Leitsatz
Jacobs Krönung
1. Nach § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV muss der zur Angabe eines Gesamtpreises Verpflichtete bei Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis, den er für das beworbene Produkt innerhalb der letzten 30 Tage vor Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat, in einer für den angesprochenen Verbraucher eindeutigen, klaren und verständlichen Weise angeben.
2. In Fällen der Verletzung des § 11 Abs. 1 PAngV ist die Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung nach §§ 5a und 5b UWG und nicht nach § 3a UWG zu beurteilen (Fortführung von , GRUR 2022, 1163 [juris Rn. 60] = WRP 2022, 977 - Grundpreisangabe im Internet; Urteil vom - I ZR 17/22, BGHZ 237, 1 [juris Rn. 65] - Aminosäurekapseln, jeweils mwN).
Gesetze: § 1 Abs 3 S 2 PAngV, § 11 Abs 1 PAngV, § 5a Abs 1 UWG, § 5b Abs 4 UWG, § 308 Abs 1 ZPO
Instanzenzug: Az: 3 U 460/24 UWG Urteilvorgehend LG Amberg Az: 41 HK O 334/23
Tatbestand
1Die Klägerin ist die Wettbewerbszentrale. Die Beklagte ist ein Lebensmitteldiscounter und veröffentlichte während des Zeitraums vom 19. bis einen Werbeprospekt, in dem sie das Kaffeeprodukt "Jacobs Krönung" unter Angabe des aktuellen Verkaufspreises ("4.44") und eines weiteren, klein gedruckten Preises ("6.99") sowie einer Preisermäßigung ("-36 %") wie nachfolgend gemäß der Anlage K1 abgebildet bewarb:
2Die hochgestellte Ziffer 1 nach der Preisangabe "6.99" verweist auf den am Seitenende stehenden und in kleiner Schriftgröße gehaltenen Text "Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: Jacobs Krönung 4.44, M. 2.39, Wiener Würstchen 5.79, B. Premium Pils oder Alkoholfrei 9.99". Die Beklagte verlangte für das beworbene Kaffeeprodukt in der Vorwoche der Werbung (Zeitraum 12. bis ) einen Preis von 6,99 € und in der davorliegenden Woche (Zeitraum 5. bis ) einen Preis von 4,44 €.
3Die Klägerin hält diese Preiswerbung für wettbewerbswidrig. Sie hat die Beklagte erstinstanzlich auf Zahlung von Aufwendungsersatz sowie darauf in Anspruch genommen, es unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern mit der Bekanntgabe einer Preisermäßigung für Lebensmittel zu werben und dabei den niedrigsten Gesamtpreis, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet wurde, nur in der Form anzugeben, dass dieser nur durch einen aufgrund seiner Schriftgröße schwer erkennbaren Verweis und mit Angabe "Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: [beworbene Ware]" dargestellt wird, wenn dies nachfolgend abgebildet oder kerngleich geschieht, Anlage K1.
4Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Aufwendungsersatz sowie dazu verurteilt, es unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern mit der Bekanntgabe einer Preisermäßigung für Lebensmittel zu werben und dabei den niedrigsten Gesamtpreis, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet wurde, nur in der Form anzugeben, dass dieser nur mit Angabe "Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: [beworbene Ware]" dargestellt wird.
5Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht (OLG Nürnberg, WRP 2024, 1392) unter Abweisung der Klage im Übrigen und Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und dahingehend neu gefasst, dass die Beklagte zur Zahlung von Aufwendungsersatz sowie dazu verurteilt wird, es unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern mit der Bekanntgabe einer Preisermäßigung für Lebensmittel zu werben und dabei den niedrigsten Gesamtpreis, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet wurde, in der Form anzugeben, dass dieser nur durch einen Verweis mit der Angabe "Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: [beworbene Ware Referenzpreis]" dargestellt wird, wenn dies wie nachfolgend abgebildet geschieht:
6Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Gründe
7A. Das Berufungsgericht hat die streitgegenständliche Werbung als irreführend und damit unlauter gemäß § 11 Abs. 1 PAngV in Verbindung mit § 5a Abs. 1 und 2, § 5b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 UWG angesehen. Es könne dahinstehen, ob die Werbung bereits deshalb gegen § 11 Abs. 1 PAngV verstoße, weil die Beklagte als Bezugspunkt für die blickfangmäßig hervorgehobene Preisermäßigung nicht den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage herangezogen habe. § 11 Abs. 1 PAngV sei jedenfalls dahingehend auszulegen, dass die Angabe des niedrigsten Gesamtpreises, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewandt worden sei, auf eine Art und Weise zu geschehen habe, die der Verbraucher nachvollziehen könne und die für diesen verständlich sei. Nur so könne der in einer Verbesserung der Verbraucherinformation liegende Normzweck des § 11 Abs. 1 PAngV und des damit umgesetzten Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse erreicht werden. Zu beachten sei außerdem das in § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV normierte Gebot der Preisklarheit, welches die Art und Weise der Preisangaben betreffe und für alle weiteren (Spezial-)Normen der Preisangabenverordnung gelte. Sollte § 11 PAngV keine Vorgaben dazu enthalten, wie der "vorherige Preis" anzugeben sei, ergebe sich aus der Vorschrift keine Sperrwirkung für die Überprüfung der Werbung unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Irreführungsverbots (§ 5a Abs. 1 und 2, § 5b Abs. 1 Nr. 3 UWG).
