Instanzenzug: Az: 2 StR 156/24 Urteilvorgehend Az: 2 StR 156/24 Beschlussvorgehend Az: 2 StR 156/24 Beschlussvorgehend Az: 2 StR 156/24 Beschlussvorgehend Az: 2 StR 156/24 Beschlussvorgehend LG Erfurt Az: 4 KLs 850 Js 35395/21nachgehend Az: 2 StR 156/24 Beschluss
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, davon in einem Fall in vier tateinheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des unerlaubten Überlassens von Kriegswaffen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt, eine Kompensationsentscheidung getroffen und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug eines Teils der Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet. Es hat die Einziehung eines Mobiltelefons, von 10.715 Euro Bargeld sowie gesamtschuldnerisch haftend die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 427.985 Euro angeordnet.
2Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
31. Die erhobenen Verfahrensbeanstandungen versagen aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts.
42. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.
5a) Der Schuldspruch hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht durchgängig stand.
6aa) In den Fällen II.B.3.7 bis II.B.3.9 und II.D.3.1. der Urteilsgründe, die den Handel mit Marihuana zum Gegenstand haben, bedarf der Schuldspruch der Korrektur. Das Landgericht hat den Handel mit Marihuana – entsprechend der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage – nach dem Betäubungsmittelgesetz abgeurteilt. Allerdings ist am das Konsumcannabisgesetz vom in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 109). Danach unterfällt Cannabis nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz, sondern dem hier milderen Konsumcannabisgesetz. Dies ist nach § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO vom Senat bei der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen.
7In den Fällen II.B.3.7. bis II.B.3.9. der Urteilsgründe ist der Angeklagte deshalb nicht jeweils des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 1 BtMG, sondern des bandenmäßigen Handeltreibens mit Cannabis nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG und im Fall II.D.3.1. der Urteilsgründe nicht des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, sondern des Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG schuldig. Während die nicht geringe Menge im Betäubungsmittelrecht ein Qualifikationsmerkmal darstellt, ist sie bei Cannabis nach § 34 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 4 KCanG nur noch ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall und als solches nicht in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. , Rn. 2).
8Der Senat ändert den Schuldspruch in den genannten Fällen entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Das Konsumcannabisgesetz erweist sich nach dem konkreten Gesamtvergleich im Einzelfall (vgl. , Rn. 9) als das mildere Recht, da das Landgericht jeweils die Annahme minder schwerer Fälle verneint hat und die Strafrahmen nach § 34 Abs. 4 KCanG beziehungsweise § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 4 KCanG in jedem Falle milder sind. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können (vgl. , Rn. 3 ff.).
9bb) Die Beurteilung der Konkurrenzen durch das Landgericht hält in den Fällen II.B.3.3 und II.B.3.4 sowie II.B.3.11 und II.B.3.12 der Urteilsgründe sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Insoweit liegt nicht Tatmehrheit (§ 53 Abs. 1 StGB), sondern jeweils Tateinheit (§ 52 StGB) vor.
10(1) Überschneidungen der Ausführungshandlungen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln führen zur Annahme von Tateinheit (vgl. , BGHSt 63, 1, 8). Dafür genügen kein allein subjektiv-motivatorischer Zusammenhang oder die bloße Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen. Erforderlich ist vielmehr, dass sich die tatbestandlichen Ausführungshandlungen in objektiver Hinsicht derart überschneiden, dass zumindest ein Teil der einheitlichen Handlung zur Erfüllung des einen wie des anderen Tatbestands beziehungsweise zur mehrfachen Verwirklichung desselben Tatbestands gleichermaßen beiträgt (vgl. nur , Rn. 7 mwN). Dabei ist bei mehreren Tatbeteiligten die konkurrenzrechtliche Bewertung für jeden einzelnen nach der Art seines Tatbeitrages selbständig vorzunehmen (vgl. , NStZ-RR 2020, 306 mwN).
11(2) Danach ist Tateinheit in den Fällen II.B.3.3 und II.B.3.4 der Urteilsgründe gegeben.
12Nach den Feststellungen bereitete der Mitangeklagte M.U. von ihm zuvor gesondert eingeschweißte Bargeldbeträge sowohl für die Methamphetaminlieferung im Fall II.B.3.3 der Urteilsgründe als auch für die Kokainlieferung im Fall II.B.3.4 der Urteilsgründe vor, die der Angeklagte jeweils in Auftrag gegeben hatte. Der Mitangeklagte M.U. übergab diese beiden Beträge gemeinsam in Absprache mit dem Angeklagten dem Mitangeklagten W., der das Geld anlässlich der getrennten Lieferungen dem jeweiligen Kurier aushändigte.
