Pressemitteilung der Bundesnetzagentur
Leitsatz
Pressemitteilung der Bundesnetzagentur
Die in das Ermessen der Regulierungsbehörde gestellte Befugnis zur Veröffentlichung von Entscheidungen umfasst auch eine Veröffentlichung in zusammengefasster Form sowie die namentliche Nennung des betroffenen Unternehmens (hier: Bekanntgabe einer Untersagungsverfügung durch Pressemitteilung).
Gesetze: § 5 Abs 1 EnWG, § 5 Abs 5 EnWG, § 67 Abs 1 EnWG, § 71 EnWG, § 74 S 1 EnWG, § 74 S 2 EnWG
Instanzenzug: Az: VI-3 Kart 481/23 (V)
Gründe
1A. Das betroffene Unternehmen macht gegen die Bundesnetzagentur Unterlassungsansprüche wegen einer Pressemitteilung geltend.
2Die Betroffene war in der Vergangenheit als Gaslieferantin tätig. Ende 2021 erklärte sie gegenüber etwa 370.000 Kunden die Kündigung der bestehenden Gaslieferverträge und zeigte der Bundesnetzagentur die Beendigung ihrer Tätigkeit als Energielieferantin von Haushaltskunden an. Das von einer personenidentischen Geschäftsführung geleitete und als Stromlieferantin tätige Schwesterunternehmen der Betroffenen sprach ebenfalls Kündigungen der bestehenden Stromlieferverträge gegenüber Haushaltskunden aus. Insgesamt erfolgten seinerzeit etwa 1,2 Millionen solcher Kündigungen. Dies führte wegen der damit verbundenen Folgen für Letztverbraucher und Grundversorger zu einer erheblichen medialen Aufmerksamkeit. Im März 2023 zeigte die Betroffene der Bundesnetzagentur die erneute Aufnahme ihrer Tätigkeit an. Diese leitete daraufhin im April 2023 ein Verfahren zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit ein und informierte die Öffentlichkeit in einer Pressemitteilung unter namentlicher Nennung der Betroffenen.
3Mit Beschluss vom untersagte die Bundesnetzagentur der Betroffenen die Ausübung der Tätigkeit als Energielieferantin von Haushaltskunden. Sie informierte unter der Überschrift "Beschluss zur Untersagung der Tätigkeit als Energielieferant" ohne vorherige Anhörung der Betroffenen die Öffentlichkeit über den Ausgang des Verfahrens auf ihrer Internetseite mit der nachfolgend wiedergegebenen Pressemitteilung vom :
Die Bundesnetzagentur hat der gas.de Versorgungsgesellschaft mbH die Tätigkeit als Energielieferant von Haushaltskunden untersagt.
"Ein Energielieferant, der nicht den Anforderungen des Gesetzes genügt, darf am deutschen Energiemarkt nicht tätig sein. Wir schützen so die Verbraucherinnen und Verbraucher", so Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.
Untersagungsverfahren
Gas.de hält nach Auffassung der Bundesnetzagentur die gesetzlichen Regeln nicht ein, die einer sicheren und verbraucherfreundlichen Energieversorgung dienen. Daher hat die Bundesnetzagentur die Tätigkeit der gas.de Versorgungsgesellschaft mbH als Energielieferant zum Schutz der Haushaltskunden untersagt.
Die gas.de Versorgungsgesellschaft mbH hatte Ende 2021 die Belieferung all ihrer Haushaltskunden beendet und dies gegenüber der Bundesnetzagentur angezeigt.
Im Frühjahr 2023 zeigte gas.de der Bundesnetzagentur die erneute Aufnahme der Tätigkeit als Energielieferant an. Die Bundesnetzagentur leitete daraufhin wegen des Anfangsverdachts eines Verstoßes gegen die Vorgaben des § 5 EnWG ein Verfahren zur möglichen Untersagung der Tätigkeit gem. § 5 Abs. 5 EnWG ein.
Gemäß § 5 Abs. 5 S. 1 EnWG kann die Regulierungsbehörde einem Energielieferanten die Ausübung der Tätigkeit jederzeit ganz oder teilweise untersagen, wenn die personelle, technische oder wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gewährleistet ist.
Aufsicht der Bundesnetzagentur im Sinne der Verbraucher
Die Bundesnetzagentur prüft fortlaufend, ob die Lieferanten die energierechtlichen Verpflichtungen einhalten. Sie kann aufsichtsrechtliche Schritte einleiten, wenn der Verdacht besteht, dass Energieunternehmen gegen das Energiewirtschaftsgesetz verstoßen. Dabei wird jeweils berücksichtigt, inwieweit sich Anhaltspunkte für systematische Missstände ergeben.
Die Bundesnetzagentur steht sowohl mit betroffenen Kunden, den Energielieferanten als auch den Verbraucherverbänden im Austausch.
Betroffene Verbraucher finden Informationen und Handlungsoptionen auf der Internetseite der Bundesnetzagentur […].
4Der Aufforderung der Betroffenen, die Pressemitteilung von der Internetseite zu entfernen, kam die Bundesnetzagentur nicht nach. Im August 2023 legte die Betroffene gegen die Untersagungsverfügung Beschwerde ein. Mit der das hiesige Verfahren betreffenden Beschwerde vom hat sie - soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - beantragt, es der Bundesnetzagentur bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen, in Bezug auf sie dahin identifizierend zu berichten, dass die Bundesnetzagentur ihr die Tätigkeit als Energielieferantin von Haushaltskunden untersagt habe und sie nach Auffassung der Bundesnetzagentur die gesetzlichen Regeln nicht einhalte, die einer sicheren und verbraucherfreundlichen Energieversorgung dienen, wenn dies geschieht wie in der Pressemitteilung vom . Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihr Begehren weiter.
