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BGH Beschluss v. - 5 StR 307/25

Instanzenzug: LG Berlin I Az: 538 KLs 17/23

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen mehrerer Straftaten nach dem Betäubungsmittel- und dem Konsumcannabisgesetz (Handeltreiben, Beihilfe zum Handeltreiben in Tateinheit mit Besitz) schuldig gesprochen. Unter Einbeziehung einer früher verhängten Strafe hat es gegen den Angeklagten S.           eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren, gegen den Angeklagten G.           eine solche von sieben Jahren und sechs Monaten bestimmt. Außerdem hat es den Angeklagten S.            wegen Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe in Tateinheit mit Besitz von fünf Schusswaffen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen beide Angeklagte hat es zudem Einziehungsanordnungen getroffen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die von beiden Angeklagten erhobene Rüge der Verletzung des Rechts auf das letzte Wort (§ 258 Abs. 2 Halbsatz 2, Abs. 3 StPO) führt zur Aufhebung des jeweiligen Strafausspruchs.

3a) Den Rügen liegt folgendes Geschehen zugrunde: Nachdem der Vorsitzende der Strafkammer beiden Angeklagten nach den Schlussvorträgen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung Gelegenheit zum letzten Wort gegeben hatte, ordnete er den Wiedereintritt in die Beweisaufnahme an, um einen rechtlichen Hinweis zu erteilen. Danach wurde sie erneut geschlossen. Anschließend hielten Staatsanwaltschaft und Verteidigung erneut ihre Schlussvorträge. Die Angeklagten erhielten keine Gelegenheit mehr zum letzten Wort.

4b) Der Generalbundesanwalt hat zur Begründetheit der Rüge ausgeführt:

Gemäß § 258 Abs. 2 Hs. 2, Abs. 3 StPO gebührt dem Angeklagten nach dem Schluss der Beweisaufnahme und den Schlussvorträgen das letzte Wort. Tritt das Gericht darauf erneut in die Beweisaufnahme ein, ist er auf dieses Recht hinzuweisen und zu befragen, ob er noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe; denn mit dem Wiedereintritt in die Verhandlung haben die früheren Ausführungen des Angeklagten ihre Bedeutung als abschließende Äußerungen im Sinne des § 258 StPO verloren (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 35/17, Rn. 12; und vom – 3 StR 469/18, Rn. 7). Das gilt selbst dann, wenn der Wiedereintritt in die Verhandlung nur zur Erteilung eines rechtlichen Hinweises nach § 265 StPO und auch nur hinsichtlich eines von mehreren verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfen erfolgt (vgl. , BGHSt 22, 278, 280; Beschluss vom – 2 StR 308/22, Rn. 7).

5Dem schließt sich der Senat an.

6c) Die Nichterteilung des letzten Wortes begründet nicht ausnahmslos die Revision, sondern nur dann, wenn und soweit das Urteil darauf beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Dies kann indes nur in besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden.

7Angesichts der umfassenden Geständnisse der Angeklagten, deren Glaubhaftigkeit das Landgericht anhand von Encrochatdaten akribisch überprüft hat, ist die Schuld- und Einziehungsaussprüche betreffend ein solcher Ausnahmefall gegeben. Der Senat vermag jedoch nicht auszuschließen, dass das Landgericht aufgrund eines letzten Wortes der Angeklagten zu einer auch nur geringfügig anderen Bewertung und damit zu einer geringeren Strafe gelangt wäre (vgl. ; NStZ 2015, 105). Insoweit unterliegen auch die Feststellungen der Aufhebung (§ 353 Abs. 2 StPO).

82. Auf die Sachrügen waren die Schuldsprüche zu ändern und die Höhe der Anordnungen über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zu reduzieren.

9a) Nach den Feststellungen waren die Angeklagten Teil einer Gruppierung, die in regelmäßigen Abständen große Mengen Drogen aus den Niederlanden erhielt, die in Deutschland auch unter Beteiligung der Angeklagten in kleineren Tranchen weiterverkauft wurden. Das Landgericht hat jede Anlieferung und die diese betreffenden Weiterverkäufe zutreffend als eine Bewertungseinheit und daher als je eine Tat angesehen. Es ist ihm indes aus dem Blick geraten, dass für einen Abverkauf von sieben Kilogramm Kokain Teile aus zwei Lieferungen (Fälle 1 und 2 der Urteilsgründe) zusammengeführt wurden und damit eine Teilidentität der jeweiligen Ausführungshandlungen gegeben war, die beide Fälle zur Tateinheit nach § 52 Abs. 1 StGB verknüpft (vgl. , NStZ-RR 2022, 249, 250 mwN). Der Senat hat die Schuldsprüche entsprechend § 354 Abs. 1 StPO geändert.

10b) Mit Recht hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, dass der von den Angeklagten in der Hauptverhandlung erklärte Verzicht auf das bei ihnen sichergestellte Bargeld insoweit zum Erlöschen des staatlichen Einziehungsanspruchs nach §§ 73, 73c StGB geführt hat (BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 198/18, BGHSt 63, 305, 311 f.; vom – 2 StR 145/24 Rn. 17 f.).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:120825B5STR307.25.0

Fundstelle(n):
RAAAK-00547