Suchen Barrierefrei
BGH Urteil v. - X ZR 134/23

Instanzenzug: Az: 6 Ni 14/22 Urteil

Tatbestand

1Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 11 2009 005 536 (Streitpatents), das am angemeldet worden ist und ein Bremssystem betrifft. Das Streitpatent ist im Wege der Teilung aus der Patentanmeldung 11 2009 004 636 hervorgegangen.

2Patentanspruch 1, auf den neun weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der erteilten Fassung:

Verfahren zur Steuerung einer elektromotorischen Bremskraftverstärkung, bei dem der Hauptbremszylinder oder Tandem-Hauptbremszylinder (5) von einem Elektromotor (11, 12) angetrieben wird, wobei eine Bremsbetätigungseinrichtung (16, 16a, 14) im normalen Bremsbetrieb kraftunterstützend auf eine Spindel (13) und/oder einen Kolben (24) des Bremskraftverstärkers wirkt, umfassend die Schritte: a. Erfassen eines Kolbenwegs (sK) des Hauptbremszylinders oder Tandem-Hauptbremszylinders (5), wobei der Kolbenweg (sK) über einen Drehwinkelgeber (4) des Elektromotors (11, 12) erfasst wird; b: Erfassen eines Hubs der Bremsbetätigungseinrichtung (16, 16a, 14); c: Bestimmen einer Wegdifferenz (Δh) zwischen Kolben (24) und Bremsbetätigungseinrichtung (16, 16a, 14), basierend auf dem Kolbenweg (sK) und dem erfassten Hub der Bremsbetätigungseinrichtung (16, 16a, 14); d: Verwenden der Wegdifferenz (Δh) zur Steuerung der elektromotorischen Bremskraftverstärkung.

3Patentanspruch 11 schützt ein Bremssystem mit einer Steuerung, die dazu ausgebildet ist, ein solches Verfahren durchzuführen. Patentanspruch 12, auf den ein weiterer Anspruch zurückbezogen ist, schützt ein Hybridfahrzeug mit einem solchen Bremssystem.

4Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinaus und sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und hilfsweise in elf geänderten Fassungen verteidigt.

5Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie das Streitpatent in der Fassung des erstinstanzlichen Hilfsantrags 8 sowie hilfsweise in einer geänderten Fassung verteidigt.

Gründe

6Die Berufung ist zulässig und begründet.

7I. Das Streitpatent betrifft ein Bremssystem mit einem elektromotorischen Bremskraftverstärker.

81. Bei Systemen dieser Art treibt ein Elektromotor den Kolben eines Hauptbremszylinders oder Tandem-Hauptbremszylinders an, um Bremsdruck aufzubauen.

9Wie die Beschreibung ausführt, haben sich Anti-Blockier-System (ABS) und Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) als wirksame Systeme zur Erhöhung der Sicherheit erwiesen. Es werde daran gearbeitet, den mit diesen Systemen verbundenen Aufwand zu reduzieren.

10Im Stand der Technik seien unterschiedliche Ausführungen von Bremssystemen mit elektromotorischer Bremskraftverstärkung bekannt.

11Das in der deutschen Patentanmeldung 10 2005 018 649 (NK4) beschriebene System sehe einen Wegsimulator vor mit zusätzlichen Funktionen und Aktuatoren für den Fall, dass der Antrieb ausfalle. Die Lösung unter Einsatz eines Wegsimulators sei aufwändig (Abs. 3). Damit im ABS-Betrieb keine Pedalrückwirkung erfolge, sei ein Leerhub zwischen Pedal und Antriebseinrichtung vorgesehen. Nachteilig sei hierbei, dass bei Ausfall des Antriebs ein zusätzlicher Pedalweg notwendig sei (Abs. 5).

12Aus der französischen Patentanmeldung 2 860 474 (NK5) sei ein System bekannt, bei dem das Bremspedal direkt über einen Pedalstößel auf den Kolben des Bremskraftverstärkers einwirke. Diese über das Bremspedal auf den Kolben ausgeübte Kraft werde im normalen Bremsbetrieb verstärkt, indem ein Elektromotor eine Bremskraftunterstützung über eine Spindel einregle. Die erforderliche Unterstützungskraft werde anhand der vom Bremspedal auf den Kolben aufgebrachten Kraft bemessen. Dies habe sich jedoch als nicht praktikabel herausgestellt (Abs. 6).

13Aus der deutschen Patentanmeldung 10 2004 050 103 (NK6) sei ein Bremskraftverstärker bekannt, bei dem ein Pedal über ein Gestänge und ein Federelement mechanisch auf die Kolben eines Tandem-Hauptzylinders einwirke. Zumindest der Hauptzylinder werde über einen Motor mittels eines Mitnehmers verstellt. Der Motor ermögliche jedoch ausschließlich eine Kraftbeaufschlagung auf den Kolben (Abs. 8).

