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BGH Urteil v. - I ZR 135/24

Kollagen-Trinkampullen

Leitsatz

Kollagen-Trinkampullen

1.    Ob eine Angabe aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers gesundheitsbezogen im Sinn des Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claims-Verordnung, HCVO) ist, muss jedenfalls dann, wenn der Kläger ein auf die konkrete Verletzungsform bezogenes Unterlassungsgebot begehrt, unter Berücksichtigung des Kontexts der in Rede stehenden Aussage beurteilt werden.

2.    Auf die Hautstruktur oder -elastizität bezogene Aussagen für in Nahrungsmitteln enthaltene Kollagen-Peptide fallen nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 HCVO heraus; sie sind vielmehr einzelfallbezogen zu prüfen.

3.    Versteht der Durchschnittsverbraucher eine Angabe als gesundheitsbezogen, unterfällt sie auch dann noch dem Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 HCVO, wenn er sie zugleich als schönheitsbezogen versteht.

Gesetze: Art 10 Abs 1 EGV 1924/2006

Instanzenzug: Az: I-4 U 114/23 Urteilvorgehend LG Bochum Az: I-18 O 20/22 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger ist ein Verein, der in die gemäß § 8b Abs. 1 UWG beim Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände eingetragen ist. Die Beklagte vertreibt das Mittel "E.      Trinkampullen" und bewirbt dieses auf der Internetseite www.       .de wie aus Anlage K 4 ersichtlich mit der Überschrift "Vertrau dem Original und der Nr. 1* in Deutschland" und dem unterhalb der Überschrift stehenden Text:

Die Wissenschaft hat erst spät erkannt, wie wichtig Kollagen für unseren Körper und unsere Hautstrukturen ist. Aber Kollagen ist nicht gleich Kollagen. Hier erfahren Sie, worauf es wirklich ankommt.

2Der Kläger beanstandet eine Reihe der dort getroffenen Aussagen als nicht zugelassene gesundheitsbezogene Angaben für ein Lebensmittel. Auf eine Abmahnung des Klägers vom gab die Beklagte am eine Teil-Unterlassungserklärung ab. Wegen hiervon nicht erfasster Angaben verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren im vorliegenden Rechtsstreit weiter.

3Der Kläger hat zuletzt (sinngemäß) beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr für "E.     Trinkampullen" folgendermaßen zu werben:

1.    Was macht Elasten besonders und worauf kommt es an? Der Schlüssel zu "schöner Haut von innen" steckt in der einzigartigen Komposition der Inhaltsstoffe: Der spezielle (HC) Kollagen-Komplex, dessen Peptide dem menschlichen Kollagen sehr ähnlich sind, wird ergänzt durch hochwertige, hautrelevante Nährstoffe: 50 µg Biotin, 2,3 mg Vitamin E, 80 mg Vitamin C, 666 mg Acerola Fruchtextrakt, 2,5 g Kollagen-Peptide.

2.    Schönheit von innen mit nachhaltiger Wirksamkeit. Unsere Studien belegen das. E.      ist einmalig. Mehrere produkteigene Placebo-kontrollierte Blindstudien belegen das [Anlage K 4 allerdings: "... belegen die Beauty-Effekte"].

3.    Durch positive Kollagenbilanz zu nachhaltiger Schönheit. Das Erscheinungsbild der Haut wird durch den natürlichen Strukturprozess und äußere Einflüsse, wie UV-Strahlung, Nikotin und Umweltgifte bestimmt. Die mittlere Hautschicht (Dermis) ist dabei von besonderer Bedeutung, denn sie enthält viel Kollagen und Hyaluronsäure (Hyaluron). Kollagen bildet das Grundgerüst des Netzwerks (Matrix) in den tiefen Hautschichten, welches für das Aussehen, die Spannkraft und die Elastizität der Haut und des Bindegewebes entscheidend ist.

4.    Wichtige Hautstrukturen. Das Gerüst aus kollagenen Fasern ist auch die Basis für weitere Strukturen. Hierzu gehören elastische Fasern und Proteine, die der Haut Elastizität verleihen und ihr helfen, viel Feuchtigkeit zu speichern. Kurzum: Kollagen ist für das äußere Erscheinungsbild verantwortlich. 80 Prozent der jungen und gesunden Haut besteht aus Kollagen.

5.    Transport in die Hautschichten. Gelangen die kleinen Peptide und die freien Aminosäuren in den Dünndarm, werden sie dort aufgenommen und über das Blutgefäßsystem in die Haut und in andere Gewebe, wie Muskeln, Gelenke und Knorpel, transportiert. Die Peptide stehen dann aufgrund ihrer Größe und Zusammensetzung dem normalen Kollagen-Stoffwechsel in den tiefen Hautschichten zur Verfügung. Viele Studien konnten die Bioverfügbarkeit und den Transport von Kollagen-Peptiden anhand spezieller, moderner Untersuchungsmethoden nachweisen.

6.    Die Ergebnisse der Placebo-kontrollierten, klinischen Studien wurden international veröffentlicht und belegen, dass sich durch die Einnahme verschiedene Parameter wie Hautfeuchtigkeit, Hautelastizität, Hautrauigkeit und Hautdichte im Vergleich zur Placebo-Gruppe signifikant verbessern.

jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage K 4 wiedergegeben.

4Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Bochum, MD 2023, 1024). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamm, MD 2025, 669). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

5A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe in spürbarer Weise gegen die Marktverhaltensregelung des Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claims-Verordnung, HCVO) verstoßen. Die beanstandeten Aussagen stellten gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel dar. Sie seien Angaben im Sinn der Verordnung, weil die Aussagen über die Wiedergabe obligatorischer Informationen zu Inhaltsstoffen oder von Lehrbuchwissen über den Aufbau und die Funktionsweise der menschlichen Haut hinausgingen. Dass es sich um gesundheitsbezogene Angaben und nicht lediglich um zulassungsfreie "beauty claims" handele, ergebe sich bereits daraus, dass Aussagen zur Bedeutung von Substanzen für den Zustand der Haut in die Liste der zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben gemäß Art. 13 HCVO aufgenommen seien, die sich im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 befinde. Unabhängig davon stelle die Bewerbung eines positiven Einflusses eines Nahrungs- oder Nahrungsergänzungsmittels auf Haut und Bindegewebe die Anpreisung der Förderung einer Körperfunktion im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a HCVO dar. Der Gesundheitsbezug folge zudem aus dem Vergleich mit einer gemäß dem Health-Claims-Register der Europäischen Union nicht zugelassenen Angabe. Die Werbeaussagen seien nach Art. 10 Abs. 1 HCVO bereits deshalb verboten, weil die mit den Aussagen transportierte Kernbotschaft, die Einnahme des beworbenen Kollagendrinks befördere jedenfalls den Erhalt oder gar die Wiedererlangung junger und gesunder Haut, nicht - auch nicht inhaltsgleich - in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß Art. 13 Abs. 1 und 3 HCVO aufgenommen sei.

6B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg und führt insoweit zur Abweisung der Klage. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen.

7I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger nach § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 8b Abs. 1 UWG klagebefugt. Dies zieht die Revision nicht in Zweifel.

8II. Die Klage ist zum Teil begründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht - wie zuvor schon das Landgericht - dem Kläger einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG, Art. 10 Abs. 1 HCVO wegen der im Klageantrag als Ziffern 4, 5 und 6 beanstandeten Aussagen zugesprochen. Bezüglich der im Klageantrag als Ziffern 1, 2 und 3 angegriffenen Aussagen ist das Berufungsurteil hingegen aufzuheben, das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

91. Nach § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (Marktverhaltensregelung), und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

10Die Health-Claims-Verordnung gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 2 Unterabs. 1 für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die in kommerziellen Mitteilungen bei der Kennzeichnung und Aufmachung von oder bei der Werbung für Lebensmittel gemacht werden, die als solche an den Endverbraucher abgegeben werden sollen. Nach Art. 10 Abs. 1 HCVO sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II (Art. 3 bis 7) und den speziellen Anforderungen in Kapitel IV (Art. 10 bis 19) entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artikeln 13 und 14 aufgenommen sind. Gemäß Art. 10 Abs. 3 HCVO sind Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.

112. Bei Art. 10 Abs. 1 und Abs. 3 HCVO handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinn des § 3a UWG, deren Missachtung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern und Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen (st. Rspr.; vgl. nur , GRUR 2015, 498 [juris Rn. 15] = WRP 2015, 569 - Combiotik; Urteil vom - I ZR 81/15, GRUR 2016, 1200 [juris Rn. 12] = WRP 2016, 1359 - Repair-Kapseln; Urteil vom - I ZR 91/18, GRUR 2019, 1299 [juris Rn. 13] = WRP 2019, 1570 - Gelenknahrung III; Urteil vom - I ZR 162/16, GRUR 2020, 1007 [juris Rn. 17] = WRP 2020, 1306 - B-Vitamine II; Beschluss vom - I ZR 109/22, GRUR 2023, 1046 [juris Rn. 15] = WRP 2023, 957 - Botanicals I).

123. Das Produkt "E.     " der Beklagten stellt ein Lebensmittel dar, das an den Endverbraucher abgegeben werden soll. Der Internetauftritt der Beklagten unter www.       .de enthält kommerzielle Mitteilungen bei der Werbung für dieses Lebensmittel. Dies zieht die Revision nicht in Zweifel.

134. Lediglich die im Klageantrag als Nummern 4, 5 und 6 beanstandeten Aussagen stellen unzulässige gesundheitsbezogene Angaben für ein Lebensmittel im Sinn des Art. 10 Abs. 1 HCVO dar. Bei den im Klageantrag als Nummern 1, 2 und 3 angegriffenen Aussagen ist hingegen kein Gesundheitsbezug der Angaben erkennbar.

14a) Sämtliche vom Kläger beanstandeten Passagen im Internetauftritt der Beklagten sind Angaben im Sinn des Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO.

15aa) Der Begriff "Angabe" ist nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO definiert als jede Aussage oder Darstellung, die nach dem Gemeinschaftsrecht oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch ist, einschließlich Darstellungen durch Bilder, grafische Elemente oder Symbole in jeder Form, und mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt. Eine Aussage oder Darstellung zu spezifischen Inhaltsstoffen von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten, die eine ernährungsphysiologische Funktion haben, erfüllt regelmäßig das Kriterium der besonderen Eigenschaft, allerdings nicht dann, wenn sie lediglich auf Eigenschaften eines Lebensmittels hinweist, die alle Lebensmittel der angesprochenen Gattung besitzen. In einem solchen Fall fehlt der Aussage oder Darstellung die Lenkungswirkung, deren Regulierung die Beschränkungen rechtfertigt, die die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 hinsichtlich der Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben vorsieht (vgl. , GRUR 2014, 1224 [juris Rn. 13] = WRP 2014, 1453 - ENERGY & VODKA unter Verweis auf , GRUR 2012, 1161 [juris Rn. 37] = WRP 2012, 1368 - Deutsches Weintor). Bei der Prüfung, ob eine Werbeaussage aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers eine Angabe im Sinn von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO darstellt, sind die Gesamtaufmachung des betreffenden Lebensmittels sowie Vorkenntnisse und Erwartungen des Verbrauchers zu berücksichtigen (vgl. , GRUR 2016, 412 [juris Rn. 44] = WRP 2016, 471 - Lernstark, mwN).

16bb) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass es sich bei sämtlichen mit dem Unterlassungsantrag beanstandeten Aussagen um Angaben im Sinn des Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO handelt.

