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BGH Beschluss v. - 2 StR 511/25

Instanzenzug: LG Marburg Az: 1 KLs - 8371/24

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit bewaffnetem Handeltreiben mit Cannabis in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit einem neuen psychoaktiven Stoff in Tatmehrheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben tatmehrheitlichen Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 31.790 Euro und hinsichtlich sichergestellten Bargelds in Höhe von 5.235 Euro die erweiterte Einziehung angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

21. Der Senat nimmt aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts im Fall II.8 der Urteilsgründe den Vorwurf eines tateinheitlichen Verstoßes gegen das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz aufgrund des Handels mit 989,9 Gramm Ketamin gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 StPO von der Verfolgung aus.

32. Diese Verfolgungsbeschränkung führt in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO zur Abänderung des Schuldspruchs. Im Übrigen hat dessen Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

43. Die Verfolgungsbeschränkung lässt den Strafausspruch unberührt. Der rechtsfehlerfrei festgestellte tateinheitliche Handel mit Ketamin kann – entweder nach dem Arzneimittelgesetz oder dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz – ungeachtet der Verfolgungsbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO strafschärfend berücksichtigt werden.

5Im Übrigen hat die Überprüfung des Strafausspruchs keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Zwar hat die Strafkammer ihrer Strafzumessung im Fall II.8 der Urteilsgründe bei dem gehandelten Kokain eine Überschreitung der nicht geringen Menge um das 104,19-fache zugrunde gelegt, obwohl lediglich der Handel mit einem Wirkstoffgehalt von 430,64 Gramm Kokainhydrochlorid und damit eine 86,1-fache nicht geringe Menge festgestellt ist. Ferner hat sie für die zusätzlich gehandelte 8,84-fache nicht geringe Menge an MDMA rechtsfehlerhaft ausgeführt, dass es sich hierbei um eine „harte“ Droge handele (vgl. hierzu , Rn. 5 mwN). Der Senat schließt angesichts der moderaten Überschreitung der Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren aus § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG indes aus, dass die zugemessene Einzelfreiheitsstrafe auf diesen Rechtsfehlern beruht. Der gehandelte Wirkstoff MDMA betraf nur einen geringen Bruchteil der – bewaffnet − gehandelten Drogenmenge, wobei die Strafkammer zutreffend gesehen hat, dass es sich sowohl bei 2C-B als auch bei Kokain um „harte“ Drogen handelt. Der arithmetische Fehler der Strafkammer bei der Berechnung der Überschreitung der nicht geringen Menge des Kokains bewirkt nur eine unmaßgebliche Reduktion der hier – bewaffnet − gehandelten Gesamtmenge.

64. Während die Strafkammer rechtsfehlerfrei von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat, hält die Einziehungsentscheidung rechtlicher Prüfung nicht stand.

7a) Die Strafkammer hat in den Fällen II.1 bis II.6 der Urteilsgründe zwar rechtsfehlerfrei die gelungene Beschaffung der Drogen für den Weiterverkauf dargestellt. Verkaufsgeschäfte sind indes ebenso wenig festgestellt wie ein Zufluss etwaiger Erlöse an den Angeklagten in irgendeiner Phase des Tatablaufs, so dass diese seiner faktischen Verfügungsgewalt unterlagen und damit im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt waren (vgl. hierzu , Rn. 23). Der von der Strafkammer „konservativ geschätzten Gewinnspanne“, die „der Angeklagte auch so eingeräumt hat“, kann weder die Feststellung entsprechender Verkaufsgeschäfte noch ein tatsächlicher Geldzufluss entnommen werden. Ferner weist der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend darauf hin, dass die Strafkammer im Fall II.6 der Urteilsgründe bei der Einziehungsentscheidung von einem Einkaufspreis von 3.000 Euro ausgegangen ist, was im Widerspruch dazu steht, dass der Angeklagte das in diesem Fall gehandelte Amphetamin nach den Feststellungen „zu einem nicht näher bekannten Kaufpreis“ erworben hat.

8b) Auch die Anordnung der erweiterten Einziehung von 5.235 Euro hat keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt:

„Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte bei seiner Festnahme am einen Betrag in Höhe von 1.385 Euro ‚in szenetypischer Stückelung‘ mit sich geführt hat (UA S. 13), und dass der weitere, am gleichen Tag in seiner Wohnung aufgefundene Bargeldbetrag in Höhe von 3.850 Euro ‚aus vorangegangenen Betäubungsmittelgeschäften‘ herrührte (UA S. 14). Wegen des Verzichts des Angeklagten auf das sichergestellte Bargeld hat das Gericht insoweit ‚rein vorsorglich‘ die erweiterte Einziehung nach § 73a StGB angeordnet (UA S. 89). Die letzte verfahrensgegenständliche Tat, aus der der Angeklagte nach den Feststellungen Taterträge erlangt hat (Fall II.6), lag zum Zeitpunkt der Sicherstellung des Bargeldes zwar bereits etwa sieben Monate zurück. Gleichwohl ist nach den Feststellungen zur Herkunft des Geldes nicht gänzlich auszuschließen, dass zumindest ein Teil aus einer oder mehreren der verfahrensgegenständlichen Taten stammt. Damit unterläge das Bargeld in dieser Höhe der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB mit der Folge, dass insoweit eine Wertersatzeinziehung tatbestandlich ausscheidet (vgl. , juris Rn. 2) und sich der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73c StGB in entsprechender Höhe verringert (, juris Rn. 4). Anders läge es nur dann, wenn es sich bei dem sichergestellten Bargeld sicher um Einkünfte aus urteilsfremden Betäubungsmittelgeschäften handelt und insoweit der Anwendungsbereich des § 73a Abs. 1 StGB eröffnet wäre. Lässt sich dies nicht aufklären und bleibt danach die Möglichkeit bestehen, dass der Geldbetrag aus den abgeurteilten Taten stammt, ist eine Anrechnung vorzunehmen, weil anderenfalls eine doppelte Abschöpfung nicht ausgeschlossen werden könnte (vgl. –, juris mwN).“

9Dem schließt sich der Senat an.

105. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache umfassend neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat hebt die Feststellungen zur Einziehungsentscheidung mit auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

Menges                                Meyberg                                Grube

                     Schmidt                              Zimmermann

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:211025B2STR511.25.0

Fundstelle(n):
TAAAK-03711