8In ihrer Gesamtschau sei die streitgegenständliche Werbung irreführend. Die Vielzahl an Informationen, die in der Werbung kombiniert würden, sei für den Verbraucher mehr verwirrend, als dass Klarheit in Bezug auf den Preisvorteil und den Referenzpreis geschaffen werde. Auch der Fußnotentext sei vollkommen unklar und missverständlich formuliert. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage zur hinreichenden Größe des Fußnotentextes komme es vor diesem Hintergrund nicht an.
9Die Berufung rüge zu Recht, dass der Unterlassungstenor des erstinstanzlichen Urteils gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoße, weil sich die im Klageantrag enthaltenen Einschränkungen "nur durch einen aufgrund seiner Schriftgröße schwer erkennbaren Verweis" und "wenn dies wie nachfolgend abgebildet oder kerngleich geschieht" mit Einblendung der konkreten Verletzungsform im Urteilstenor nicht wiederfänden. Dieser Verstoß sei jedoch dadurch geheilt worden, dass die Klägerin die Zurückweisung der Berufung der Beklagten beantragt habe. Die Tenorierung des Landgerichts sei vor dem Hintergrund des Konkretisierungsgebots allerdings als materiell-rechtlich zu weitgehend anzusehen. Der Senat habe die konkrete Verletzungsform durch einen Hinweis auf die konkret beanstandete Verletzungshandlung im streitgegenständlichen Werbeprospekt näher bestimmt. Zum anderen habe er die Einschränkung "durch einen Verweis mit der" in den Tenor aufgenommen, weil dies einen wesentlichen Aspekt der Unlauterkeit der angegriffenen Werbung darstelle. Da es auf die zwischen den Parteien in Streit stehende Frage der ausreichenden Schriftgröße des Fußnotenhinweises nicht ankomme, habe es keiner Aufnahme des hierauf verweisenden Zusatzes in die abstrakte Umschreibung des Verbots bedurft.
10B. Hiergegen wendet sich die Revision der Beklagten ohne Erfolg. Mit dem ausgesprochenen Verbot hat das Berufungsgericht der Klägerin nicht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO etwas zuerkannt, was diese nicht beantragt hat (dazu unter B I). Das Berufungsgericht hat die Beklagte auch zu Recht zur Unterlassung der angegriffenen Werbung verurteilt (dazu unter B II).
11I. Das Berufungsgericht hat mit der angegriffenen Verurteilung nicht gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen.
121. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachten (st. Rspr.; vgl. , GRUR 2016, 213 [juris Rn. 15] = WRP 2016, 193 - Zuweisung von Verschreibungen; Urteil vom - VI ZR 271/14, BGHZ 207, 163 [juris Rn. 17]).
132. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Landgericht gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen hat, weil es die Beklagte weitergehend als von der Klägerin erstinstanzlich beantragt zur Unterlassung verurteilt hat. Es hat weder die im Klageantrag enthaltene Einschränkung "nur durch einen aufgrund seiner Schriftgröße schwer erkennbaren Verweis" in den Tenor aufgenommen noch den Verweis auf die konkrete Verletzungsform ("wenn dies wie nachfolgend abgebildet oder kerngleich geschieht, Anlage K1").
14Das Berufungsgericht hat ebenfalls zutreffend und von der Revision unangefochten angenommen, dass der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO dadurch geheilt wurde, dass die Klägerin im Berufungsverfahren die Zurückweisung der Berufung der Beklagten beantragt hat. Damit hat sie sich den Urteilsausspruch des Landgerichts zu Eigen gemacht und ihr Klagebegehren entsprechend erweitert (vgl. , BGHZ 124, 351 [juris Rn. 83]; Urteil vom - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342 [juris Rn. 50] - Reinigungsarbeiten; Urteil vom - VIII ZR 5/05, NJW 2006, 1062 [juris Rn. 11]).