17(1) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die in Ziffer 1 des Unterlassungsantrags wiedergegebene Passage enthalte lediglich Pflichtangaben.

18(a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Aussage erschöpfe sich nicht in einer obligatorischen Wiedergabe von Inhaltsstoffen, sondern werde ergänzt durch das Versprechen, in der einzigartigen Komposition dieser Inhaltsstoffe stecke der Schlüssel zu schöner Haut von innen. Zudem würden die Inhaltsstoffe teilweise mit Attributen versehen, die sie als besonders wirkungsvoll erscheinen ließen. So werde betont, dass der spezielle (HC) Kollagen-Komplex, dessen Peptide dem menschlichen Kollagen sehr ähnlich seien, durch hochwertige und hautrelevante Nährstoffe ergänzt werde. Der Bundesgerichtshof habe bereits entschieden, dass die Wiedergabe von Inhaltsstoffen in einer Werbebotschaft der Annahme einer Angabe im Sinn des Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO nicht entgegenstehe, soweit die Werbebotschaft weitere Aussageelemente enthalte (Verweis auf BGH, GRUR 2016, 1200 - Repair-Kapseln).

19(b) Die Revision macht im Ausgangspunkt zwar zu Recht geltend, dass sich dem genannten Urteil kein solcher Obersatz entnehmen lässt. Gleichwohl hält die Beurteilung des Berufungsgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand. Entgegen der Ansicht der Revision liegt keine verpflichtende Angabe über die Bezeichnung des Lebensmittels nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung, LMIV) in Form einer beschreibenden Bezeichnung gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 LMIV vor. Eine beschreibende Bezeichnung ist nach der Definition des Art. 2 Abs. 2 Buchst. p LMIV hinreichend genau, um es den Verbrauchern zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte. Insbesondere durch den Bezug zu "schöner Haut von innen" geht die beanstandete Aussage darüber hinaus.

20(2) Ebenfalls vergeblich rügt die Revision, die in Ziffern 3 und 4 des Unterlassungsantrags wiedergegebenen Passagen, die das Berufungsgericht zusammen geprüft habe, bezögen sich lediglich auf eine Beschreibung der Hautstruktur, ohne dass eine Aussage in Bezug auf ein bestimmtes Lebensmittel getroffen werde.

21(a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Aussagen gemäß Ziffer 3 und 4 enthielten mehr als eine Wiedergabe von Lehrbuchwissen über den Aufbau und die Funktionsweise der menschlichen Haut. Bereits durch die Überschrift "Durch positive Kollagenbilanz zu nachhaltiger Schönheit" werde ein unmittelbarer Bezug zu dem beworbenen Produkt hergestellt, das insbesondere aus Kollagen-Peptiden bestehe. Es werde herausgestellt, welche besondere - gar "entscheidende" - Bedeutung dem Kollagen im Hinblick auf das Aussehen, die Spannkraft und die Elastizität der Haut und des Bindegewebes zukomme. In der Werbebotschaft gemäß Ziffer 4 führe die Beklagte aus, Kollagen sei für das äußere Erscheinungsbild verantwortlich; 80 Prozent der jungen und gesunden Haut bestünden aus Kollagen. Soweit die übrigen in den Ziffern 3 und 4 des Unterlassungsantrags enthaltenen Aussagen über den Aufbau und die Funktionsweise des Organs Haut allgemein bekanntes Lehrbuchwissen enthielten, setze die Beklagte dieses in einen unmittelbaren Kontext zu dem von ihr beworbenen Produkt.

22(b) Auch diese Beurteilung lässt keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht für jede der in Ziffern 3 und 4 des Unterlassungsantrags wiedergegebenen Passagen eine Begründung genannt, die deren Einordnung als "Angabe" trägt. Für die Aussage gemäß Ziffer 3 hat das Berufungsgericht - zwar ohne es ausdrücklich zu benennen, aber doch eindeutig - auf die unmittelbar darüber stehende (Absatz-)Überschrift und den Text der Aussage selbst abgestellt. Für die Ziffer 4 hat es den weiteren Sinngehalt dieser Passage in den Blick genommen. Die inhaltliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es sich nicht lediglich um objektive Informationen über die Beschaffenheit oder die Eigenschaften der Gattung von Lebensmitteln handelt, zu der das beworbene Lebensmittel gehört, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

23(3) Die Revision dringt auch nicht mit ihrem Einwand durch, der beschreibende Teil der Aussagen müsse jeweils von ihrem werblichen Teil getrennt werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich das Unterlassungsbegehren gegen die konkrete Verletzungsform, also gegen die von der Beklagten getroffenen Aussagen in ihrem jeweiligen Kontext, richtet.

24cc) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht bezüglich der im Klageantrag als Nummern 4, 5 und 6 beanstandeten Angaben einen Gesundheitsbezug bejaht. Bei den im Klageantrag als Nummern 1, 2 und 3 angegriffenen Angaben ist hingegen kein Gesundheitsbezug erkennbar.

25(1) Eine gesundheitsbezogene Angabe ist gemäß Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Nach der für die Auslegung der Vorschrift maßgeblichen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff "Zusammenhang" weit zu verstehen (vgl. EuGH, GRUR 2012, 1161 [juris Rn. 34 bis 36] - Deutsches Weintor; , GRUR 2013, 1061 [juris Rn. 22] = WRP 2013, 1311 - Green-Swan Pharmaceuticals; , GRUR 2018, 1266 [juris Rn. 34] = WRP 2018, 1461 - Bekömmliches Bier). Weder nach dem Wortlaut noch nach dem Schutzzweck des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO ist es erforderlich, dass die Art und Weise dieses Zusammenhangs detailliert dargestellt wird. Die Gefahr eines unreflektierten Verzehrs von Lebensmitteln besteht gerade auch im Fall von vagen Anspielungen auf eine gesundheitsfördernde Wirkung.

