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BGH Urteil v. - VI ZR 14/25

Leitsatz

1. Fordert der Geschädigte entgangenen Gewinn, enthält § 252 BGB eine § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung, wonach der Geschädigte nur die Umstände darzulegen und in den Grenzen des § 287 ZPO zu beweisen braucht, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falls die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts ergibt.

2. Die Erleichterungen der § 252 BGB, § 287 ZPO ändern nichts daran, dass es im Rahmen der notwendigen Prognose des entgangenen Gewinns im Sinne des § 252 Satz 2 BGB konkreter Anknüpfungstatsachen bedarf, die der Geschädigte darlegen und zur Überzeugung des Gerichts nachweisen muss.

Gesetze: § 252 S 2 BGB, § 287 ZPO

Instanzenzug: LG Stade Az: 4 S 19/23vorgehend AG Tostedt Az: 5 C 178/21

Tatbestand

1Die Klägerin nimmt den beklagten Tierarzt nach der Besamung ihrer Stute auf Schadensersatz in Anspruch.

2Die Mutter der Klägerin beauftragte den Beklagten mit der Besamung der Stute der Klägerin mit dem Samen des Hengstes B., einem Springpferdevererber. Die Klägerin hatte zuvor bereits durch einen anderen Tierarzt zweimal erfolglos versucht, ihre Stute mit dem Samen von B. besamen zu lassen. Der von der Klägerin bei der Hengststation Sch. bestellte Samen von B. wurde dem Beklagten übersandt. Der Beklagte hatte am Tag der Besamung, am , auch den Samen des Dressurhengstes S. bei sich, der ihm vom Gestüt W. übersandt worden war. Der Beklagte empfahl der Klägerin nach der Besamung, erneut Samen von B. zu bestellen.

3Die Stute der Klägerin gebar am ein Hengstfohlen, das vom Hengst S. abstammt. Ein von der Klägerin beauftragter Sachverständiger, für dessen Gutachten sie 1.053,39 € bezahlte, kam zu dem Ergebnis, ein Fohlen von S. habe im Vergleich zu einem Fohlen von B. einen Minderwert von 2.500 €. Um das Fohlen beim Zuchtverband anmelden zu können, musste die Klägerin an das Gestüt W. eine Decktaxe von 1.200 € bezahlen.

4Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin aus abgetretenem Recht ihrer Mutter Schadensersatz in Höhe von 4.830,89 € (1.200 € Decktaxe, 2.500 € Wertdifferenz, 1.053,39 € Sachverständigenkosten sowie Kosten der nochmaligen Samenbeschaffung), außerdem vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung der Decktaxe nebst vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, die sich nur gegen die Versagung des Ersatzes einer Wertdifferenz von 2.500 € und der Sachverständigenkosten in Höhe von 1.053,39 € gerichtet hat, hat das Landgericht ebenso zurückgewiesen wie die Anschlussberufung des Beklagten, mit der dieser die vollständige Klageabweisung begehrt hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Berufungsantrag weiter.

Gründe

I.

5Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

6Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Schlechterfüllung des Vertrags gegen den Beklagten zu. Offen bleiben könne, ob der "Besamungsvertrag" als Werk- oder Dienstvertrag einzuordnen sei. Jedenfalls habe der Beklagte die Stute der Klägerin mit dem Samen des Hengstes S. statt mit dem Samen des Hengstes B. besamt und dadurch eine vertragliche Hauptpflicht verletzt. Diese Pflichtverletzung habe der Beklagte zu vertreten, er sei dem Grunde nach zum Ersatz eines daraus resultierenden Schadens verpflichtet. Die Klägerin habe Anspruch auf Ersatz der von ihr zusätzlich aufzubringenden Decktaxe in Höhe von 1.200 € für den Züchter des Hengstes S. Hätte der Beklagte den Samen von B. verwendet, hätte die Klägerin nicht zusätzlich zur Decktaxe für B. auch noch die Taxe für S. entrichten müssen.

