Wurde die Beteiligung an einer EU-ausländischen Kapitalgesellschaft zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts in eine deutsche
Kapitalgesellschaft eingebracht und die deutsche Kapitalgesellschaft innerhalb von sieben Jahren in eine Personengesellschaft
formgewechselt, verstößt die mit dem Formwechsel bewirkte Besteuerung des sog. Einbringungsgewinns II (§ 22 Abs. 2 UmwstG
2006) gegen die Richtlinie 2005/19/EG (Fusionsrichtlinie – FRL), wenn deren persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
auch im Übrigen eröffnet ist.
Der innerhalb von sieben Jahren nach dem Anteilstausch erfolgte Formwechsel der übernehmenden Kapitalgesellschaft in eine
Personengesellschaft darf nicht pauschal als die Anwendung der FRL ausschließende Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung
im Sinne von Art. 11 Abs. 1 a) FRL beurteilt werden.
Eine spanische Sociedat de responsabilidad limitada unipersonal (SLU) ist eine von der FRL erfasste Sociedat de responsabilidad
limitad (SL) im Sinne des Anhangs zur Richtlinie 3 a) FRL.
Ist eine von der FRL erfasste Gesellschaft auf Grund des Satzungssitzes in einem anderen EU-Mitgliedstaat (Gründungsstaat)
ansässig und dort unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig (hier spanische SLU), schließt der (etwaige) inländische Ort der
Geschäftsleitung und die damit verbundene Ansässigkeit (auch) in Deutschland (innereuropäische Doppelansässigkeit) die Anwendung
der FRL auf die Einbringung der Anteile an dieser (etwaig zugezogenen) EU-ausländischen Kapitalgesellschaft nicht aus.
Nach der FRL begünstigter Gesellschafter der eingebrachten Anteile und der die Anteile übernehmenden Gesellschaft im Sinne
von Art. 8 FRL kann auch eine natürliche Person sein.
Der unionsrechtliche Anwendungsvorrang der FRL schließt in ihrem (hier bejahten) Anwendungsbereich die Festsetzung von Einkommensteuer
auf den nach §§ 17 EStG, 22 Abs. 2 UmwStG 2006 rückwirkend im Jahr des Anteilsaustausch steuerpflichtigen Einbringungsgewinn
II hinsichtlich des eingebrachten Anteils bei dem einkommensteuerpflichtigen Gesellschafter aus.
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Hessisches Finanzgericht
, Urteil v. 22.05.2025 - 3 K 778/21