153. Entgegen der Ansicht der Revision liegt in der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Unterlassungsverpflichtung nicht ebenfalls ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
16a) Zwar ist das Berufungsgericht seinerseits von dem in der Berufungsinstanz verfolgten Unterlassungsbegehren der Klägerin in Form der vom Landgericht ausgesprochenen Unterlassungsverpflichtung abgewichen, indem es in den Unterlassungstenor zusätzlich einen Hinweis auf die konkrete Verletzungsform ("wenn dies wie nachfolgend abgebildet geschieht:") mit daran anschließender Abbildung eines Auszugs aus dem streitgegenständlichen Werbeprospekt aufgenommen und die Einschränkung "nur durch einen Verweis mit der Angabe" eingefügt hat. Darin liegt jedoch kein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
17b) § 308 Abs. 1 ZPO hindert das Gericht nach allgemeiner Meinung nicht daran, ein im Klageantrag enthaltenes Minus zuzusprechen (vgl. BGHZ 207, 163 [juris Rn. 17]; BAGE 144, 378 [juris Rn. 16]; BeckOK.ZPO/Elzer, 57. Edition [Stand ], § 308 Rn. 47; Musielak/Hüntemann in MünchKomm.ZPO, 7. Aufl., § 308 Rn. 9, jeweils mwN). So liegt der Fall hier.
18aa) Nach der Senatsrechtsprechung ist bei einem weit gefassten Unterlassungsantrag, wie er in der Verurteilung des Landgerichts Ausdruck gefunden hat, im Allgemeinen anzunehmen, dass jedenfalls die konkret beanstandete Verletzungshandlung untersagt werden soll (vgl. , GRUR 2007, 987 [juris Rn. 23] = WRP 2007, 1341 - Änderung der Voreinstellung I, mwN). In einem abstrakt formulierten Unterlassungsbegehren ist daher die konkrete Verletzungsform, wie sie vom Berufungsgericht in den Unterlassungstenor aufgenommen worden ist, als Minus enthalten (vgl. , GRUR 2001, 181 [juris Rn. 14] = WRP 2001, 28 - dentalästhetika; Urteil vom - I ZR 50/01, GRUR 2004, 605 [juris Rn. 26] = WRP 2004, 735 - Dauertiefpreise; Urteil vom - I ZR 134/10, GRUR 2012, 82 [juris Rn. 19] = WRP 2012, 198 - Auftragsbestätigung, jeweils mwN).
19Dass es ihr jedenfalls auf eine Untersagung der konkret beanstandeten Verletzungsform ankommt, hat die Klägerin im Übrigen auch noch in der Berufungsinstanz dadurch verdeutlicht, dass sie in der Berufungserwiderung ausgeführt hat, es sei nicht zu beanstanden, dass der Tenor des landgerichtlichen Urteils weiter gefasst sei und insbesondere nicht auf die konkrete Verletzungsform Bezug nehme, da das Landgericht den rechtlich relevanten Sachverhalt durch Bezugnahme auf den mit der Anlage K1 vorgelegten Werbeprospekt konkretisiert habe und die Entscheidungsgründe zur Auslegung des Tenors heranzuziehen seien.
20bb) Ebenfalls keinen Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO stellt es dar, dass das Berufungsgericht die Tenorierung des Landgerichts ("es zu unterlassen, den niedrigsten Gesamtpreis ... nur in der Form anzugeben, dass dieser nur mit Angabe ... dargestellt wird") dahingehend ergänzt hat, dass die Formulierung im zweiten Teil nunmehr lautet: "dass dieser nur durch einen Verweis mit der Angabe ... dargestellt wird". Gegenüber der (aufgrund des fehlenden Artikels "der" auch grammatikalisch unvollständigen) Formulierung des Landgerichts handelt es sich hierbei lediglich um eine genauere Umschreibung der konkreten Verletzungsform, aus der sich ebenfalls keine weitergehende Verurteilung ergibt.
21II. Das Berufungsgericht hat die Beklagte auch zu Recht wegen eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 5b Abs. 4 UWG zur Unterlassung der angegriffenen Werbung verurteilt.
221. Nach § 11 Abs. 1 PAngV in der auf den Streitfall anwendbaren, ab gültigen Fassung hat, wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat. § 11 Abs. 1 PAngV hat seine Grundlage in Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 6a Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG ist bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat. Nach Art. 6a Abs. 2 der Richtlinie 98/6/EG ist der vorherige Preis der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat.
232. Wie das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unangegriffen angenommen hat, ist der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 PAngV im Streitfall eröffnet, weil die Beklagte als nach § 3 Abs. 1 PAngV Verpflichtete mit einer Preisermäßigung für das Produkt "Jacobs Krönung" warb. Nach § 3 Abs. 1 PAngV in der ab gültigen Fassung hat die Gesamtpreise anzugeben, wer als Unternehmer Verbrauchern Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt.
243. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV zu Recht darin gesehen, dass die Beklagte den niedrigsten Gesamtpreis, den sie für das beworbene Produkt innerhalb der letzten 30 Tage vor Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat, nicht in einer für den Verbraucher unmissverständlichen, klar erkennbaren und gut lesbaren Weise angegeben hat.
25a) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, reicht es zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV nicht aus, dass ein zur Angabe eines Gesamtpreises Verpflichteter bei Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat, in beliebiger Weise angibt. Die nach dieser Norm geschuldete Angabe hat vielmehr in einer für den angesprochenen Verbraucher unmissverständlichen, klar erkennbaren und gut lesbaren Weise zu erfolgen.
26aa) Zwar lässt sich eine entsprechende Vorgabe weder dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 PAngV noch demjenigen des Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG entnehmen. Auch § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV sieht (in Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG) lediglich in Bezug auf den Gesamtpreis und den Grundpreis vor, dass diese unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar angegeben werden müssen.
27bb) Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, folgt die genannte Vorgabe aber aus dem in § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV normierten Gebot der Preisklarheit, das auch für die Preisangabepflicht nach § 11 Abs. 1 PAngV maßgeblich ist.
28(1) Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV müssen Angaben über Preise der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. Zwar findet diese Vorschrift keine Entsprechung in der Richtlinie 98/6/EG. Sie dient aber (ebenso wie § 5b Abs. 1 Nr. 3 UWG) der Umsetzung von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt (vgl. , GRUR 2016, 516 [juris Rn. 38] = WRP 2016, 581 - Wir helfen im Trauerfall; Köhler in Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl., § 1 PAngV Rn. 16), demzufolge der Preis im Falle einer - im Streitfall zweifelsfrei gegebenen - Aufforderung zum Kauf als wesentliche Information gilt, die dem Verbraucher zur Vermeidung einer irreführenden Geschäftspraxis nicht vorenthalten werden darf.
29(2) Um dem in § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV enthaltenen Gebot der Preisklarheit gerecht zu werden, muss ein Preis so angegeben werden, dass der Verbraucher ihn ohne Weiteres erkennen und verstehen kann (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 2024, 1119 [juris Rn. 38]; MünchKomm.UWG/Ernst, 3. Aufl., § 1 PAngV Rn. 50; Köhler in Köhler/Feddersen aaO § 1 PAngV Rn. 19; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 1 PAngV Rn. 16). Da § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV ohne Einschränkung für "Angaben über Preise" gilt, sind auch § 11 Abs. 1 PAngV und die weiteren (Spezial-)Normen der Preisangabenverordnung im Lichte dieses Gebots auszulegen (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 2024, 1119 [juris Rn. 38]; BeckOK.UWG/Barth, 29. Edition [Stand ], § 1 PAngV Rn. 24). Hieraus ergibt sich, dass auch die von § 11 Abs. 1 PAngV geforderte Angabe des niedrigsten Gesamtpreises nach § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV in einer Weise erfolgen muss, die für den angesprochenen Verbraucher unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar ist.
30cc) Hinzu kommt, dass allein das dargelegte Normenverständnis den von Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG und § 11 Abs. 1 PAngV verfolgten Zielen gerecht wird.
31(1) Wie der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Entscheidung "Aldi Süd" hervorgehoben hat, verfolgt die Richtlinie 98/6/EG nach ihrem Art. 1 in Verbindung mit dem sechsten Erwägungsgrund die Ziele, die Verbraucherinformation zu verbessern und den Vergleich der Verkaufspreise von Erzeugnissen, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden, zu erleichtern, damit die Verbraucher fundierte Entscheidungen treffen können. Im ersten Erwägungsgrund der Richtlinie wird die Bedeutung eines transparenten Markts und von korrekten Informationen für den Verbraucherschutz hervorgehoben. Nach ihrem zwölften Erwägungsgrund soll die Richtlinie 98/6/EG eine einheitliche und transparente Information zugunsten sämtlicher Verbraucher im Rahmen des Binnenmarkts sicherstellen. Außerdem muss der Verkaufspreis der den Verbrauchern angebotenen Erzeugnisse gemäß Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit dem zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein, damit diese Information genau, transparent und unmissverständlich ist (vgl. , GRUR 2024, 1652 [juris Rn. 22] = WRP 2024, 1311 - Aldi Süd, mwN).