26Entgegen der Ansicht der Revision ist es keine zwingende Voraussetzung für die Annahme einer gesundheitsbezogenen Angabe, dass ein Bezug zu einer konkreten Wirkung auf eine bestimmte Körperfunktion hergestellt wird. Dadurch würde die Begriffsdefinition für gesundheitsbezogene Angaben mit den Zulassungsvoraussetzungen für spezielle gesundheitsbezogene Aussagen nach Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 und 14 HCVO vermischt (vgl. , LMuR 2018, 64 [juris Rn. 10 bis 12] - Detox; Beschluss vom - I ZR 162/16, GRUR 2018, 959 [juris Rn. 22 f.] = WRP 2018, 1062 - B-Vitamine I; aA offenbar Sosnitza in Sosnitza/Meisterernst, Lebensmittelrecht, Stand März 2025, Art. 2 HCVO Rn. 110 f., vgl. jedoch auch Rn. 117 f.; Meisterernst in Meisterernst/Haber, Praxiskommentar Health & Nutrition Claims, Stand März 2023, Art. 2 Rn. 28 und 28a). Es spricht aber nichts dagegen, für die Abgrenzung zwischen gesundheitsbezogenen Angaben (Art. 10 Abs. 1 HCVO) und Verweisen auf Vorteile für das gesundheitsbezogene Wohlbefinden (Art. 10 Abs. 3 HCVO) einerseits und Verweisen auf Vorteile für das allgemeine Wohlbefinden anderseits, die nicht der Health-Claims-Verordnung unterfallen, auch in den Blick zu nehmen, ob Aussagen auf eine der in Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 HCVO genannten Funktionen Bezug nehmen (vgl. , GRUR 2011, 246 [juris Rn. 11] = WRP 2011, 344 - Gurktaler Kräuterlikör; Urteil vom - I ZR 5/12, GRUR 2013, 958 [juris Rn. 13] = WRP 2013, 1179 - Vitalpilze; Urteil vom - I ZR 221/12, GRUR 2014, 1013 [juris Rn. 23] = WRP 2014, 1184 - Original Bach-Blüten; BGH, GRUR 2016, 412 [juris Rn. 22] - Lernstark, mwN).

27Es kommt maßgeblich darauf an, in welchem Sinn der normal informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die Angaben über Lebensmittel versteht (Erwägungsgrund 16 Satz 3 HCVO). Es gilt dabei kein statistischer, sondern ein normativer Maßstab; nach ihm sind die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden gehalten, von ihrer eigenen Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszugehen (Erwägungsgrund 16 Satz 5 und 6 HCVO). Auch insoweit sind die Gesamtaufmachung des betreffenden Lebensmittels sowie Vorkenntnisse und Erwartungen des (Durchschnitts-)Verbrauchers zu berücksichtigen (vgl. BGH, GRUR 2016, 412 [juris Rn. 44] - Lernstark, mwN).

28(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Gesundheitsbezug der beanstandeten Werbeaussagen ergebe sich bereits aus Art. 13 HCVO in Verbindung mit dem Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012. Die Angabe, bestimmte Nährstoffe trügen zur Erhaltung normaler Haut bei, sei dort als gesundheitsbezogen aufgeführt. Erst recht gelte dies für die von der Beklagten jedenfalls suggerierte Aussage, das von ihr beworbene Produkt trage zur Erhaltung einer "jungen und gesunden Haut" bei.

29Unabhängig davon stelle die Bewerbung eines Lebensmittels mit einem positiven Einfluss auf Haut und Bindegewebe eine Anpreisung der Förderung einer Körperfunktion im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a HCVO dar. Indem die Beklagte auf ihrer (allein) zur Bewerbung der E.      Trinkampullen unterhaltenen Webseite direkt zu Beginn unter der Überschrift "Vertrau dem Original und der Nr. 1* in Deutschland" herausstelle, "wie wichtig Kollagen für unseren Körper und die Hautstrukturen ist", stelle sie an prominenter Stelle einen unmittelbaren Gesundheitsbezug her. Sie suggeriere nicht lediglich einen Beauty-Effekt, sondern rufe den darüber hinaus gehenden Eindruck hervor, eine ausreichende Versorgung des Körpers mit Kollagen sei sowohl für die Haut als auch für den Körper im Allgemeinen wichtig. Dies könne nur in dem Sinn verstanden werden, dass der ausreichenden Versorgung mit Kollagen im Allgemeinen eine besondere Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Organs Haut und des Organsystems Körper - und damit eine Relevanz für die Gesundheit - zukommen solle.

30Diese Aussage sei im Zusammenhang mit den weiteren Werbebotschaften zu betrachten: So hebe die Beklagte mit der unter Ziffer 1 des Unterlassungsantrags beanstandeten Aussage hervor, ihr Produkt bestehe neben hochwertigen, hautrelevanten Nährstoffen insbesondere aus einem speziellen Kollagen-Komplex, dessen Peptide dem menschlichen Kollagen sehr ähnlich seien. Dies werde ergänzt durch die Aussagen zu den Ziffern 2, 5 und 6 des Unterlassungsantrags, in denen die Beklagte - unter Verweis auf klinische Studien zur Bioverfügbarkeit und zum Transport von Kollagen-Peptiden - näher darlege, aus welchem Grund und auf welchem Weg die in ihrem Produkt enthaltenen Kollagen-Peptide vom menschlichen Körper besonders gut aufgenommen und verarbeitet würden, um so "dem normalen Kollagen-Stoffwechsel in den tiefen Hautschichten zur Verfügung" zu stehen. Hieran knüpften wiederum die in den Ziffern 3 und 4 des Unterlassungsantrags wiedergegebenen Aussagen an, wonach Kollagen "das Grundgerüst des Netzwerks (Matrix) in den tiefen Hautschichten" bilde, das "für das Aussehen, die Spannkraft und die Elastizität der Haut und des Bindegewebes entscheidend ist", und die letztlich in der allumfassenden Schlussfolgerung endeten: "Kurzum: Kollagen ist für das äußere Erscheinungsbild verantwortlich. 80 Prozent der jungen und gesunden Haut besteht aus Kollagen." Mittels dieser sämtliche beanstandete Angaben umfassenden Argumentationskette rufe die Beklagte bei dem angesprochenen Verbraucher den Eindruck hervor, die Einnahme ihres Produkts befördere jedenfalls den Erhalt, wenn nicht sogar die Wiedererlangung junger und gesunder Haut.