142. Vor diesem Hintergrund besteht das technische Problem darin, ein Verfahren zur Steuerung eines elektromotorischen Bremskraftverstärkers bereitzustellen, das die Nachteile des Standes der Technik vermeidet.

153. Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 in der mit der Berufung verteidigten Fassung ein Verfahren vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):

1. Verfahren zur Steuerung eines elektromotorischen Bremskraftverstärkers

1.1 bei dem der Hauptbremszylinder oder Tandem-Hauptbremszylinder (5) von einem Elektromotor angetrieben wird,

1.2 wobei eine Bremsbetätigungseinrichtung (16, 16a, 14) im normalen Bremsbetrieb kraftunterstützend auf eine Spindel (13) und/oder einen Kolben (24) des Bremskraftverstärkers wirkt,

umfassend die Schritte:

a) Erfassen eines Kolbenwegs (sK) des Hauptbremszylinders oder Tandem-Hauptbremszylinders (5) über einen Drehwinkelgeber (4) des Elektromotors (11, 12);

b) Erfassen eines Hubs der Bremsbetätigungseinrichtung (16, 16a, 14);

c) Bestimmen einer Wegdifferenz (Δh) zwischen Kolben (24) und Bremsbetätigungseinrichtung (16, 16a, 14), basierend auf dem erfassten Kolbenweg (sK) und dem erfassten Hub der Bremsbetätigungseinrichtung (16, 16a, 14)

d) Verwenden der Wegdifferenz (Δh) zur Steuerung der elektromotorischen Bremskraftverstärkung;

164. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung.

17a) Nach Merkmal 1.2 weist das Bremssystem eine Bremsbetätigungseinrichtung auf.

18aa) Eine solche Bremsbetätigungseinrichtung umfasst das Bremspedal sowie eventuell weitere Komponenten, die mit dem Bremspedal verbunden sind und die auf dieses vom Fahrzeugführer ausgeübte Kraft weiterleiten.

19bb) Bei dem in der Beschreibung des Streitpatents geschilderten und in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiel sind als weitere Komponenten ein Pedalstößel (16a) und eine Übertragungseinrichtung (14) vorgesehen.

20cc) Das der erteilten Fassung hinzugefügte Merkmal 1.2.1 sieht vor, dass die Bremsbetätigungseinrichtung mindestens ein Bremspedal und eine Übertragungseinrichtung umfasst.

21Bei einer Übertragungseinrichtung handelt es sich um eine Komponente, die geeignet ist, die auf das Bremspedal ausgeübte Kraft an den Kolben weiterzuleiten. Weitergehende Anforderungen sind dem Anspruch nicht zu entnehmen.

22b) Nach Merkmal 1.2 wirkt die Bremsbetätigungseinrichtung im normalen Bremsbetrieb kraftunterstützend auf den Kolben ein. Die von der Bremsbetätigungseinrichtung eingeleitete Kraft tritt danach neben die Kraft, die durch den Elektromotor des Bremskraftverstärkers auf den Kolben ausgeübt wird.

23Damit grenzt sich das Streitpatent von einem Bremssystem mit Wegsimulator ab, bei dem es nur ausnahmsweise, insbesondere bei einem Ausfall des Elektromotors, zu einer unmittelbaren Einwirkung der Bremsbetätigungseinrichtung auf den Kolben kommt, während im regulären Bremsbetrieb die auf den Kolben wirkende Kraft ausschließlich durch den Bremskraftverstärker ausgeübt wird, der hierfür beispielsweise den Hub des Bremspedals auswertet.

24Mit dem Begriff "Kolben" im Sinne von Patentanspruch 1 sind diejenigen Komponenten gemeint, die von der Bremsbetätigungseinrichtung und vom Elektromotor des Bremskraftverstärkers bewegt werden, um Bremsdruck im Hauptbremszylinder aufzubauen. Bei dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 umfasst der Kolben einen Druckstangenkolben (24), einen Stößel (21) und eine Spindel (13).

25c) Merkmale a) bis d) sehen vor, dass der Kolbenweg des Hauptbremszylinders und der Hub der Bremsbetätigungseinrichtung erfasst werden, die Differenz dieser Wege bestimmt und diese Wegdifferenz zur Steuerung des Bremskraftverstärkers verwendet wird.

26aa) Nach Merkmal a) wird der Kolbenweg des Hauptbremszylinders über einen Drehwinkelgeber des Elektromotors erfasst.

27bb) Nach Merkmal b) wird zudem der Hub der Bremsbetätigungseinrichtung erfasst.