32Darüber hinaus verweist der erste Erwägungsgrund der Richtlinie (EU) 2019/2161 zur Änderung unter anderem der Richtlinie 98/6/EG, mit der Art. 6a in die Richtlinie 98/6/EG eingefügt wurde, ausdrücklich auf Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Letztere Bestimmung zielt wie Art. 169 AEUV darauf ab, dass die Politik der Union ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherstellt. Das gleiche Ziel wird im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 98/6/EG genannt (vgl. EuGH, GRUR 2024, 1652 [juris Rn. 23] - Aldi Süd).
33Art. 6a der Richtlinie 98/6/EG verfolgt das spezifische Ziel, Händler daran zu hindern, den Verbraucher irrezuführen, indem sie den angewandten Preis vor der Bekanntgabe einer Preisermäßigung erhöhen und damit gefälschte Preisermäßigungen ankündigen. Dieses spezifische Ziel würde missachtet, wenn es Händlern ermöglicht würde, die Verbraucher irrezuführen, indem Preisermäßigungen bekannt gegeben werden, die nicht real sind (vgl. EuGH, GRUR 2024, 1652 [juris Rn. 25 f.] - Aldi Süd).
34(2) Ein entsprechender Normzweck kommt auch in der Begründung zur Neufassung der Preisangabenverordnung zum Ausdruck. Dort heißt es, durch die Regelung des § 11 PAngV werde es Verbrauchern ermöglicht, Preisermäßigungen für Waren besser einzuordnen und ihre Preiswürdigkeit einzuschätzen. Mit den Regelungen in Absatz 1 solle verhindert werden, dass bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen vorherige Gesamt- beziehungsweise Grundpreise angegeben würden, die vor der Preisermäßigung von Verbrauchern so nicht verlangt worden seien, oder dass Preise vor einer Preisermäßigung kurzzeitig angehoben würden und dann auf diesen erhöhten Preis Bezug genommen werde, um den Eindruck einer höheren Preisermäßigung und eines besonders preisgünstigen Angebotes zu erwecken (Begründung der Bundesregierung zur Verordnung zur Novellierung der Preisangabenverordnung, BR-Drucks. 669/21, S. 39). Ein weiterer Preis neben dem aktuellen Preis und dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage könne (nur) angegeben werden, sofern klar und eindeutig sei, dass sich die Preisermäßigung auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehe (BR-Drucks. 669/21, S. 40).
35(3) Die angeführten, von Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG und § 11 Abs. 1 PAngV verfolgten Ziele können nur erreicht werden, wenn die nach diesen Vorschriften zur Verfügung zu stellenden Informationen in einer Weise übermittelt werden, die für deren Empfänger unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar ist. Anderenfalls wäre die Vermeidung einer Irreführung der Verbraucher durch Bekanntgabe nicht realer Preisermäßigungen nicht gewährleistet und würde das mit diesen Vorschriften intendierte hohe Verbraucherschutzniveau nicht erreicht.
36b) Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden und von der Revision hingenommenen Feststellungen des Berufungsgerichts wird die angegriffene Werbung den dargestellten Anforderungen nicht gerecht, weil die Beklagte den niedrigsten Gesamtpreis, den sie innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der beworbenen Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat, nicht in einer für den Verbraucher unmissverständlichen, klar erkennbaren und gut lesbaren Weise angegeben hat.
374. Ob - was das Berufungsgericht offengelassen hat - die angegriffene Werbung darüber hinaus auch deshalb gegen § 11 Abs. 1 PAngV verstößt, weil sich die dort in Form eines Prozentsatzes angegebene Preisermäßigung nicht auf den niedrigsten Gesamtpreis bezieht, den die Beklagte für das beworbene Kaffeeprodukt innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat (vgl. zu Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG EuGH, GRUR 2024, 1652 [juris Rn. 24 bis 29] - Aldi Süd), steht im Streitfall nicht zur Entscheidung, weil die Klägerin die streitgegenständliche Werbung unter diesem Gesichtspunkt ausdrücklich nicht angegriffen hat.
38a) Wie dargelegt, darf einem Kläger nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht etwas zugesprochen werden, was nicht beantragt ist. Das zusprechende Urteil muss sich daher innerhalb des mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstands halten (vgl. , GRUR 2018, 203 [juris Rn. 15] = WRP 2018, 190 - Betriebspsychologe, mwN).
39Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. , BGHZ 194, 314 [juris Rn. 18] - Biomineralwasser; BGH, GRUR 2018, 203 [juris Rn. 15] - Betriebspsychologe, jeweils mwN). Deshalb entscheidet ein Gericht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas anderes, als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsspruch über einen Unterlassungsantrag einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat (vgl. BGHZ 154, 342 [juris Rn. 44] - Reinigungsarbeiten; BGH, GRUR 2018, 203 [juris Rn. 15] - Betriebspsychologe, jeweils mwN).