31Der Gesundheitsbezug der angegriffenen Angaben folge zudem aus dem Health Claims Register der Europäischen Union. Danach sei der nicht zugelassene Claim "Fördert die Jugend und Elastizität der Haut / Hilft, die Hautfeuchtigkeit zu erhalten / Trägt zum Wohlbefinden der Frau bei" nach der insoweit maßgeblichen Auffassung des Verordnungsgebers gesundheitsbezogen, weil er im Zusammenhang mit dem Erhalt der Barrierefunktion der Haut stehe. Nichts Anderes könne für die Werbeaussagen der Beklagten gelten, soweit sie sich positiver Effekte ihres Produktes in Bezug auf Hautelastizität, Hautfeuchtigkeit und allgemein jugendliche Haut berühme.

32Es bestehe keine Bindung an etwaige Stellungnahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority - EFSA). Die wissenschaftliche Stellungnahme der EFSA in einem Zulassungsprozess unterliege einer inzidenten unionsgerichtlichen Kontrolle im Rahmen der Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung über die Zulassung. Die Leitlinien der EFSA stellten auch keine erschöpfende Auflistung der vorteilhaften physiologischen Wirkungen von Lebensmitteln dar. Unabhängig davon werde zumindest die Erhaltung der Barrierefunktion der Haut als solche Wirkung anerkannt. Die mit der angegriffenen Werbung angepriesene Steigerung der im menschlichen Körper vorhandenen Kollagenreserven und die damit suggerierte Wirkung auf die Hautgesundheit spreche eine positive Beeinflussung eines physiologisch erfassbaren Prozesses des menschlichen Körpers an und beziehe sich danach auf eine Förderung einer Körperfunktion. Die Steigerung der Bildung des Kollagens als Strukturelement des Bindegewebes im Körper einschließlich Haut werde auch nach Ziffer 6.1 der Leitlinien der EFSA als mögliche positive physiologische Wirkung im Sinn der Health-Claims-Verordnung angesehen.

33(3) Die Würdigung des Berufungsgerichts, nach der ein Durchschnittsverbraucher sämtliche angegriffenen Aussagen so versteht, dass der Verzehr des Lebensmittels der Beklagten positiven Einfluss auf die Funktionen seiner Haut und somit auf seine Gesundheit hat, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

34(a) Ob eine Angabe aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers gesundheitsbezogen ist, muss jedenfalls dann, wenn der Kläger ein auf die konkrete Verletzungsform bezogenes Unterlassungsgebot begehrt, unter Berücksichtigung des Kontexts der in Rede stehenden Aussage beurteilt werden.

35Der Kläger hat in seinem Klageantrag sechs Aussagen aus dem Internetauftritt der Beklagten herausgegriffen. Die einzelnen Aussagen sind sprachlich nicht miteinander verknüpft. Am Ende der Aufzählung findet sich der Zusatz "jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage K 4 wiedergegeben". Die auch dem Revisionsgericht obliegende Auslegung des Antrags (vgl. , GRUR 2021, 746 [juris Rn. 12] = WRP 2021, 604 - Dr. Z, mwN) ergibt, dass der Kläger die Aussagen jeweils einzeln unter Berücksichtigung ihres werblichen Umfelds angreift, das aus der Anlage K 4 als konkrete Verletzungsform ersichtlich ist.

36Für die Ermittlung des Verständnisses der jeweils herausgegriffenen Passage kann auf den gesamten Inhalt der Anlage K 4 als konkrete Verletzungsform einschließlich der anderen beanstandeten Passagen (aA insoweit wohl OLG Hamburg, OLGR 2006, 873 [juris Rn. 73]; OLG Hamburg, WRP 2015, 1137 [juris Rn. 69]; OLG Hamm, GRUR 2023, 664 [juris Rn. 68]; Brüning in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl., vor § 12 Rn. 100; Schmidt, GRUR-Prax 2014, 71; offengelassen in , GRUR 2024, 476 [juris Rn. 24] = WRP 2024, 465 - Corona-Prophylaxe) zurückgegriffen werden. Der Vorteil, der sich für den Kläger möglicherweise aus einer Einbeziehung des werblichen Umfelds ergibt, kann mit dem Nachteil einer geringeren Reichweite des erwirkten Verbots einhergehen, das sich auf die beanstandete Aussage in ihrem konkreten Kontext (einschließlich kerngleicher Verletzungen) beschränkt.

37(b) Anders als die Revision meint, fallen auf die Hautstruktur oder -elastizität bezogene Aussagen über in Nahrungsmitteln enthaltene Kollagen-Peptide nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich des Art. 10 HCVO heraus. Die Revision stützt ihren Standpunkt auf Einzelfallentscheidungen (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2016, 45 [juris Rn. 80 bis 87]; OLG Stuttgart, GRUR-RR 2022, 335 [juris Rn. 49 bis 54]) und Stimmen aus dem Schrifttum (Rathke/Hahn in Sosnitza/Meisterernst aaO Stand April 2024, Art. 2 HCVO Rn. 79; Holle/Hüttebräuker, HCVO, Art. 2 Rn. 137; Hüttebräuker, PharmR-Sonderheft 2022, 42, 43 f.), denen sich sämtlich nicht entnehmen lässt, aus welchem Grund solche Aussagen von einer einzelfallbezogenen Prüfung unter Berücksichtigung ihres Kontexts dispensiert sein sollten (zur Maßgeblichkeit des Einzelfalls vgl. insbesondere OLG Stuttgart, GRUR-RR 2022, 335 [juris Rn. 52] mwN).