28Nähere Vorgaben dazu, wie dies geschieht, sind Patentanspruch 1 nicht zu entnehmen. Anspruch 3 und die Beschreibung (Abs. 43) sehen vor, dass dieser Hub durch einen Pedalhubsensor erfasst wird.

29cc) Mit der in Merkmal c) erwähnten Wegdifferenz bezeichnet das Streitpatent den Unterschied zwischen dem Weg, den die Bremsbetätigungseinrichtung zurücklegt, und dem Weg, den der Kolben zurücklegt (Abs. 13).

30Wie die Beschreibung des Streitpatents erläutert, kann es zu einer solchen Wegdifferenz kommen, wenn zwischen der Bremsbetätigungseinrichtung und dem Antrieb des Hauptbremszylinders eine Feder angeordnet ist.

31Die Funktion eines solchen Federelements ergibt sich aus den Erläuterungen zu Figur 1 in der Beschreibung.

32Danach zeigt Figur 1 zwei unterschiedliche Gestaltungen, von denen eine oberhalb, die andere unterhalb der horizontal verlaufenden gestrichelten Linie schematisch dargestellt ist.

33In der unteren Hälfte wirkt die Übertragungseinrichtung (14) im normalen Bremsbetrieb nach Überwinden eines Leerhubs Δs unmittelbar auf die Spindel (13) (Abs. 29).

34In der oberen Hälfte ist ein Federelement (20) vorgesehen, das über eine Scheibe (18) auf die Spindel (13) wirkt. Übt der Fahrer Kraft auf die Bremsbetätigungseinrichtung auf, wird diese Kraft nicht durch einen unmittelbaren Kontakt zwischen der Bremsbetätigungseinrichtung und der Spindel auf diese übertragen, sondern über das Federelement, welches dabei gestaucht wird (Abs. 30). Im ABS-Betrieb dient das Federelement dazu, die durch schnelle Kolbenrückstellungen auftretenden Stöße auf die Bremsbetätigungseinrichtung zu dämpfen (Abs. 30).

35Ist der Leerhub Δs überwunden, wirkt die vom Fahrzeugführer auf die Bremsbetätigungseinrichtung ausgeübte Kraft über das Federelement auf den Kolben ein. Das Federelement wird dabei gestaucht. Dies kann zu einer Wegdifferenz führen, also dazu, dass der Weg, den die Bremsbetätigungseinrichtung zurücklegt, weiter ist als der Weg, den der Kolben zurücklegt (Abs. 13, Abs. 31).

36dd) Merkmal d) sieht vor, dass die Steuereinrichtung den Antrieb des Bremskraftverstärkers in Abhängigkeit von der erfassten Wegdifferenz ansteuert.

37d) Nach Merkmal 1.4 ist ein Leerhub Δs vorgesehen, der bei jeder Bremsung überwunden werden muss.

38Nach den Feststellungen des Patentgerichts ist unter einem Leerhub ein Weg zu verstehen, den die Bremsbetätigungseinrichtung zu Beginn eines Bremsvorgangs zurücklegt, ohne dass bereits der Druckaufbau im Arbeitsraum des Hauptbremszylinders beginnt.

39Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff im Streitpatent abweichend zu verstehen ist, sind nicht ersichtlich.

40Nach der Beschreibung des Streitpatents ist der Einbau eines (kleinen) Leerhubs zwischen Betätigungseinrichtung und Antrieb vorteilhaft, weil damit Sensortoleranzen, wie beispielsweise unterschiedliche Offset-Spannungen normiert werden können (Abs. 13).

41e) Merkmal 1.5 gibt vor, dass der Leerhub dadurch bewirkt wird, dass eine Feder die Übertragungseinrichtung vom Kolben abhebt.

42Im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 ist eine Feder (17) vorgesehen, die die Übertragungseinrichtung um die Distanz Δs von der Spindel (13) abhebt. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Spindel Teil des Kolbens im Sinne von Patentanspruch 1. Danach muss die Feder, die die Übertragungseinrichtung um einen Leerhub vom Kolben abhebt, so ausgelegt sein, dass ihre Stauchung durch die Übertragungseinrichtung noch keine Bewegung des Kolbens veranlasst, die bereits zu einem Druckaufbau im Hauptbremszylinder führt.

43II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:

44Der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei ausgehend von NK5 durch das US-amerikanische Patent 7 367 187 (NK1) nahegelegt.

