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BVerfG Urteil v. - 1 BvQ 44/25

Erfolgloser isolierter Eilantrag auf einstweilige Aussetzung eines familiengerichtlichen Umgangs- und Kontaktverbots - Unzulässigkeit mangels Darlegungen zur Rechtswegerschöpfung - allerdings verfassungsrechtliche Bedenken gegen Umgangsausschluss

Gesetze: Art 6 Abs 2 S 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 54 Abs 2 FamFG

Instanzenzug: AG Meißen Az: R 6 F 390/24 eA Beschluss

Gründe

1Der Antragsteller möchte mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG erreichen, dass die Vollziehung eines familiengerichtlichen Beschlusses, durch den ihm weitgehend Kontakt und Umgang mit seinen Kindern bis auf Weiteres untersagt worden ist, einstweilen ausgesetzt wird.

2Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 Abs. 1 BVerfGG) liegen nicht vor. Der darauf gerichtete Antrag ist unzulässig.

31. Ein Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung substantiiert dargelegt sind. Dazu gehört auch die Darlegung, dass der Antrag in der zugehörigen Hauptsache weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet ist. Ein solcher Antrag kann darum nur Erfolg haben, wenn er so begründet ist, dass das Bundesverfassungsgericht wenigstens summarisch verantwortbar beurteilen kann, dass die noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde nicht von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist. Damit das Bundesverfassungsgericht dies beurteilen kann, muss auch zu der nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG grundsätzlich erforderlichen Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtswegs substantiiert vorgetragen werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvQ 12/22 -, Rn. 3 m.w.N.).

42. Dem genügt die Begründung des Antrags nicht. Es fehlt gerade an einer substantiellen Darlegung zur Erschöpfung des Rechtswegs. Das gilt unabhängig von der durch den Antragsteller erhobenen Anhörungsrüge. Da der Beschluss des Familiengerichts vom im einstweiligen Anordnungsverfahren in einer Familiensache ohne vorherige mündliche Verhandlung ergangen ist, ist dagegen nach § 54 Abs. 2 FamFG ein Antrag auf erneute Entscheidung nach mündlicher Verhandlung statthaft (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2262/20 -, Rn. 6 m.w.N.). Dieser Antrag und die Entscheidung darüber gehören auch im verfassungsgerichtlichen einstweiligen Anordnungsverfahren zum zu erschöpfenden Rechtsweg (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvQ 90/18 -, Rn. 13). Auf diesen Rechtsbehelf hat die Rechtsbehelfsbelehrung des beanstandeten Beschlusses auch in der Sache zutreffend hingewiesen. Der Antragsteller hat aber nicht dargelegt, diesen Rechtsbehelf erhoben zu haben.

5Es sind auch die Voraussetzungen von § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG nicht substantiiert dargelegt. Angesichts des Alters der Kinder, der bisherigen Intensität des Umgangs des Antragstellers mit seinen Kindern und der Möglichkeit, einen Antrag nach § 54 Abs. 2 FamFG zu stellen, ist nicht nachvollziehbar aufgezeigt, dass ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, wenn bis zu einer Entscheidung über den Antrag nach § 54 Abs. 2 FamFG kein Umgang stattfände. Entsprechend fehlt es auch an tragfähigen Ausführungen zu einem schweren Nachteil im Sinne von § 32 Abs. 1 BVerfGG.

63. Wäre der Beschluss des Familiengerichts vom allerdings einer verfassungsgerichtlichen Prüfung zu unterziehen, würde dieser selbst den im fachgerichtlichen einstweiligen Anordnungsverfahren etwas zurückgenommenen verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Umgangsausschluss (vgl. zu diesen BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2262/20 -, Rn. 9 m.w.N.) offensichtlich nicht genügen. Die Begründung des Beschlusses stellt weder die den jeweiligen Kindern drohende Kindeswohlgefährdung näher dar noch lässt sie - auch unter Berücksichtigung der gegenüber einem Hauptsacheverfahren regelmäßig zurückbleibenden Aufklärungsmöglichkeiten im Eilverfahren - hinreichend erkennen, auf welche Erkenntnisse das Familiengericht sich zur Feststellung des Sachverhalts und zur Wertung des Vorliegens einer Kindeswohlgefährdung stützt. Der pauschale Verweis auf den "Akteninhalt" genügt dafür in der Regel nicht.

7Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:qk20250821.1bvq004425

Fundstelle(n):
TAAAJ-99438