5Während des hiesigen Rechtsbeschwerdeverfahrens hat das Beschwerdegericht den Untersagungsbeschluss der Bundesnetzagentur vom aufgehoben. Die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde wurde zwischenzeitlich zurückgenommen und der Betroffenen die Tätigkeit als Energielieferantin von Haushaltskunden unter Auflagen gestattet.
6B. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat keinen Erfolg.
7I. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die angegriffene Berichterstattung verletze die Betroffene - auch bei Unterstellung einer eingriffsgleichen Handlung - nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit. Sie beruhe auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage. Nach § 74 Satz 2 EnWG in der bis geltenden Fassung (im Folgenden: aF) dürfe die Bundesnetzagentur über Entscheidungen auch in zusammenfassender Form im Wege einer Pressemitteilung informieren. Die gebotene Auslegung der Vorschrift ergebe überdies, dass Entscheidungen bereits mit ihrem Erlass, nicht erst nach Bestandskraft zu veröffentlichen seien und die Vorschrift zur Benennung der von der regulierungsbehördlichen Entscheidung betroffenen Unternehmen ermächtige. Die auf dieser Grundlage erfolgte Pressemitteilung erweise sich als ermessensfehlerfrei. Die Grundsätze über die Verdachtsberichterstattung fänden keine Anwendung. Die Pressemitteilung betreffe keinen Bericht über den Stand eines laufenden Verfahrens, sondern informiere über den Abschluss eines behördlichen Verwaltungsverfahrens. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Bundesnetzagentur dem als erheblich zu bewertenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit den Vorrang gegenüber dem negativen Publizitätsinteresse der Betroffenen eingeräumt habe. Die Berichterstattung sei auch verhältnismäßig. Sie greife nur insoweit in etwaige grundrechtsrelevante Positionen der Betroffenen ein, als dies durch den Schutz öffentlicher Interessen geboten sei. Die identifizierende Berichterstattung sei geeignet und erforderlich, um den Kundenschutzinteressen Rechnung zu tragen. Ohne namentliche Benennung könne die beabsichtigte Informationsfunktion keine Wirkung entfalten.
8II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der zulässigen Rechtsbeschwerde stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die als allgemeine Leistungsbeschwerde statthafte Beschwerde der Betroffenen (vgl. , juris Rn. 4) unbegründet ist.
91. Der mit dem Unterlassungsantrag zur Überprüfung gestellte Streitgegenstand des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens ist allein die identifizierende Berichterstattung über die Untersagungsverfügung mit den konkret beanstandeten Passagen durch die am erfolgte Veröffentlichung.
10a) Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Antrag bestimmt, in dem sich die begehrte Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt, aus dem die Rechtsfolge hergeleitet wird. Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Vom Streitgegenstand werden damit alle materiell-rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen (, VersR 2017, 822 Rn. 17 mwN). Soll ein weiterer Streitgegenstand in den Prozess eingeführt werden, muss jedenfalls zweifelsfrei sein, dass ein neuer prozessualer Anspruch verfolgt wird; ein neuer Sachvortrag genügt als solcher nicht. Dies erfordert insbesondere der Schutz der Gegenseite, für die erkennbar sein muss, welche prozessualen Ansprüche gegen sie erhoben werden, um die Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können (vgl. , NJW-RR 2022, 1071 Rn. 10 mwN; vgl. zum Ganzen auch , WuW 2024, 665 Rn. 14 - LKW-Kartell V).
11b) Nach diesen Grundsätzen ist Streitgegenstand des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs die Berichterstattung über die gegen die Betroffene erlassene Untersagungsverfügung in der Pressemitteilung zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung. Soweit die Betroffene im Lauf des Verfahrens darauf hingewiesen hat, dass die Pressemitteilung weiterhin abrufbar ist, wird damit kein weiterer Gegenstand zur Entscheidung gestellt. Zwar wäre ein entsprechendes Begehren vom Wortlaut des Unterlassungsantrags erfasst, der sich nicht auf einen konkreten Zeitpunkt, sondern allein auf die identifizierende Berichterstattung und die Abrufbarkeit der Pressemitteilung auf der Internetseite der Bundesnetzagentur bezieht. Es fehlt jedoch an Vorbringen dazu, dass mit der fortdauernden Abrufbarkeit bei unveränderter Tatsachenlage eine weitere Verletzungshandlung geltend gemacht werden soll. Der zuletzt erfolgte Hinweis auf die Aufhebung der Untersagungsverfügung ändert an dem mit der Rechtsbeschwerde zur Überprüfung gestellten Streitgegenstand schon deshalb nichts, weil die Aufhebung nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Beschwerdeinstanz erfolgt ist.
122. Ausgehend von diesem Streitgegenstand steht der Betroffenen gegen die Bundesnetzagentur kein Anspruch auf Unterlassung einer Berichterstattung zu, wie sie in der Pressemitteilung vom erfolgte, weil die Veröffentlichung rechtmäßig war.
13a) Der allgemein anerkannte öffentlich-rechtliche Anspruch auf Unterlassung einer Äußerung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht. Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Infolge dessen kann der Bürger, wenn ihm eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweils berührte Grundrecht Unterlassung verlangen. Für rechtmäßiges, staatliches Informationshandeln gilt zunächst das Erfordernis einer gesetzlichen oder verfassungsunmittelbaren Grundlage. Wo die Grenzen der zulässigen Äußerung zu ziehen sind, hängt weiter von den Umständen des Einzelfalls ab. Amtliche Äußerungen haben sich an den allgemeinen Grundsätzen für rechtsstaatliches Verhalten in der Ausprägung des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu orientieren. Aus dem Willkürverbot ist abzuleiten, dass Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen, mithin bei verständiger Beurteilung auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen müssen und zudem den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten dürfen (vgl. zum Ganzen , AfP 2019, 434 Rn. 21 mwN; vom - VI ZR 65/21, AfP 2023, 155 Rn. 18). Handelt es sich bei der Ermächtigungsgrundlage für das in Rede stehende staatliche Informationshandeln um eine Ermessensvorschrift, sind diese allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen bei der Ermessenausübung zu berücksichtigen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des gerügten Verwaltungshandelns ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Vornahme ( 10 B 15.1320, juris Rn. 32 f.; vgl. auch , AfP 2019, 434 Rn. 21; , juris Rn. 14).
