Altersvorsorge-Eigenheimbetrag: Anforderungen an das Vorliegen und den Nachweis der unmittelbaren Aufnahme der Selbstnutzung
(§ 92a Abs. 1 Satz 5 EStG) bei Herstellung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung
Begründung eines Schutzes des Zulageberechtigten nach Treu und Glauben durch Aussage der Zentralen Zulagestelle über den Zeitrahmen
für die Verwendung der Aufwendungen im Entnahmebescheid nach § 92b Abs. 1 Satz 3 EStG
Leitsatz
1. Das Unmittelbarkeitserfordernis des § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG erfordert, dass das entnommene Kapital ohne Zwischenschritte
für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung der Wohnung verwendet werden muss.
2. Enthält ein Entnahmebescheid der Zentralen Zulagenstelle nach § 92b Abs. 1 Satz 3 EStG den Hinweis, dass von einer unmittelbaren
Verwendung dann auszugehen sei, wenn innerhalb von 6 Monaten vor Antragstellung und bis 12 Monate nach der Kapitalauszahlung
entsprechende Aufwendungen entstanden sind, kann diese Zusage nach Treu und Glauben ein schutzwürdiges Vertrauen beim Steuerpflichtigen
begründen, wenn dieser im Vertrauen hierauf disponiert hat und dem Vertrauen des Steuerpflichtigen in diese Zusage der Unmittelbarkeit
der Aufwendungen keine gegenteilige Rechtsprechung entgegenstand.
3. Bei Verwendung des geförderten Altersvorsorgekapitals zur Herstellung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung setzt
das Unmittelbarkeitserfordernis des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht zwingend voraus, dass sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen
(einschließlich der Selbstnutzung im Sinne von § 92a Abs. 1 Satz 5 EStG) innerhalb eines Zeitrahmens von 6 Monaten vor Antragstellung
und 12 Monate nach Auszahlung vorliegen müssen (gegen Verwaltungsauffassung im IV C 3 – S 2015/22/10001
:001, BStBl 2023 I S. 1726).
4. Vielmehr ist in Herstellungsfällen, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu § 13 ErbStG, ein der allgemeinen
Verkehrsanschauung entsprechender überschaubarer Bauplan zu fordern, der dem Steuerpflichtigen/Zulageberechtigten ggf. die
Pflicht auferlegt, bei zeitlichen Verzögerungen darzulegen, dass er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den Baufortschritt
und das Ziel der Fertigstellung zu erreichen.
5. Bei einer in angemessener Zeit erfolgten Herstellung einer Wohnung ist von einer von Anfang an bestehenden und gegenüber
der Zentralen Zulagenstelle im Rahmen des Entnahmeantrags erklärten Absicht der Aufnahme der Selbstnutzung auszugehen, wenn
diese vermutet über die Herstellungsdauer fortbesteht und in der tatsächlichen Aufnahme der Selbstnutzung mündet.
6. Wird eine Wohnung nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes fertiggestellt, kann bereits im Interesse der Überprüfbarkeit
der wohnungswirtschaftlichen Verwendung nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Selbstnutzungsabsicht im Sinne eines
einheitlichen Aktes mit einer später irgendwann erfolgenden Aufnahme der Selbstnutzung fortbesteht. Vielmehr muss das Fortbestehen
der Absicht zur unmittelbaren Aufnahme der Selbstnutzung nach absehbarer Herstellungszeit in diesen Fällen im Einzelfall konkret
zu Tage treten bzw. dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Ein erst nach mehr als vier Jahren erfolgter Bezug der Wohnung
kann jedenfalls nicht mehr als innerhalb einer für die Herstellung einer Wohnung regelmäßig angemessenen Zeit angesehen werden.
Fundstelle(n): RAAAK-02180
Preis: €5,00
Nutzungsdauer: 30 Tage
Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 02.09.2025 - 15 K 15034/23