13Der Mitangeklagte M.U. entfaltete daher einheitliche Handelsbemühungen im Rahmen zweier Umsatzgeschäfte, so dass eine Teilidentität der Ausführungshandlungen in seiner Person besteht. Durch diesen – auch für den Angeklagten wirkenden – Vorgang im Rahmen der Geldübergabe zur Bezahlung seiner beiden Bestellungen wurden diese beiden Taten auch für ihn zur Tateinheit verknüpft.
14(3) Auch die Fälle II.B.3.11 und II.B.3.12 der Urteilsgründe stehen zueinander im Konkurrenzverhältnis der Tateinheit.
15(a) Nach den Feststellungen nahm der Mitangeklagte W. am insgesamt 20 Kilogramm (S-)Methamphetamin von einem niederländischen Lieferanten entgegen, die für den gewinnbringenden Verkauf durch den Angeklagten und die Mitangeklagten M.U., We. und W. vorgesehen waren, nachdem eine vorangegangene Lieferung von mangelhafter Qualität gewesen war. Wie zwischen dem Angeklagten und dem Lieferanten vereinbart, zahlte der Mitangeklagte W. nur einen Teil des Kaufpreises, während der Rest in Höhe von 110.000 Euro bis zum gezahlt werden sollte und am tatsächlich gezahlt wurde. Das gelieferte Rauschgift wurde in der Folge mit der zuvor gelieferten Ware minderer Qualität vermischt und sodann gewinnbringend verkauft (Fall II.B.3.11 der Urteilsgründe).
16Bereits am hatte der Angeklagte bei demselben Lieferanten 10 Kilogramm (S-)Methamphetamin bestellt, das am geliefert worden war, indem ein Abnehmer die Lieferung gegen Zahlung eines Teilbetrages entgegennahm. Den restlichen Kaufpreis bezahlte der Angeklagte zu einem späteren Zeitpunkt (Fall II.B.3.12 der Urteilsgründe).
17(b) Schon aufgrund der zeitlichen Nähe der festgestellten Vorgänge liegt eine Überschneidung von Ausführungshandlungen in diesen beiden Fällen nahe. Dies gilt umso mehr, als nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Fall II.B.3.11 der Urteilsgründe der Angeklagte am eine Nachricht an den Lieferanten übermittelte, in der es heißt: „Ist es OK für dich wenn ich spätestens bis Mittwoch 110 wo hin bringe ? Den Rest der vom letzten mal gefehlt hat kommt diesmal mit“. Die letzte festgestellte Lieferung war jedoch gerade diejenige in Fall II.B.3.12 der Urteilsgründe. Die Zahl 110 passt überdies zu dem in Fall II.B.3.11. festgestellten Restbetrag von 110.000 Euro. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und um jede Beschwer des Angeklagten auszuschließen, legt der Senat seiner rechtlichen Bewertung daher eine tateinheitliche Begehung zugrunde.
18(4) Der Senat ändert den Schuldspruch jeweils in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
19cc) Der Schuldspruch in Fall II.B.3.13. erweist sich als durchgreifend rechtsfehlerhaft, soweit er den Angeklagten betrifft.
20Das Landgericht hat den Angeklagten in diesem Fall wegen „unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge […] in vier tateinheitlichen Fällen, davon in einem Fall [bzgl. der Tat zu II.B.3.13 d) der Urteilsgründe] in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ verurteilt. Der Angeklagte hatte im Fall II.D.3.4 der Urteilsgründe die Zahlung des restlichen Kaufpreises von 20.000 Euro für die Lieferung von 40 Kilogramm Marihuana an den Angeklagten W. anlässlich der Lieferung von 10 Kilogramm Methamphetamin im Fall II.3.13 d) der Urteilsgründe organisiert. Während die Verurteilung wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht zu beanstanden ist, hat das Landgericht im Hinblick auf die Beihilfehandlung im Fall II.D.3.4 der Urteilsgründe nicht festgestellt, dass der Angeklagte auch Teil der – weiteren – Bande um den Mitangeklagten W. war. Die Bandenmitgliedschaft ist aber ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne von § 28 Abs. 2 StGB, das auch in der Person eines Teilnehmers gegeben sein muss (, Rn. 8 mwN).
21Der Senat ändert den Schuldspruch auch hier entsprechend § 354 Abs. 1 StPO, da auszuschließen ist, dass der neue Tatrichter ergänzende Feststellungen treffen kann, aus denen sich die Mitgliedschaft des Angeklagten auch in dieser Bande ergibt. Zudem bezieht sich die Tat auf Cannabis, so dass das hier mildere Konsumcannabisgesetz zur Anwendung zu bringen ist. Bei der Fassung des Schuldspruchs sieht der Senat überdies gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO wegen des Gebots der Klarheit und Verständlichkeit des Tenors davon ab, in der Beschlussformel die gleichartige Tateinheit zum Ausdruck zu bringen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 503/14, Rn. 3 mwN; vom – 3 StR 289/23, Rn. 42).