7Die Klägerin könne jedoch nicht den Beweis führen, dass ihr darüber hinaus ein Vermögensschaden in Höhe von 2.500 € entstanden sei. Die Klägerin mache "Schadensersatz wegen Nichterfüllung" in Höhe der Differenz zwischen dem Wert eines von B. abstammenden Fohlens und dem Wert des tatsächlich geborenen, von S. abstammenden Fohlens geltend. Das Produkt der Fortpflanzung zweier Lebewesen unterliege derart vielen, nicht vorhersehbaren Unsicherheiten, dass sich nicht prognostizieren lasse, welche Entwicklung ein Fohlen der Stute genommen hätte, wenn die Besamung durch B. statt durch S. erfolgt wäre. Ein Vergleich der Vermögenslage mit und ohne die Pflichtverletzung sei im Falle eines weder gezeugten noch geborenen Lebewesens so vielen Unsicherheiten unterworfen, dass er letztlich auf Spekulationen beruhen müsse, die eine hinreichende Überzeugungsbildung nicht zu begründen vermögen. Zwar bestünden züchterische Erfahrungssätze, die eine gewisse Prognose guter und weniger guter Anpaarungen ermöglichten. Das vorgelegte Privatgutachten beruhe jedoch auf abstrakten Erwägungen ohne Anschauung der konkreten Tiere. Erschwerend komme hinzu, dass es anders als im Fall der beiden Zuchthengste keine allgemeinen Erfahrungswerte über die Qualitäten der von der Stute hervorgebrachten Fohlen gebe. Bei den Zuchthengsten handele es sich um zwei ähnlich qualitätsvolle, im Dressur- bzw. Springsport hocherfolgreiche Warmbluthengste, die auch erfolgreich als Zuchthengste eingesetzt würden. Allein der Umstand, dass die Klägerin in ihrem Wunsch, ein Fohlen von einem ausgewählten Hengst mit Springgenen zu erhalten, enttäuscht worden sei, begründe als lediglich ideeller Wert nicht die Annahme einer konkreten Vermögenseinbuße. Objektive Gesichtspunkte, die die Annahme eines Schadens rechtfertigten, lägen nicht vor. Nach alledem könne die Klägerin auch keinen Ersatz der von ihr aufgewendeten Gutachterkosten verlangen.

II.

8Die zulässige Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

91. Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht der Mutter weder die geforderte Wertdifferenz (hierzu unter a)) noch den von der Revision geltend gemachten Mindestschaden (unter b)) und auch nicht die geforderten Sachverständigenkosten (unter c)) ersetzt verlangen.

10a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz der geforderten Wertdifferenz aus abgetretenem Recht der Mutter verneint. Der Beklagte schuldete aus dem mit der Mutter der Klägerin geschlossenen Behandlungsvertrag die gewissenhafte Vornahme der Besamung mit dem ihm zur Verfügung gestellten Samen im Rahmen eines Dienstvertrags (näher unter aa)). Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt, indem er die Besamung mit dem falschen Samen vorgenommen hat. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Eintritt eines auf dieser Pflichtverletzung beruhenden Schadens in Höhe der geforderten Wertdifferenz verneint hat (unter bb)).

11aa) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob es sich bei dem zwischen der Mutter der Klägerin und dem Beklagten geschlossenen Vertrag um einen Dienst- oder um einen Werkvertrag handelt. Der Senat kann die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung des Vertrags selbst vornehmen, weil keine weiteren tatsächlichen Feststellungen zu erwarten sind (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 18/14, NJW 2015, 1246 Rn. 12; , ZIP 2009, 1367 Rn. 20; jeweils mwN).

