Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Rüge einer Nichteinhaltung der Ladungsfrist zur mündlichen Verhandlung
Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 110 Abs 1 S 1 SGG
Instanzenzug: SG Darmstadt Az: S 9 AS 1090/17 Urteilvorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 6 AS 49/22 Urteil
Gründe
1Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, weil die Kläger die von ihnen geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, und einer Divergenz nicht in der gebotenen Weise bezeichnet haben (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerden sind daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
21. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits - SozR 1500 § 160a Nr 14; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 160a RdNr 16 mwN). Die Beschwerdebegründung der Kläger wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht.
3Die Beschwerde rügt zunächst, das LSG habe die Ladungsfrist von zwei Wochen (§ 110 Abs 1 Satz 1 SGG) nicht eingehalten. Ein Verfahrensmangel ist damit schon deshalb nicht aufgezeigt, weil die - ohnehin nur regelmäßig geltende - Ladungsfrist nach den Angaben in der Beschwerdebegründung eingehalten ist. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist die regelmäßige Ladungsfrist zur Verhandlung gewahrt, wenn die Terminbekanntgabe zwei Wochen vor dem Verhandlungstag am gleichen Wochentag zugestellt wird ( 11a RLw 1/86 - SozR 1500 § 110 Nr 1 juris RdNr 8; zu den Folgen einer verkürzten Ladungsfrist - juris RdNr 4). Dies war nach den Angaben in der Beschwerdebegründung der Fall. Danach ist die Ladung am (einem Mittwoch) zugestellt worden, die mündliche Verhandlung hat am (ebenfalls einem Mittwoch) stattgefunden. Soweit die Kläger darüber hinaus rügen wollen, dass der Terminverlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt worden sei, werden keine erheblichen Gründe für eine Verlegung iS von § 202 Satz 1 SGG iVm § 227 Abs 1 ZPO aufgezeigt.
4Die Beschwerde zeigt auch nicht nachvollziehbar auf, warum verfassungsrechtliche Verfahrensgrundrechte verletzt sein sollten. Insbesondere geht die Rüge einer falsche Besetzung des LSG durch den zunächst erfolgten (fehlerbehafteten) Hinweis des Gerichts, nach § 153 SGG verfahren zu wollen, fehl. Das Gericht hat - wie von den Klägern dargelegt - tatsächlich nicht durch Beschluss, sondern aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden. Substantiierte Ausführungen zu einer falschen Besetzung der Richterbank in der mündlichen Verhandlung sind der Beschwerde nicht zu entnehmen. Die Kläger machen auch nicht geltend, Ablehnungsgesuche gegenüber den Richtern des LSG gestellt zu haben.
52. Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr, vgl etwa - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 160 RdNr 121, Stand ).
6Die Beschwerdebegründung der Kläger wird auch diesen Darlegungsanforderungen nicht gerecht. Nach der Beschwerdebegründung hat das LSG seine Entscheidung gerade auf Rechtsprechung des - SozR 4-4200 § 22 Nr 113 RdNr 15) gestützt.Daher ist nicht nachvollziehbar, wenn an anderer Stelle ausgeführt wird, "die einerseits in der Entscheidung des Landessozialgerichts und andererseits vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Kriterien zur kopfanteiligen Aufteilung der Unterkunftskosten weichen voneinander ab". Tatsächlich rügen die Kläger eine unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall, die aber nicht zur Zulassung der Revision führen kann.
7Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, da diese nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 SGG).
8Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:140725BB7AS2725B0
Fundstelle(n):
SAAAK-03720