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BVerwG Urteil v. - 2 WD 22.24

Entfernung aus dem Dienstverhältnis wegen Trennungsgeldbetrugs im fünfstelligen Euro-Bereich

Gesetze: § 7 SG, § 10 SG, § 13 Abs 1 SG, § 17 Abs 2 S 1 Alt 2 SG, § 263 Abs 3 S 2 Nr 1 StGB, § 267 Abs 1 Alt 1 StGB, § 267 Abs 1 Alt 3 StGB, § 1 Abs 3 S 1 SVorgesV, § 1 Abs 3 S 2 SVorgesV, § 4 Abs 1 Nr 1 SVorgesV, § 4 Abs 3 SVorgesV

Instanzenzug: Truppendienstgericht Nord Az: N 9 VL 30/23 Urteil

Tatbestand

1Das Verfahren betrifft den Vorwurf des Trennungsgeldbetrugs.

21. Der ... geborene Soldat wurde ... Zeitsoldat und ... mit seiner letzten Beförderung zum Leutnant Berufssoldat. Seit dem ist er vorläufig des Dienstes enthoben. Seine Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom (2 WDB 4.24) zurückgewiesen.

32. Der aktuelle Zentralregisterauszug enthält keine Einträge, der aktuelle Disziplinarbuchauszug verweist auf eine 2010 erteilte förmliche Anerkennung. Der Soldat ist berechtigt, die Schützenschnur in Gold, das Leistungsabzeichen für Leistungen im Truppendienst in Gold und das Tätigkeitsabzeichen Führungsdienstpersonal in Bronze zu tragen. ... war er im Auslandseinsatz im ..., wofür er die Einsatzmedaille der Bundeswehr in Bronze und die NATO-/EU-Medaille "Non Article 5" erhielt.

43. Oberstleutnant a.D. A, der von Juli 2017 bis Oktober 2019 Disziplinarvorgesetzter des Soldaten war, hat erstinstanzlich ausgesagt, er habe vom Soldaten einen zwiespältigen Eindruck. Im Dienst habe er keine Fehler gemacht. Seine Leistungen hätten im mittleren Drittel gelegen. Ihm habe es aber an Selbstreflexion gefehlt. Immer hätten die anderen Schuld gehabt. Einmal habe der Soldat ein Formular ausgefüllt beim Standortservice abgeben sollen. 14 Tage später habe der Soldat auf seine Frage, ob er dies getan habe, geantwortet, dass er das geklärt habe. Drei Stunden später sei ihm von der Verwaltung mitgeteilt worden, dass der Soldat das Formular nicht abgegeben habe. Das sei bei ihm der "Knackpunkt" gewesen. Er sei enttäuscht vom Soldaten gewesen. Dieser sei ein "Geschichtenerzähler" und "Schaumschläger".

5Hauptmann B, der den Soldaten ab November 2019 bis zur vorläufigen Dienstenthebung führte, hat erstinstanzlich erklärt, der Soldat habe Aufträge zur vollen Zufriedenheit ausgeführt und eine normale Leistung abgeliefert. Die Leistungen hätten im mittleren Drittel gelegen. Der Soldat sei nicht herausgestochen, habe aber seine Arbeit gut gemacht und Ideen eingebracht.

6Oberst C, der an der letzten Dienststelle kurz mit dem Soldaten Kontakt hatte, bezeichnete dessen Arbeitsergebnisse in Stellungnahmen vom und als "befriedigend". Der Soldat habe vom ersten Tag an keinen seriösen Eindruck hinterlassen. Er sei durch unglaubwürdige Geschichten aufgefallen. Nachdem er mehrfach zur Zurückhaltung aufgefordert worden sei, habe sich die Situation etwas gebessert. Unverändert sei er aber sehr von sich überzeugt gewesen und habe sich bei Konfrontationen in die Rolle eines Opfers zurückgezogen, dem jahrelang Unrecht zugefügt worden sei. Er habe den ihm gewährten Vertrauensvorschuss in sehr kurzer Zeit durch unwahre bzw. übertriebene Behauptungen verspielt und sich in einem Gebäude aus Halbwahrheiten, selektiver Wahrnehmung und Lüge verfangen. Der Soldat entspreche in Haltung und Auftreten nicht dem Bild eines Offiziers. Er würde ihn nicht mit in einen Einsatz nehmen.

74. Der Soldat ist ledig. Er lebt mit seiner schwangeren Lebensgefährtin und zwei gemeinsamen Kleinkindern zusammen. Er hat rund 20 000 € Schulden wegen eines Fahrzeugkredits. Seine Dienstbezüge belaufen sich derzeit unter Berücksichtigung einer hälftigen Einbehaltung auf monatlich etwa 1 800 € netto. Der Senat hat zwar die Einbehaltensanordnung mit Beschluss vom (2 WDB 4.24) ab dem aufgehoben. Der Beschluss wurde aber dem Soldaten zufolge noch nicht umgesetzt. Seine Lebensgefährtin hat als Wirtschaftsprüferin ebenfalls Einkünfte von monatlich etwa 1 800 €.

85. Der Soldat wurde beim Truppendienstgericht wie folgt angeschuldigt:

"1) Der Soldat legte an einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im November 2017 im Rahmen eines Trennungsgeldantrages beim Bundeswehrdienstleistungszentrum O, Standortservice P., die Kopie eines auf den datierten Mietvertrages nebst Übergabeprotokoll für eine Wohnung - ... - in Q vor, aus dem die Zeugin D als Unterzeichnerin und Vermieterin hervorging und eine monatliche Mietzahlung in Höhe von 490,00 Euro sowie eine Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 100,00 Euro ausgewiesen wurden, um für den Zeitraum vom bis zum monatlich einen Betrag i.H.v. 485,00 Euro, mithin insgesamt 11.155,00 Euro, als Trennungsübernachtungsgeld zu erhalten, um seinen Lebensunterhalt zumindest zu einem nicht unerheblichen Anteil zu finanzieren und sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, wobei der Mietvertrag nebst Übergabeprotokoll durch den Soldaten selbst erstellt worden war, die Unterschrift der vermeintlichen Vermieterin und Zeugin D von ihm selbst auf dem Mietvertrag angebracht wurde und er wusste, dass er sich zu keiner Zeit als Mieter in der Wohnung aufhielt, er nicht Mieter der Wohnung war und ihm kein Anspruch auf dieses Trennungsübernachtungsgeld zustand.

