, Art. 70 UZK Rz 1119).
46 Dabei hat sich das FG auf die Rechtsprechung des EuGH (Urteil Hamamatsu Photonics Deutschland vom - C-529/16, EU:C:2017:984) und des erkennenden Senats (Urteil vom - VII R 2/19, BFHE 276, 279) bezogen und gemeint, hieraus ergebe sich zwingend, dass unterjährig angemeldete Verrechnungspreise nicht nachträglich korrigiert werden könnten.
47 Einen solchen Schluss lassen die zitierten Entscheidungen jedoch nicht zu. Den Entscheidungen des EuGH und des erkennenden Senats lag ein anderer Sachverhalt zugrunde als dem Streitfall. In den genannten Entscheidungen führte die spätere Preisberichtigung zu einer Preissenkung und zur Geltendmachung einer Abgabenerstattung und nicht —wie im Streitfall— zu einer Preiserhöhung und zu einer Abgabennacherhebung. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Konstellation der Preissenkung keinen Grund zu der Annahme einer Preisbeeinflussung gemäß Art. 29 Abs. 2 Buchst. a ZK nahelegt (vgl. Senatsurteil vom - VII R 2/19, BFHE 276, 279, Rz 54). Auch die Zollverwaltung geht im Falle eines ursprünglich zu hoch bemessenen Preises grundsätzlich nicht von einer Preisbeeinflussung aus (Dienstvorschrift Zollwertrecht, E-VSF Z 51 01 Abs. 30). Deshalb konnte in den entschiedenen Fällen die Transaktionswertmethode zur Anwendung gelangen, weil zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Preise nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der eingeführten Waren widerspiegelten (EuGH-Urteil Hamamatsu Photonics Deutschland vom - C-529/16, EU:C:2017:984, Rz 34; Senatsurteil vom - VII R 2/19, BFHE 276, 279, Rz 53).
48 Ist hingegen —wie im Streitfall— der Preis ursprünglich zu niedrig angegeben und wird der Preis nachträglich erhöht, deutet dies darauf hin, dass die Verbundenheit der Unternehmen den Preis beeinflusst hat.
49 Liegt tatsächlich eine Preisbeeinflussung vor, wäre eine Voraussetzung für die Transaktionswertmethode nicht erfüllt, mit der Folge, dass die Transaktionswertmethode nicht angewandt werden könnte und der Zollwert unter Anwendung der nachrangigen Zollwertermittlungsmethoden in der oben —unter II.2.a— dargestellten Reihenfolge zu bestimmen wäre.
50 (2) Ist eine Preisbeeinflussung streitig, ist folglich die Frage der nicht bestehenden Preisbeeinflussung unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 und 3 ZK / Art. 134 Abs. 1 UZK-IA zu untersuchen. Ansonsten wäre nicht feststellbar, ob die Transaktionswertmethode anwendbar ist. Dann bliebe die gesetzliche Vorgabe (Art. 30 Abs. 1 ZK / Art. 74 Abs. 1 UZK), dass es sich bei der Transaktionswertmethode um die vorrangige Methode und bei den Folgemethoden (Art. 30 Abs. 2 ZK / Art. 74 Abs. 2 UZK) sowie der Schlussmethode (Art. 31 ZK / Art. 74 Abs. 3 UZK) um nachrangige beziehungsweise subsidiäre Methoden handelt, unberücksichtigt.
51 (3) Soweit das FG auf Seite 13 seines Urteils (Rz 59) ausgeführt hat, die Beteiligten hätten den Zollwert zunächst auf der Grundlage der der Klägerin unterjährig in Rechnung gestellten Preise nach der Transaktionswertmethode bestimmt und es hätten zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen keine Anhaltspunkte für eine Preisbeeinflussung durch Verbundenheit vorgelegen, hat das FG nicht bereits in einer den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Weise festgestellt, dass die Verbindung den Preis nicht im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Buchst. a ZK / Art. 70 Abs. 3 Buchst. d UZK beeinflusst hat. Wenn diese Ausführungen als eine Feststellung zu verstehen sein sollten, dass keine Preisbeeinflussung vorgelegen habe, würde eine solche Feststellung jedenfalls nicht durch tatsächliche Feststellungen des FG getragen. Das FG hat zu der Frage der Preisbeeinflussung nämlich keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.