14b) Gemessen daran ist die Veröffentlichung der Pressemitteilung vom durch die Bundesnetzagentur nicht zu beanstanden. Dabei kann zugrunde gelegt werden, dass in der Veröffentlichung der Pressemitteilung vom ein mittelbar-faktischer Grundrechtseingriff in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG liegt, der als funktionales Äquivalent einem unmittelbaren Grundrechtseingriff gleichsteht und auf den sich die Betroffene nach Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann. Das Informationshandeln war jedenfalls rechtmäßig, weil mit § 74 Satz 2 EnWG aF eine Ermächtigungsgrundlage für die Veröffentlichung vorlag und die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
15aa) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist § 74 Satz 2 EnWG aF taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Veröffentlichung der Pressemitteilung vom . Nach § 74 Satz 1 EnWG aF sind die Einleitung von Verfahren nach § 29 Abs. 1 und 2 EnWG und Entscheidungen der Regulierungsbehörde auf der Grundlage des Teiles 3 des Energiewirtschaftsgesetzes auf der Internetseite und im Amtsblatt der Regulierungsbehörde zu veröffentlichen. § 74 Satz 2 EnWG aF stellt im Übrigen die Veröffentlichung von Entscheidungen in das Ermessen der Regulierungsbehörde ("können"). Die Regelung in § 74 Satz 2 aF ist bei der gebotenen Auslegung dahin zu verstehen, dass sie zum Erlass einer Pressemitteilung bereits vor Bestandskraft der regulierungsbehördlichen Entscheidung ermächtigt. Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass die Regelung sowohl das "Ob" als auch das "Wie" der Veröffentlichung in das behördliche Ermessen stellt (vgl. Burmeister in Bourwieg/Hellermann/Hermes, EnWG, 4. Aufl., § 74 Rn. 5).
16(1) Der Wortlaut des § 74 Satz 2 EnWG aF lässt offen, ob er sich - wie die Rechtsbeschwerde meint - lediglich auf die vollständige Veröffentlichung förmlicher Entscheidungen der Regulierungsbehörde bezieht oder ebenso die Veröffentlichung der Entscheidung in anderer Form erfasst. Nach ihrem Sinn und Zweck ermächtigt die Norm indes auch zur zusammengefassten Veröffentlichung der Entscheidung in einer Pressemitteilung. § 74 EnWG liegt in beiden Fassungen der Regelungszweck zugrunde, die Transparenz behördlichen Handelns zu erhöhen und eine frühzeitige Information der Öffentlichkeit und der betroffenen Verkehrskreise über regulierungsbehördliche Entscheidungen zu ermöglichen (vgl. Burmeister in Bourwieg/Hellermann/Hermes, EnWG, 4. Aufl., § 74 Rn. 2; Bruhn in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 74 EnWG Rn. 1; Adam in BeckOK EnWG, Stand: , § 74 vor Rn. 1 und Rn. 7). Diesem Zweck dient es, wenn die Regulierungsbehörde neben der Veröffentlichung der - fachlich nicht vorgebildeten Lesern möglicherweise schwer zugänglichen - Entscheidungen auch zur Veröffentlichung einer zusammenfassenden Pressemitteilung befugt ist. Sie ermöglicht der interessierten Öffentlichkeit und den betroffenen Verkehrskreisen eine schnelle und einfache Kenntnisnahme und erhöht damit die Transparenz behördlicher Entscheidungen.
17(2) Wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, wird dieses Verständnis, nach dem die Veröffentlichungsbefugnis der in § 74 EnWG aF genannten Entscheidungen eine Veröffentlichung auf der Internetseite der Regulierungsbehörde sowie in gekürzter Fassung erlaubt, durch die Gesetzeshistorie gestützt. Ausweislich der Gesetzesbegründung entspricht § 74 EnWG aF "in angepasster Form § 62 GWB-E" (vgl. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom , BT-Drucks. 15/3917, S. 71). Diese - zwischenzeitlich in § 61 Abs. 3 GWB verortete - Vorschrift regelt mit der Bekanntmachung kartellbehördlicher Verfügungen und Entscheidungen durch die Kartellbehörde im Bundesanzeiger (Satz 1) und der Veröffentlichung von Entscheidungen (Satz 2) einen vergleichbaren Gegenstand und kann mit Blick auf die ausdrückliche Bezugnahme in der Gesetzesbegründung zur Auslegung des § 74 EnWG aF herangezogen werden (so auch Bruhn in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 74 EnWG Rn. 1). Nach der Gesetzesbegründung zu § 62 GWB aF sollte ausdrücklich die Möglichkeit unberührt bleiben, die Verfügungen in geeigneter Form - etwa auf der Internetseite der Kartellbehörde - im vollen Wortlaut oder in gekürzter Form zu veröffentlichen (vgl. Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom , BT-Drucks. 15/3640, S. 64).
