Instanzenzug: LG Bielefeld Az: 24 KLs 9/24
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet.
21. Der Schuldspruch war abzuändern, da die rechtliche Bewertung des Geschehens als bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 1 BtMG revisionsrechtlicher Überprüfung nicht standhält.
3a) Nach den Feststellungen war der Angeklagte mit den Mitangeklagten J. und V. einig geworden, für einen längeren, nicht konkret bestimmten Zeitraum große Mengen Amphetaminöl zu produzieren. Das Öl sollte an die holländischen Auftraggeber von dem Mitangeklagten J. geliefert werden, wodurch dieser seine dort bestehenden Schulden in Höhe von 10.000 Euro abbauen wollte. Für den Betrieb des Amphetaminlabors erklärte sich der Angeklagte einverstanden, die Kellerräume seines Eigenheims dem Mitangeklagten J. alle zwei Wochen gegen eine Zahlung von 500 Euro zur Verfügung zu stellen. Die Beschaffung der Ausstattung und der Aufbau des Labors erfolgten durch die Mitangeklagten J. und V. . Das anschließende Kochen fand nur statt, wenn der Mitangeklagte J. vor Ort war, da allein er die erforderlichen Kenntnisse hatte. Der Angeklagte tauschte regelmäßig die Gasflaschen aus, die zum Betrieb erforderlich waren, entsorgte den in großen Mengen anfallenden Müll und transportierte Chemikalien gemeinsam mit dem weiteren Mitangeklagten K. in den Keller.
4b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen (mit-) täterschaftlichen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 1 BtMG nicht.
5aa) Schließen sich mehrere Täter – wie hier vom Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen – zu einer Bande zusammen, so hat dies nicht zur Folge, dass jede von einem Bandenmitglied begangene Tat einem anderen Bandenmitglied ohne Weiteres als gemeinschaftlich begangene Tat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Zwar kann Mitglied einer Bande auch derjenige sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen (st. Rspr.; vgl. Rn. 13 mwN). Die Frage, ob die Beteiligung an einer Bandentat als Mittäterschaft oder als Beihilfe einzuordnen ist, ist aber auch beim bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts zu beantworten (st. Rspr.; vgl. Rn. 3 mwN).
6Nach diesen Maßstäben handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass dieser als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Erschöpft sich demgegenüber die Mitwirkung nach dem Willen des sich Beteiligenden in einer bloßen Förderung fremden Handelns, so fällt ihm lediglich Beihilfe zur Last (st. Rspr.; vgl. Rn. 31). Ob die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe anzusehen ist, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung der Beteiligten umfassten Umstände zu beurteilen, bei denen das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung sowie die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu besondere Bedeutung haben und insbesondere maßgeblich ist, welches Gewicht dem Tatbeitrag im Rahmen des auf Umsatz gerichteten Gesamtgeschäfts zukommt (st. Rspr.; vgl. Rn. 13). Mittäterschaftliches Handeltreiben wird hierbei vor allem dann in Betracht kommen, wenn der Beteiligte über bloße Hilfstätigkeiten hinaus am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder an dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll (st. Rspr.; vgl. Rn. 8).
7bb) Gemessen hieran wird die Annahme täterschaftlichen Handelns nicht von den Feststellungen getragen. Der Angeklagte verrichtete ausschließlich Hilfstätigkeiten für den Betrieb des Labors, ohne dass ihm hierbei – wie erst recht nicht hinsichtlich der eigentlichen Umsatzgeschäfte – täterschaftliche Gestaltungsspielräume eingeräumt waren (vgl. für bloße Transportfahrten Rn. 3). Sowohl die Herstellung des Amphetamins selbst als auch die Entscheidung über Mengen, Preise und Lieferungen wurden allein von dem Mitangeklagten J. als „Kopf der ganzen Unternehmung“ mit dessen holländischen Auftraggebern abgestimmt, zu denen der Angeklagte keinen näheren Kontakt hatte. Auch das wirtschaftliche Eigeninteresse des Angeklagten war nicht auf die eigentlichen Umsatzgeschäfte ausgerichtet, sondern darauf, regelmäßige umsatzunabhängige Mietzahlungen zu erhalten. Obgleich die Kellerräume für den Betrieb des Labors unerlässlich waren, erschöpfte sich die Tatbeteiligung des Angeklagten unter diesen Umständen in einer bloßen Förderung fremden Handelns.
8cc) Da angesichts des offensichtlich ausermittelten Sachverhalts auszuschließen ist, dass in einem zweiten Rechtsgang weitere eine Täterschaft tragende Beiträge des Angeklagten festzustellen sind, ändert der Senat den Schuldspruch in analoger Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO auf Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 BtMG, § 27 Abs. 1 StGB) ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der umfassend geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
92. Die Abänderung des Schuldspruchs bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. Die rechtsfehlerfrei getroffenen zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben und durch ihnen nicht widersprechende ergänzt werden (§ 353 Abs. 2 StPO).
103. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Urteils auf die Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Quentin Sturm Scheuß
Marks Gödicke
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:090925B4STR277.25.0
Fundstelle(n):
KAAAK-02314