52 cc) Das FG wird für die Frage, ob die Verbindung der Unternehmen den Preis nicht beeinflusst hat, zunächst den maßgeblichen Inhalt des zwischen der Klägerin und der Y abgeschlossenen Vertrags („Distribution Agreement“) vom (.) sowie der 2. Ergänzungsvereinbarung vom (.) festzustellen haben.
53 (1) Die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen, das heißt die Ermittlung dessen, was die Vertragsparteien erklärt und was sie gewollt haben, gehört grundsätzlich zu den tatsächlichen Feststellungen im Sinne des § 118 Abs. 2 FGO, deren Vornahme dem FG obliegt (, BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 34; Krumm in Tipke/Kruse, § 118 FGO Rz 75; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 118 Rz 24). Die Feststellung des Inhalts eines Vertrags kann dadurch erfolgen, dass das FG den Wortlaut des Vertrags in sein Urteil aufnimmt oder den Inhalt des Vertrags sinngemäß wiedergibt. Zur Tatsachenfeststellung genügen aber auch Bezugnahmen des FG auf bei den Akten befindliche Unterlagen, wenn der Gegenstand der Bezugnahme genau bezeichnet ist. Dagegen vermag eine globale Bezugnahme auf Gerichts- und Steuerakten die fehlenden tatsächlichen Feststellungen nicht zu ersetzen (, Rz 16). Der BFH darf fehlende entscheidungserhebliche Feststellungen ohne Bezugnahme des FG nicht aus den Akten ergänzen (, Rz 16, und vom - V R 6/08, BFHE 227, 506, BStBl II 2010, 315, unter II.1.).
54 (2) Im Streitfall hat das FG in seinem Urteil weder den Wortlaut der zwischen der Klägerin und der Y abgeschlossenen Verträge hinreichend wiedergegeben noch auf die sich in den Akten befindlichen Verträge Bezug genommen. Es hat den Inhalt der Verträge lediglich insoweit dargestellt, als dass die Klägerin und die Y am (.) einen Vertrag („Distribution Agreement“) abgeschlossen haben und in einer 2. Ergänzungsvereinbarung vom (.) festgelegt worden ist, dass die Klägerin bei der Wareneinfuhr zunächst eine als fremdüblich bezeichnete „Agreed Margin“ erhalten sollte. „Nach der Vereinbarung“ sollte die Marge aus dem rollenden Dreijahresdurchschnitt der fremdüblichen Bandbreiten, die auf Basis von Datenbankanalysen für Umsatzrenditen vergleichbarer Unternehmen ermittelt worden waren, resultieren.
55 (3) Für die Feststellung, ob die Verbindung der Unternehmen den Preis nicht beeinflusst hat, muss das FG den hierfür relevanten Vertragsinhalt vollständig ermitteln. Hierzu gehören im Streitfall auch grundlegende Fragen, etwa was unter der so bezeichneten „Agreed Margin“ zu verstehen war, durch welche Beträge sie errechnet wurde (zum Beispiel Gewinnbestandteile im Verhältnis zum Umsatz), welche Kosten der Klägerin dadurch im Einzelfall abgedeckt werden sollten (zum Beispiel Verkaufskosten) und wie genau die Fremdüblichkeit von den Vertragsparteien bestimmt wurde. Auch weitere preisbeeinflussende Faktoren sind festzustellen, etwa die Frage, ob die Klägerin durch die abgeschlossenen Verträge weitere Rechte, zum Beispiel Lizenzrechte, erhielt, die über das Vertriebsrecht hinausgingen. Weiterhin ist festzustellen, unter welchen vertraglichen Bedingungen es zu der hier streitgegenständlichen Nachbelastung zu Lasten der Klägerin kommen konnte und ob die vertraglichen Bestimmungen gegebenenfalls auch eine Erstattung zuließen. Zudem ist bedeutsam, ob Nachbelastungen oder Erstattungen automatisch nach Erstellung der Rechnungsabschlüsse erfolgten oder von einer weiteren Einigung oder Absprache zwischen den Vertragsparteien abhängig waren.
56 dd) Im Anschluss an die Feststellung der Vertragsinhalte hat das FG diesen Inhalt hinsichtlich der Frage, ob die Verbindung der Unternehmen den Preis nicht beeinflusst hat, zu würdigen.