2) Um den Anschein einer regulären Mietvereinbarung in Form des unter Anschuldigungspunkt 1 dargestellten Mietvertrages auch nach dem weiter aufrechtzuerhalten und somit eine mögliche Rückzahlung der an ihn überwiesenen Geldbeträge zu verhindern, übersandte der Soldat an teilweise nicht mehr genau feststellbaren Zeiten von nicht mehr feststellbaren Ort in Deutschland an die zuständige Stelle im Bundeswehrdienstleistungszentrum O, Standortservice P,

a) im September oder Oktober 2019 die Ablichtung eines Kündigungsschreibens, in dem der Soldat die unter Anschuldigungspunkt 1 genannte Wohnung zum kündigte, obwohl er wusste, dass das o.g. Mietverhältnis zu der o.g. Wohnung nicht bestand,

b) im Oktober oder November 2019 die Ablichtung einer schriftlichen Kündigungsbestätigung zur o.g. Wohnung, aus der die Zeugin D als Absenderin hervorging und er wusste, dass er es selbst erstellt und unter Verwendung des Namens der Zeugin D unterschrieben hatte und

c) am um 09:53 Uhr eine E-Mail von seiner dienstlich genutzten E-Mail-Adresse '...', in welcher er erneut eine Kündigungsbestätigung der o.g. Wohnung in Form einer E-Mail, gesendet am gleichen Tag um 09:31 Uhr von der E-Mail-Adresse '...', welche der Soldat selbst für diesen Zweck einrichtete und verwendete, weiterleitete und aus welcher die Zeugin D als Absenderin hervorging, wobei der Soldat wusste, dass nicht die Zeugin D, sondern er selbst die o.g. E-Mail verfasst und anschließend versendet hatte.

3) Um den Anschein einer regulären Mietvereinbarung in Form des unter Anschuldigungspunkt 1 dargestellten Mietvertrages auch nach dem weiter aufrechtzuerhalten, übersandte der Soldat an einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Oktober oder November 2019 von einem nicht mehr genau feststellbaren Ort in Deutschland an die zuständige Stelle im Bundeswehrdienstleistungszentrum O, Standortservice P, eine Nebenkostenabrechnung, aus der die Zeugin D als Absenderin und Unterzeichnende hervorging und in welcher ein Gesamtkostenbetrag für das Jahr 2018 in Höhe von 1 078,83 Euro ausgewiesen wurde, um diesen Betrag nicht zurückzahlen zu müssen, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren und sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, obwohl der Soldat wusste, dass zu keiner Zeit das unter Anschuldigungspunkt 1 genannte Mietverhältnis begründet wurde und nicht die Zeugin D die Nebenkostenabrechnung erstellt hatte, sondern der Soldat selbst.

4) [...]."

9Mit einer Nachtragsanschuldigungsschrift wurde der Anschuldigungspunkt 1 abgewandelt angeschuldigt.

106. Das zu den Anschuldigungspunkten 1, 2a, 2c und 3 überwiegend sachgleiche Strafverfahren wurde mit amtsgerichtlichem Beschluss vom nach Zahlung einer Geldauflage von 10 000 € gemäß § 153a StPO eingestellt.

117. Das Truppendienstgericht hat den Soldaten mit Urteil vom aus dem Dienstverhältnis entfernt. Es hat alle Vorwürfe in der ursprünglich angeschuldigten Form unter Ausklammerung des Anschuldigungspunktes 4 als erwiesen angesehen.

12Der Auffassung des Soldaten, dem Dienstherrn sei kein Schaden entstanden, da ihm unabhängig von dem der Trennungsgeldstelle mitgeteilten Mietverhältnis in Q monatlich 485 € Trennungsübernachtungsgeld zugestanden hätten, sei nicht zu folgen. Seine Angaben zur Anmietung einer Unterkunft in R im Tatzeitraum seien unglaubhaft. Zudem habe die Beweisaufnahme ergeben, dass ihm 485 € Trennungsübernachtungsgeld nur für eine anerkannte Wohnung in bis zu 50 km Entfernung zum Dienstort zugestanden hätte und er dies gewusst habe.

13Der Soldat habe durch die wahrheitswidrigen Angaben in den Forderungsnachweisen und die Vorlage der gefälschten Unterlagen gegen seine Pflichten zum treuen Dienen, zur Wahrheit und zum innerdienstlichen Wohlverhalten verstoßen. Er habe einen Betrug zu Lasten des Dienstherrn begangen und dabei als Vorgesetzter ein schlechtes Beispiel abgegeben.

14Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen sei eine Dienstgradherabsetzung. Auf der zweiten Bemessungsstufe sei zu einer Entfernung aus dem Dienstverhältnis überzugehen. Denn der Schaden liege im fünfstelligen Euro-Bereich und der Soldat habe fast zwei Jahre lang immer wieder unwahre Angaben gemacht und das Bestehen eines nie vollzogenen Mietvertrags behauptet, um sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. Selbst wenn er davon ausgegangen sein sollte, dass ihm bei wahrheitsgemäßen Angaben ein Teil des Trennungsgeldes für eine andere Unterkunft zugestanden hätte, wäre dies nicht erheblich mildernd zu gewichten. Es würde nichts daran ändern, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs nicht vorgelegen hätten. Der Soldat habe sich nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden, sondern durch wahrheitswidrige Angaben gerade verhindert, Gewissheit über das Bestehen von Trennungsgeldansprüchen zu erlangen. Die Taten beruhten nicht auf einer unverschuldeten finanziellen Notlage. Sein Vortrag, er sei Anfang 2019 "durch" gewesen und in einer Klinik behandelt worden, verringere das Maß der Schuld für das seit 2017 begangene Dienstvergehen ebenfalls nicht.