18(3) Dagegen geht die Annahme der Rechtsbeschwerde fehl, § 74 Satz 2 EnWG aF scheide als Ermächtigungsgrundlage aus, weil der Entscheidungsbegriff an den Begriff des Verwaltungsakts anknüpfe, es sich bei der Pressemitteilung jedoch um einen Realakt handele. Die Veröffentlichung selbst, mithin auch die Veröffentlichung der vollständigen Entscheidung, ist stets ein Realakt (vgl. zum staatlichen Informationshandeln als schlichtes Verwaltungshandeln , AfP 2019, 434 Rn. 19, 21; vom - VI ZR 65/21, AfP 2023, 155 Rn. 18; vgl. auch , NVwZ-RR 2015, 425 Rn. 11; Purucker/Gaschke in Conrad/Grünewald/Kalscheuer/Milker, Handbuch Öffentlich-rechtliches Äußerungsrecht, 2022, § 4 Rn. 2). Dementsprechend stellt die Pressemitteilung grundsätzlich eine - wie ausgeführt - zulässige Veröffentlichung der Entscheidung in abgekürzter Form dar. Ebenfalls keine abweichende Beurteilung rechtfertigt die Auffassung der Rechtsbeschwerde, das Energiewirtschaftsrecht sehe für die Veröffentlichung von Entscheidungen in § 71 Satz 1 EnWG in Verbindung mit § 30 VwVfG ein förmliches Verfahren vor. Die Regelung in § 71 EnWG betrifft kein besonderes Verfahren vor der Veröffentlichung von Entscheidungen, sondern die allgemeine Pflicht zur Kennzeichnung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen in den durch die Betroffenen vorgelegten Unterlagen, ohne die die Bundesnetzagentur gemäß § 71 Satz 3 EnWG von einer Zustimmung zur Einsicht durch Dritte ausgehen kann.
19(4) Die aus § 74 Satz 2 EnWG aF folgende Ermächtigung der Regulierungsbehörde zur Veröffentlichung von Entscheidungen in Pressemitteilungen umfasst - anders als die Rechtsbeschwerde meint - auch die (grundsätzliche) Befugnis zur namentlichen Nennung des betroffenen Unternehmens. Die Frage, ob im Einzelfall eine Anonymisierung zu erfolgen hat, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Regulierungsbehörde.
20(a) Die nach dem Wortlaut des § 74 Satz 1 und 2 EnWG aF bestehende Befugnis zur Veröffentlichung von Entscheidungen schließt im Grundsatz die namentliche Nennung des Betroffenen ein, da zu den wesentlichen Bestandteilen einer Entscheidung Rubrum und Tenor gehören (vgl. zu § 74 EnWG aF: Bruhn in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 74 EnWG Rn. 5; Turiaux/Grosche in Kment, EnWG, 3. Aufl., § 74 Rn. 2 und Fn. 5; Theobald/Werk in Theobald/Kühling, Energierecht, Stand: 126. Ergänzungslieferung Juli 2024, § 74 EnWG Rn. 3). Dieses Verständnis des § 74 EnWG entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die Transparenz behördlichen Handelns zu erhöhen und eine frühzeitige Information der Öffentlichkeit und der betroffenen Verkehrskreise über regulierungsbehördliche Entscheidungen zu ermöglichen. Der Regelungszweck steht einer generellen Beschränkung der Veröffentlichungsbefugnis auf den Entscheidungsinhalt unter Anonymisierung des Betroffenen entgegen. Ohne namentliche Nennung des Betroffenen würde die mit dieser Vorschrift beabsichtigte Transparenz in vielen Fällen erheblich vermindert und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und der betroffenen Verkehrskreise nicht hinreichend befriedigt (vgl. zu § 74 Satz 4 EnWG nF: Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Energiewirtschaftsrechts an unionsrechtliche Vorgaben und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften vom , BT-Drucks. 20/7310, S. 116).
21(b) Gestützt wird dieses Auslegungsergebnis durch die - wie ausgeführt - auch für § 74 EnWG aF heranzuziehende Gesetzesbegründung zu § 62 GWB aF (jetzt § 61 Abs. 3 GWB). Danach bleibt die Möglichkeit unberührt, die Verfügungen in geeigneter Form - wie beispielweise auf der Internetseite der Kartellbehörde - "im vollen Wortlaut" zu veröffentlichen (BT-Drucks. 15/3640, S. 64). Dies schließt die Befugnis zur Veröffentlichung des Namens der Betroffenen ein, weil der volle Wortlaut auch das Rubrum umfasst (vgl. Bach in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 7. Aufl., § 61 GWB Rn. 32; Ost in MünchKommWettbR, 4. Aufl., § 61 GWB Rn. 33 f.; Bracher in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Stand: 6/2025, § 61 GWB Rn. 43; Vorster in BeckOK Kartellrecht, Stand: , § 61 GWB Rn. 45; Quellmalz in Kersting/Meyer-Lindemann/Podszun, Kartellrecht, 5. Aufl., § 61 GWB Rn. 12; Bosch in Bechtold/Bosch, GWB, 11. Aufl., § 61 Rn. 11a; Klees in Kölner Kommentar zum Kartellrecht, 2014, § 62 GWB Rn. 2).
22(c) Im Übrigen ist der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 74 EnWG durch das Gesetz zur Anpassung des Energiewirtschaftsrechts an unionsrechtliche Vorgaben und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften gleichfalls von diesem Verständnis ausgegangen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs dient die nunmehr ausdrückliche Regelung in § 74 Satz 4 EnWG nF, nach der die Veröffentlichungen der in § 74 Satz 1 bis 3 EnWG nF genannten Verfahrenseinleitungen und Entscheidungen auch die Veröffentlichung der Firmen betroffener Unternehmen einschließen, lediglich der Klarstellung (BT-Drucks. 20/7310, S. 115 f.).
23bb) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, bestehen für die Veröffentlichung nach § 74 Satz 2 EnWG aF keine Anforderungen an die formelle Rechtmäßigkeit. Eine Pflicht zur Durchführung eines förmlichen Anhörungsverfahrens, bei dessen Fehlen die Pressemitteilung allein deshalb rechtswidrig wäre, lässt sich weder aus § 67 Abs. 1 EnWG noch aus § 71 Satz 4 EnWG herleiten.