22dd) Auch der Schuldspruch zu Fall II.E.1 der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte wegen „unerlaubten Überlassens von Kriegswaffen“ verurteilt ist, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
23(1) Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte Ende April 2020 aufgrund eines zuvor gemeinsam mit dem Mitangeklagten W. gefassten Tatentschlusses zwei funktionstüchtige vollautomatische Maschinenpistolen S. 26 an den gesondert Verfolgten B. zum Kaufpreis von insgesamt 5.500 Euro. Die Übergabe erfolgte, indem von dem Mitangeklagten W. beauftragte Boten am die Waffen im unverschlossenen Fahrzeug des Schwiegervaters von B. deponierten, während B. kurz darauf den Kaufpreis an den Angeklagten zahlte.
24(2) Diese Feststellungen tragen eine Verurteilung wegen Überlassens der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen nicht. Nach § 22a Abs. 1 Nr. 2 KrWaffG setzt das Überlassen der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen voraus, dass der Täter zuvor die tatsächliche Gewalt über die Waffen ausgeübt hat (, BGHSt 28, 294; MüKoStGB/Heinrich, 4. Aufl., KrWaffG § 22a Rn. 42 mwN). Nach den Feststellungen wurden indes die Waffen durch unbekannte Dritte im Fahrzeug deponiert. Die Ausübung der tatsächlichen Gewalt durch den Angeklagten ist nicht festgestellt.
25(3) Der Angeklagte ist indes der nicht genehmigten Beförderung von Kriegswaffen im Bundesgebiet nach § 22a Abs. 1 Nr. 3 KrWaffG schuldig.
26Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer im Bundesgebiet außerhalb eines abgeschlossenen Geländes Kriegswaffen ohne Genehmigung nach § 3 Abs. 1 oder 2 KrWaffG befördern lässt oder selbst befördert, wenn es sich nicht nach § 22a Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 2 KrWaffG um eine Selbstbeförderung in den Fällen des § 12 Abs. 6 Nr. 1 KrWaffG oder eine Beförderung im Rahmen von Umzugshandlungen durch den Inhaber einer Waffenbesitzkarte für Kriegswaffen gemäß § 59 Abs. 4 WaffG 1972 handelt. Unter einer Beförderung im Sinne von § 3 Abs. 1 KrWaffG ist dabei jede Form des Transports der Kriegswaffe zu verstehen (vgl. Lampe/Lutz, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 256. EL, § 3 KrWaffG Rn. 1).
27Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Angeklagte und der Mitangeklagte W. haben die Kriegswaffen mittäterschaftlich durch die unbekannten Boten im öffentlichen Raum des Bundesgebiets befördern lassen. Die Ausnahmetatbestände nach § 22a Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 2 KrWaffG finden ersichtlich keine Anwendung.
28(4) Der Senat ändert auch hier den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
29b) Im Übrigen hat die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs sowie die Kompensationsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Indes bedingt die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II.B.3.3 und II.B.3.4, II.B.3.7 bis II.B.3.9, II.B.3.11 bis II.B.3.13 sowie II.D.3.1 der Urteilsgründe die Aufhebung der jeweiligen Einzelstrafaussprüche sowie in der Folge des Gesamtstrafenausspruchs. Die Änderung des Schuldspruchs im Fall II.E.1 der Urteilsgründe lässt hingegen die dort zugemessene Einzelstrafe angesichts des unveränderten Strafrahmens unberührt.
30c) Während die Überprüfung der Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, hat seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen Bestand.
31aa) Der Senat hat seiner Entscheidung gemäß § 2 Abs. 6 StGB in Verbindung mit § 354a StPO die zum in Kraft getretene Neufassung des § 64 StGB (BGBl. I Nr. 203) zugrunde zu legen. Die dort normierten und nach § 2 Abs. 6 StGB auch für Altfälle geltenden Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt werden für den Angeklagten durch die Feststellungen des Urteils nicht belegt. Das gilt namentlich für den von der Strafkammer angenommenen Hang sowie den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Substanzkonsum eines Täters und der Begehung der Straftaten.
32bb) Die Anordnung der Maßregel ist von der Neufassung des § 64 StGB nicht gedeckt.