45NK5 zeige ein Bremssystem, das die Merkmale 1.1 und 1.2 vorwegnehme. Im normalen Bremsbetrieb wirke die Bremsbetätigungseinrichtung über das Federelement und die Reaktionsscheibe kraftunterstützend auf den Kolben ein. Die Bremsbetätigungseinrichtung nach NK5 umfasse neben dem Bremspedal auch eine Steuerstange und einen Plungerkolben, wodurch Merkmal 1.2.1 verwirklicht werde. NK5 sehe ferner Mittel vor, beispielsweise einen Kraftsensor oder einen Dehnungsmessstreifen, mit denen die relative Bewegung zwischen Bremsbetätigungseinrichtung und Kolben erfasst werden könne, um auf dieser Grundlage den Elektromotor und damit die Verschiebung des Kolbens zu steuern. Damit sei Merkmal d) vorweggenommen. Ein Ausführungsbeispiel der NK5 zeige zudem eine vorgespannte Zylinderfeder, die bewirke, dass bei Nichtbetätigung des Bremspedals die Übertragungseinrichtung vom Kolben abgehoben werde, wodurch ein Leerhub entstehe. Damit seien auch die Merkmale 1.4 und 1.5 offenbart.

46Nicht offenbart seien dagegen die Merkmale a) und b), zudem sei Merkmal c) nicht vollständig offenbart. Nach der Beschreibung der NK5 werde zwar auch dort eine Wegdifferenz zwischen Kolben und Bremsbetätigungseinrichtung erfasst. Diese Wegdifferenz werde jedoch durch einen einzigen Sensor bestimmt.

47Der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei damit neu. Er werde jedoch ausgehend von NK5 durch NK1 nahegelegt.

48Das in NK1 beschriebene Bremssystem weise als ersten Sensor ein im Gehäuse des Tandem-Hauptbremszylinders montiertes Potentiometer auf, mit dem die absolute Verschiebung des Eingangselements detektiert werden könne. Diese Verschiebung entspreche dem Hub des Bremspedals. Ein zweiter Sensor werde über eine Drehwinkelgeber realisiert, der die Position des Elektromotors bestimme und über diese auf den Kolbenweg schließe. Die Signale beider Sensoren würden einer Steuerung zugeführt, mit der der Bremsbetrieb gesteuert werde. Damit seien in NK1 die Verfahrensschritte gemäß den Merkmalen a), b) und c) offenbart.

49Die in NK1 offenbarten Sensoren stellten für den Fachmann, ein Team, das aus einem Ingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik und einem Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik bestehe, das über mehrere Jahre Erfahrung mit der Entwicklung und Konstruktion von Bremssystemen verfüge, ein Äquivalent zu dem Sensor der NK5 dar. Es bedürfe keiner erfinderischen Tätigkeit, die Sensorik der NK1 anstelle der in NK5 offenbarten Sensorik auszuwählen und einzusetzen. Damit gelange man zu einem Verfahren gemäß Patentanspruch 1.

50III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsrechtszug nicht stand.

511. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung durch NK5 nicht vollständig vorweggenommen wird.

52a) Gegenstand der NK5 ist ein Bremssystem mit einem elektromotorisch betriebenen Bremskraftverstärker.

53Nach der Beschreibung der NK5 sind im Stand der Technik Bremskraftverstärker bekannt, die einen Spindelantrieb umfassen, der die Drehbewegung des Elektromotors in eine Drehbewegung der Spindel umwandelt, die einen Hilfskolben in Richtung des Hauptbremszylinders verstellt. Der Bremskraftverstärker werde durch eine Steuerstange betätigt, die durch das Bremspedal verstellt werde. Dabei messe ein Kraftsensor die durch den Fahrer auf das Bremspedal aufgebrachte Kraft. Die so gewonnene Information werde an die Steuereinrichtung übertragen, die anhand dessen den Elektromotor steuere.

54Es sei jedoch sehr aufwändig, Bremsregeln zu erstellen, die dem Fahrerwunsch möglichst nahekommen. Zudem sei die an den Fahrer ausgegebene mechanische Reaktion des Bremskreises - das sogenannte Pedalgefühl - insbesondere zu Beginn des Bremsvorgangs wenig realistisch. Erwünscht sei ein Bremskraftverstärker, der ein Pedalgefühl hoher Qualität vermittle und einfache Steuerregeln ermögliche.

55Dazu schlägt NK5 einen Bremskraftverstärker vor, bei dem eine Steuerstange einerseits mit dem Bremspedal, andererseits mit einem gleitend im Hilfskolben gelagerten Plungerkolben verbunden ist und bei dem der Elektromotor so gesteuert wird, dass er den Hilfskolben bei jeder Verschiebung des Plungerkolbens in einer Weise verstellt, dass eine Gleichgewichtsposition zwischen Plungerkolben und Hilfskolben wiederhergestellt wird. Hierfür sind Mittel vorgesehen, die die Relativverschiebung zwischen dem Plungerkolben und dem Hilfskolben erfassen und die erfassten Daten an eine Steuereinrichtung übertragen, die den Elektromotor entsprechend ansteuert und in Gang setzt. Ferner weist der Bremskraftverstärker nach der NK5 eine Reaktionsscheibe aus elastisch verformbarem, im Wesentlichen inkompressiblem Material auf, die geeignet ist, die vom Fahrer mittels des Plungerkolbens aufgebrachte Kraft, die durch den Hilfskolben aufgebrachte Unterstützungskraft und eine von der Schubstange aufgebrachte Reaktionskraft zusammenzuführen (S. 1 f.).