24(1) Die Anhörungspflicht nach § 67 Abs. 1 EnWG betrifft allein die Anhörung des Betroffenen im Verfahren nach § 66 Abs. 1 EnWG (vgl. Adam in BeckOK EnWG, 15. Edition Stand: , § 67 Rn. 9; Turiaux/Grosche in Kment, EnWG, 3. Aufl. § 67 Rn. 3; aA wohl Wende in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 67 EnWG Rn. 2 für "Nebenverfahren"), hier dem Verfahren auf Erlass der Untersagungsverfügung. Die Veröffentlichung ist lediglich die Mitteilung des Ergebnisses des Verwaltungsverfahrens, in dem der Betroffene angehört wurde und mit der er wegen der Regelung in § 74 Satz 2 EnWG rechnen muss. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift kommt mangels vergleichbarer Interessenlage nicht in Betracht.
25(2) Die Rechtsbeschwerde kann sich ferner nicht mit Erfolg darauf berufen, die Pressemitteilung komme einer Veröffentlichung des Tenors der Entscheidung gleich, und dieser stelle ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar, vor dessen Veröffentlichung die Betroffene nach § 71 Satz 4 EnWG hätte angehört werden müssen. Nicht entschieden werden muss, ob § 71 Satz 4 EnWG eine formelle Anhörung regelt, deren Verstoß ohne weiteres zur Rechtswidrigkeit der nachfolgenden Handlung führt, weil schon der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht eröffnet ist.
26(a) § 71 Satz 4 EnWG verpflichtet die Regulierungsbehörde lediglich, vor der Entscheidung über die Gewährung von Einsichtnahme in Unterlagen an Dritte die vorlegenden Personen anzuhören, sofern Teile der Unterlagen als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet wurden und die Regulierungsbehörde die Kennzeichnung für unberechtigt hält. Die in § 71 Satz 4 EnWG normierte Anhörungspflicht beschränkt sich auf die in vorgelegten Unterlagen enthaltenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge. Eine Anhörungspflicht vor Veröffentlichung einer Pressemitteilung kann dieser Bestimmung jedenfalls für Fälle, in denen - wie hier - allein der Inhalt der Entscheidungsformel ohne Offenlegung etwaiger der regulierungsbehördlichen Prüfung zugrundeliegender Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse veröffentlicht wird, weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck entnommen werden.
27(b) Eine entsprechende Anwendung des § 71 Satz 4 EnWG kommt nicht in Betracht, insbesondere ist die dafür vorausgesetzte planwidrige Regelungslücke weder von der Rechtsbeschwerde dargelegt noch ersichtlich. Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, nur in § 71 Satz 4 EnWG, nicht aber in § 74 EnWG eine besondere Anhörungspflicht zu normieren, folgt vielmehr, dass nach dem gesetzgeberischen Willen die Regulierungsbehörde auch ohne gesonderte Anhörung zur Veröffentlichung ihrer Entscheidungen - in den Grenzen der Geheimhaltungspflicht des § 30 VwVfG - befugt ist; von dieser Befugnis ist grundsätzlich die Veröffentlichung der Entscheidungsformel umfasst (vgl. zu § 74 Satz 1 EnWG Burmeister in Bourwieg/Hellermann/Hermes, EnWG, 4. Aufl., § 74 Rn. 3; Bruhn in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 74 EnWG Rn. 5; Turiaux/Grosche in Kment, EnWG, 3. Aufl., § 74 Rn. 2).
28cc) Das Beschwerdegericht hat schließlich zutreffend angenommen, dass die Entscheidung der Bundesnetzagentur über die Veröffentlichung und den Inhalt der Pressemitteilung vom nach § 74 Satz 2 aF EnWG gerechtfertigt war. Sie erweist sich sowohl hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine Veröffentlichung erfolgt, als auch bezüglich der konkreten Ausgestaltung als ermessensfehlerfrei.
29(1) Wie ausgeführt (vgl. oben Rn. 18) handelt es sich bei Veröffentlichungen auf Grundlage des § 74 EnWG aF um Realakte. Bei Überprüfung der für Veröffentlichungen nach § 74 Satz 2 EnWG aF erforderlichen Ermessensausübung finden die gleichen Maßstäbe Anwendung wie sie bei einer auf Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Ermessensentscheidung gelten. Für Realakte besteht kein weitergehender Schutz des Betroffenen, als ihm bei Erlass eines Verwaltungsaktes zukommt (vgl. , juris Rn. 16). In der Folge ist die Ermessensausübung der Bundesnetzagentur gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (Ermessensüberschreitung), ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch; vgl. , RdE 2025, 15 Rn. 35 mwN - Rückerstattungsanordnung).
30(2) Die bei Ausübung des Ermessens nach § 74 Satz 2 aF gebotene Interessenabwägung (vgl. Burmeister in Bourwieg/Hellermann/Hermes, EnWG, 4. Aufl., § 74 Rn. 5; Bruhn in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 74 EnWG Rn. 6; Turiaux/Grosche in Kment, EnWG, 3. Aufl., § 74 Rn. 4; zu § 74 Satz 3 EnWG nF: BT-Drucks. 20/7310, S. 115) weist keine entsprechenden Ermessensfehler auf. Insbesondere musste die Bundesnetzagentur entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine besonderen Vorgaben mit Blick auf die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung berücksichtigen. Die insoweit entwickelten Anforderungen an die publizistische Sorgfaltspflicht sind - im Verhältnis zwischen Privaten - Ausfluss der Grundrechtsrelevanz der Berichterstattung und beruhen auf einer Abwägung zwischen den Grundrechten des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit (vgl. im Einzelnen , BGHZ 143, 199 [juris Rn. 19 bis 21]). Die Bundesnetzagentur hat als Behörde ohnehin die Grundrechte der Betroffenen zu beachten und innerhalb ihrer Ermessenserwägungen mit den übrigen erheblichen Interessen in Ausgleich zu bringen. In diesem Sinn hat die Bundesnetzagentur sämtliche maßgeblichen Aspekte eingestellt und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ermessenfehlerfrei dem öffentlichen Interesse an der Veröffentlichung der Pressemitteilung den Vorrang gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen eingeräumt.