38Eine Aussage über die Bioverfügbarkeit eines in einem Lebensmittel enthaltenen Nährstoffs stellt zwar, wie die Revision mit Recht geltend macht, für sich genommen keine gesundheitsbezogene Angabe dar. Anders ist es jedoch dann, wenn eine Aussage zur Bioverfügbarkeit in den Kontext einer gesundheitlichen Wirkung eines Lebensmittels gesetzt wird (vgl. Meisterernst/Haber, WRP 2019, 413 Rn. 41 und 43; Hahn/Jakobs, LMuR 2019, 189 Fn. 15; Jakobs/Bruggmann, ZLR 2024, 603, 609; aA Haber in Meisterernst/Haber aaO Stand April 2024, Art. 8 HCVO Rn. 105).

39(c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auf den Text unterhalb der (Gesamt-)Überschrift des beanstandeten Internetauftritts abgestellt, in dem ausgeführt wird, "wie wichtig Kollagen für unseren Körper und die Hautstrukturen ist". Darin hat es einen Verweis auf die Bedeutung eines Nährstoffs für eine Körperfunktion (Art. 13 Abs. 1 Buchst. a HCVO) gesehen und gemeint, die Aussage könne nur so verstanden werden, dass der ausreichenden Versorgung mit Kollagen im Allgemeinen eine besondere Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Organs Haut und des Organsystems Körper - und damit eine Relevanz für die Gesundheit - zukommen solle. Den hierdurch bereits einleitend hergestellten Gesundheitsbezug hat es - ebenfalls rechtsfehlerfrei - bei der Würdigung der nachfolgenden vom Kläger beanstandeten Einzelaussagen berücksichtigt.

40(d) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Prüfung ist jedoch insofern rechtsfehlerhaft, als es den Gesundheitsbezug der einzelnen angegriffenen Aussagen mit einer Verknüpfung sämtlicher angegriffener Passagen zu einer Argumentationskette begründet hat. Das Berufungsgericht hätte mit Blick auf die Fassung des Klageantrags vielmehr jede der beanstandeten Aussagen einzeln unter Berücksichtigung ihres werblichen Umfelds prüfen müssen.

41(e) Gleichwohl ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die in den Ziffern 4, 5 und 6 des Unterlassungsantrags wiedergegebenen Aussagen - unter Einbeziehung des Texts unterhalb der (Gesamt-)Überschrift - als gesundheitsbezogene Angaben gewertet hat.

42Für die Aussage gemäß Ziffer 4 hat das Berufungsgericht einen Gesundheitsbezug aus der Nennung "gesunder Haut" in der angegriffenen Aussage selbst hergeleitet. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

43Mit Blick auf die Aussage gemäß Ziffer 5 hat das Berufungsgericht beanstandet, dass die Beklagte ihrem Produkt zuschreibt, die darin enthaltenen Peptide stünden aufgrund ihrer Größe und Zusammensetzung "dem normalen Kollagen-Stoffwechsel in den tiefen Hautschichten zur Verfügung". Darin kann unter Berücksichtigung des einleitenden Texts ein Gesundheitsbezug gesehen werden, der im Übrigen durch die (Abschnitts-)Überschrift "Bioverfügbarkeit - Der Schlüssel zur Wirksamkeit" noch verstärkt wird.

44Bei der Aussage gemäß Ziffer 6 hat das Berufungsgericht auf die von der Beklagten in Bezug genommenen klinischen Studien abgestellt. Auch dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, zumal die von den genannten Studien angeblich gemessenen Parameter - Hautfeuchtigkeit, Hautelastizität, Hautrauigkeit und Hautdichte - aus der Sicht eines medizinischen Laien ebenfalls mit der Gesundheit des Organs Haut in Verbindung gebracht werden.

45(f) Bei den in den Ziffern 1, 2 und 3 des Unterlassungsantrags wiedergegebenen Aussagen fehlt es jedoch auch unter Einbeziehung des Texts unterhalb der (Gesamt-)Überschrift und des sonstigen werblichen Umfelds an einem Gesundheitsbezug.

46Bei der Aussage gemäß Ziffer 1 begründet die vom Berufungsgericht herangezogene Herausstellung der Beklagten, die in ihrem Produkt enthaltenen Peptide seien dem menschlichen Kollagen sehr ähnlich, noch keinen Gesundheitsbezug. Diese Herausstellung qualifiziert lediglich die sonstige Beschreibung der Inhaltsstoffe des Produkts. Im Übrigen enthält die Aussage lediglich eine Referenz auf "schöne Haut von innen". Auch unter ergänzender Berücksichtigung des werblichen Umfelds ist daher kein Gesundheitsbezug erkennbar.

47Die Aussage gemäß Ziffer 2 kann - davon abgesehen, dass sie im Unterlassungsantrag unrichtig wiedergegeben ist - ebenfalls nicht als gesundheitsbezogen gewertet werden. Das Berufungsgericht hat einen Gesundheitsbezug aus dem Verweis auf klinische Studien hergeleitet. Diese werden hier allerdings lediglich als Beleg für "Beauty-Effekte" genannt.