12(1) Behandlungsverträge mit Veterinärmedizinern über die Behandlung von Tieren fallen zwar nicht unter die §§ 630a ff. BGB, weil Patient im Sinne des § 630a Abs. 1 BGB nur ein Mensch ist und die §§ 630a ff. BGB speziell auf die besonderen Bedürfnisse des Menschen und den Schutz seines Selbstbestimmungsrechtes zugeschnitten sind (BT-Drucks. 17/10488 S. 18; Senatsurteil vom - VI ZR 247/15, BGHZ 210, 197 Rn. 16). Wie die humanmedizinische Behandlung ist aber auch die veterinärmedizinische Behandlung auf einen lebenden Organismus bezogen, bei dem der Arzt zwar das Bemühen um Helfen und Heilung, nicht aber den Erfolg schulden kann. Gerade wegen der Eigengesetzlichkeit und weitgehenden Undurchschaubarkeit des lebenden Organismus kann ein Fehlschlag oder Zwischenfall nicht allgemein ein Fehlverhalten oder Verschulden des Arztes indizieren (, BGHZ 210, 197 Rn. 15; vom - VI ZR 201/75, NJW 1977, 1102, 1103, juris Rn. 11). Der Tierarzt, der es seinem Auftraggeber gegenüber übernimmt, ein Tier zu behandeln, schuldet daher in erster Linie den Einsatz der von einem gewissenhaften Veterinärmediziner zu erwartenden tiermedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen (, NJW 1982, 1327, juris Rn. 11; vom - VI ZR 39/79, VersR 1980, 652, juris Rn. 10). Unter Behandlung in diesem Sinne fällt auch die Besamung eines Tieres.

13(2) Nach diesen Grundsätzen schuldete der Beklagte bei der Besamung der Stute mit dem von der Klägerin beschafften Samen des Hengstes B. ein solches Bemühen. Dass die Vertragsparteien ausnahmsweise etwas Abweichendes vereinbart hätten, nämlich den Erfolg der Züchtung eines Abkömmlings des Hengstes B., ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Die bereits in der Vergangenheit zweimal erfolglos durchgeführte Besamung der Stute der Klägerin mit dem Samen des Hengstes B. und die auf Anraten des Beklagten unmittelbar nach der Besamung am erfolgte erneute Beschaffung von Samen des Hengstes B. sprechen gegen die Vereinbarung eines solchen Behandlungserfolgs.

14bb) Da der Beklagte keinen Erfolg seiner Behandlung schuldete, liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung, für die der Beklagte einzustehen hat, nicht darin, dass durch die Besamung kein vom Hengst B. abstammendes Fohlen gezeugt wurde. Eine Pflichtverletzung des Beklagten liegt aber darin, dass er die Besamung der Stute der Klägerin mit dem Samen des Hengstes S. und nicht - wie vereinbart - mit dem Samen des Hengstes B. vorgenommen hat. Der Beklagte hat den auf dieser schuldhaften Pflichtverletzung beruhenden Schaden aus abgetretenem Recht nach §§ 611, 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Der Geschädigte ist dabei so zu stellen, wie er bei pflichtgemäßem Verhalten stünde (HK-BGB/Schulze, 12. Aufl., § 280 Rn. 17), wobei im Streitfall offen bleiben kann, ob Geschädigte die Mutter und/oder die Klägerin ist.

15(1) Darauf, ob die Pflichtverletzung des Beklagten als grob anzusehen ist, kommt es, anders als die Revision meint, nicht an. Zwar führt nach der Senatsrechtsprechung im veterinärmedizinischen Bereich ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, grundsätzlich zur Umkehr der Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 247/15, BGHZ 210, 197 Rn. 11, 17). Die Klägerin macht aber keinen Schadensersatz für einen Gesundheitsschaden eines Tieres geltend. Sie fordert Ersatz für den infolge der Pflichtverletzung eingetretenen Vermögensschaden in Form von entgangenem Gewinn, den sie nach ihrer Behauptung im Fall einer pflichtgemäßen Besamung in Gestalt eines Fohlens von B. statt eines Fohlens von S. gehabt hätte.

16(2) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf entgangenen Gewinn nach § 249 Abs. 1, § 252 BGB verneint hat.