56Die nachstehend wiedergegebene Figur 1 der NK5 zeigt ein Ausführungsbeispiel, Figur 1c eine Detailansicht dazu.

57In einem Gehäuse (2) ist ein Elektromotor (4) untergebracht, dessen Rotor (8) eine ringförmige Hülse (12) antreibt. In dieser ringförmigen Hülse ist ein Hilfskolben (20) angeordnet, der ein vorderes Ende (24) und ein hinteres Ende (22) aufweist. Das vordere Ende (24) stützt sich mit seiner Rückseite (26) an der vorderen Querseite (28) des Rings (12) ab.

58Der Hilfskolben (20) weist einen Durchtritt auf, in dem ein Plungerkolben (32) gleitend gelagert ist. Der Plungerkolben (32) nimmt an seinem hinteren Ende (34) das vordere Ende (35) der Steuerstange (36) auf, die mit dem Bremspedal verbunden ist (S. 5).

59Das vordere Ende (37) des Plungerkolbens ist geeignet, mit der Rückseite (38) einer Reaktionsscheibe (40) aus inkompressiblem und elastisch verformbarem Material in Kontakt zu treten (S. 5, Z. 40 ff.). In unbetätigtem Zustand der Bremse ist zwischen dem vorderen Ende (37) des Plungerkolbens (32) und der Rückseite (38) der Reaktionsscheibe (40) ein Spiel vorgesehen (S. 6 Z. 8 f.).

60Die Reaktionsscheibe (40) stützt sich im Übrigen mit ihrer Rückseite (38) an einem radial äußeren Teil des Hilfskolbens (20) ab.

61Mit ihrer vorderen Seite (44) stützt sich die Reaktionsscheibe (40) gegen das hintere Ende (46) der Schubstange (47) ab. Diese Schubstange gibt die vom Fahrer ausgeübte Kraft und die Unterstützungskraft des Bremskraftverstärkers, die in der Reaktionsscheibe (40) zusammengeführt werden, an den Kolben (49) des Hauptbremszylinders weiter.

62Nach der Lehre der NK5 wird die relative Bewegung des Plungerkolbens gegenüber dem Hilfskolben gemessen. Dafür sind Mittel (66) vorgesehen, die eine solche Relativbewegung erkennen. Wird eine solche Bewegung erkannt, führt dies über eine Steuereinrichtung zur Zuschaltung des Elektromotors, der über den Spindelantrieb den Hilfskolben verstellt (S. 6 Z. 27 ff.).

63In dem Ausführungsbeispiel nach Figuren 1 und 1c umfassen diese Mittel ein Federelement (68), das zwischen Plungerkolben und Hilfskolben angeordnet ist, und einen Kraftsensor (70). Das Federelement stützt sich mit seinem ersten Ende (72) am Plungerkolben und mit seinem zweiten Ende (74) am Kraftsensor ab.

64Das Federelement (68) ist vorgespannt. Die dadurch im unbetätigten Zustand aufgebrachte und vom Kraftsensor erfasste Kraft kann als Referenzwert V für die Steuereinrichtung dienen (S. 6 Z. 44 ff.).

65Anhand der nachstehend wiedergegebenen Figur 1a erläutert NK5 das Geschehen bei Betätigung der Bremsvorrichtung:

66Die X-Achse bezeichnet die Eingangskraft am Bremspedal F entrée, die Y-Achse den Druck (P) im Hauptbremszylinder.

67Bringt der Fahrer Kraft auf das Bremspedal auf, wird in einer ersten Phase (PH1) zunächst nur das Spiel überwunden. Im Hauptbremszylinder wird keinerlei Druck aufgebaut (S. 7 Z. 38-41).

68Die zweite Phase (PH2) beginnt, wenn die auf die Steuerstange wirkende Kraft der Stauchung der Feder (68) entspricht. Der Kraftsensor (70) erkennt eine Abweichung ΔF vom Referenzwert V, der der Federspannung im unbetätigten Zustand entspricht. Diese Information wird an die Steuereinrichtung geleitet, die daraufhin den Elektromotor so ansteuert, dass der Hilfskolben (20) mittels des Spindelantriebs in der Weise verstellt wird, dass Hilfskolben und Plungerkolben zumindest tendenziell wieder in die Gleichgewichtsposition zurückfinden. Die zweite Phase endet, wenn die Vorderseite des Plungerkolbens (32) mit der Reaktionsscheibe (40) in Kontakt ist (S. 7 Z. 42 bis S. 8 Z. 2).