48Auch die Aussage gemäß Ziffer 3 lässt keinen Gesundheitsbezug erkennen. Das Berufungsgericht sieht diesen in der Passage "Kollagen bildet das Grundgerüst des Netzwerks (Matrix) in den tiefen Hautschichten, welches für das Aussehen, die Spannkraft und die Elastizität der Haut und des Bindegewebes entscheidend ist". Anders als bei der Aussage gemäß Ziffer 6 steht hier - trotz der Bezugnahme auf die Hautelastizität - das äußere Erscheinungsbild der Haut (noch) hinreichend deutlich im Vordergrund. Auch das werbliche Umfeld reicht für die Annahme eines Gesundheitsbezugs dieser Aussage nicht aus.

49(g) Im Übrigen bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe wesentlichen Tatsachenstoff unberücksichtigt gelassen, ohne Erfolg. Sie stellt damit ihr eigenes Verständnis der angegriffenen Angaben gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen auch nicht erkennen, dass es nicht auf das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers abgestellt hätte.

50(4) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht für die Begründung seines Urteils herangezogen, dass Aussagen zur Bedeutung von Substanzen für den Zustand von Haut, Haaren und Fingernägeln in die Liste der zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben gemäß Art. 13 HCVO aufgenommen sind, die sich im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 befindet.

51(a) Dort wird die Aussage, dass bestimmte Nährstoffe zur Erhaltung normaler Haare, normaler Haut und normaler Nägel beitragen, als gesundheitsbezogene Angabe aufgeführt (vgl. bereits BGH, GRUR 2016, 1200 [juris Rn. 21] - Repair-Kapseln). Danach hält es der europäische Gesetzgeber für möglich, dass der Durchschnittsverbraucher sogar eine Bezugnahme auf die Erhaltung normaler Haut in der Werbung für ein Lebensmittel als gesundheitsbezogene Angabe ansieht.

52(b) Ohne Erfolg wendet die Revision ein, die in der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 enthaltene Liste, die im Zusammenhang mit den zugrundeliegenden Stellungnahmen der EFSA gelesen werden müsse, beziehe sich auf vorliegend nicht in Rede stehende essentielle - also zur Vermeidung von Mangelerscheinungen notwendige - Nährstoffe wie Biotin, Zink und Vitamin C. Bei der Entscheidung zu "Repair-Kapseln" habe der Senat auf die Bezeichnung des Lebensmittels abgestellt und nicht im Sinne eines Rechtssatzes entschieden, dass sämtliche Stoffe, die zur Erhaltung normaler Haut beitrügen, stets als gesundheitsbezogen anzusehen seien (unter Verweis auf Hüttebräuker, ZLR 2019, 755, 759; Konnertz-Häußler/Conte-Salinas in Holle/Hüttebräuker aaO Art. 13 Rn. 27; Hagenmeyer, WRP 2019, 422, 427). Hiermit zeigt die Revision keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts auf und kann dessen auf den Einzelfall bezogene Begründung nicht zu Fall bringen.

53(5) Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es keiner abstrakten Abgrenzung zwischen gesundheits- und schönheitsbezogenen Angaben und besteht insoweit auch kein Ausschlussverhältnis. Allein der Begriff "gesundheitsbezogene Angabe" hat eine rechtliche Grundlage in der Health-Claims-Verordnung; nichts Anderes ergibt sich daraus, dass der Bundesgerichtshof den Begriff des "beauty claims" im Rahmen der Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde bereits erwähnt hat (vgl. , ZLR 2020, 664; hierauf bezugnehmend OLG Stuttgart, GRUR-RR 2022, 335 [juris Rn. 50]; OLG Hamm, GRUR-RR 2023, 389 [juris Rn. 23]; KG, GRUR-RR 2024, 266 [juris Rn. 16]; LG München I, MD 2021, 395 [juris Rn. 50]; LG Bamberg, MD 2024, 710 [juris Rn. 38]; Hüttebräuker, PharmR-Sonderheft 2022, 42, 43; ohne direkte Bezugnahme LG Berlin, MD 2022, 1100 [juris Rn. 29 f.]; LG Düsseldorf, WRP 2022, 1186 [juris Rn. 23 bis 30]). Versteht der Durchschnittsverbraucher eine Angabe als gesundheitsbezogen, unterfällt sie auch dann noch dem Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 HCVO, wenn er sie zugleich als schönheitsbezogen versteht. Die Frage, ob noch ein Anwendungsbereich für schönheitsbezogene Angaben verbleibt, stellt sich insoweit nicht (aA möglicherweise OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2016, 40 [juris Rn. 84]). Entgegen der Ansicht der Revision ist dadurch auch kein Leerlaufen des Irreführungsverbots nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b LMIV zu besorgen, nach dem einem Lebensmittel keine Wirkungen oder Eigenschaften zugeschrieben werden dürfen, die es nicht besitzt.

54(6) Die Revision rügt zwar im Ausgangspunkt mit Recht, dass aus dem Umstand, dass das Health Claim Register eine nicht zugelassene Aussage "Fördert die Jugend und Elastizität der Haut / Hilft, die Hautfeuchtigkeit zu erhalten / Trägt zum Wohlbefinden der Frau bei" für langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Gamma-Linolensäure) enthält, kein zwingendes Argument für die Einstufung der im Streitfall angegriffenen Aussagen als gesundheitsbezogene Angaben folgt. Zum einen steht die aus dem Register ersichtliche Aussage nicht im Zusammenhang mit Kollagen. Zum anderen hat die EFSA den Gesundheitsbezug bei der aus dem Register ersichtlichen Aussage in einem Erhalt der Barrierefunktion der Haut gesehen, mit der die Beklagte im Streitfall nicht geworben hat. Dies ändert aber nichts daran, dass das Berufungsgericht den Gesundheitsbezug der Aussagen gemäß Ziffern 4, 5 und 6 des Unterlassungsantrags im Einzelfall rechtsfehlerfrei festgestellt hat.

55(7) Ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts folgt auch nicht daraus, dass es sich in Widerspruch zu den Leitlinien und zur Zulassungspraxis der EFSA gesetzt hätte.