40b) Der neben dem Klageantrag für die Bestimmung des Streitgegenstands maßgebliche Klagegrund wird durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht, unabhängig davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht (vgl. BGHZ 194, 314 [juris Rn. 19] - Biomineralwasser, mwN). Wird - wie im Streitfall - ein Unterlassungsbegehren auf die Irreführung von Verbrauchern gestützt, wird der durch die maßgebliche materiell-rechtliche Regelung verselbständigte, für die Festlegung des Klagegrunds maßgebliche Lebensvorgang entscheidend durch die Fragen bestimmt, durch welche Angabe welcher konkrete Verkehrskreis angesprochen wird, welche Vorstellungen die Angabe bei diesem angesprochenen Verkehrskreis auslöst und ob diese Vorstellung unwahr ist (vgl. BGH, GRUR 2018, 203 [juris Rn. 18] - Betriebspsychologe; , GRUR 2018, 431 [juris Rn. 13] = WRP 2018, 413 - Tiegelgröße, jeweils mwN).
41Allerdings entspräche ein zu feingliedriger Streitgegenstandsbegriff, der sich streng an dem vorgetragenen Lebenssachverhalt orientiert und bereits jede Variante - wie beispielsweise jede auch nur geringfügig abweichende, durch ein und dieselbe Werbeaussage bewirkte Fehleinschätzung der Verbraucher - einem neuen Streitgegenstand zuordnet, nicht der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise und würde zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Vielmehr ist in den Fällen, in denen sich die Klage gegen die konkrete Verletzungsform richtet, in dieser Verletzungsform der Lebenssachverhalt zu sehen, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird (vgl. BGHZ 194, 314 [juris Rn. 23 f.] - Biomineralwasser; BGH, GRUR 2018, 203 [juris Rn. 18] - Betriebspsychologe; GRUR 2018, 431 [juris Rn. 13] - Tiegelgröße).
42c) Ungeachtet dessen ist es einem Kläger aufgrund der im Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime allerdings unbenommen, sein Rechtsschutzbegehren dahin zu fassen, dass aus einem bei natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen Lebenssachverhalt nur bestimmte Teile zur Beurteilung herangezogen werden sollen. Als in diesem Sinne selbständig zu beurteilende Teile eines einheitlichen Streitgegenstands kommen beispielsweise verschiedene Irreführungsaspekte in Betracht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2018, 431 [juris Rn. 16] - Tiegelgröße, mwN). So liegt der Fall auch hier.
43aa) Die Klägerin hat in ihrer Berufungserwiderung klargestellt, anders als in dem der Entscheidung "Aldi Süd" des Gerichtshofs der Europäischen Union (GRUR 2024, 1652) zugrundeliegenden Vorlageverfahren des , juris) gehe es im Streitfall nicht um die Frage, ob eine Bezugnahme der Angabe "-x %" auf den "Referenzpreis" erforderlich sei. Vielmehr werde beanstandet, dass die Werbung selbst dann wettbewerbswidrig sei, wenn dies nicht der Fall sei. Maßgeblich sei allein die Frage, ob die inkriminierte Werbung mit der werbewirksamen Rabattierung um 36 % für den Verbraucher irreführend und intransparent sei, wenn der aktuelle Preis wie geschehen dargestellt werde.
44bb) Würde das begehrte Unterlassungsgebot darauf gestützt, dass die angegriffene Werbung gegen § 11 Abs. 1 PAngV verstößt, weil sich die dort in Form eines Prozentsatzes angegebene Preisermäßigung nicht auf den niedrigsten Gesamtpreis bezieht, den die Beklagte für das beworbene Kaffeeprodukt innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat, würde der Verurteilung unter Missachtung dieses Vorbringens ein Klagegrund zugrunde gelegt, den die Klägerin ausdrücklich nicht zum Gegenstand ihres Unterlassungsbegehrens gemacht hat, und ihr damit unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO etwas zuerkannt, was sie nicht beantragt hat.
455. Die Frage der Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten wegen des angenommenen Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV richtet sich - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - nicht nach dem Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG, sondern nach den Bestimmungen der §§ 5a, 5b UWG zum Vorenthalten wesentlicher Informationen.
46a) Nach § 5a Abs. 1 UWG in der ab geltenden Fassung handelt unlauter, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält, (Nr. 1) die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und (Nr. 2) deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Als Vorenthalten gilt nach § 5a Abs. 2 Nr. 2 UWG auch die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise.
47Nach § 5b Abs. 4 UWG in der auf den Streitfall anwendbaren, ab geltenden Fassung gelten als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.