158. Mit seiner unbeschränkten Berufung macht der Soldat im Wesentlichen geltend, er habe geglaubt, dass ihm im Tatzeitraum monatlich 485 € Trennungsübernachtungsgeld zustehe. Er habe nicht gewusst, dass er es nur bis zu einem Umkreis von 50 km vom Dienstort beanspruchen könne. Zutreffend habe er unter Vorlage der monatlichen Forderungsnachweise erklärt, Miete für eine Trennungsgeldwohnung aufzuwenden. Zwar habe er die angegebene Wohnung in Q entgegen seiner ursprünglichen Absicht nicht bezogen und keine Miete dafür gezahlt. Er habe aber im Tatzeitraum neben seinem Hauptwohnsitz in S erst in R und später in P gewohnt und für diese Unterkünfte Miete gezahlt. Ein Vermögensschaden des Bundes liege daher jedenfalls nicht im fünfstelligen Euro-Bereich. Der vermeintliche Schaden sei zudem deshalb so hoch, weil die Ermittlungen in einem früheren Disziplinarverfahren gegen ihn so lange gedauert hätten. Andernfalls wäre er früher versetzt worden, womit die Trennungsgeldzahlungen eher geendet hätten. Er habe sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden, weil die zuständige Sachbearbeiterin in Teilzeit gearbeitet habe, wegen Krankschreibung unerreichbar gewesen sei und sich ihm weitere Rückfragen nicht aufgedrängt hätten. Er habe nicht beabsichtigt, sich auf Kosten des Dienstherrn zu bereichern. Sein Dienstherr habe ihn vor dem Dienstvergehen jahrelang durch massive und haltlose Vorwürfe "psychisch niedergemacht". Er habe sich in mit hohen Geheimhaltungsstufen besetzten Dienstverpflichtungen bewährt.

169. Die Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft hält die Höchstmaßnahme für angemessen.

1710. Hinsichtlich der Einzelheiten zur Person des Soldaten, zur Anschuldigung und zur Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses verwiesen. Zu den im Berufungsverfahren eingeführten Beweisen wird auf das Protokoll der Berufungshauptverhandlung Bezug genommen.

Gründe

18Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Da sie sich gegen ein Urteil richtet, das vor dem verkündet worden ist, sind auf das vorliegende Berufungsverfahren gemäß § 151 Abs. 7 der WDO in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts und zur Änderung weiterer soldatenrechtlicher Vorschriften (3. WehrDiszNOG) vom (BGBl. I Nr. 424) die §§ 115 bis 121 WDO in der zuletzt durch Gesetz vom (BGBl. I S. 3932) geänderten Fassung (WDO a. F.) anzuwenden; im Übrigen finden die Vorschriften der Wehrdisziplinarordnung in der ab dem maßgeblichen Fassung (WDO) Anwendung. Da die Berufung in vollem Umfang eingelegt worden ist, hat der Senat im Rahmen der Anschuldigung aufgrund eigener Tat- und Schuldfeststellungen über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Danach ist der Soldat aus dem Dienstverhältnis zu entfernen.

191. Der Rahmen der Anschuldigung wird durch die Anschuldigungs- und Nachtragsanschuldigungsschriften bestimmt. Dabei ist eine Wiedereinbeziehung des vom Truppendienstgericht ausgeklammerten Anschuldigungspunktes 4 nicht erforderlich, weil die Feststellungen zu den übrigen Anschuldigungen aus den folgenden Gründen bereits die Höchstmaßnahme rechtfertigen (vgl. 2 WD 19.07 - NZWehrr 2009, 73 <74>).

202. In tatsächlicher Hinsicht sind die Anschuldigungspunkte 1 bis 3 der Anschuldigungsschrift erwiesen, weshalb es auf die Nachtragsanschuldigung nicht ankommt. Zwar kann hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 1, 2a, 2c und 3 noch nicht aufgrund der im überwiegend sachgleichen Strafverfahren ergangenen amtsgerichtlichen Einstellungsentscheidung nach § 153a StPO und der vorausgegangenen Zustimmungsentscheidung des Soldaten davon ausgegangen werden, dass er die Taten verübt hat (vgl. 2 WD 12.23 - BVerwGE 182, 290 Rn. 36). Denn mit einer Einstellung nach § 153a StPO wird keine Entscheidung darüber getroffen, ob der Beschuldigte die vorgeworfene Tat begangen hat oder nicht (vgl. - NJW 1991, 1530 <1531> m. w. N.). Die Beweisaufnahme hat aber ergeben, dass sich der Soldat entsprechend den Anschuldigungspunkten 1 bis 3 verhalten hat.

21a) Zum Anschuldigungspunkt 1 steht aufgrund der Unterlagen in den Personal- und Trennungsgeldakten des Soldaten fest, dass er von Juli 2017 bis Ende September 2019 dem ...kommando in P angehörte, wobei er vom 21. August bis zum für einen Lehrgang an die ... in O kommandiert war. Seinen Hauptwohnsitz in S behielt er durchweg bei. Bis Ende Oktober 2017 wurde ihm am Dienstort P eine amtliche Unterkunft zur Verfügung gestellt.

22Unter dem beantragte der Soldat beim Bundeswehr-Dienstleistungszentrum O, Standortservice P, Trennungsgeld. Er legte die Kopie eines vom datierenden Mietvertrags über eine möblierte Einliegerwohnung im 1. Obergeschoss im ... in Q bestehend aus zwei Zimmern, Küche und Bad mit einem Mietbeginn ab dem zu einer monatlichen Nettomiete von 490 € nebst Betriebskostenvorauszahlung von 100 € vor.

