Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/12 KLs 12/24
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete und auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
21. Die Revision des Angeklagten ist zulässig. Er beanstandet nicht lediglich - was zur Unzulässigkeit seines Rechtsmittels führen müsste (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 472/23, Rn. 2; vom - 6 StR 1/24, Rn. 3; vom - 4 StR 301/23, Rn. 2, und vom - 2 StR 217/24, Rn. 4) - die Nichtanordnung der Maßregel gemäß § 64 StGB. Er hat vielmehr einen unbeschränkten Aufhebungsantrag gestellt und zu dessen Rechtfertigung auch die „Ablehnung der Voraussetzungen der §§ 20, 21“ StGB bemängelt.
32. Die Revision ist mit der Sachrüge begründet, so dass es auf die Frage der Zulässigkeit der Verfahrensbeanstandung nicht ankommt.
4Der Schuldspruch wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls kann schon deswegen keinen Bestand haben, weil das Landgericht im Widerspruch hierzu den festgestellten Sachverhalt als besonders schweren Raub gemäß „§§ 242 Abs. 1, 249 Abs. 1, 252, 250 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB“ gewürdigt hat. Dieser Widerspruch beruht darauf, dass die Feststellungen sowohl zum zeitlichen Ablauf der Tathandlungen (Zeitpunkt des Gewahrsamsbruchs hinsichtlich des entwendeten Fahrrads und Zeitpunkt des Einsatzes des Pfeffersprays) als auch zu den örtlichen Gegebenheiten unklar sind. Die Feststellungen ergeben nicht zweifelsfrei, ob das Raubmittel vor oder nach der Vollendung des Diebstahls eingesetzt wurde. Davon hängt indes die rechtliche Qualifikation der Tat ab (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 384/90, Rn. 2; vom - 3 StR 373/14, NStZ 2015, 276, und vom - 3 StR 307/19, Rn. 3). Eine Änderung des Schuldspruchs hin zu einer wahldeutigen Verurteilung scheidet aus. Weder hat das Landgericht beide möglichen Sachverhaltsvarianten alternativ festgestellt und beweiswürdigend unterlegt noch ergeben die Urteilsgründe, dass sich die Überzeugung des Landgerichts von einem bestimmten, zu einer eindeutigen Verurteilung führenden Geschehensablauf trotz Ausschöpfung aller Beweismittel nicht habe gewinnen lassen (vgl. , Rn. 12, und vom - 2 StR 62/87, NStZ 1987, 474).
5Wegen des Vorliegens von Tateinheit unterfällt auch die für sich rechtsfehlerfreie Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung der Aufhebung (vgl. , Rn. 21). Gleiches gilt für die Einziehungsentscheidung und die Feststellungen, die von dem aufgezeigten Rechtsfehler betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO).
63. Die Sache bedarf daher in vollem Umfang neuer Verhandlung und Entscheidung.
7Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben, sorgfältiger als geschehen das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB zu prüfen. Nach den bislang getroffenen Feststellungen konsumiert der wohnsitzlose und mehrfach unter anderem wegen Betäubungsmitteldelikten vorbestrafte Angeklagte neben Opiaten auch Kokain und gelegentlich Alkohol; er ist „drogenabhängig und wird substituiert“. Die Tat beging er, „um mit einem durch Verkauf [des Rennrads] erzielten Gewinn seinen Drogenkonsum zu finanzieren“.
8Sollte das neue Tatgericht wiederum Umstände wie vorstehend feststellen, wird es - anders als bislang geschehen und unter Hinzuziehung eines Sachverständigen, § 246a Abs. 1 Satz 2 StPO - die Frage zu erörtern haben, ob die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen ist. Der Umstand, dass allein der Angeklagte Revision eingelegt hat, stünde einer erstmaligen Anordnung seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt im zweiten Rechtsgang nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; vgl. , BGHSt 37, 5, 7). Über die aus § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO folgende Pflicht hinaus ist im Übrigen auch die Nichtanordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung in den Urteilsgründen zu erörtern, wenn sich die Prüfung der Anordnung nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängte (vgl. nur , StV 2023, 379, 380 Rn. 13 mwN).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:250625B2STR222.25.0
Fundstelle(n):
AAAAJ-99401