48Die Vorschrift des § 5a Abs. 1 UWG dient der Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG. Die Regelung in § 5b Abs. 4 UWG hat ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG (vgl. , GRUR 2024, 1449 [juris Rn. 23] = WRP 2024, 1345 - nikotinhaltige Liquids, mwN).
49b) Bei der aus § 11 Abs. 1 PAngV folgenden Pflicht, bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware in einer für den angesprochenen Verbraucher unmissverständlichen, klar erkennbaren und gut lesbaren Weise den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet wurde, handelt es sich um eine Informationsanforderung in Bezug auf kommerzielle Kommunikation im Sinne von § 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4 UWG und Art. 7 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2005/29/EG. Von dem Vorenthaltungsverbot im Sinne dieser Vorschriften sind alle Informationen umfasst, die - wie solche in Bezug auf die Höhe des Verkaufspreises - dem Zweck dienen, dem Verbraucher eine informierte geschäftliche Entscheidung zu ermöglichen. Das können auch Informationen sein, die Verbraucherinnen und Verbraucher von einem Vertragsschluss abhalten können (vgl. , GRUR 2023, 1704 [juris Rn. 22 f.] = WRP 2024, 65 - Zigarettenausgabeautomat III; Beschluss vom - I ZR 53/24, GRUR 2025, 336 [juris Rn.16] = WRP 2025, 341 - Energieeffizienzklasse IV, jeweils mwN).
50c) Die in Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG geregelten und durch § 11 Abs. 1 PAngV in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV ins nationale Recht umgesetzten Informationspflichten sind zugleich wesentliche Informationspflichten gemäß § 5b Abs. 4 UWG und Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG (vgl. BeckOK.UWG/Laoutoumai, 29. Edition [Stand ], § 11 PAngV Rn. 2; zu § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV aF vgl. , GRUR 2022, 1163 [juris Rn. 49 f.] = WRP 2022, 977 - Grundpreisangabe im Internet; Urteil vom - I ZR 17/22, BGHZ 237, 1 [juris Rn. 68] - Aminosäurekapseln, jeweils mwN).
51Nach § 5b Abs. 4 UWG und Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG gelten die im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung oder Marketing, auf die in der nicht erschöpfenden Liste des Anhangs II verwiesen wird, als wesentlich. In der Liste des Anhangs II zur Richtlinie 2005/29/EG wird zwar lediglich die Pflicht zur Angabe des Grundpreises bei der Werbung unter Angabe von Preisen (Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 98/6/EG, § 4 Abs. 1 PAngV), nicht aber die - hier in Rede stehende - Pflicht zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage bei Bekanntgabe einer Preisermäßigung (Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG, § 11 Abs. 1 PAngV) genannt. Dennoch gilt nach Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG auch die zuletzt genannte Pflicht als wesentlich. Da die Liste des Anhangs II nicht erschöpfend ist, steht einer Einstufung dieser Pflicht als wesentlich nicht entgegen, dass sie in dieser Liste nicht ausdrücklich genannt ist (vgl. BGH, GRUR 2022, 1163 [juris Rn. 50] - Grundpreisangabe im Internet; BGHZ 237, 1 [juris Rn. 68] - Aminosäurekapseln).
52d) Nach der neueren Senatsrechtsprechung ist in Fällen der Verletzung einer Informationspflicht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation die Unlauterkeit einer Handlung allein nach § 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4 UWG zu beurteilen (vgl. , BGHZ 233, 193 [juris Rn. 16 und 23] - Knuspermüsli II; Urteil vom - I ZR 40/24, GRUR 2025, 420 [juris Rn. 39] = WRP 2025, 468 - Essigspray EXTRA STARK, mwN; zu Verstößen gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV aF vgl. BGH, GRUR 2022, 1163 [juris Rn. 60] - Grundpreisangabe im Internet; BGHZ 237, 1 [juris Rn. 64 f.] - Aminosäurekapseln).
53e) Für den in Rede stehenden Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV gilt entgegen der Ansicht der Revision nichts Anderes.
54aa) Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass eine Geschäftspraxis in den Beziehungen zwischen Händlern und Verbrauchern, die darin besteht, eine Preisermäßigung für das betroffene Erzeugnis anzukündigen, die nicht auf der Grundlage des "vorherigen Preises" im Sinne von Art. 6a Abs. 2 der Richtlinie 98/6/EG bestimmt wird, anhand dieses Artikels zu beurteilen ist und nicht anhand der Bestimmungen der Richtlinie 2005/29/EG, was sich aus deren Art. 3 Abs. 1 und 4 ergibt (vgl. EuGH, GRUR 2024, 1652 [juris Rn. 28] - Aldi Süd, mwN).