69Wird weiter Druck auf das Bremspedal ausgeübt, wird dies in der dritten Phase (PH3) über eine Stauchung des Federelements (68) vom Kraftsensor (70) erfasst und bewirkt eine entsprechende Unterstützungskraft durch den Bremskraftverstärker.

70Dieses Geschehen wird in NK5 auch anhand der nachstehend wiedergegebenen Figuren 2a und 2b erläutert.

71Diese zeigen ein zweites Ausführungsbeispiel, das sich von dem ersten Ausführungsbeispiel nach Figuren 1 und 1c dadurch unterscheidet, dass zur Erfassung der relativen Bewegung des Plungerkolbens gegenüber dem Hilfskolben neben dem Federelement (68) ein Dehnungsmessstreifen (170) und eine ringförmige Scheibe (172) vorgesehen sind. Auch hier ist das Federelement bei unbetätigter Bremse vorgespannt. Diese Vorspannung in der Gleichgewichtsposition wird vom Dehnungsmessstreifen als Referenzwert V erkannt. Jede Änderung gegenüber diesem Referenzwert entspricht einer Relativverschiebung von Plungerkolben und Hilfskolben, die über den Elektromotor des Bremskraftverstärkers eine Unterstützungskraft erzeugt (S. 8 Z. 45 ff.).

72Figur 2b zeigt Plungerkolben (32) und Hilfskolben (20) in der Gleichgewichtsposition (S. 9 Z. 26). Die Vorderseite des Plungerkolbens steht mit der Rückseite (38) der Reaktionsscheibe (40) in Kontakt.

73Figur 2a zeigt die Situation, bei der der Plungerkolben durch Betätigen des Bremspedals relativ zum Hilfskolben verschoben wird. Die Vorderseite des Plungerkolbens verformt den mittleren Bereich der aus elastisch verformbarem Material bestehenden Reaktionsscheibe. Die Relativbewegung zwischen Plungerkolben und Hilfskolben wird durch die Dehnungsemessstreifen erkannt. Dies führt zu einem Betätigungsbefehl an den Elektromotor, der den Hilfskolben verstellt, bis der Dehnungsmesstreifen keine Kraftänderung mehr detektiert, also die Gleichgewichtsposition (Figur 2b) wiederhergestellt ist.

74In der dritten Phase führt die zunehmende Eingangskraft zu einem erhöhten Druck im Hauptbremszylinder (S. 8 Z. 4 ff.).

75Die dritte Phase endet, wenn der Ring (12), der den Hilfskolben antreibt, seine maximale Position erreicht hat. Der Bremskraftverstärker kann nun keine weitere Unterstützungskraft leisten.

76In der anschließenden vierten Phase (PH4) kann nur noch die vom Fahrer auf das Bremspedal aufgebrachte Kraft zu einer weiteren Druckerhöhung führen, doch steigt der Druck weniger steil an, weil keine weitere Unterstützung durch den Bremskraftverstärker erfolgt (S. 8 Z. 8 ff.).

77b) Der Betrieb eines solchen Bremssystems nimmt die Merkmale 1 bis 1.2.1 vorweg.

78aa) Die Bremsbetätigungseinrichtung umfasst neben dem Bremspedal auch eine Steuerstange (36) und einen Plungerkolben (32), der als Übertragungseinrichtung im Sinne von Merkmal 5a anzusehen ist.

79bb) Im normalen Bremsbetrieb wirkt die Bremsbetätigungseinrichtung, wie von Merkmal 1.2 gefordert, kraftunterstützend auf den Kolben des Bremskraftverstärkers ein.

80cc) Diese kraftunterstützende Wirkung erfolgt über die Reaktionsscheibe. Nach der Beschreibung der NK5 ist die Reaktionsscheibe elastisch verformbar. Aus der oben wiedergegebenen Figur 2a ist ersichtlich, dass sich die Rückseite der Reaktionsscheibe unter der Einwirkung des Plungerkolbens verformen kann.

81c) Die Schritte nach Merkmalen a) bis d) sind nicht vollständig offenbart.

82aa) Wie bereits oben ausgeführt wurde, kann es beim Bremsvorgang dazu kommen, dass der Plungerkolben die Reaktionsscheibe verformt. In diesem Fall ist der Weg, den die Bremsbetätigungseinrichtung zurücklegt, länger als der Weg des Kolbens. Damit kann es aufgrund der Reaktionsscheibe zu einer Wegdifferenz zwischen Kolben und Bremsbetätigungseinrichtung im Sinne von Merkmal c) kommen.