33(1) Die Annahme eines Hangs erfordert nunmehr eine Substanzkonsumstörung, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert. Zudem muss die Anlasstat „überwiegend“ auf den Hang zurückgehen, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers reicht eine bloße Mitursächlichkeit des Hangs für die Tat nur noch dann aus, wenn sie andere Ursachen quantitativ überwiegt. Das Vorliegen dieses Kausalzusammenhangs ist durch das Tatgericht – gegebenenfalls mit sachverständiger Unterstützung – positiv festzustellen (vgl. , Rn. 2 mwN).
34Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausführt, tragen die Feststellungen nicht die Annahme, dass die bei dem Angeklagten bestehende Abhängigkeitserkrankung eine dauernde schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit mit sich gebracht hat und daher die Voraussetzungen eines Hangs nach § 64 Satz 1 Halbs. 2 StGB zum Urteilszeitpunkt erfüllt waren.
35(2) Unabhängig davon fehlt es an einem symptomatischen Zusammenhang zwischen dem – unterstellten – Hang des Angeklagten und den verfahrensgegenständlichen Straftaten. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt:
„Ein solcher Zusammenhang liegt vor, wenn der Hang alleine oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist; mithin die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet. Die hangbedingte Gefährlichkeit muss sich in der konkreten Tat äußern. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei einem unveränderten Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (Senat, Beschluss vom – 2 StR 75/23 –, juris Rn. 11 mwN noch zu § 64 StGB a. F.; BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 9 – mitursächlich Rn. 6). Diese Grundsätze, wonach auch bei (bloßer) Mitursächlichkeit des Hangs für die Anlasstaten der symptomatische Zusammenhang i. S. d. § 64 StGB zu bejahen sein kann, gelten im Ausgangspunkt auch für die neue Gesetzesfassung ab . Gleichwohl hat das Tatgericht nunmehr darüberhinausgehend positiv festzustellen, dass der Hang im Verhältnis aller Umstände, auf die die Anlasstaten zurückgeh[en], überwiegt. Im Zusammenspiel der Ursachen muss er jedenfalls vorrangig ( –, juris Rn. 7) sein, mithin quantitativ überwiegen ( –, juris Rn. 2 mwN).
Bei seiner vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens getroffenen Entscheidung hat das Landgericht diesen strengeren Anordnungsmaßstab nicht vor Augen gehabt […]. Es hat festgestellt, dass der erwerbslose Angeklagte durch die abgeurteilten Taten seinen gehobenen Lebensstil finanzieren wollte und daneben ‚auch‘ zur Finanzierung seines Drogenkonsums handelte […]. Damit ist aber lediglich eine Mitursächlichkeit des Substanzkonsums des Angeklagten für die verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelstraftaten belegt. Zur entscheidenden Frage des quantitativen Verursachungsbeitrags hat die Strafkammer vielmehr festgehalten, dass die Taten des Angeklagten – mit Blick auf die in kurzer Zeit vereinnahmten Gewinne nachvollziehbar – ‚im Wesentlichen‘ zur Finanzierung seines allgemeinen Lebensbedarfs von Luxusgütern bestimmt waren […]. Mit dieser Feststellung ist auszuschließen, dass die Anlasstaten überwiegend auf einen etwaigen Hang des Angeklagten zurückzuführen sind.“
36cc) Der Senat schließt aufgrund der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum persönlichen Werdegang und zum Konsumverhalten des Angeklagten aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen möglich sind, aufgrund derer sich ein Hang des Angeklagten und der symptomatische Zusammenhang im Sinne des § 64 StGB mit der erforderlichen Sicherheit begründen ließen. Der Senat lässt die Maßregelanordnung daher in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO – und damit auch die Anordnung des Vorwegvollzuges – entfallen (vgl. , Rn. 9).
373. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen sind von der Aufhebung nicht betroffen und haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) das neue Tatgericht nicht hindert, die aufgrund der Änderung des Konkurrenzverhältnisses in den Fällen II.B.3.3 und II.B.3.4 neu zu verhängende Einzelstrafe sowie die in den Fällen II.B.3.11 und II.B.3.12 der Urteilsgründe neu zu verhängende Einzelstrafe höher zu bemessen als die jeweils aufgehobenen Einzelstrafen; es gebietet nur, dass die Summe der Einzelstrafen einerseits in den Fällen II.B.3.3 und II.B.3.4 und andererseits in den Fällen II.B.3.11 und II.B.3.12 der Urteilsgründe und die bislang verhängte Gesamtfreiheitsstrafe nicht überschritten werden (vgl. , Rn. 16 mwN; Beschluss vom – 2 StR 101/22, StV 2023, 449, 450).
Menges Zeng Grube
Schmidt Herold
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:040625B2STR156.24.0
Fundstelle(n):
QAAAK-00877