17(a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters (vgl. zur Anwendbarkeit des § 287 ZPO bei infolge von Pflichtverletzungen eingetretenen Vermögensschäden Senatsurteil vom - VI ZR 21/85, NJW 1987, 705, 706, juris Rn. 23 mwN). Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (Senatsurteil vom - VI ZR 87/20, NJW-RR 2022, 401 Rn. 6 mwN). Bei der Bemessung der Schadenshöhe hat der Tatrichter allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergibt, darf sie nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 Rn. 17 mwN).

18Fordert der Geschädigte entgangenen Gewinn, enthält § 252 BGB eine § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung, wonach der Geschädigte nur die Umstände darzulegen und in den Grenzen des § 287 ZPO zu beweisen braucht, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falls die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts ergibt. Da die Beweiserleichterung der § 252 BGB, § 287 ZPO auch die Darlegungslast derjenigen Partei, die Ersatz des entgangenen Gewinns verlangt, mindert, dürfen insoweit keine zu strengen Anforderungen gestellt werden (, NJW 2002, 2553, juris Rn. 11; BAG, NJW 2008, 872 Rn. 48). Die Erleichterungen der § 252 BGB, § 287 ZPO ändern aber nichts daran, dass es im Rahmen der notwendigen Prognose des entgangenen Gewinns im Sinne des § 252 Satz 2 BGB konkreter Anknüpfungstatsachen bedarf, die der Geschädigte darlegen und zur Überzeugung des Gerichts nachweisen muss (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 530/16, NJW 2018, 864 Rn. 15; , NJW-RR 2024, 738 Rn. 31).

19(b) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen solcher tragfähigen Anknüpfungspunkte im Streitfall verneint. Diese Einschätzung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden.

20Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Produkt der Fortpflanzung zweier Lebewesen - hier zweier Pferde - unterliege derart vielen nicht vorhersehbaren Unsicherheiten, dass sich letztlich nicht prognostizieren lasse, welche Entwicklung ein Fohlen der Stute genommen hätte, wenn die Besamung durch B. statt durch S. erfolgt wäre. Es sei nicht vorauszusehen, ob sich Fehlbildungen gezeigt hätten oder ob es im schlimmsten Fall zu einer Totgeburt gekommen wäre. Zwar gebe es gerade in der Pferdezucht züchterische Erfahrungssätze zu unterschiedlich optimistischen Hoffnungen und Erwartungen hinsichtlich der Qualität des ungeborenen Tieres. Die Beurteilung eines potentiell aus der Anpaarung der Stute der Klägerin mit dem Hengst B. hervorgehenden Fohlens bleibe aber spekulativ. Erschwerend komme hinzu, dass die Stute der Klägerin keine Zuchtstute gewesen sei, die bereits mehrere Nachkommen hervorgebracht habe, und deshalb keine allgemeinen Erfahrungswerte über die Qualität von ihr hervorgebrachter Fohlen existierten. Zudem handele es sich bei B. und S. um ähnlich qualitätsvolle, im Dressur- bzw. Springsport erfolgreiche Zuchthengste.

21Die Revision rügt insoweit nur, dass eine unsichere Prognose des Werts ab der erfolgreichen Verschmelzung der Eizelle mit dem Samen nicht mehr bestanden habe, weil "sich der Verkehrswert des Embryos nach den Verkehrswerten der Ei- und der Samenzelle" bemesse. Die Revision setzt dabei voraus, dass die Besamung am , wäre sie mit dem Samen von B. durchgeführt worden, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erfolgreich gewesen wäre. Das ist aber nicht festgestellt und - worauf die Revisionserwiderung hinweist - offen und angesichts der in der Vergangenheit zweimal erfolglosen Besamung der Stute mit Samen von B. bereits sehr fraglich. Selbst wenn dies unterstellt würde, ist die Bewertung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, es sei spekulativ, ob es überhaupt zur Geburt eines gesunden Fohlens gekommen wäre und dieses Fohlen dann Eigenschaften gehabt hätte, die die Annahme gerechtfertigt hätten, sein Verkehrswert liege über dem des tatsächlich geborenen Fohlens. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Stute der Klägerin keine Zuchtstute sei, es daher keine Erfahrungswerte über die Qualität ihrer Nachkommen gebe und die Qualität der Hengste B. und S. - abgesehen von ihren unterschiedlichen Begabungen im Springen und in der Dressur - grundsätzlich vergleichbar sei. Das vorgelegte Privatgutachten verhält sich zu diesen Fragen nicht. Es nimmt allein aufgrund abstrakter Erwägungen einen Vergleich der Werte von gesunden Fohlen von S. und B. vor. Vor diesem Hintergrund war es - entgegen der Ansicht der Revision - auch nicht verfahrensfehlerhaft, dass das Berufungsgericht kein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Ermittlung der behaupteten Wertdifferenz zwischen einem gesunden Fohlen von B. und dem tatsächlich geborenen Fohlen eingeholt hat.