83bb) NK5 offenbart auch einen Sensor zur Bestimmung der Position der Bremsbetätigungseinrichtung gemäß Merkmal b).

84Wie bereits oben erläutert wurde, dient im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 das Federelement (68) mit dem Kraftsensor (70) dazu, eine Relativbewegung des Plungerkolbens als Teil der Bremsbetätigungsvorrichtung gegenüber dem Hilfskolben zu erfassen. Im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 wird hierfür statt eines Kraftsensors (70) ein Dehnungsmessstreifen (170) eingesetzt.

85cc) Dagegen ist in NK5 ein weiterer Sensor, mit dem der Weg des Kolbens des Hauptbremszylinders oder des Tandem-Hauptbremszylinders erfasst wird, nicht offenbart. Damit fehlt es an einer Offenbarung von Verfahrensschritt a).

86Zugleich ist damit Merkmal c) nicht vollständig offenbart.

87Nach der in NK5 beschriebenen Vorgehensweise wird eine relative Bewegung zwischen dem Plungerkolben und dem Hilfskolben erfasst und zur Steuerung des Bremskraftverstärkers verwendet.

88Anders als in Patentanspruch 1 vorgesehen offenbart NK5 weder eine Erfassung des Wegs des Kolbens des Hauptbremszylinders noch eine Bestimmung der Differenz zwischen dem Weg dieses Kolbens und dem Weg der Bremsbetätigungseinrichtung durch zwei Sensoren und deren Verwendung zur Steuerung der elektromotorischen Bremskraftverstärkung.

89d) Ob die Auffassung des Patentgerichts zutrifft, dass NK5 auch die Merkmale 1.4 und 1.5 offenbart, bedarf keiner Entscheidung.

902. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts wird der Gegenstand des Streitpatents ausgehend von NK5 durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

91a) Aus NK1 ergibt sich keine Anregung, die in NK5 vorgesehene Vorgehensweise, durch einen einzigen Sensor die relative Bewegung zwischen Plungerkolben und Hilfskolben zu erfassen und zur Steuerung des Bremskraftverstärkers einzusetzen, dahin zu modifizieren, dass statt dessen durch zwei Sensoren einmal der Kolbenweg des Hauptbremszylinders und zum anderen der Hub der Bremsbetätigungseinrichtung ermittelt und die so gewonnenen Daten zur Steuerung der elektromotorischen Bremskraftverstärkung verwendet werden.

92Nach NK5 erfolgt die Steuerung der Bremskraftunterstützung anhand der relativen Bewegung zwischen dem Hilfskolben und dem Plungerkolben mittels eines (einzigen) Sensors.

93Dort wird ein Bremssystem vorgeschlagen, bei dem die Steuerung des Elektromotors so ausgelegt ist, dass der Hilfskolben bei jeder Verschiebung des Plungerkolbens in eine Gleichgewichtsposition zwischen diesen beiden Komponenten zurückfindet. Dementsprechend sind dort Mittel vorgesehen, mit denen eine relative Verschiebung von Hilfskolben und Plungerkolben erkannt wird. Wie oben bereits ausgeführt wurde, kann das beispielsweise ein Kraftsensor oder ein Dehnungsmessstreifen sein.

94Auf die Position des Kolbens des Hauptbremszylinders kommt es nach der Lehre der NK5 für die Bestimmung der Unterstützungskraft nicht an. Deshalb fehlt es an einer Anregung, einen Sensor zur Bestimmung der Kolbenposition vorzusehen und den Bremskraftverstärker in Abhängigkeit einer möglichen Wegdifferenz zwischen Kolben und Bremsbetätigungseinrichtung zu steuern.

95b) Aus NK4 ergeben sich keine weitergehenden Anregungen.

96c) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann es nicht als technisch beliebig angesehen werden, ob ein (einziger) Sensor zur Erfassung einer relativen Bewegung von Plungerkolben und Hilfskolben eingesetzt wird, um die für die Ansteuerung des Bremskraftverstärkers erforderlichen Werte zu gewinnen oder ob hierfür eine Kombination eines Sensors zur Erfassung der Wegs des Kolbens des Hauptbremszylinders und eines Sensors zur Erfassung der Bremsbetätigungseinrichtung Verwendung findet.

97IV. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 119 Abs. 1 PatG). Die Verteidigung des Streitpatents in der Fassung des Hauptantrags ist zulässig. Der so bestimmte Gegenstand geht nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen (Anl. BP2) hinaus.

98a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist BP2 hinreichend deutlich zu entnehmen, dass Schutz nicht nur für eine Vorrichtung, sondern auch für ein Verfahren beansprucht wird.

