Gesetzgebung | Anhörung zu globaler Mindeststeuer (hib)
Die Implementierung der globalen
Mindeststeuer sorgt unter Experten für ein geteiltes Echo. Das ist das Ergebnis
einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses vom . Anlass waren
der Gesetzentwurf des Bundesregierung zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes
und zur Umsetzung weiterer Maßnahmen (BT-Drucks. 21/1865) und ein
Antrag der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen mit dem Titel
„Steuergestaltung verhindern - Mindeststeuer stärken“
(BT-Drucks.
21/2245).
Dirk Nolte von der Steuerberatungsgesellschaft Ernst &Young Tax GmbH warnte vor Wettbewerbsnachteilen für deutsche Unternehmen im Zusammenhang mit der Einführung der globalen Mindeststeuer. Der von der CDU/CSU-Fraktion geladene Experte verwies auf das sogenannte "Side-by-Side"-System der USA, das eine Koexistenz der globalen Mindeststeuer mit dem US GILTI-System ermöglichen und US-Konzerne von der Mindeststeuer ausnehmen soll.
Diese Zielsetzung werfe erhebliche Fragen hinsichtlich der Erreichbarkeit eines "Level Playing Field" in der globalen Steuerlandschaft auf. Es bestehe die Gefahr, "dass durch die Exklusion der USA die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und insbesondere Deutschlands beeinträchtigt wird," warnt Nolte in seiner schriftlichen Stellungnahme.
Auch Florian Köbler von der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG), geladen auf Vorschlag der SPD-Fraktion, warnte vor dem Weg der USA. Es sei zu befürchten, dass weitere Staaten ähnliche Wege versuchten zu gehen. "Ich denke hier an China", sagte er. Es müsse deshalb versucht werden, zumindest auf EU-Ebene zu einheitlichen Regelungen zu kommen.
Insgesamt zieht Köbler in seiner schriftlichen Stellungnahme aber ein positives Fazit zur globalen Mindeststeuer: "Die globale Mindestbesteuerung markiert einen Paradigmenwechsel in der internationalen Steuerpolitik. Nach jahrzehntelangem schädlichem Steuerwettbewerb etabliert Pillar 2 der OECD und G20 erstmals eine wirksame Untergrenze von 15 Prozent für multinationale Konzerne ab 750 Millionen Euro Jahresumsatz. Dies sichert Steuersubstrat, schafft faire Wettbewerbsbedingungen und stärkt das Vertrauen in den Steuerstaat. Die DSTG unterstützt diese Entwicklung grundsätzlich, da die Beschäftigten in der Finanzverwaltung täglich erleben, welche Ungleichgewichte durch aggressive Steuerplanungsmodelle entstehen."
"Die Mindeststeuer funktioniert", befand auch Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, geladen auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das zeige das Beispiel des chinesischen Onlinehändlers Temu. Dieser verlagere zwar weiterhin Gewinne nach Irland, müsse dort aber nun eine Ergänzungssteuer von 2,5 Prozent bezahlen. Jedoch löse die Mindeststeuer auch weiterhin nicht umfassend das Problem der Gewinnverlagerung über konzerninterne Lizengebühren. So verlagere das Unternehmen booking.com Gewinne in die Niederlande, wo diese mit weniger als 15 Prozent belastet würden.
"Vor allem die größten und profitabelsten Konzerne aus den USA zahlen in Deutschland wegen dieser Schwächen kaum Steuern auf ihre hier erwirtschafteten Gewinne und reduzieren ihren globalen Steuersatz durch Gewinnverschiebung und Steuervermeidung auf etwa die Hälfte der deutschen Konkurrenz", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Netzwerks Steuergerechtigkeit und des Tax Justice Networks.
Letzteres war auf Vorschlag der Fraktion Die Linke geladen und wurde von Markus Mainzer vertreten. Dieser warnte davor, die Regeln zur sogenannten Lizenzschranke, die die Verlagerung von Gewinnen über Lizenzgebühren begrenzen soll, abzuschaffen. Es fehle dazu eine Kosten-Nutzen-Abschätzung. Dabei gebe es Institute in Deutschland, die das berechnen könnten, argumentierte Mainzer.
Statt die Lizenzschranke abzuschaffen, sollte die Politik besser “bestehende Lücken gezielt schließen". Das gelte insbesondere mit Blick auf US-Unternehmen. Für die beiden Nichtregierungsorganisationen ist "die von der G7 im Juni 2025 vereinbarte Ausnahme für US-Konzerne von der Mindeststeuer (Side-by-Side) ein fatales Zeichen der Unterwerfung unter die Trumpsche US-Politik", wie sie in ihrer schriftlichen Stellungnahme schreiben.
Dagegen sieht der Sachverständige Dirk Nolte eine mögliche Abschaffung der Lizenzschranke weniger kritisch. Es gebe sehr wenige Fälle, bei denen die Lizenzschranke zur Anwendungen gekommen sei. Nolte sprach von einer kleinen Zahl an Fällen, die "mit sehr viel Aufwand" nachzuprüfen seien. Deshalb sei deren Abschaffung "vertretbar und begrüßenswert".
Quelle: hib – heute im bundestag Nr. 562 (il)
Fundstelle(n):
RAAAK-03298