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Online-Nachricht - Donnerstag, 23.10.2025

Einkommensteuer | Rücklage nach § 6b EStG und Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs (BFH)

Hat ein bilanzierender Steuerpflichtiger eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG zu Unrecht gebildet, begründet dies einen Bilanzierungsfehler, der nach den Regeln des formellen Bilanzenzusammenhangs unter Wahrung der verfahrensrechtlichen Schranken für den Erlass von Steuer- und Steueränderungsbescheiden zu korrigieren ist (Anschluss an , BFH/NV 1993, 461; , BFH/NV 2013, 1572: ; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende GmbH mit satzungsmäßigem Sitz in Z. Im Jahr 2002 verkaufte sie ihren gesamten Immobilienbestand mit Gewinn. In der Bilanz zum wies sie eine gewinnmindernde Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG in entsprechender Höhe aus.

Im Rahmen einer Außenprüfung im Jahr 2004 wurde zwischen den Beteiligten streitig, ob im Inland lediglich der satzungsmäßige Sitz der Klägerin zu verorten sei, während sich die Geschäftsleitung der Klägerin wegen des Wohnsitzes ihres Geschäftsführers in Österreich befinde. Das FG ging schließlich davon aus, dass die Geschäftsleitung der Klägerin im Inland gelegen habe und erkannte die Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG an. Der Bescheid wegen Körperschaftsteuer 2002 vom wurde bestandskräftig

Mit Bescheid v. wurde die Klägerin für das Streitjahr 2003 zur Körperschaftsteuer veranlagt. Hiergegen legte die Klägerin mit der Begründung Einspruch ein, dass der Ort ihrer Geschäftsleitung im Ausland gelegen habe.

Das FA ging daraufhin davon aus, dass die Klägerin bereits seit dem Jahr 2000 im Inland keine Betriebsstätte mehr gehabt habe, weshalb für das Jahr 2002 eine Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG nicht hätte gebildet werden dürfen. Die Bilanz zum sei demnach unrichtig. Die Rücklage müsse nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs im ersten offenen Jahr - im Streitjahr 2003 - gewinnerhöhend aufgelöst werden. Auf die damit einhergehende Verböserung wies das FA hin; es setzte diese mit Einspruchsentscheidung v. um.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (). Unabhängig davon, ob die Rücklage im Jahr 2002 zu Recht gebildet worden sei, sei sie im Streitjahr nicht nach den Regeln des formellen Bilanzenzusammenhangs gewinnerhöhend aufzulösen. Es fehle an einem hierfür erforderlichen Bilanzfehler.

Auf die Revision des FA hoben die Richter des BFH das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:

  • In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist geklärt, dass die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs auch für Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG gelten.

  • Das FG geht zu Unrecht davon aus, die Berichtigung einer rechtswidrig gebildeten Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG könne nicht über die Regeln des formellen Bilanzenzusammenhangs erfolgen.

  • Bilanzierungsfehler sind grundsätzlich und vorrangig in der Bilanz des Wirtschaftsjahres zu berichtigen, in dem es zu der fehlerhaften Bilanzierung gekommen ist.

  • Liegt für das Jahr, in dem es zu der fehlerhaften Bilanzierung gekommen ist, bereits ein Steuerbescheid vor, der aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann, so ist nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs der unrichtige Bilanzansatz grundsätzlich in der ersten Schlussbilanz richtigzustellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgeblichen Vorschriften möglich ist (vgl. u.a. , BStBl II 1990, 1044, unter 2.b sowie , BStBl II 2019, 614, Rz 25).

  • Eine Geltung dieser Grundsätze für die bilanziell fehlerhafte Behandlung von Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG hat der BFH bereits ausdrücklich anerkannt (vgl. , BFH/NV 1993, 461, unter 5.).

  • Der Senat folgt dieser Rechtsprechung. Ist eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG zu Unrecht gebildet worden, begründet dies einen Bilanzierungsfehler, der unter Beachtung der Zweischneidigkeit der Bilanz in die Folgejahre zu transportieren und dort unter Wahrung der verfahrensrechtlichen Schranken für den Erlass von Steuer- und Steueränderungsbescheiden zu korrigieren ist (vgl. , BFH/NV 2013, 1572, Rz 8 zu § 7g EStG; , EFG 2025, 892, Rz 156, Aktenzeichen des BFH: I R 21/24; , EFG 2025, 180, Rz 56, rechtskräftig; ebenso Schmidt/Loschelder, EStG, 44. Aufl., § 6b Rz 58; Briese, DStR 2023, 801, 808).

  • Die Entscheidungen des IV. Senats ( sowie ) stehen dem nicht entgegen. Aus den Entscheidungen lässt sich kein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke ableiten, der im Sinne einer Spezialregelung auch dem Rücklagensystem des § 6b Abs. 3 EStG zugrunde läge und so den Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs verdrängt.

  • Im zweiten Rechtsgang wird das FG festzustellen haben, ob die Klägerin die Rücklage im Jahr 2002 zu Unrecht gebildet hat. Diese Frage hatte das FG aus seiner Sicht konsequenterweise offengelassen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
UAAAK-02474