Instanzenzug: LG Magdeburg Az: 22 KLs 2/24
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Mord zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die konkrete Strafzumessung wird den Anforderungen des § 18 Abs. 2 JGG nicht gerecht.
3a) Auch wenn – wie hier – eine Jugendstrafe ausschließlich wegen der Schwere der Schuld verhängt wird, ist bei der Bemessung der Strafhöhe vorrangig der das Jugendstrafrecht beherrschende Erziehungsgedanke (§ 18 Abs. 2 JGG) zu berücksichtigen. Daneben sind auch andere Strafzwecke, bei Kapitalverbrechen und anderen schwerwiegenden Straftaten namentlich der Sühnegedanke und das Erfordernis eines gerechten Schuldausgleichs, zu beachten. Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen dabei in der Regel miteinander in Einklang, weil die charakterliche Haltung und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen sind, nicht nur für das Erziehungsbedürfnis, sondern auch für die Bewertung der Schuld von Bedeutung sind. Das nach jugendspezifischen Kriterien zu bestimmende Ausmaß der individuellen Schuld bildet wegen des bei der Jugendstrafe ebenfalls geltenden verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatzes den Rahmen, innerhalb dessen die erzieherisch erforderliche Strafe gefunden werden muss (vgl. , NStZ 2022, 749, 750; Beschluss vom – 3 StR 481/22, NStZ 2024, 111, Rn. 10, 13). Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt worden ist. Die Begründung darf nicht wesentlich oder gar ausschließlich nach solchen Zumessungserwägungen vorgenommen werden, die auch bei Erwachsenen in Betracht kommen. Eine lediglich formelhafte Erwähnung des Erziehungsgedankens reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. , aaO, Rn. 15 mwN).
4b) Hier lassen die Urteilsgründe nicht erkennen, dass das Landgericht bei der Bemessung der Strafhöhe den Erziehungsgedanken berücksichtigt hat. Es hat ausschließlich auf vorrangig im Erwachsenenstrafrecht maßgebliche Strafzumessungsgesichtspunkte wie die bisherige Straflosigkeit des Angeklagten abgestellt. Der Erziehungsgedanke hat demgegenüber keine Erwähnung gefunden. Bezeichnenderweise hat das Landgericht die Verhängung einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten allein unter dem Gesichtspunkt des Schuldausgleichs für „erforderlich“ erachtet und ausgeführt, dass nur eine Jugendstrafe in dieser Höhe „der Schwere der Schuld“ gerecht werde.
52. Die Sache bedarf deshalb im Hinblick auf den Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.
Bartel Tiemann Wenske
Fritsche Arnoldi
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:220725B6STR208.25.0
Fundstelle(n):
FAAAJ-99674