BFH zu unbefristetem Leiharbeitsverhältnis
Keine erste Tätigkeitsstätte bei Arbeitnehmerüberlassung
Ob ein Arbeitnehmer über eine erste Tätigkeitsstätte verfügt, hat häufig erheblichen Einfluss auf seine Werbungskostensituation. Besonderheiten gibt es dabei in Fällen der Arbeitnehmerüberlassung – wie das BFH-Urteil vom zeigt. Der dortige Kläger war seit April 2014 bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt; zunächst befristet und ab Ende 2015 unbefristet. Er wurde für unterschiedliche Entleiher tätig, seit Februar 2015 jedoch für ein- und denselben Betrieb, zu dem er im September 2018 auch in eine dortige Festanstellung wechselte. Gestritten wurde um die Behandlung der Fahrtkosten zur und von der Arbeit, die das Finanzamt letztlich für 2017 und bis einschließlich August 2018 nur in Höhe der Entfernungspauschale anerkennen wollte. Der Steuerpflichtige hingegen begehrte eine Berücksichtigung nach den vorteilhaften Regelungen für Auswärtstätigkeiten. Dem folgte der BFH und entschied, dass im Leiharbeitsverhältnis keine erste Tätigkeitsstätte bestanden hatte. Begründet wird dies durch Betrachtungen zur dauerhaften Zuordnung, wobei das Gericht zunächst herausstellt, dass hierbei ausschließlich die Zuordnungsentscheidung des Verleihers maßgeblich ist, denn zu diesem besteht das Arbeitsverhältnis. Bei Arbeitnehmerüberlassung kommt eine dauerhafte Zuordnung regelmäßig nicht in Betracht, denn schon § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der bis zum geltenden Fassung verbot die mehr als vorübergehende und damit unbefristete Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher. Seit dem ist durch § 1 Abs. 1b AÜG konkret geregelt, dass Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen werden dürfen. Eine unbefristete Zuordnung scheidet damit ebenso aus, denn mittelbar wirkt hier die Vereinbarung zwischen Ver- und Entleiher, nach der gesetzlich nur eine vorübergehende Überlassung zulässig ist. Bei einem Leiharbeitsverhältnis sprechen deshalb regelmäßig die äußeren Umstände für das Vorliegen einer nur vorübergehenden und mithin befristeten Zuordnung an eine Tätigkeitsstätte des Entleihers. Es war nicht ersichtlich, dass im Besprechungsfall etwas von den gesetzlichen Vorgaben Abweichendes vereinbart worden wäre. Eine Zuordnung für die gesamte Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses schied für die Streitjahre ebenso aus. Letztlich geht der BFH noch darauf ein, ob das bereits erwähnte Inkrafttreten des § 1 Abs. 1b AÜG zum April 2017 einen Umstand dargestellt habe, der eine Neubeurteilung der Dauerhaftigkeit der Zuordnung ab diesem Zeitpunkt erforderlich erscheinen ließ. Dies verneint das Gericht allerdings im Ergebnis, denn die gesetzliche Neuregelung kann dahingehend keine anderen Rechtsfolgen zeitigen als ein in naher Zukunft beabsichtigter oder erzwungener Wechsel eines Arbeitsplatzes oder eine Versetzung. Auch in diesen Fällen würde – ausgehend von der ex ante Betrachtung – eine dauerhafte Zuordnungsentscheidung erst ab dem Eintritt des Ereignisses zu einer steuerrechtlichen Neubewertung führen.
Das Urteil entspricht mit der weitgehenden Negierung einer ersten Tätigkeitsstätte den spezifischen Gegebenheiten in diesem Bereich, der oftmals durch wechselnde Arbeitsorte und eben gerade keine Dauerhaftigkeit der einzelnen Einsätze geprägt ist.
Lukas Hilbert
Fundstelle(n):
NWB 2025 Seite 3105
FAAAK-03490