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BGH Beschluss v. - 1 StR 132/25

Instanzenzug: LG Regensburg Az: 6 KLs 155 Js 7705/18 WS

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen, vorsätzlichen Bankrotts in 22 Fällen und vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in zwei Fällen unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts R.                  vom (                                      ) und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten sowie wegen Subventionsbetrugs zu einer gesonderten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 570.191 € als Gesamtschuldner mit der Mitangeklagten sowie in Höhe von weiteren 7.250 € als Alleinschuldner angeordnet.

2Die Revision des Angeklagten hat mit der nicht ausgeführten Sachrüge – unter teilweiser Erstreckung auf die Mitangeklagte (§ 357 Satz 1 StPO) – den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

31. Die Urteilsgründe tragen den Schuldspruch wegen Bankrotts in 22 Fällen, Insolvenzverschleppung in zwei Fällen und Subventionsbetrugs. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen hat demgegenüber keinen Bestand. Die Bestimmung des Umfangs der durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärungen 2014 bis 2018 verkürzten Umsatzsteuern (§ 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1, § 168 Satz 1, § 150 Abs. 1 Satz 3 AO; § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG; UA S. 16 f.) begegnet durchgreifenden Bedenken.

4a) Das Landgericht hat bezüglich der Besteuerungszeiträume 2014 bis 2017 die in der Spalte „zu Unrecht belassene Vorsteuer“ angegebenen Beträge zu den verschwiegenen Umsatzsteuerbeträgen addiert und damit in den Verkürzungsumfang einbezogen, die es offensichtlich den für die      F.                        GmbH abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen entnommen hat. Insoweit fehlt es aber bereits an festgestellten Tatsachen, die das Tatbestandsmerkmal „unrichtig“ (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) ausfüllen (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO). Aus den Urteilsgründen ergibt sich daher nicht, warum die mit den Umsatzsteuervoranmeldungen geltend gemachten Vorsteuerabzüge unberechtigt gewesen sein sollen. Auch der Inhalt der Voranmeldungen ist nicht mitgeteilt, sodass der Senat zudem nicht beurteilen kann, ob sich die betreffende Spalte auf etwaige Vorsteuerüberhänge nach Saldierung (§ 16 Abs. 2 Satz 1 UStG) oder auf den jeweiligen Gesamtbetrag der erklärten Vorsteuer bezieht.

5Im Übrigen fehlt es an der Erläuterung, warum sich ein etwaiger mit den Voranmeldungen verwirklichter Unrechtsgehalt im Unterlassen der Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärungen fortsetzen soll. Insoweit gilt, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen einerseits und die Umsatzsteuerjahreserklärung andererseits steuerrechtlich selbständige Festsetzungsverfahren sind (siehe nur , BGHR AO § 370 Abs. 1 Konkurrenzen 25 Rn. 48, 54 f. mwN). Es besteht keine strafbewehrte Pflicht, in den Voranmeldungen zu Unrecht gezogene Vorsteuer gerade mit der Jahreserklärung zu berichtigen; vielmehr wäre insoweit auf die Umsatzsteuervoranmeldungen abzustellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 33/24 Rn. 3 und vom – 1 StR 14/23 Rn. 9).

6b) Darüber hinaus ist nicht nachzuvollziehen, warum das Landgericht in der Spalte „damit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Vorsteuer“ von deutlich geringeren berechtigten Vorsteuerbeträgen ausgegangen ist. Die Angeklagten betrieben mit der      F.                        GmbH ein Juweliergeschäft. Dann drängt es sich auf, dass die GmbH über ordnungsgemäße Eingangsrechnungen verfügte, die zum Vorsteuerabzug berechtigten (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG; vgl. im Übrigen , BGHSt 63, 203 Rn. 21; Beschluss vom – 1 StR 361/22 Rn. 18). Zu „Schwarzeinkäufen“ oder zum Erwerb von Privatpersonen ist nichts festgestellt.

7c) Diese Defizite, die vorliegend auch nicht durch das Geständnis der Angeklagten beseitigt werden können (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 154/11 Rn. 4 und vom – 1 StR 176/17 Rn. 11), sind derart gewichtig, dass nicht einmal eine Verkürzung dem Grunde nach sicher angenommen werden kann. Die betroffenen fünf Fälle unterliegen daher mit den zugehörigen Feststellungen (vgl. § 353 Abs. 2 StPO) der Aufhebung.

82. Die auch die nicht revidierende Mitangeklagte betreffenden Feststellungs- und Erörterungsmängel führen unter Erstreckung auf sie (§ 357 Satz 1 StPO) zur Aufhebung der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen. Infolgedessen entfallen auch die gegen die beiden Angeklagten insoweit verhängten Einzelstrafen, darunter die Einsatzstrafen, und die Gesamtfreiheitsstrafen. Die übrigen Einzelstrafen bleiben hingegen bestehen, zudem die gegen die Nichtrevidentin nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB festgesetzte Gesamtgeldstrafe.

93. Die die Bankrotthandlungen (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB) betreffende Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 245.390 € als Gesamtschuldner ist rechtsfehlerfrei (vgl. dazu , BGHSt 67, 317 Rn. 56). Der Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe der Ersparnis der verkürzten Umsatzsteuern steht – ungeachtet der Aufhebung des Schuldspruchs – der Grundsatz der Vermögenstrennung entgegen. Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend ausgeführt:

„Die aus den Steuerhinterziehungstaten resultierenden abschöpfbaren Vermögensvorteile bestanden nur in ersparter Umsatzsteuer, die sich ausschließlich im Vermögen der      F.                      GmbH niedergeschlagen hat (vgl. nur Senat, Urteil vom – 1 StR 272/20 und Beschlüsse vom – 1 StR 133/21; vom – 1 StR 399/20; vom – 1 StR 323/22; vom – 1 StR 376/22; vom – 1 StR 22/23 und vom – 1 StR 512/24).“

10Dem Aufhebungsantrag des Generalbundesanwalts verschließt sich der Senat auch nicht bezüglich des durch den Subventionsbetrug (§ 264 StGB) erlangten Betrages im Nennwert von 7.250 €, der auf ein Konto der      F.                       GmbH überwiesen wurde. Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen sind für diesen Zeitraum (Mai 2020) nicht festgestellt, sondern nur bis Juni 2019. Da auszuschließen ist, dass weitere den Einziehungsausspruch tragende Feststellungen getroffen werden können, ist dieser insoweit aufzuheben, er entfällt. Hinsichtlich der Einziehung des aus den Steuerstraftaten Erlangten ist auch die nicht revidierende Mitangeklagte von dem Rechtsfehler betroffen, sodass die Entscheidung auch insoweit gemäß § 357 Satz 1 StPO auf sie zu erstrecken ist.

114. Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht wird ferner bezüglich der Beendigung der beiden Insolvenzstraftaten (§ 15a Abs. 1 Satz 1 InsO; vgl. dazu Rn. 2 mwN) die Zäsurwirkung der Entscheidung vom neu zu beurteilen haben. Denn insoweit ist der Grundsatz zu beachten, dass das Ausscheiden von Teilen der Tat nach § 154a StPO nichts an der Beurteilung der Konkurrenzen ändert (vgl. Rn. 14; Beschluss vom – 4 StR 42/23 Rn. 5 mwN). Dies wirkt sich auch auf die Frage der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB aus.

Jäger                                 Fischer                                 Leplow

                 Allgayer                        Welnhofer-Zeitler

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:280525B1STR132.25.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-98683