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BGH Beschluss v. - XIII ZB 36/22

Instanzenzug: LG Ingolstadt Az: 24 T 2788/21vorgehend AG Ingolstadt Az: 4 XIV 289/21

Gründe

1I.    Die Rechtsbeschwerde, die sich insoweit gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts wendet, als damit die Beschwerde gegen den Beschluss des für den Haftort zuständigen zurückgewiesen wurde, ist begründet. Sie rügt zu Recht (§ 71 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b, § 74 Abs. 3 Satz 3 und 4 FamFG i.V.m. § 559 ZPO), dass das Landgericht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 26 FamFG den Akteninhalt nicht vollständig zur Kenntnis genommen hat. Es hat übergangen, dass die Haftrichterin des für den Haftort zuständigen Amtsgerichts ausweislich ihrer Verfügung vom (Blatt 63 der Akte 4 XIV 255/21) wusste, dass der Betroffene im Beschwerdeverfahren gegen die einstweilige Anordnung des für den Aufgriffsort zuständigen Amtsgerichts anwaltlich vertreten war. Hätte das Landgericht diesen Umstand in seine Betrachtung einbezogen, hätte es einen Verstoß des Amtsgerichts gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens bejahen müssen (zum Grundsatz des fairen Verfahrens vgl. , juris Rn. 6 mwN). Denn zwar handelt es sich bei dem einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 427 FamFG und dem Hauptsacheverfahren über die Haftanordnung nach § 417 FamFG um jeweils eigenständige Verfahren, so dass aus der Bestellung eines Verfahrensbevollmächtigten im einen Verfahren nicht zwingend eine Bestellung auch für das andere Verfahren folgt. Das über einen Antrag auf Anordnung der Sicherungshaft entscheidende Amtsgericht ist auch nicht verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob sich in einem vorangegangenen Verfahren für den Betroffenen ein Verfahrensbevollmächtigter bestellt hat. Wenn dem Haftgericht aber bekannt ist, dass der Betroffene in dem Verfahren, aufgrund dessen er sich bereits in Haft befindet, durch einen Rechtsanwalt vertreten wurde, muss es den Betroffenen fragen, ob dieser ihn auch in dem aktuellen Haftanordnungsverfahren vertreten soll, und, wenn die Frage bejaht wird, dem Rechtsanwalt eine Teilnahme an der persönlichen Anhörung des Betroffenen ermöglichen(, juris Rn. 7 f. mwN). Das ist hier unterblieben. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

2II.    Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2 FamFG. Dolmetscherkosten werden analog Art. 6 Abs. 3 Buchst. e EMRK nicht erhoben (vgl. , InfAuslR 2022, 16 Rn. 13 mwN). Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG. Der Verfahrenskostenhilfeantrag des Betroffenen hat sich im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland erledigt (vgl. , juris Rn. 6 f. mwN).

Roloff                           Tolkmitt                           Picker

            Vogt-Beheim                    Kochendörfer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:090925BXIIIZB36.22.0

Fundstelle(n):
YAAAK-00977