57 Dabei wird das FG nach Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 ZK / Art. 134 Abs. 1 UZK-IA auch die Begleitumstände des Kaufgeschäfts zu prüfen haben. Hierbei ist der oben —unter II.2.b cc (1)— beschriebene Begriff der Preisbeeinflussung zu berücksichtigen. Gegebenenfalls kann der Vergleichswert nach Art. 29 Abs. 2 Buchst. b Satz 1 ZK / Art. 134 Abs. 2 UKZ-IA zugrunde zu legen sein, falls die Klägerin dies beantragt (Art. 134 Abs. 4 UKZ-IA).
58 In diesem Zusammenhang obliegt —entgegen der Auffassung des FG— die Nachweispflicht nicht dem HZA. Vielmehr ergibt sich die Darlegungs- und Beweislast für die Frage, ob eine Preisbeeinflussung nicht bestand, aus Art. 29 Abs. 2 Buchst. a und b ZK / Art. 134 Abs. 1 und 2 UZK-IA, und liegt grundsätzlich beim Anmelder, hier der Klägerin (vgl. Krüger in Dorsch, Zollrecht, Art. 70 UZK Rz 66; Schwarz in Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, 3. Aufl., Art. 70 UZK Rz 166; Krüger, ZfZ 2024, 281, 282; Vonderbank, ISR 2025, 139, 142).
59 Von Bedeutung kann schließlich auch die Frage sein, auf die das HZA zu Recht hingewiesen hat, warum die Klägerin ihre internen Verrechnungspreise und damit den angemeldeten Zollwert nicht spätestens nach dem ersten Jahr (2014), für das erhebliche Nachbelastungsbeträge angefallen waren, angepasst hat. Auf diese Fragestellung ist auch im Schrifttum hingewiesen worden (Vonderbank in Müller-Eiselt/Vonderbank, EU-Zollrecht, Zollwert, Art. 70 UZK Rz 1131; Vonderbank, ISR 2025, 139, 143).
60 c) Das FG hat zudem nicht untersucht, ob im Streitfall der Verkauf oder der Preis Bedingungen oder Leistungen unterlag, deren Wert im Hinblick auf die zu bewertenden Waren nicht bestimmt werden konnte (Art. 29 Abs. 1 Buchst. b ZK / Art. 70 Abs. 3 Buchst. b UZK).
61 Unabhängig von der Frage einer Preisbeeinflussung wäre nämlich in dem Fall, dass die zugrunde liegenden vertraglichen Regelungen eine Preisanpassungsklausel enthalten sollten und diesbezüglich im maßgeblichen Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen (Art. 214 Abs. 1 ZK / Art. 85 Abs. 1 UZK) der Wert nicht bestimmt werden konnte, auch aus diesem Grund eine Anwendung der Transaktionswertmethode ausgeschlossen (vgl. Krüger, ZfZ 2024, 281, 283). Hierzu müsste das FG den Inhalt der zwischen der Y und der Klägerin abgeschlossenen Verträge feststellen und würdigen, falls es auf diese Frage noch ankommen sollte.
62 d) Sofern sich im Anschluss an die relevanten tatsächlichen Feststellungen ergeben sollte, dass eine Preisbeeinflussung im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 ZK / Art. 70 Abs. 3 Buchst. d UZK nicht vorlag und auch kein sonstiger Ausschlussgrund für die Anwendung der Transaktionswertmethode gegeben war, kommt diese Methode zur Anwendung. In diesem Fall würde aber vom FG noch zu klären sein, ob bislang nicht erfasste Hinzurechnungen im Sinne des Art. 32 ZK / Art. 71 UZK (zum Beispiel für Lizenzgebühren) zu berücksichtigen sind.
63 e) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang feststellen, dass die Voraussetzungen der Transaktionswertmethode nicht erfüllt sind, hat es den Zollwert unter Anwendung der nachrangigen Ermittlungsmethoden gemäß Art. 30, 31 ZK / Art. 74 UZK zu bestimmen. Dazu müsste das FG die erforderlichen Feststellungen treffen, die bislang nicht vorliegen.
64 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2025:U.150725.VIIR36.22.0
Fundstelle(n):
ZAAAK-03894