22b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, es sei jedenfalls ein Mindestschaden in Höhe von 400 € aus abgetretenem Recht zu ersetzen, der sich aus der Differenz zwischen dem für den Samen des Hengstes B. an den Züchter Sch. gezahlten Deckentgelt von 1.600 € und dem an das Gestüt W. gezahlten Deckentgelt von 1.200 € errechne. Diesem Begehren stehen bereits prozessuale Gründe entgegen. Nach § 559 Abs. 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden. Das Berufungsgericht hat weder festgestellt, dass die Klägerin für die mit dem Samen des Hengstes B. geplante Besamung am an den Züchter Sch. ein Deckentgelt von 1.600 € bezahlt hat, noch ergibt sich das aus dem Sitzungsprotokoll des Berufungsgerichts. Die Revision zeigt auch keinen vom Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft übergangenen Sachvortrag der Klägerin hierzu auf. Die Klägerin hat ihre Klage im Übrigen nie auf eine entsprechende (nunmehr in der Revision behauptete) Differenz gestützt.

23c) Das Berufungsgericht hat zu Recht die Erstattung der Kosten des vorgerichtlich eingeholten Privatgutachtens aus abgetretenem Recht verneint. Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit einem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 76/16, VersR 2017, 636 Rn. 6 mwN; , NJW-RR 1989, 953, 956, juris Rn. 45). Vor dem Hintergrund der Ausführungen unter a) war die Einholung eines Privatgutachtens zu einer allein auf abstrakter Grundlage berechneten Wertdifferenz nicht erforderlich und zweckmäßig.

242. Soweit die Revision den Ersatz von Sachverständigenkosten auch auf eigene deliktische Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB iVm § 303 StGB stützt, liegt eine Klageerweiterung vor, die im Revisionsverfahren grundsätzlich unzulässig ist (vgl. hierzu Senatsurteil vom - VI ZR 934/20, VersR 2022, 852 Rn. 10; , juris Rn. 30; jeweils mwN). Die Geltendmachung eines Anspruchs aus abgetretenem Recht stellt auch bei einheitlichem Klageziel einen anderen Streitgegenstand dar als die Geltendmachung aus eigenem Recht (vgl. , BGHZ 240, 312 Rn. 23; vom - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 8 mwN; vom - IX ZR 8/04, MDR 2006, 689, 690, juris Rn. 15; jeweils mwN). In der Berufungsinstanz hat die Klägerin den Ersatz der Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht der Mutter gefordert. Indem die Klägerin mit der Revision nun auch eigene deliktische Ansprüche geltend macht, führt sie einen weiteren Streitgegenstand in den Prozess ein und nimmt damit eine Klageerweiterung vor. Die engen Voraussetzungen, unter denen eine solche Klageerweiterung ausnahmsweise auch in der Revision zulässig ist, liegen hier nicht vor (vgl. dazu , ZIP 2022, 1834 Rn. 11; vom - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684, juris Rn. 16 mwN).

Seiters                        von Pentz                        Oehler

                 Müller                              Linder

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:141025UVIZR14.25.0

Fundstelle(n):
YAAAK-03381