Instanzenzug: Truppendienstgericht Nord Az: N 2 GL 8/23 Beschluss
Tatbestand
1Der Antragsteller wendet sich mit seinem am als "Anhörungsrüge" bezeichneten Antrag gegen den ihm am zugestellten, unanfechtbaren Beschluss des 2. Wehrdienstsenats vom - 2 WDB 3.25 -. Mit ihm hat dieser dessen Beschwerde gegen eine vom Truppendienstgericht für rechtmäßig erachtete vorläufige Dienstenthebung und eine teilweise Einbehaltung von Dienstbezügen wegen mehrfacher Befehlsverweigerungen und reichsbürgertypischer Äußerungen zurückgewiesen. Zur Begründung führt der Antragsteller im Wesentlichen aus, der angegriffene Beschluss des Senats sei bereits ungültig, denn es fehlten auf den Ausfertigungen die zur Identifizierung der bearbeitenden Richter erforderlichen eigenhändigen Originalunterschriften. Auch der ihm übermittelten Verfahrensakte sei kein Originalbeschluss mit drei eigenhändigen Unterschriften der Richter zu entnehmen. Es werde erneut gebeten, den von den Richtern eigenhändig unterschriebenen Originalbeschluss zu übersenden.
2Ungeachtet dessen habe der Senat sein Recht auf rechtliches Gehör sowie seinen Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt. Er habe im Beschwerdeverfahren sein Vorbringen überwiegend nicht zur Kenntnis genommen. Politische Narrative zu stützen sei nicht die Aufgabe eines unabhängigen Gerichts. Auf den wesentlichsten Punkt in Bezug auf die Zumutbarkeit einer im Impfschema der Bundeswehr enthaltenen Impfung gegen COVID-19 sei der Senat "nicht hinreichend eingegangen". Insoweit sei unter Hinweis auf Studien beantragt worden, Beweis darüber zu erheben, ob der SARS-CoV-2-Virus überhaupt existiere. Vielmehr habe der Senat über vergangene Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts "fabuliert", welche aber niemals den Beweis der Virusexistenz erbracht hätten. Der Senat drücke sich um diese entscheidende Fragestellung herum, so dass die Unabhängigkeit der bearbeitenden Richter zweifelhaft erscheine. Eine unparteiische Herangehensweise an den Fall und der entscheidenden Fragestellungen sei bisher nicht gegeben. Hätte der Senat Beweis erhoben, hätte sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit herausgestellt, dass der SARS-CoV-2-Virus nicht existiere, somit auch kein "Impfstoff" dagegen existieren könne und die Soldaten deshalb auch berechtigt gewesen seien, die befohlenen Impfungen zu verweigern. Obwohl er zudem mit unzähligen Nachweisen die ungeheure Gefährlichkeit der "Genspritzen" nachgewiesen habe, habe der Senat dies "nicht (oder nur sehr rudimentär)" zur Kenntnis genommen oder zur Kenntnis nehmen wollen. Alle seine Maßnahmen oder die seiner Schwester in Bezug auf kritische Schreiben zur Bundesrepublik Deutschland seien durch die rechtswidrige Behandlung durch die Bundeswehr verursacht worden, was sich auch daraus ergebe, dass er sich vor der Anordnung der rechtswidrigen Impfbefehle nie negativ zur Bundeswehr oder zur Bundesrepublik Deutschland geäußert habe und während seiner siebzehnjährigen Zugehörigkeit zur Bundeswehr nie negativ aufgefallen sei. Zahlreiche Darstellungen im Internet, auf die er den Senat (erneut) hinweise, belegten, dass mRNA-Impfstoffe keine Leben gerettet, sondern sie gefordert hätten. Der Gesundheitsminister der USA habe zudem die Finanzierung von mRNA-Impfstoffen gestoppt.
3Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
Gründe
4Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
51. Das als Anhörungsrüge bezeichnete Begehren ist angelehnt an den Rechtsgedanken des § 300 StPO als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs nach § 33a StPO auszulegen (vgl. 2 WDB 9.22 - juris Rn. 5; Dau/Schütz, WDO, Kommentar, 8. Aufl. 2022, § 121a Rn. 5). Denn da keine Berufungsentscheidung vorliegt, bei der nach der speziellen Regelung des § 125 Satz 1 WDO eine entscheidungserhebliche Verletzung rechtlichen Gehörs korrigiert werden kann, findet gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 WDO die Strafprozessordnung subsidiär Anwendung. § 33a StPO wird auch nicht durch § 311a StPO als speziellere Regelung verdrängt, da die angegriffene Beschwerdeentscheidung nicht ohne vorherige Anhörung des Beschwerdegegners erging; auch § 356a StPO entfaltet keine verdrängende Wirkung, da keine Revisionsentscheidung vorliegt und insoweit § 125 Satz 1 WDO vorgeht.