23Das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum O gewährte dem Soldaten mit Bescheid vom aufgrund dieses Mietvertrags für die Unterkunft ..., Q ab dem Trennungsübernachtungsgeld von monatlich 485 €. Im Bescheid heißt es, dass die monatliche Festsetzung mit gesonderten Schreiben erfolge und der Soldat verpflichtet sei, jede Änderung, die sich auf das zu gewährende Trennungsgeld auswirken könnte, unverzüglich anzuzeigen. Der Soldat zeigte keine Änderungen an.

24Zwischen dem und dem reichte der Soldat beim Bundeswehr-Dienstleistungszentrum O für die Abrechnungsmonate November 2017 bis September 2019 jeweils Forderungsnachweise ein, für die ganz überwiegende Anzahl dieser Abrechnungsmonate zudem im Vorfeld Anträge auf Abschlagszahlungen.

25Daraufhin erhielt er für die Abrechnungsmonate November 2017 bis September 2019 jeweils 485 € Trennungsübernachtungsgeld in der Regel als Abschlagszahlung. Insgesamt wurde dem Soldaten für die Abrechnungsmonate November 2017 bis September 2019 Trennungsübernachtungsgeld in Höhe von 11 155 € überwiesen.

26Tatsächlich wohnte der Soldat zu keiner Zeit in der von ihm angegebenen und von der Trennungsgeldstelle als sogenannte Trennungsgeldwohnung anerkannten Wohnung in Q. Dies hat er in der Berufungshauptverhandlung eingeräumt. Die im Mietvertrag als Vermieterin ausgewiesene Frau D hat dies erstinstanzlich als Zeugin bestätigt.

27Vielmehr wohnte der Soldat von November 2017 bis Ende Juni 2019 zusätzlich zu seiner in S befindlichen Hauptwohnung in R. Dies hat er in der Berufungshauptverhandlung glaubhaft erklärt und durch einen vom datierenden Mietvertrag belegt, wonach er "..." eine 35 qm große Wohnung nebst Stellplatz und Garten ab dem zum monatlichen Gesamtmietzins von 550 € bar von Frau E mietete. Ferner hat er ein Wohnungsübergabeprotokoll vorgelegt, wonach diese Wohnung am besichtigt und Zählerstände abgelesen wurden, des Weiteren Quittungen über monatliche Barzahlungen von je 550 € für die Monate November 2017 bis einschließlich Juni 2019. Die Zeugin E hat erstinstanzlich in sich stimmig und widerspruchsfrei erläutert, dass sie den Mietvertrag mit dem Soldaten geschlossen habe, dieser die Miete in bar gezahlt habe und sie die Quittungen ausgestellt habe.

28Ab Juli 2019 wohnte der Soldat bis über den hier relevanten Abrechnungszeitraum hinaus in P. Dies hat er in der Berufungshauptverhandlung ausgesagt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage bestehen nicht. Denn der Soldat hat einen am geschlossenen Mietvertrag ab dem über eine 41 qm große Wohnung in der ... in P vorgelegt, der eine monatliche Kaltmiete von 349 € nebst Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen von insgesamt 140 € vorsah. Ausweislich der Vermieterbestätigung zog er am dort ein. Einer Aufhebungsvereinbarung vom zufolge wurde der Mietvertrag zum aufgehoben. Dem Wohnungsübergabeprotokoll zufolge gab er die Wohnung am zurück. Die ... Stadtwerke stellten ihm für die Zeit vom 1. Juli bis Strom für die Wohnung in Rechnung.

29Der Senat ist davon überzeugt, dass der Soldat den Mietvertrag über die angebliche Einliegerwohnung in Q ohne Kenntnis der Zeugin D fingierte und durch die Vorlage dieses Vertrags den zuständigen Sachbearbeitern der Trennungsgeldstelle suggerieren wollte, dass er dort wohnte, weil er davon ausging, dass er für die zu dem Zeitpunkt in Wirklichkeit bewohnte Unterkunft in R wegen deren Entfernung von mehr als 185 km zum Dienstort P kein Trennungsübernachtungsgeld erhalten würde.

30Zunächst steht fest, dass die Zeugin D den Mietvertrag nicht selbst unterzeichnete, sondern der Soldat in der Zeile "D Vermieterin" den Schriftzug "D" selbst anbrachte. Dies hat er in der Berufungshauptverhandlung gestanden. Die Zeugin D hat erstinstanzlich bestätigt, dass die Unterschrift nicht von ihr stammt.

31Zwar hat der Soldat behauptet, die Zeugin D habe den Mietvertrag erstellt und ihm gemailt und er habe sodann ihre Unterschrift mit ihrem Einverständnis unter den Mietvertrag gesetzt. Der Senat glaubt ihm dies aber nicht, sondern geht davon aus, dass die Zeugin D von dem Mietvertrag nichts wusste und der Soldat den Mietvertrag eigenmächtig mit deren Namen unterzeichnete. Denn die Zeugin D hat erstinstanzlich ausgesagt, das Haus ... in Q, das seinerzeit ihr gehört und in dem sie mit ihrem Bruder und ihrer Tochter gewohnt habe, verfüge nicht über eine Einliegerwohnung; eine Untervermietung hätte von den Räumlichkeiten her nicht funktioniert, man hätte alles umbauen müssen; sie kenne den Mietvertrag nicht, habe ihn nie gesehen und ihr sei nicht erinnerlich, dem Soldaten einen Mietvertrag oder ihre Unterschrift geschickt zu haben; da sie das Haus verkauft habe, sei sie zudem bereits im Januar 2019 ausgezogen. Diese Aussage ist glaubhaft. Ihr Auszug im Januar 2019 wird durch eine Behördenauskunft der Stadt Q bestätigt. Die Zeugin hat in sich schlüssig und widerspruchsfrei erläutert, dass sie den Soldaten im Herbst 2017 über eine Dating-App kennengelernt und er sie sehr schnell gefragt habe, ob er zu ihr ziehen könne. Sie habe dies als früh empfunden, aber zugestimmt. Es habe allerdings keinen Grund gegeben, einen Mietvertrag zu erstellen. Denn der Soldat habe als Partner bei ihr im Schlafzimmer einziehen sollen. Es habe eine Liebesbeziehung werden sollen. Wenn er gelegentlich bei ihr übernachtet habe, dann bei ihr im Bett. Es sei von September 2017 bis etwa Weihnachten 2017 zwischen ihnen hin und her gegangen. Sie sei dann dem Soldaten gegenüber misstrauisch geworden und sie hätten sich erst wieder im Jahr 2019 gesehen.