31(3) Die Bundesnetzagentur hat den für die Ermessensausübung maßgeblichen Sachverhalt (vgl. Geis in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Band VwVfG, 4. EL November 2023, § 40 VwVfG Rn. 85, 107) vollständig ermittelt.
32(a) Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass erhebliche Umstände unberücksichtigt geblieben sind. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Betroffene im Verwaltungsverfahren Gelegenheit hatte, sich zu allen maßgeblichen Aspekten - auch mit Blick auf die angegriffene Pressemitteilung - ausreichend zu äußern. Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, sie hätte im Falle einer gesonderten Anhörung vor Veröffentlichung der Pressemitteilung angegeben, dass sie die personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfülle, die Zuverlässigkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen bestehe, sie die Untersagungsverfügung daher für rechtswidrig halte und hiergegen gerichtliche Schritte einleiten werde, handelt es sich nicht um Umstände, die der Bundesnetzagentur unbekannt waren. Sie hatte diese Einwände vielmehr geprüft und für unzutreffend gehalten. Von der Rechtsbeschwerde ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, welche zusätzlichen Äußerungen der Betroffenen geeignet gewesen wären, auf die Entscheidung über die Veröffentlichung und den Inhalt der Pressemitteilung (weiteren) Einfluss zu nehmen.
33(b) Der Einwand der Rechtsbeschwerde, die Pressemitteilung komme einer Veröffentlichung des Tenors der Entscheidung gleich, der ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis darstelle, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Insoweit kann offenbleiben, in welchen Fällen es sich bei dem Tenor einer Untersagungsverfügung in Verbindung mit der Unternehmensbezeichnung um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (vgl. Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfg, 10. Aufl., § 30 Rn. 13), also um Tatsachen, Umstände und Vorgänge handelt, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (vgl. , BGHZ 240, 1 Rn. 47 - Google-Offenlegung). Der Bundesnetzagentur war bereits infolge der begehrten Anonymisierung der Pressemitteilung betreffend die Verfahrenseinleitung bekannt, dass die Veröffentlichung des Namens der Betroffenen in Verbindung mit der Untersagungsverfügung von der Betroffenen nicht gewünscht war und für das Ansehen der Betroffenen im wirtschaftlichen Verkehr nachteilig sein kann. Die Kenntnis dieser Umstände genügt für eine sachbezogene Rechtsgüterabwägung.
34(4) Die Bundesnetzagentur hat ausweislich des vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Verwaltungsvorgangs eine umfangreiche Abwägung vorgenommen und dabei das erhebliche öffentliche Interesse als legitimen Zweck der Veröffentlichung, die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Information durch die Pressemitteilung sowie ihre Angemessenheit geprüft. Das Ergebnis dieser Abwägung, nach dem die Bundesnetzagentur dem öffentlichen Interesse an der Information über die Untersagungsverfügung den Vorrang gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen eingeräumt hat, ist nicht zu beanstanden. Die dagegen gerichteten Einwände der Rechtsbeschwerde greifen nicht durch.
35(a) Die Bundesnetzagentur hat bei ihren Erwägungen die berechtigten Interessen der Betroffenen umfassend berücksichtigt. Danach liegt zwar der eigentliche - gerechtfertigte - Eingriff in die Berufsfreiheit in der Untersagungsverfügung. Die Veröffentlichung des Ergebnisses des Untersagungsverfahrens durch die Pressemitteilung setzt diesen Eingriff lediglich fort. Sie hat indes aufgrund einer etwaigen Folgewirkung bei Aufhebung der Untersagungsverfügung einen eigenen Eingriffscharakter. Insoweit hat die Bundesnetzagentur bedacht, dass der Pressemitteilung der Aufsichtsbehörde ein schwereres Gewicht als der allgemeinen Presseberichterstattung zukommt, da in die Arbeit behördlicher Institutionen ein Grundvertrauen der Bevölkerung besteht. Die Kenntnis der Öffentlichkeit von der regulierungsbehördlichen Untersagung ihrer Tätigkeit als Energielieferantin von Haushaltskunden ist für das Ansehen der Betroffenen im wirtschaftlichen Verkehr nachteilig. Auch bei Aufhebung der Entscheidung im Rechtsmittelverfahren kann ein negatives Bild in der Öffentlichkeit verbleiben, das zukünftige Vertragsabschlüsse erschweren und eine Insolvenz des Unternehmens zur Folge haben kann.
36(b) Demgegenüber durfte die Bundesnetzagentur dem Schutz der Haushaltskunden und anderer Vertragspartner sowie dem Interesse der Öffentlichkeit an transparenten, fairen und verbraucherorientierten Energiemärkten sowie der Transparenz ihrer Verwaltungsentscheidungen ebenfalls erhebliches Gewicht beimessen. Mit der Veröffentlichung regulierungsbehördlicher Untersagungsverfügungen verfolgt die Bundesnetzagentur diese gewichtigen Ziele. Sie wahrt damit auch das Interesse der Öffentlichkeit an der Überwachung von Energielieferanten und an der Information über die von der Bundesnetzagentur bei nicht rechtstreuem Verhalten ergriffenen Maßnahmen sowie hinsichtlich der geführten Verwaltungsverfahren und deren Dauer. Die Bundesnetzagentur hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass das öffentliche Interesse in Bezug auf die Tätigkeit von Energielieferanten, die Haushaltskunden beliefern, unter anderem durch die in § 5 EnWG geregelten Veröffentlichungspflichten verdeutlicht wird. Die Erweiterung der Bestimmungen über die Anzeige der Aufnahme und Beendigung der Energiebelieferung von Haushaltskunden in § 5 EnWG sollte der höheren Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher dienen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung vom , BT- Drucks. 20/1599, S. 50 f.). Dies entspricht auch den unionsrechtlichen Vorgaben. Nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (ABl. EU L 158 vom , S. 125 bis 199) soll die Richtlinie für die "Schaffung wirklich [...] verbraucherorientierter, fairer und transparenter Elektrizitätsmärkte in der Union" sorgen. Ferner werden die Ziele "gut funktionierender und transparenter Endkundenmärkte in der Gemeinschaft" in Art. 45 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. EG L 211 vom , S. 94 bis 136) beziehungsweise eines "transparenten Markt[s] für Erdgas in der Union" in Art. 1 Abs. 2 der - zwischenzeitlich in Kraft getretenen - Richtlinie (EU) 2024/1788 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über gemeinsame Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbares Gas, Erdgas und Wasserstoff, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2023/1791 und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/73/EG (ABl. EU L 2024/1788 vom ) verfolgt.
