Einkommensteuer | Keine Pensionsrückstellung bei unwirksamer Dynamisierungszusage für Altzusagen vor 1999 (FG)
Das FG hat entschieden, dass ein
Verstoß gegen die gesetzliche Übergangsregelung in §§ 30c Abs. 1 i.V.m. § 16
Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)
zur Unwirksamkeit der vertraglichen Anpassungsregelung und damit in diesem
Umfang zu einem der Höhe nach beschränkten Ansatz der Pensionsrückstellung in
der Steuerbilanz führen kann. Soweit danach eine Verpflichtung zur
Anpassungspflichtprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG fortbesteht, ist dies bei der
Bewertung des Teilwerts der Pensionsverpflichtungen nicht zu berücksichtigen,
da es sich hierbei um am Bilanzstichtag noch ungewisse Erhöhungen der
Pensionsverpflichtungen handelt (; Revision zugelassen, BFH-Az.: IX R
8/25).
Sachverhalt: Die gemeinsame Konzernmutter der klagenden Kapitalgesellschaft und ihrer Organträgerin hatte den Mitarbeitern ihrer Konzerngesellschaften mit einer Betriebsvereinbarung Zusagen zur betrieblichen Altersvorsorge in Form einer Direktzusage erteilt, durch welche auch solche Mitarbeiter begünstigt wurden, denen schon vor dem Zusagen zur betrieblichen Altersvorsorge erteilt worden waren. Für die Anpassung der laufenden Betriebsrentenzahlungen sollte § 16 BetrAVG in der damals gültigen Fassung gelten. Später führte die Konzernmutter mit einer Konzern-Betriebsvereinbarung einen neuen Rentenplan ein, mit welchem unter Hinweis auf die neu geschaffene Regelung in § 16 Abs. 3 BetrAVG eine arbeitgeberseitige Verpflichtung zur Erhöhung der laufenden Versorgungsleistungen um jährlich 1 % eingeführt wurde. Die Klägerin holte Gutachten über die versicherungsmathematische Bewertung der Pensionsverpflichtungen ein und bezog die mit dem neuen Rentenplan eingeführte dynamische Anpassung der laufenden Versorgungsleistungen für sämtliche bestehenden Versorgungszusagen in die steuerbilanzielle Bewertung der Pensionsverpflichtungen ein.
Das Finanzamt führte eine steuerliche Außenprüfung durch und stellte sich anschließend auf den Standpunkt, dass die vorgesehene dynamische Anpassung der Versorgungsleistungen wegen Verstoßes gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG nichtig sei, soweit sich diese auch auf Altfälle beziehe, welche bereits vor dem Versorgungszusagen erhalten hatten. Die Pensionsverpflichtungen seien damit niedriger zu bewerten und die steuerlichen Verpflichtungen der Klägerin dementsprechend höher anzusetzen. Die Klägerin wandte dagegen ein, dass die vertraglich vereinbarte Anpassungsverpflichtung sehr wohl für sämtliche Versorgungsempfänger wirksam und daher steuermindern zu berücksichtigen sei.
Der 1. Senat wies die Klage ab:
Die streitgegenständliche Versorgungszusage ist wegen Verstoßes gegen die betriebsrentenrechtlichen Regelungen teilweise unwirksam, weswegen die Bewertung des Finanzamtes daher zutreffend ist.
Zur Beantwortung der Frage, ob ein einklagbarer Pensionsanspruch besteht, ist nach der Rechtsprechung des BFH auf die arbeitsrechtlichen Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Betriebsrentenrecht zurückzugreifen.
Der 1. Senat legt die vertraglichen Vereinbarungen dahingehend aus, dass mit der streitgegenständlichen Einführung des neuen Rentenplans auch die zuvor noch ausdrücklich vorgesehene Anpassung der Rentenansprüche im Rahmen der gesetzlichen Anpassungsprüfungspflicht abbedungen werden sollte. Dies führt nach der herangezogenen BAG-Rechtsprechung dazu, dass die Verpflichtung zur 1%igen jährlichen Erhöhung der Rentenansprüche in den streitgegenständlichen Altfällen rechtlich unwirksam ist. Eine Anrechnungsbestimmung, wonach die jährlichen Mindestanpassungen auf etwaige Erhöhungen im Rahmen der Anpassungsprüfungspflicht anzurechnen ist, ist zur Überzeugung des 1. Senats nicht in die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung aufgenommen worden und findet dort auch keinen Anklang.
Es liegt auch keine vertragliche Fortgeltungsanordnung vor, nach welcher die gesetzliche Anpassungsprüfungspflicht neben der vertraglichen dynamischen Anpassungsverpflichtung bestehen bleiben soll. Darüber hinaus ist die neue gesetzliche Regelung in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG nahezu wortgleich in den neuen Rentenplan übernommen worden.
Der 1. Senat des FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da finanzgerichtlich bislang noch nicht abschließend geklärt ist, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen die Regelung in § 30c Abs. 1 i. V. m. § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG zur teilweisen Versagung einer steuerlichen Pensionsrückstellung führt.
Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen IX R 8/25 anhängig.
Quelle: und FG Schleswig-Holstein, Newsletter II/2025 (lb)
Fundstelle(n):
VAAAK-01091