32Der Senat ist davon überzeugt, dass der Soldat den fingierten Mietvertrag über die Wohnung in Q einreichte, weil er davon ausging, dass ihm für die R Unterkunft wegen deren Entfernung zum Dienstort P kein Trennungsübernachtungsgeld zustand. Denn der Mietvertrag über die R Unterkunft datiert vom und damit rund einen Monat vor dem fingierten Mietvertrag über die Wohnung in Q, so dass er ihn ohne Weiteres anstelle des letztgenannten Mietvertrags mit seinem Trennungsgeldantrag vom hätte vorlegen können. Auch wusste der Soldat bereits vor dieser Antragstellung, dass die Entfernung einer Wohnung zum Dienstort für deren Anerkennung als sog. Trennungsgeldwohnung von Bedeutung war. So hat der Zeuge F erstinstanzlich erklärt, der Soldat sei vor einer Fachtagung der Abrechnungsstellen - die nach dem von der Wehrdisziplinaranwaltschaft vorgelegten Tagungsprotokoll am 20. und stattfand und auf der beschlossen wurde, dass eine Wohnung nur bis zu einem Umkreis von 50 km zum Dienstort als sogenannte Trennungsgeldwohnung anerkannt wird - im Dienstzimmer von ihm und der Sachbearbeiterin G vorstellig geworden und habe diskutiert, ob eine Wohnung außerhalb des Dienstortes als Trennungsgeldwohnung geltend gemacht werden könne; die Frage habe dem Soldaten in dem Gespräch mit Blick auf die Entfernung einer von ihm ins Feld geführten Wohnung zum Dienstort P nicht beantwortet werden können. Der Soldat hat das Gespräch erstinstanzlich bestätigt und erklärt, Frau G habe gemeint, sie wisse das nicht und es gebe einen Umkreisbereich.

33Dass der Soldat auch seinen späteren Umzug von R nach P zum Juli 2019 verschwieg, erklärt sich zur Überzeugung des Senats damit, dass bei einer Mitteilung des Umzugs hätte gewahr werden können, dass er nicht in Q, sondern in R gewohnt hatte.

34b) Auch die Anschuldigungspunkte 2 und 3 sind erwiesen.

35Es steht fest, dass der Soldat der zuständigen Stelle des Bundeswehrdienstleistungszentrums O, Standortservice P, im September oder Oktober 2019 die Ablichtung eines vom datierenden, von ihm unterzeichneten Kündigungsschreibens über die Wohnung in Q zum übermittelte, mit dem er den Mietvertrag kündigte. Der Soldat hat dies in der Berufungshauptverhandlung eingeräumt.

36Ferner steht fest, dass er dorthin im Oktober oder November 2019 die Ablichtung einer vom datierenden Bestätigung einer Kündigung der Wohnung in Q zum übersandte, das ihn als Adressaten und die Zeugin D als Absenderin auswies und das er unter Verwendung des Namens der Zeugin D selbst unterschrieben hatte. Zwar hat der Soldat in der Berufungshauptverhandlung bestritten, die Kündigungsbestätigung mit dem Namen der Zeugin D unterzeichnet zu haben. Der Senat glaubt dies dem Soldaten aber nicht, weil die Zeugin D schon den Mietvertrag nicht kannte und daher keinen Grund hatte, dem Soldaten eine Kündigung zu bestätigen, zumal sie zu diesem Zeitpunkt ihr Haus in Q längst verkauft hatte.

37Ebenso steht fest, dass der Soldat dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum O, Standortservice P, am um 9:53 Uhr eine E-Mail von seiner dienstlich genutzten E-Mail-Adresse (...) weiterleitete, in der er eine weitere Kündigungsbestätigung bezüglich der Wohnung in Q in Form einer E-Mail, gesendet am gleichen Tag um 9:31 Uhr von der E-Mail-Adresse D vorlegte, welche er selbst eingerichtet hatte. Aus dieser E-Mail ging die Zeugin D als Absenderin hervor. Der Senat ist indes davon überzeugt, dass auch die weitergeleitete E-Mail vom Soldaten verfasst wurde. Zwar hat er zeitweise behauptet, die Zeugin D habe die E-Mail geschrieben, weil sie ihm einen Gefallen habe tun wollen. Dies hält der Senat aber für unglaubhaft. Denn die Zeugin D hat erstinstanzlich im Einklang mit ihren sonstigen Aussagen bekundet, sie habe weder die E-Mail-Adresse eingerichtet noch die E-Mail geschrieben; es ist auch kein plausibler Grund dafür ersichtlich, weshalb sie dies hätte tun sollen. Den zeitweise alternativen Vortrag des Soldaten, eine Bekannte habe die E-Mail-Adresse erstellt und die von dort übermittelte Kündigungsbestätigung geschrieben, hält der Senat ebenfalls für unglaubhaft, weil der Soldat auf Befragen keine Angaben zu der angeblichen Bekannten machte.