62. Der Antrag ist unbegründet.
7a) Er richtet sich gegen einen rechtswirksamen Beschluss. Dessen Wirksamkeit steht insbesondere nicht deshalb infrage, weil dem Antragsteller anstelle einer mit Originalunterschriften versehenen Beschlussausfertigung "nur" eine beglaubigte Abschrift übersandt wurde. Dass die übermittelte Ausfertigung bzw. beglaubigte Abschrift mit der von den an der Entscheidung mitwirkenden Berufsrichtern unterschriebenen Urschrift des Beschlusses übereinstimmt, wird durch den dem Antragsteller zur Kenntnis gebrachten Beglaubigungsvermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle belegt; dieser schließt ein, dass es eine solche, von den Berufsrichtern unterzeichnete Urschrift gibt (vgl. 2 C 3.82 - juris Rn. 44 sowie Beschluss vom - 5 B 1.25 - juris Rn. 11 m. w. N.). Die dem Antragsteller wie seinem Verteidiger übermittelten Beschlussausfertigungen beruhen ausweislich der Aktenlage auf einer von den zuständigen Richtern eigenhändig unterzeichneten Entscheidung, die durch eine qualifizierte elektronische Signatur der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle beglaubigt worden ist. Dass die Gerichtsakte nicht die Originalunterschriften der Richter ausweist, ist nicht verfahrensfehlerhaft. Dergleichen ist im Gerichtsverfahrensrecht nicht vorgeschrieben. Vielmehr entspricht es häufiger Gerichtsübung und rechtfertigt sich schon unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Beratungsgeheimnisses, die möglicherweise mit handschriftlichen Änderungen versehene Urschrift der Entscheidungsurkunde bei demjenigen Gericht gesondert aufzubewahren, das die Entscheidung getroffen hat und das auch allein befugt ist, Ausfertigungen der Entscheidung zu erteilen ( 2 C 3.82 - juris Rn. 44). Vor diesem Hintergrund ist dem Antragsteller auch nicht der eigenhändig unterschriebene Originalbeschluss zu übersenden.
8b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist durch den nicht mehr mit anderen Rechtsbehelfen angreifbaren Beschluss auch nicht verletzt worden.
9aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht dieser Pflicht nachgekommen ist. Es ist nicht gehalten, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Dies gilt namentlich bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist allerdings anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände erkennen lassen, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in der Begründung der Entscheidung nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert ist. Da Art. 103 Abs. 1 GG einen Anspruch darauf gewährt, sich vor einer gerichtlichen Entscheidung sowohl zum Sachverhalt wie auch zur Rechtslage zu äußern, gelten die vorstehenden Maßstäbe für beide Aspekte (zusammenfassend: 20 F 10.23 - NVwZ 2024, 1259 Rn. 8).
10bb) Danach liegt keine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor.
11Den Vortrag des Antragstellers, es habe keinen SARS-CoV-2-Virus gegeben und zum Beweis dessen stelle er einen Beweisantrag, hat der Senat ausweislich der Seiten 9 und 19 nicht übersehen und gewürdigt. Dass die Würdigung aus der Sicht des Antragstellers unzutreffend erfolgt ist, stellt die damit erfolgte Gewährung rechtlichen Gehörs nicht in Frage, sondern betrifft die materiell-rechtliche Bewertung des Sachverhalts, über den der Senat mit dem angegriffenen Beschluss bereits unanfechtbar entschieden hat. Auf den gegen die Richtigkeit der Erwägungen des Senats gerichteten Vortrag des Antragstellers braucht deshalb nicht erneut eingegangen zu werden, weil die Wiedereinsetzungsmöglichkeit nach § 33a StPO kein eigenständiger Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung ist. Art. 103 Abs. 1 GG verleiht keinen Anspruch darauf, dass das Gericht den Argumenten eines Verfahrensbeteiligten folgt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 2 A 12.10 - juris Rn. 4 und vom - 2 B 33.20 - juris Rn. 20).
12Entsprechendes gilt für die Rüge, der Senat habe den Vortrag zur Gefährlichkeit der "Genspritzen" nicht oder - womit der Antragsteller eine Kenntnisnahme durch den Senat bereits konzediert - "nur sehr rudimentär" zur Kenntnis genommen. Denn ausweislich Seite 19 des Beschlusses hat er diesen Vortag, wenn auch nicht in der von ihm gewünschten Weise, gewürdigt. Gewürdigt hat er ausweislich Seite 23 des Beschlusses zudem den für den Antragsteller streitenden Umstand einer - bis zu dem in Rede stehenden Dienstvergehen - beanstandungsfreien Dienstverrichtung.
133. Die Kosten des Wiedereinsetzungsantrages gehören zu den Kosten des Rechtsmittelverfahrens, mit dem der Antragsteller bereits belastet ist (vgl. - BeckRS 2020, 37265 Rn. 9, Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl. 2025, § 473 Rn. 38).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2025:130825B2WDB6.25.0
Fundstelle(n):
SAAAJ-99904