56(a) Diese sind, wie auch die Revision zugesteht, für die Beurteilung im gerichtlichen Verfahren nicht bindend. Das Vorbringen der Revision, nach Ziffer 6.1 der einschlägigen Leitlinie der EFSA (Guidance on the scientific requirements for health claims related to bone, joints, skin, and oral health, EFSA-Journal Volume 10, Issue 5, May 2012, 2702, S. 10 bis 12; ergänzend auch Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to various food(s)/food constituent(s) and health relationships …, EFSA-Journal Volume 9, Issue 6, June 2011, 2228, S. 48 [ID 1950]) seien ausschließlich Beiträge zur körpereigenen Bildung von Kollagen zum Erhalt der normalen Gewebestruktur, zum Erhalt der Barrierefunktion der Haut und zum Schutz vor Wasserverlust als gesundheitsbezogen anzusehen, präjudiziert daher nicht die gerichtliche Beurteilung der von dem Kläger angegriffenen Aussagen anhand eines normativ zu ermittelnden Verständnisses des Durchschnittsverbrauchers. Nichts Anderes ergibt sich aus einer von der Revision behaupteten Behördenpraxis in Frankreich, Belgien und den Niederlanden, die sich angeblich an der Auffassung der EFSA orientiere und die Bewerbung von Lebensmitteln mit spezifischen schönheitsbezogenen Angaben ermögliche.

57(b) Unabhängig davon ist die EFSA lediglich der Ansicht, dass Aussagen zur Aufrechterhaltung der normalen Struktur, Flüssigkeitsversorgung, Elastizität oder des Aussehens der Haut sich "nicht notwendigerweise" auf eine besondere physiologische Funktion im Sinn der Health-Claims-Verordnung beziehen ("not necessarily", vgl. EFSA-Journal Volume 10, Issue 5, May 2012, 2702, S. 10). Auch hieraus ergibt sich, dass einer einzelfallbezogenen Prüfung nicht vorgegriffen werden soll (aA möglicherweise Feuerhake, ZLR 2017, 545, 547). Insoweit stellt auch die von der Revision befürwortete indizielle Berücksichtigung der Leitlinien und Stellungnahmen der EFSA (Hüttebräuker, ZLR 2019, 755, 757 f.; dies., PharmR 2022, 42, 44) das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts zu den Ziffern 4, 5 und 6 des Unterlassungsantrags nicht in Frage.

58dd) Zutreffend hat das Berufungsgericht die vom Kläger beanstandeten Werbeaussagen, soweit sie gesundheitsbezogen sind, als nicht zugelassene spezielle gesundheitsbezogene Angaben im Sinn des Art. 10 Abs. 1 HCVO angesehen.

59(1) Für die Abgrenzung zwischen speziellen gesundheitsbezogenen Angaben im Sinn des Art. 10 Abs. 1 HCVO und nichtspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben im Sinn des Art. 10 Abs. 3 HCVO kommt es darauf an, ob mit der Angabe ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile und einer Funktion des menschlichen Organismus hergestellt wird, dessen wissenschaftliche Absicherung (vgl. Art. 6 Abs. 1 der Verordnung) in einem Zulassungsverfahren nach Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (für Angaben nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung) oder nach Art. 15 bis 17 dieser Verordnung (für Angaben nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung) überprüft werden kann (vgl. BGH, GRUR 2016, 1200 [juris Rn. 24] - Repair-Kapseln; GRUR 2020, 1007 [juris Rn. 23] - B-Vitamine II, mwN; GRUR 2023, 1046 [juris Rn. 19] - Botanicals I). Die Zulässigkeit der Verwendung einer gesundheitsbezogenen Angabe im Sinn von Art. 10 Abs. 1 HCVO hängt grundsätzlich nicht davon ab, dass die verwendete Angabe mit einer zugelassenen Angabe wörtlich übereinstimmt. Vielmehr dürfen auch mit einer zugelassenen Angabe gleichbedeutende, also inhaltlich übereinstimmende Angaben verwendet werden (vgl. BGH, GRUR 2016, 412 [juris Rn. 51] - Lernstark, mwN; GRUR 2016, 1200 [juris Rn. 30] - Repair-Kapseln).

60(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, in den angegriffenen Werbeaussagen der Beklagten werde eine bestimmte Körperfunktion, nämlich des Organs Haut genannt, das durch ihre Trinkampullen positiv beeinflusst werden solle. Die Werbeaussagen seien nach Art. 10 Abs. 1 HCVO bereits deshalb verboten, weil sie nicht identisch oder inhaltsgleich mit zugelassenen Angaben seien. Die Aussagen ließen auch nicht erkennen, auf welchen der in der Liste der zugelassenen Angaben aufgeführten Nährstoffen, Substanzen, Lebensmitteln oder Lebensmittelkategorien die behauptete Wirkung der Trinkampullen beruhen solle. Ein zugelassener Claim für Kollagen existiere unstreitig nicht.

61(3) Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

62ee) Das Berufungsgericht hat auch die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG zu fordernde Wiederholungsgefahr zutreffend bejaht. Insoweit erhebt die Revision ebenfalls keine Rügen.

63C. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl.  283/81, Slg. 1982, 3415 [juris Rn. 21] = NJW 1983, 1257 - Cilfit u.a.; Urteil vom - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] - Doc Generici; Urteil vom - C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] - Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Es stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.

64D. Danach ist auf die Revision der Beklagten das angefochtene Berufungsurteil teilweise - hinsichtlich der Ziffern 1, 2 und 3 des Unterlassungsantrags - aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). In diesem Umfang ist das mit der Berufung der Beklagten angefochtene Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen. Im Übrigen ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch                              Löffler                            Schwonke

                Feddersen                         Odörfer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:091025UIZR135.24.0

Fundstelle(n):
ZAAAK-01833