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BGH Beschluss v. - 5 StR 262/25

Instanzenzug: Az: 601 KLs 9/24

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten M.         wegen Diebstahls in zwei Fällen (Fälle 1 und 3 der Urteilsgründe) und Computerbetruges (Fall 2 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt, den Angeklagten L.         wegen Diebstahls (Fall 3 der Urteilsgründe) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten M.         erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie ebenso wie die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten L.         unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verurteilung des Angeklagten M.         wegen Computerbetruges im Fall 2 der Urteilsgründe hält – worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat – der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

3a) Nach den Urteilsfeststellungen überredete der Angeklagte den 82 Jahre alten, auf dem Weg zum Einkaufen befindlichen Geschädigten, zu ihm und einem nichtrevidierenden Mitangeklagten ins Auto zu steigen. Während der anschließenden Fahrt durch das H.        er Stadtgebiet behauptete er die Leichtgläubigkeit und erkennbare Verunsicherung des betagten Mannes ausnutzend, er brauche unbedingt Geld, um Geschenke für seine Kinder zu kaufen und ein Haus abzubezahlen. Der überforderte und eingeschüchterte Geschädigte überließ dem Angeklagten schließlich seine „EC-Karte“ nebst PIN, obwohl er diesem kein Geld überlassen wollte. Gegen dessen von ihm erkannten Willen hob der Angeklagte binnen weniger Minuten insgesamt 20.000 Euro an einem Geldautomaten ab.

4b) Danach hat der Angeklagte die EC-Karte nicht unbefugt im Sinne von § 263a Abs. 1 Var. 3 StGB verwendet. „Unbefugt“ handelt nicht schon derjenige, der Daten entgegen dem Willen des Berechtigten verwendet oder die verwendeten Daten rechtswidrig erlangt hat. Das Tatbestandsmerkmal erfordert vielmehr eine betrugsspezifische Auslegung. Die missbräuchliche Benutzung der vom Berechtigten mitsamt der Geheimnummer erlangten Debitkarte durch den Täter bei Abhebungen am Geldautomaten stellt deshalb nur dann einen Computerbetrug nach § 263a Abs. 1 StGB dar, wenn die Abhebung am Bankschalter rechtlich als Betrug im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB zu würdigen wäre. Das Merkmal der unbefugten Verwendung der Daten gilt mithin nicht für denjenigen, der die Debit-karte und die Geheimnummer vom Berechtigten jeweils mit dessen Willen erlangt, mag die Überlassung auch auf einer Täuschung beruhen (vgl. , NStZ 2024, 679 mwN).

5c) Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob sich der Angeklagte eines Betruges nach § 263 Abs. 1 StGB zulasten des berechtigten Karteninhabers strafbar gemacht hat (vgl. hierzu BGH, aaO).

62. Der Wegfall der hierfür verhängten Strafe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

73. Die Feststellungen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Soweit sie den bisher getroffenen nicht widersprechen, sind ergänzende Feststellungen möglich, zum Vorstellungsbild des Geschädigten bei Überlassung der Debitkarte nebst PIN geboten.

84. Der Senat weist auf folgendes hin:

9Sollte das neue Tatgericht keine Feststellungen zum Vorstellungsbild des betagten Opfers bei Überlassung von Debitkarte nebst PIN treffen können, wird es zu prüfen haben, ob sich der Angeklagte des versuchten Betruges strafbar gemacht hat.

10Zur Frage der für die Annahme des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 46a Nr. 2 StGB erforderlichen Verantwortungsübernahme gilt: Damit eine Schadenswiedergutmachung ihre friedenstiftende Wirkung entfalten kann, muss der Täter einen über eine rein rechnerische Kompensation hinausgehenden Beitrag erbringen. Die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen allein genügt daher nicht. Vielmehr muss sein Verhalten Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein. Danach setzt die Annahme des vertypten Strafmilderungsgrundes voraus, dass die vollständige oder wenigstens teilweise Entschädigung des Opfers durch die persönliche Leistung oder den persönlichen Verzicht des Täters möglich geworden ist (, wistra 2022, 384, 386). Angesichts der Regelungen in § 136 Abs. 1 Satz 5 und § 155a StPO steht allein der Umstand, dass der Ausgleich zwischen Täter und Opfer auf Anregung des Gerichts zustande kommt, der Annahme der Verantwortungsübernahme nicht entgegen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:120825B5STR262.25.0

Fundstelle(n):
EAAAK-00975