38Schließlich steht fest, dass der Soldat im Oktober oder November 2019 dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum O, Standortservice P, eine vom datierende Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2018 zu der angeblichen Einliegerwohnung in Q übersandte, aus der er als Adressat und die Zeugin D als Absenderin hervorging. Dies hat der Soldat selbst erklärt. Soweit er geltend gemacht hat, die Zeugin D habe die Daten zur Verfügung gestellt, ist dies unglaubhaft, weil die Zeugin das glaubhaft bestritten hat und kein Grund ersichtlich ist, weshalb sie dem Soldaten fingierte Daten zur Verfügung stellen sollte. Die Behauptung des Soldaten, eine Bekannte habe ihm beim Entwurf der Nebenkostenabrechnung geholfen, hält der Senat ebenfalls für unglaubhaft, weil der Soldat auf Befragen keine Angaben zu der angeblichen Bekannten machte. Ob eine Bekannte dem Soldaten bei der Erstellung der fingierten Unterlagen half, ist im Übrigen rechtlich ohne Bedeutung, weil es darauf ankommt, dass der Soldat diese fingierten Unterlagen der Trennungsgeldstelle vorlegte.

39Der Soldat übermittelte die fingierten Unterlagen dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum O, Standortservice P, wissentlich und willentlich, um den Anschein einer regulären Mietvereinbarung über die Wohnung in Q auch nach dem aufrechtzuerhalten und eine Rückzahlung des Trennungsübernachtungsgeldes zu verhindern. Ein anderer Grund für sein Verhalten ist nicht ersichtlich.

403. Der Soldat hat damit ein Dienstvergehen (§ 23 Abs. 1 SG) begangen. Er hat schuldhaft seine Dienstpflichten zur Wahrheit, zum treuen Dienen und zum innerdienstlichen Wohlverhalten verletzt.

41a) Nach § 13 Abs. 1 SG muss ein Soldat in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit sagen. Das Tatbestandsmerkmal "sagen" umfasst jede Mitteilung, Meldung, Informationsübermittlung oder Angabe durch einen Soldaten in dienstlichen Angelegenheiten, d. h. alle mit dem Dienst zusammenhängenden Vorgänge, die den Bereich der Bundeswehr als Teil der Exekutive betreffen oder berühren (vgl. 2 WD 17.08 - BVerwGE 134, 379 Rn. 69). Die Beantragung von Trennungsgeld ist eine dienstliche Angelegenheit. Der Soldat hat in dieser Angelegenheit wissentlich und willentlich die Unwahrheit gesagt, indem er mit der Vorlage des fingierten Mietvertrags der erfundenen Kündigung, der fingierten Kündigungsbestätigung und der unrichtigen Nebenkostenabrechnung suggerierte, dieser Vertrag sei zwischen ihm und der Zeugin D geschlossen worden, diese habe ihn unterzeichnet und er habe in der im Mietvertrag bezeichneten Wohnung gewohnt, obwohl all dies nicht zutraf.

42b) Die Pflicht zum treuen Dienen nach § 7 SG umfasst die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung, vor allem die Beachtung der Strafgesetze, und die Pflicht, das Vermögen des Dienstherrn zu schützen (vgl. 2 WD 28.18 - juris Rn. 37 m. w. N.). Dem ist der Soldat unter beiden Aspekten nicht gerecht geworden.

43(a) Zum einen hat er sich durch das eigenmächtige Unterzeichnen des Mietvertrags mit dem Namenszug der Zeugin D und dessen Vorlage bei der Trennungsgeldstelle nach § 267 Abs. 1 Alt. 1 und 3 StGB strafbar gemacht, weil er insoweit vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellte und gebrauchte. Denn er täuschte über den Aussteller des Mietvertrags (vgl. - juris Rn. 12). Das Gleiche gilt für die schriftliche Kündigungsbestätigung und Nebenkostenabrechnung. Bei der Anfertigung der Kündigungsbestätigungs-E-Mail liegt eine strafbare Fälschung und Verwendung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB vor.

44(b) Zum anderen hat er mit den eingereichten Anträgen auf Abschlagszahlungen und Forderungsnachweisen für die Abrechnungsmonate November 2017 bis September 2019 jeweils einen Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB begangen. Denn er hat dadurch bei den betreffenden Sachbearbeitern jeweils einen Irrtum über das Vorliegen einer Grundvoraussetzung für die Gewährung von Trennungsübernachtungsgeld - dem Bewohnen der mit Bescheid vom als Trennungsgeldwohnung anerkannten Einliegerwohnung in Q - erregt, was diese zu rechtsgrundlosen Vermögensverfügungen im Gesamtumfang von 11 155 € mit einem entsprechenden Vermögensschaden beim Bund veranlasste.

45Soweit sich der Soldat darauf beruft, ihm hätte statt für die angegebene Wohnung in Q ein Anspruch auf Trennungsübernachtungsgeld für die in Wirklichkeit bewohnten Unterkünfte in R und P zugestanden, ändert dies nichts daran, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs nicht vorlagen, der Dienstherr die faktisch getätigten Zahlungen ohne den behaupteten Anspruch leistete und dadurch getäuscht sein Vermögen schädigte ( - Rn. 23). Wenn bei zutreffenden Angaben ein anderer als der geltend gemachte Anspruch auf Trennungsgeld bestanden hätte, kann dies lediglich im Rahmen der noch anzustellenden Bemessungserwägungen mildernd berücksichtigt werden (vgl. 2 WD 5.17 - juris Rn. 32).

46Der Soldat handelte vorsätzlich, mit Bereicherungsabsicht, rechtswidrig und schuldhaft. Er unterlag keinem die Schuld ausschließenden unvermeidbaren Verbotsirrtum entsprechend § 17 StGB.