99Insbesondere wird bereits in der Stammanmeldung erläutert, dass die Wegdifferenz aus den Signalen von Pedalhubsensor und Drehwinkelsensor gewonnen und die so ermittelten Werte zur Ansteuerung des Bremskraftverstärkers verwendet werden (S. 9 Z. 18 ff.). Zudem enthalten die dort formulierten Ansprüche 24 und 25 Verfahrenselemente.

100b) Die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung von Patentanspruch 1 enthält, anders als Anspruch 1 der BP2, nicht die Angabe, dass der Hauptbremszylinder im ABS-Betrieb zum Druckabbau mit dem Elektromotor verbunden ist. Er umfasst damit auch den Fall, dass das Bremssystem kein ABS aufweist.

101Dies begründet jedoch ebenfalls keine unzulässige Erweiterung.

102Auch Anspruch 1 in der Fassung der BP2 umfasst den Fall, dass das Bremssystem kein ABS aufweist. Ihm ist lediglich zu entnehmen, dass eine Verbindung zwischen dem Hauptbremszylinder bzw. dessen Kolben und dem Elektromotor für den Fall gefordert wird, dass das Bremssystem im ABS-Betrieb betätigt wird. Auch in dieser Fassung setzt der Anspruch dagegen nicht voraus, dass das Bremssystem ein ABS umfasst. Dass ein Kraftfahrzeug ohne ABS möglicherweise zumindest in einigen Staaten bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften entsprach, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

103c) Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags enthält keine Kombination von einander ausschließenden Ausführungsformen.

104Anders als die Klägerin meint, ist ein durch eine - dort zum Teil als Rückstellfeder bezeichnete - Feder bewirkter Leerhub bei nichtbetätigtem Bremspedal in BP2 auch für eine Gestaltung vorgesehen, in der die Bremsbetätigungseinrichtung über ein Federelement kraftunterstützend auf den Kolben des Bremskraftverstärkers einwirkt, wodurch es zu einer Wegdifferenz gemäß den Merkmalen c) und d) kommen kann.

105Dem steht nicht entgegen, dass in der Beschreibung der BP2 an der von der Klägerin angeführten Stelle (S. 8 Z. 20 f.) ein Leerhub nur für die in der unteren Hälfte der Figur 1 dargestellte Ausführungsform erwähnt ist. Aus dem Zusammenhang der Beschreibung der Anmeldung ergibt sich hinreichend deutlich, dass ein Leerhub gemäß den Merkmalen 1.4 und 1.5 auch für das Ausführungsbeispiel mit einem Federelement vorgesehen ist.

106Bereits vor der angegebenen Passage spricht die Beschreibung von einer Ausführungsform mit einer starken Feder zwischen Bremsbetätigungseinrichtung und Kolben und erwähnt in diesem Zusammenhang einen Leerhub als vorteilhaft (S. 5 Z. 30 bis S. 6 Z. 10). Zudem zeigen auch die Figuren 2 bis 4 jeweils Ausführungsformen, in denen nicht nur ein Federelement (20), sondern auch ein Leerhub vorgesehen ist.

107d) Auch die Auffassung der Klägerin, der Leerhub nach den Merkmalen 1.4 und 1.5 sei in der Anmeldung als nachteilig und damit nicht als zur Erfindung gehörig offenbart, trifft nicht zu.

108Soweit der Anmeldung zu entnehmen ist, dass ein Leerhub nachteilig ist, betrifft dies - wie in der Streitpatentschrift - die in diesem Zusammenhang in Bezug genommene NK4, die jedoch ein Bremssystem mit Wegsimulator zum Gegenstand hat (S. 2 Z. 13 ff.). Demgegenüber bezeichnet die Beschreibung der Anmeldung einen Leerhub zwischen Betätigungseinrichtung und Antrieb bei der Beschreibung der vorgeschlagenen Lösung ausdrücklich als vorteilhaft (S. 6 Z. 6-10). Soweit die Anmeldung eine starke Druckfeder als vorteilhaft ansieht, um im ABS-Betrieb bei schnellem Druckabbau auftretende Stöße zu dämpfen, steht dies technisch nicht in einem Widerspruch zu einem Leerhub bei Nichtbetätigung des Bremspedals gemäß den Merkmalen 1.4 und 1.5.

109e) Merkmal 1.5 ist entgegen der Auffassung der Klägerin bereits in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbart.

110Dem steht nicht entgegen, dass danach die Feder (17) die Übertragungseinrichtung (14) von der Spindel (13) abhebt. Wie oben bereits ausgeführt wurde, umfasst der Kolben im Sinne von Patentanspruch 1 auch diese Spindel.

111V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO und § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:180925UXZR134.23.0

Fundstelle(n):
OAAAK-00775