37(c) Die Bundesnetzagentur hat die von ihr vollständig ermittelten und zutreffend gewichteten Interessen abgewogen und ohne Ermessensfehler dem öffentlichen Interesse an der Information den Vorrang eingeräumt. Insbesondere liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde in der - von der Ermächtigungsgrundlage in § 74 Satz 2 EnWG aF umfassten (vgl. Rn. 15 bis 22) - namentlichen Nennung der Betroffenen kein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
38(aa) Zur Erreichung des mit § 74 Satz 2 EnWG aF in Verbindung mit § 5 Abs. 5 Satz 1 EnWG verfolgten Zwecks, zum Schutz der Haushaltskunden Transparenz über die Tätigkeit von Energielieferanten zu schaffen, ist die namentliche Nennung geeignet und erforderlich. Einer Mitteilung über die Untersagung der Tätigkeit als Energielieferant von Haushaltskunden ohne namentliche Nennung des Energielieferanten käme kein Informationsgehalt zu. Insbesondere kann eine Pressemitteilung die ihr zukommende Informations- und Warnfunktion nicht erfüllen, wenn für die Öffentlichkeit nicht erkennbar ist, an welches Unternehmen die Untersagungsverfügung gerichtet ist. Dabei durfte die Bundesnetzagentur das in Bezug auf die Betroffene bestehende besondere öffentliche Informationsinteresse wegen der in der Vergangenheit erfolgten Kündigungen gegenüber mehreren hunderttausend Haushaltskunden und der damit einhergehenden erheblichen Verunsicherung einer großen Zahl von Haushaltskunden als gewichtigen Aspekt in die Abwägung einstellen. Die Beendigung der Tätigkeit der Betroffenen erfuhr wegen der damit verbundenen Folgen für Letztverbraucher und Grundversorger eine erhebliche mediale Aufmerksamkeit. Es bestand daher ein großes Interesse der Öffentlichkeit daran, zu erfahren, ob die Betroffene wieder tätig werden durfte. Zudem durfte die Bundesnetzagentur berücksichtigen, dass die Pressemitteilung mit Blick auf bereits vorhandene negative Presseberichte über die Betroffene keine mediale Zäsur bedeutete.
39(bb) Der Einwand der Rechtsbeschwerde, eine entsprechende Warnung sei nur dann erforderlich und angemessen, wenn es Anzeichen dafür gegeben hätte, dass die Beschwerdeführerin trotz bestehender Untersagungsverfügung den Wiedereintritt in den Gasmarkt vorbereite, greift nicht durch. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde durfte die Bundesnetzagentur von entsprechenden Anhaltspunkten ausgehen. Die Betroffene ermöglichte nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts auf ihrer Internetseite interessierten Neukunden die Registrierung mit dem Hinweis, dass diese ein Angebot erhielten, sobald die Tarife wieder verfügbar seien, ohne das Untersagungsverfahren zu erwähnen. Im Zusammenhang mit dem vorherigen, von der Bundesnetzagentur festgestellten nicht rechtstreuen Verhalten der Betroffenen bei Ausspruch der Kündigungen gegenüber hunderttausenden von Haushaltskunden (vgl. VI-3 Kart 231/23, juris Rn. 151 bis 184) hatte die Bundesnetzagentur keine Veranlassung zur sicheren Annahme, die Betroffene werde sich an die Untersagungsverfügung halten, zumal bereits das Einwerben von Neukunden ein Handeln im geschäftlichen Verkehr darstellt. Im Übrigen hatten auch die zum Zeitpunkt der Tätigkeitsuntersagung registrierten Neukunden ein erhebliches Interesse an der Information. Sie stellten einem Unternehmen ihre Daten zur Verfügung, das keine Tätigkeit als Energielieferantin ausüben durfte und seine Kunden darüber nicht informierte.
40(cc) Der Pressemitteilung vom fehlt es wegen der namentlichen Nennung auch nicht an der Angemessenheit. Die entsprechenden Ermessenserwägungen lassen eine ausreichende Berücksichtigung der Interessen der Betroffen erkennen. Die Bundesnetzagentur hat erkannt, dass sie als privilegierte Quelle besonderes Vertrauen der Öffentlichkeit in Anspruch nimmt. Sie hat zur Abmilderung der Eingriffsintensität und, weil sie dies zum Schutz der Haushaltskunden nicht als zwingend notwendig ansah, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, allein das abstrakte Ergebnis des Untersagungsverfahrens mitzuteilen. In der Folge hat sie die Öffentlichkeit mit der Pressemitteilung nur über den Umstand der Untersagung informiert und von der Veröffentlichung der vollständigen Verfügung abgesehen, weil sich daraus Einzelheiten zum Grund der Untersagung ergeben hätten. Dadurch sollte für den Fall einer Rücknahme oder Aufhebung der Untersagungsverfügung sichergestellt werden, dass der Öffentlichkeit keine über die Untersagung hinausgehenden, das Unternehmen belastenden Informationen bekannt werden konnten.