47Als Offizier wusste er aufgrund seiner disziplinarrechtlichen Ausbildung, dass er gegenüber der Trennungsgeldstelle zur Wahrheit verpflichtet war und dass er sich mit der Einreichung gefälschter Unterlagen strafbar machte. Die Einreichung dieser Fälschung erfolgte auch vorsätzlich, um sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Wie ausgeführt nahm er an, mit seinem echten Mietvertrag über die Wohnung in R kein Trennungsübernachtungsgeld zu erhalten. Er wusste die ganze Zeit - auch in den letzten drei Monaten, während er in P wohnte - dass ihm das beantragte Trennungsübernachtungsgeld für die Wohnung in R nicht zustand und dass er sich insoweit zu Unrecht bereicherte.

48Es liegt auch ein besonders schwerer Fall des Betrugs im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB vor. Denn der Soldat handelte gewerbsmäßig. Er wollte sich eine nicht unerhebliche, fortlaufende Einnahmequelle verschaffen. Zwar mag dies ganz am Anfang noch nicht sein Plan gewesen sein, weil er mit einer kürzeren Verwendungsdauer in P rechnete. Im Laufe des Tatzeitraums erschloss es sich ihm aber, dass er sich auf diese Weise eine nicht unerhebliche, fortlaufende Einnahmequelle verschaffte.

49c) Das Verhalten begründet zugleich eine vorsätzliche Verletzung der innerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 SG, weil der Soldat damit nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht wurde, die sein Dienst als Soldat erforderte.

504. Bei der Bemessung von Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme sind nach § 60 Abs. 7 i. V. m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe zu berücksichtigen. Insoweit legt der Senat ein zweistufiges Prüfungsschema zugrunde, das zur Entfernung aus dem Dienstverhältnis führt.

51a) Auf der ersten Stufe bestimmt er zwecks Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle und im Interesse der Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die betreffende Fallgruppe als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Dies ist bei einer vorsätzlichen Schädigung des Dienstherrn bzw. Gefährdung seines Vermögens durch einen Reisekosten- oder Trennungsgeldbetrug eine Dienstgradherabsetzung (vgl. 2 WD 9.20 - BVerwGE 171, 280 Rn. 40 m. w. N.), bei einer Kernbereichsverletzung die Höchstmaßnahme (vgl. 2 WD 6.15 - juris Rn. 40 m. w. N.). Da der Soldat mit der Bearbeitung der Trennungsgeldanträge dienstlich nicht befasst war, liegt keine Kernbereichsverletzung vor, so dass Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen eine Dienstgradherabsetzung ist.

52b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die ein Abweichen von der Regelmaßnahme gebieten. Danach ist zu einer Entfernung des Soldaten aus dem Dienstverhältnis überzugehen.

53aa) Zu Lasten des Soldaten fallen mehrere Umstände ins Gewicht.

54(1) Es liegt ein besonders schwerer Fall des Trennungsgeldbetrugs vor, der bereits nach Dauer und Schadenshöhe einen Übergang zur Höchstmaßnahme indiziert. Denn der Soldat hat nicht nur eine, sondern über fast zwei Jahre hinweg in regelmäßigen Abständen Betrugstaten begangen, mit der er sich im Laufe des Tatzeitraums eine nicht unerhebliche, fortlaufende Einnahmequelle verschaffen wollte. Dabei hat er zwischen dem und dem für die Abrechnungsmonate November 2017 bis September 2019 jeweils Forderungsnachweise eingereicht, für die ganz überwiegende Anzahl dieser Monate zudem Anträge auf Abschlagszahlungen. Damit hat er aktiv immer wieder aufs Neue wider besseren Wissens vorgespiegelt, in der als Trennungsgeldwohnung anerkannten Wohnung in Q zu wohnen. Der im fünfstelligen Euro-Bereich liegende Schaden von 11 155 € ist beträchtlich. Nach der Senatsrechtsprechung zerstört eine solche Kombination eines besonders hohen Schadens und eines fortgesetzten und wiederholten Handelns über einen längeren Zeitraum das Vertrauen des Dienstherrn in die persönliche Integrität und dienstliche Zuverlässigkeit eines Soldaten, was regelmäßig die Annahme eines besonders schweren Falles mit der Folge der Entfernung aus dem Dienst oder der Aberkennung des Ruhegehalts rechtfertigt (vgl. 2 WD 33.11 - juris Rn. 69, vom - 2 WD 5.17 - juris Rn. 73 und vom - 2 WD 9.20 - BVerwGE 171, 280 Rn. 42 m. w. N., jeweils zu Schäden im fünfstelligen Euro-Bereich; siehe auch 2 WD 18.18 - juris Rn. 38, vom - 2 WD 19.19 - juris Rn. 31 und vom - 2 WD 10.24 - juris Rn. 41, jeweils zu einem gewohnheitsmäßigen Handeln über einen längeren Zeitraum).

55(2) Erschwerend hinzu kommt, dass der Soldat durch die Fälschung des Mietvertrags und dessen Vorlage bei der Trennungsgeldstelle sowie durch die anschließenden Verschleierungshandlungen, überwiegend in Gestalt der Herstellung und des Gebrauchsmachens weiterer unechter Urkunden, eine erhebliche kriminelle Energie gezeigt hat.

56(3) Dabei war er nach § 10 SG zu vorbildlicher Pflichterfüllung verpflichtet, weil er wegen seines Dienstgrads als Leutnant in einer Vorgesetztenstellung war (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 SG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VorgV). Wer in dieser Stellung eine Pflichtverletzung begeht, gibt ein schlechtes Vorbild ab, was das Gewicht seines Dienstvergehens erhöht (vgl. 2 WD 20.19 - juris Rn. 40 m. w. N.). Insoweit genügt das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrads (vgl. 2 WD 7.20 - NVwZ-RR 2021, 770 Rn. 40 m. w. N.).