55bb) Diese vom Gerichtshof im Zusammenhang mit der Auslegung des Wortlauts und der Tragweite der in Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG enthaltenen Regelungen getroffene Aussage steht einer Beurteilung der streitgegenständlichen Geschäftspraktik anhand von § 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4 UWG allerdings nicht entgegen (aA Köhler in Köhler/Feddersen aaO Vor § 1 PAngV Rn. 6a; ders., WRP 2024, 1313, 1314).
56(1) Nach Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG gehen, wenn die Bestimmungen der Richtlinie 2005/29/EG mit anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft kollidieren, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, die Letzteren vor und sind für diese besonderen Aspekte maßgeblich. Die Anwendbarkeit der Richtlinie 2005/29/EG und der diese umsetzenden nationalen Vorschriften ist demgemäß nicht ausgeschlossen, wenn keine Kollision mit einer Regelung der Richtlinie 98/6/EG vorliegt (vgl. , GRUR 2021, 1320 [juris Rn. 44 f.] = WRP 2021, 1290 - Flaschenpfand III; BGH, GRUR 2022, 1163 [juris Rn. 54] - Grundpreisangabe im Internet). Ob eine Kollision gegeben ist, ist in Bezug auf konkrete Bestimmungen zu prüfen (vgl. , GRUR 2018, 940 [juris Rn. 32 bis 41] = WRP 2018, 1049 - Dyson; Urteil vom - C-363/19, GRUR 2020, 1230 [juris Rn. 61] = WRP 2020, 1420 - Konsumentombudsmannen; BGH, GRUR 2021, 1320 [juris Rn. 46] - Flaschenpfand III, mwN).
57(2) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union beschreibt der Begriff der "Kollision" eine Beziehung zwischen den betreffenden Bestimmungen, die über eine bloße Abweichung oder einen einfachen Unterschied hinausgeht und eine Divergenz aufweist, die unmöglich durch eine auf Ausgleich gerichtete Formel überwunden werden kann, die das Nebeneinanderbestehen von zwei Sachverhalten ermöglicht, ohne sie verfälschen zu müssen. Eine Kollision, wie sie in Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG geregelt ist, liegt somit nur dann vor, wenn außerhalb der Richtlinie stehende Bestimmungen, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, Gewerbetreibenden ohne jeglichen Gestaltungsspielraum Verpflichtungen auferlegen, die mit denen aus der Richtlinie 2005/29/EG unvereinbar sind (vgl. und C-55/17, GRUR 2018, 1156 [juris Rn. 60 f.] = WRP 2018, 1304 - Wind Tre und Vodafone Italia).
58(3) Davon ausgehend fehlt es in Bezug auf das im Streitfall in Rede stehende Gebot aus Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG und § 11 Abs. 1 PAngV an einem Kollisionsfall. Die in Art. 7 der Richtlinie 2005/29/EG geregelten Pflichten lassen sich ohne weiteres in einer Weise auslegen, die mit den Erfordernissen der spezielleren Regelungen aus der Richtlinie 98/6/EG vereinbar ist. Soweit die Richtlinie 2005/29/EG über ihren Art. 7 Abs. 5 die Vorschriften der Richtlinie 98/6/EG integriert, ergänzen sich beide Richtlinien vielmehr gegenseitig. Das ergibt sich auch daraus, dass die Verweisung in Art. 7 Abs. 1 und 5 in Verbindung mit der Liste des Anhangs II der Richtlinie 2005/29/EG auf Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 98/6/EG keinen Anwendungsbereich hätte, wenn die Richtlinie 2005/29/EG hinsichtlich der in Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 98/6/EG geregelten Aspekte von vornherein nicht anwendbar wäre (vgl. BGH GRUR 2021, 1320 [juris Rn. 47] - Flaschenpfand III; GRUR 2022, 1163 [juris Rn. 53] - Grundpreisangabe im Internet, jeweils mwN).
59(4) Eine Werbemaßnahme, die in den Anwendungsbereich von Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG fällt, kann daher zugleich den Regelungen der Richtlinie 2005/29/EG unterliegen, sofern die Anwendungsvoraussetzungen dieser Richtlinie gegeben sind (vgl. Leitlinien der Kommission zur Auslegung und Anwendung von Artikel 6a der Richtlinie 98/6/EG, ABl. C 526 vom , S. 137; zur parallelen Anwendbarkeit der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel und der Richtlinie 2005/29/EG vgl. und C-545/13, GRUR 2015, 1028 [juris Rn. 82] = WRP 2015, 1206 - Abcur).
60C. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 [juris Rn. 21] - Cilfit u.a.; Urteil vom - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] - Doc Generici; Urteil vom - C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] - Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Es stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.
61D. Die Revision der Beklagten ist demnach mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:091025UIZR183.24.0
Fundstelle(n):
BAAAK-01653