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BAG Urteil v. - 3 AZR 31/25

Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung

Instanzenzug: Az: 4 Ca 184/23 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg Az: 2 SLa 5/24 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, einen Zuschuss zur Entgeltumwandlung gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG zu zahlen.

2Die Klägerin ist seit August 1999 als Sozialversicherungsfachangestellte bei der Beklagten beschäftigt und Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Auf das Arbeitsverhältnis findet der von der Beklagten und ver.di abgeschlossene Tarifvertrag der DAK-Gesundheit vom in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 1-2022 vom (TV) Anwendung, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

3Bei der Beklagten besteht zudem eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung auf der Grundlage des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung (TV bAV). Dieser sieht die Zahlung einer Garantierente sowie einer Fondsrente an die Versorgungsberechtigten vor. § 16 Abs. 3 des TV bAV stellt klar, dass eine Verminderung der Bezüge aufgrund von Entgeltumwandlung bei der Bestimmung der Höhe der versorgungsfähigen Bezüge unberücksichtigt bleibt.

4Die Klägerin nutzt Teile ihres Tarifentgelts und der von der Beklagten auf tarifvertraglicher Grundlage gezahlten vermögenswirksamen Leistungen gemäß §§ 40, 43 TV iHv. monatlich 216,00 Euro für ihre betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung.

5Mit ihrer Klage hat die Klägerin für die Monate Januar 2022 bis einschließlich Mai 2023 die Zahlung von Arbeitgeberzuschüssen zur Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1a BetrAVG iHv. monatlich 32,40 Euro verlangt. Sie hat gemeint, aus den Regelungen in § 40 und § 43 TV ergebe sich keine eigenständige und abschließende Regelung zur Entgeltumwandlung, die von § 1a Abs. 1a BetrAVG abweiche. Ein entsprechender Wille der Tarifvertragsparteien sei nicht ersichtlich. Das bloße Fehlen einer Regelung zum Arbeitgeberzuschuss stelle noch kein Abweichen im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrAVG dar. § 40 TV regele nur den grundsätzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung in Absatz 1 und den Durchführungsweg in den Absätzen 2 und 3.

6Die Klägerin hat beantragt,

7Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

9Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

10I. Die Klage ist unbegründet.

111. Ein Anspruch der Klägerin aus § 1a Abs. 1a BetrAVG gegen die Beklagte besteht wegen einer abweichenden Regelung im TV gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG nicht. Zwar findet § 1a BetrAVG auch auf die Beklagte als Körperschaft öffentlichen Rechts Anwendung (§ 17 Abs. 2 BetrAVG). Es liegt aber mit den Bestimmungen der §§ 40, 43 TV ein den dadurch begründeten Anspruch der Arbeitnehmer auf Entgeltumwandlung abschließend regelnder Tarifvertrag vor, der jedenfalls insoweit iSv. § 19 Abs. 1 BetrAVG von § 1a BetrAVG abweicht, wie danach kein Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss wie nach § 1a Abs. 1a BetrAVG vorgesehen ist.

122. Der im TV geregelte Anspruch auf Entgeltumwandlung weicht vom gesetzlichen Anspruch nach § 1a BetrAVG ab. Der TV enthält eine bezogen auf den Anspruch auf Entgeltumwandlung abschließende Regelung. Das folgt bereits aus dem Namen der Überschrift des § 40 TV („Betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung“) und seinen den Anspruch auf Entgeltumwandlung ausführlich regelnden Bestimmungen. Systematisch schließt § 40 TV an § 39 TV zur betrieblichen Altersversorgung an. § 40 Abs. 1 TV enthält den Grundsatz und die Einzelheiten der Entgeltumwandlung. § 40 Abs. 2 TV legt für den Arbeitgeber den Durchführungsweg fest. Nur in diesem Rahmen sieht § 40 Abs. 3 TV eine freiwillige Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien vor. § 43 Abs. 2 TV ermöglicht die Umwandlung von vermögenswirksamen Leistungen. Einen Arbeitgeberzuschuss wie nach § 1a Abs. 1a BetrAVG sieht der TV nicht vor.

133. Diese Abweichung von § 1a BetrAVG ist gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG zulässig. Die Tariföffnungsklausel erfasst auch bereits vor dem geschlossene Tarifverträge. Es ist daher nicht von Bedeutung, ob § 40 TV bereits vor dem vereinbart wurde. Der Wortlaut von § 19 Abs. 1 BetrAVG, die Systematik sowie der gesetzgeberische Wille und der sich daraus ergebende Sinn und Zweck der Norm lassen nur den Schluss zu, dass bereits vor dem geschlossene Tarifverträge zur Entgeltumwandlung von § 1a BetrAVG, einschließlich des mit § 1a Abs. 1a BetrAVG neu geschaffenen Anspruchs auf einen Arbeitgeberzuschuss, abweichen können (vgl. dazu ausführlich  - Rn. 11 ff.; bestätigt - 3 AZR 53/24 - Rn. 17).

144. Ob ein Tarifvertrag eine abschließende Regelung der Entgeltumwandlung und eine von § 1a BetrAVG abweichende Regelung enthält, ist eine Frage seiner Auslegung. Das ist bei §§ 40, 43 TV wie gesehen der Fall. Es genügt, dass der TV eigenständig einen Anspruch auf Entgeltumwandlung ohne Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss wie nach § 1a Abs. 1a BetrAVG regelt. Allein dadurch sieht er eine von § 1a BetrAVG abweichende Verteilung des wirtschaftlichen Nutzens und der Lasten der Entgeltumwandlung vor. Hierfür bedarf es weder einer konkreten oder ausdrücklichen Abbedingung des Zulagenanspruchs aus § 1a Abs. 1a BetrAVG noch einer darauf bezogenen oder sonstigen Kompensation. §§ 40, 43 TV beschränken sich nicht etwa auf eine gemäß § 20 Abs. 1 BetrAVG erforderliche Zulassung einer Umwandlung von auf Tarifvertrag beruhenden Entgeltansprüchen.

15II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:260825.U.3AZR31.25.0

Fundstelle(n):
CAAAJ-99503