57(4) Zudem hatte das Dienstvergehen erhebliche nachteilige Auswirkungen für den Dienstherrn. Zum einen hat der Soldat das überzahlte Trennungsgeld nicht zurückgezahlt. Zum anderen ist er wegen des Dienstvergehens seit mehr als fünf Jahren vorläufig des Dienstes enthoben. Eine vorläufige Dienstenthebung ist zu Lasten eines Soldaten zu gewichten, wenn er sie durch sein Verhalten verursacht hat, dem Bund dadurch ein erheblicher finanzieller Schaden entstanden ist und die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung (dazu 2 WDB 2.20 - NZWehrr 2021, 121 <126>) keinen durchgreifenden Zweifeln unterliegt (vgl. 2 WDB 14.20 - juris Rn. 12). Wie der Senat im Beschwerdeverfahren des Soldaten gegen seine vorläufige Dienstenthebung entschieden hat, ist diese rechtmäßig (vgl. 2 WDB 4.24 - juris Rn. 16 ff.). Wegen der vorläufigen Dienstenthebung stand die Arbeitskraft des Soldaten seinem Dienstherrn mehr als fünf Jahre lang nicht zur Verfügung, der ihm gleichwohl vom bis zum die Hälfte der Dienstbezüge und seither die vollen Dienstbezüge zahlen musste (vgl. 2 WDB 4.24 - juris Rn. 26).

58bb) Mildernde Umstände solchen Gewichts, dass von der danach gebotenen Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte, liegen nicht vor.

59(1) Insbesondere hätte der Soldat im weit überwiegenden Teil des Tatzeitraums, während er in R wohnte, auch bei zutreffenden Angaben keinen Anspruch auf Trennungsübernachtungsgeld gehabt. Trennungsübernachtungsgeld wird vom Bund gemäß § 3 Abs. 4 TGV in der maßgeblichen Fassung vom (BGBl. I S. 3385) für die nachgewiesenen notwendigen Kosten für eine angemessene Unterkunft gewährt. Die Zahlungen des Soldaten für die R Unterkunft dienten jedoch nicht der Finanzierung einer dienstortnahen Unterkunft. Der Zweck des Trennungsübernachtungsgeldes besteht darin, den dienstlich veranlassten Mehraufwand zu erstatten; hierbei handelt es sich um die Gesamtheit der Aufwendungen, die notwendig sind, um am neuen Dienstort (vorübergehend) einen zweiten Haushalt zu führen. Die Gewährung von Trennungsgeld soll hiernach dem Soldaten das tägliche Zurücklegen weiter Strecken zu seinem regulären (Familien-)Wohnort dadurch ersparen, dass ihm die Anmietung einer Unterkunft in der Nähe des Dienstortes finanziert wird. Die einfache Entfernung zwischen der R Unterkunft zum Dienstort P betrug indes mehr als 185 km. Eine solche Entfernung bewegt sich jedenfalls außerhalb eines dienstortnahen Bereichs. Dafür spricht die Wertung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BUKG in der Fassung vom (BGBl. I S. 17). Das Trennungsübernachtungsgeld hätte dem Soldaten damit nicht (mehr) dazu gedient, ihm eine Übernachtung in der Nähe des Dienstortes zu ermöglichen (vgl. 2 WD 5.17 - juris Rn. 59). Eine anderweitige Verwaltungspraxis ist auch nicht den erstinstanzlichen Aussagen der Zeugen Regierungsoberamtsrat H, Regierungsdirektor I und Regierungshauptsekretär F zu entnehmen.

60(2) Zwar hätte der Soldat in den letzten drei Monaten des Tatzeitraums bei zutreffenden Angaben einen Anspruch auf Trennungsübernachtungsgeld für die Wohnung in P gehabt. Dies betrifft aber nur einen Bruchteil des Tatzeitraums und des eingetretenen Gesamtschadens und ist daher jedenfalls nicht erheblich mildernd zu gewichten. Dementsprechend ist die Disziplinarmaßnahme im Hinblick auf diese drei Abrechnungsmonate auch nicht erheblich zu mildern.

61(3) Es liegt kein Mitverschulden des Dienstherrn hinsichtlich der Schadenshöhe vor. Der Soldat kann sich nicht darauf berufen, dass er früher versetzt worden wäre und damit der Trennungsgeldbezug geendet hätte, wenn die Ermittlungen in dem früheren Disziplinarverfahren gegen ihn nicht so lange gedauert hätten. Denn die Dauer des Dienstvergehens, lag maßgeblich in seinen eigenen Händen und hätte von ihm jederzeit beendet werden können.

62(4) Der Soldat handelte ferner nicht in einer ausweglos erscheinenden, unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage. Dieser Milderungsgrund setzt eine Konfliktsituation voraus, in welcher der betreffende Soldat keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf das Vermögen des Dienstherrn sieht, um einen Notbedarf seiner Familie zu decken, und ist daher nur auf zeitlich begrenztes Fehlverhalten anwendbar (vgl. 2 WD 18.18 - juris Rn. 27 m. w. N.). Eine solche Situation liegt nicht mehr vor, wenn dies - wie hier - über einen längeren Zeitraum in dem Sinne geschieht, dass eine weitere Einkunftsquelle verwertet wird (vgl. 2 WD 6.22 - juris Rn. 48 m. w. N.). Ungeachtet dessen hat der Soldat erklärt, keine finanziellen Probleme gehabt zu haben.

63(5) Reue und Einsicht hat der Soldat nicht gezeigt, so dass sie nicht mildernd berücksichtigt werden können. Dieses Verhalten bildet jedoch auch keinen nachteiligen Umstand (vgl. 2 WD 6.21 - juris Rn. 43 m. w. N.).

64cc) Da nach alledem das Vertrauen in den Soldaten zerstört und deswegen die Höchstmaßnahme zu verhängen ist, kann auch eine - etwaige - überlange Verfahrensdauer ebenso wenig eine maßnahmemildernde Wirkung entfalten (vgl. 2 WD 6.21 - juris Rn. 56) wie besondere dienstliche Leistungen ( 2 WD 18.18 - juris Rn. 40).

655. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 Satz 1, § 144 Abs. 5 Satz 2 WDO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2025:060525U2WD22.24.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-99118