41(dd) Die Bundesnetzagentur hat auch - anders als die Rechtsbeschwerde meint - durch die namentliche Nennung der Betroffenen das bei amtlichen Äußerungen zu beachtende Sachlichkeitsgebot (vgl. hierzu , BVerfGE 105, 252 [juris Rn. 61]; , juris Rn. 14 mwN; , AfP 2019 Rn. 21) nicht verletzt. Die Pressemitteilung beschränkt sich inhaltlich auf die Wiedergabe des zur Information der Öffentlichkeit unabdingbaren Ergebnisses des Verwaltungsverfahrens, nämlich auf die allgemein gehaltene Aussage, dass die Betroffene die gesetzlichen Regeln nicht einhalte, die einer sicheren und verbraucherfreundlichen Energieversorgung dienen, und die Bundesnetzagentur ihr daher die Tätigkeit als Energielieferant zum Schutz der Haushaltskunden untersagt habe. Auf eine darüberhinausgehende Darlegung konkreter Gründe für die Untersagungsentscheidung oder bestimmter Tatsachen, aus denen die Unzuverlässigkeit hergeleitet wurde, hat die Bundesnetzagentur verzichtet. Nachteilige Folgen für das Ansehen und die wirtschaftliche Betätigung der Betroffenen durch die identifizierende Pressemitteilung wurden damit soweit wie möglich begrenzt und nur insoweit in Kauf genommen, wie die Offenlegung zur Information und dem Schutz der Haushaltskunden unabdingbar war. Nicht ersichtlich ist, dass die Veröffentlichung oder der Inhalt der Pressemitteilung auf sachfremden Erwägungen beruhen. Die von der Rechtsbeschwerde hierzu angeführte E-Mail vom bezieht sich schon nach den zeitlichen Abläufen nicht auf die Pressemitteilung vom .
42(d) Dass die Pressemitteilung keinen Hinweis auf die fehlende Bestandskraft der Untersagungsverfügung enthält, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Veröffentlichung.
43(aa) Die Formulierung, die Betroffene halte "nach Auffassung der Bundesnetzagentur" die maßgeblichen gesetzlichen Regeln nicht ein, verdeutlicht in hinreichender Weise die Möglichkeit einer abweichenden Bewertung des zur rechtlichen Überprüfung der Untersagungsverfügung berufenen Gerichts. Die Rechtsbeschwerde kann demgegenüber aus § 34 Abs. 1d Satz 2 AMG, wonach die zuständige Bundesoberbehörde die Informationen nach § 34 Abs. 1 und 1b AMG - unter anderem zur Erteilung und Versagung der Zulassung eines bestimmten Arzneimittels - mit Erlass der Entscheidung unter Hinweis auf die fehlende Bestandskraft zur Verfügung stellt, nichts für sie günstiges herleiten. Angesichts des begrenzten - auf Entscheidungen im Zusammenhang mit der Arzneimittelzulassung beschränkten - Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kann ihr kein allgemeiner Grundsatz entnommen werden, nach dem Veröffentlichungen behördlicher Entscheidungen stets des Hinweises auf ihre (zunächst) fehlende Bestandskraft bedürfen. Das Fehlen einer vergleichbaren Vorgabe in § 74 EnWG deutet vielmehr darauf hin, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Veröffentlichung regulierungsbehördlicher Entscheidungen eines solchen Hinweises nicht bedarf.
44(bb) Die von der Rechtsbeschwerde angeführte Rechtsprechung, nach der eine zutreffende behördliche Berichterstattung über kartellbehördliche Bußgeldentscheidungen einen Hinweis darauf voraussetzen "dürfte", dass die mitgeteilte Entscheidung angefochten und zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden kann (so VI-Kart 5/14 [V], NZKart 2015, 57 [juris Rn. 46]), ist schon nicht auf den hiesigen Sachverhalt übertragbar. Die in der dortigen Entscheidung behandelte Pressemitteilung des Bundeskartellamts betraf ein kartellbehördliches Bußgeldverfahren, für das - ebenso wie für Strafverfahren - die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK gilt. Demgegenüber ist die Untersagungsverfügung gegenüber der Betroffenen gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 EnWG eine verwaltungsrechtliche Handlung ohne Sanktionscharakter. Sie dient der Abwehr von Gefahren, die von einem unzuverlässigen Unternehmen ausgehen, und bezweckt präventiv den Schutz von Haushaltskunden als potentiellen Vertragspartnern. Auf Verwaltungsverfahren findet die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK keine Anwendung (vgl. , AfP 2020, 137 Rn. 19; [juris Rn. 44]; [juris Rn. 11 bis 17]; [juris Rn. 37]; , juris Rn. 6 und 9).
45(e) Die Pressemitteilung ist schließlich nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Bundesnetzagentur den Standpunkt der Betroffenen hätte wiedergeben müssen. Abgesehen davon, dass ein abweichender Standpunkt des Betroffenen bei einem behördlichen Untersagungsverfahren auf der Hand liegt, wird er aus der Formulierung deutlich, die Betroffene halte "nach Auffassung der Bundesnetzagentur" die gesetzlichen Regeln nicht ein. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, Verdachtslagen seien offen darzustellen und die Pressemitteilung erweise sich wegen des Fehlens einer Stellungnahme der Betroffenen als vorverurteilend, verkennt sie, dass die Pressemitteilung keine Verdachtslage betrifft, sondern das Ergebnis eines abgeschlossenen und auf positiven Feststellungen beruhenden Verwaltungsverfahrens mitteilt. Im Übrigen wird - wie ausgeführt - der der Untersagungsverfügung zugrundeliegende Sachverhalt im Interesse der Betroffenen nicht wiedergegeben, so dass auch aus diesem Grund die Schilderung des Standpunkts der Betroffenen entbehrlich ist. Bei der Aufnahme näherer Ausführungen zur Auffassung der Betroffenen hätte es für eine sachgerechte Information der Öffentlichkeit detaillierter Angaben zum Grund der Untersagungsverfügung bedurft.
46C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO.
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ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:170625BENVR10.24.0
Fundstelle(n):
wistra 2025 S. 3 Nr. 7
ZAAAK-00780