Zur Verlustnutzung nach Beendigung einer zweigliedrigen KG durch Anwachsung auf eine GmbH
Leitsatz
1. Wächst eine KG auf den einzig verbleibenden Kommanditisten in der Rechtsform einer GmbH an, so ist der zum Beendigungszeitpunkt festgestellte verrechenbare Verlust des Kommanditisten im Sinne des § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes mit künftigen Gewinnen der GmbH verrechenbar.
2. Der übergegangene Verlust ist nicht wegen der Gesamtrechtsnachfolge von einem verrechenbaren in einen ausgleichsfähigen Verlust umzuqualifizieren.
3. Der bei der KG festgestellte Verlust im Sinne des § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist infolge der Anwachsung von der GmbH nutzbar (Anschluss an , BStBl II 2025, 56).
4. Der gewerbesteuerrechtliche Grundsatz der Unternehmenskontinuität erfordert wegen § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG jedenfalls dann nicht die Fortführung der Tätigkeit der bisherigen KG durch den ehemaligen Kommanditisten in der Rechtsform einer GmbH, wenn die Tätigkeit der KG zum Zeitpunkt der Anwachsung nicht vollständig eingestellt war.
Gesetze: EStG § 15a Abs. 2, Abs. 4; GewStG § 2 Abs. 2 Satz 1; GewStG § 10a
Instanzenzug:
Tatbestand
I.
1 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, war alleinige Kommanditistin der B GmbH & Co. KG (KG). Mit Beschluss der Gesellschafter der trat die —am Kapital nicht beteiligte— alleinige persönlich haftende Gesellschafterin, die B Verwaltungs-GmbH, entschädigungslos „zum Stichtag “ aus der KG aus. Demzufolge ging das Vermögen der KG im Wege der Anwachsung auf die Klägerin über (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs —HGB— i.V.m. § 738 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB— a.F., vgl. auch §§ 712, 712a BGB n.F.).
2 In ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2011 machte die Klägerin einen Verlust in Höhe von 1.351.028 € geltend, der dem bisher von ihr nicht geltend gemachten Verlust nach § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Zeitpunkt der Anwachsung des Gesellschaftsvermögens der KG entsprechen sollte.
3 Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) folgte dem nicht und erließ dementsprechend ohne Berücksichtigung dieses Verlusts einen Körperschaftsteuerbescheid für 2011 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, gegen den die Klägerin Einspruch einlegte.
4 Korrespondierend hierzu machte die Klägerin in ihrer Gewerbesteuererklärung 2011 einen durch die Anwachsung übernommenen Gewerbeverlust in Höhe von 1.946.129 € geltend. Diesen Verlust berücksichtigte das FA im Gewerbesteuermessbescheid 2011 vom , der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand.
5 Bei der Veranlagung für das Streitjahr 2012 folgte das FA den Erklärungen der Klägerin. Die Festsetzungen (Körperschaftsteuerbescheid vom und Gewerbesteuermessbescheid vom ) standen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
6 Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2009 bis 2012 gelangte der Prüfer unter anderem zu der Ansicht, dass die geltend gemachten Verluste auch gewerbesteuerrechtlich nicht anzuerkennen seien, da der gewerbliche Organismus, bei dem der Verlust entstanden sei, weitgehend eingestellt gewesen sei und es danach an der für die Verlustnutzung notwendigen Unternehmensidentität fehle. Das FA folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ unter dem Änderungsbescheide über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2011 und 2012. Auch dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.
7 Die Einspruchsverfahren blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom ).
8 Das für die KG zuständige Finanzamt erließ unter dem einen Änderungsbescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 EStG, in welchem ein verrechenbarer Verlust der Klägerin als Kommanditistin der KG auf den in Höhe von 464.141,64 € festgestellt wurde. Außerdem erging unter dem ein Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den , der einen Verlust der KG in Höhe von 1.095.945 € feststellte. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.
9 Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, die zuletzt auf die Berücksichtigung eines Verlusts in Höhe von 464.141,64 € bei der Körperschaftsteuer der Klägerin und eines Verlustvortrags in Höhe von 1.095.945 € bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags der Klägerin jeweils für 2011, hilfsweise für 2012, gerichtet war, mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2023, 541 veröffentlichten Urteil in den Hilfsanträgen für das dortige Streitjahr 2012 statt. Im Übrigen —in Bezug auf das dortige Streitjahr 2011— wies es die Klage ab.
10 Die für die Klägerin bindend festgestellten verrechenbaren Verluste seien in Folge der liquidationslosen Vollbeendigung in Form der Anwachsung nicht untergegangen. Sie stünden der Klägerin als verrechenbare Verluste für die Körperschaftsteuer weiterhin zur Verfügung und könnten mit künftigen Gewinnen der Klägerin aus ihrem gesamten Unternehmen verrechnet werden. Der Zweck des § 15a EStG —die Beschränkung der Verlustnutzung auf Verluste, die tatsächlich wirtschaftlich getragen werden— stehe dem nicht entgegen, denn die Klägerin hafte als Gesellschafterin nunmehr vollständig mit ihrem Vermögen, auch wenn sie eine GmbH sei. Der verrechenbare Verlust sei dabei zwar nicht in einen ausgleichsfähigen Verlust umzuqualifizieren. Er könne aber im Hinblick auf den einheitlichen Gewerbebetrieb einer GmbH von ihren in den der Anwachsung folgenden Veranlagungszeiträumen erzielten Unternehmensgewinnen —hier für das Jahr 2012— abgesetzt werden. Dies seien sämtliche Gewinne der Klägerin aus ihrem Betrieb, nicht bloß jene aus der übernommenen Tätigkeit der KG.
11 Auch könne die Klägerin den für die KG festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust nach § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) mit ihrem Gewinn des Erhebungszeitraums 2012 verrechnen. Die hierfür erforderliche Unternehmensidentität im gewerbesteuerrechtlichen Sinne sei bindend durch den —selbst verfahrensfehlerhaften— Verlustfeststellungsbescheid für den Erhebungszeitraum 2011 entschieden, in dem die Anwachsung erfolgt sei. Für den Erhebungszeitraum 2012 folge die Unternehmensidentität aus der anwachsungsbedingten Gesamtrechtsnachfolge der vollständig beendeten KG durch die Klägerin als GmbH, bei der nach der Anwachsung ein einheitlicher Gewerbebetrieb verbleibe.
12 Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
13 Es macht geltend, das FG habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass der nach § 15a Abs. 4 EStG festgestellte verrechenbare Verlust im Fall der Anwachsung einer KG auf eine GmbH mit jeglichen Gewinnen verrechnet werden könne. Auch wenn eine GmbH lediglich einen einheitlichen Gewerbebetrieb unterhalte, komme es darauf an, ob sich der Betrieb der KG immer noch bei der GmbH identifizieren lasse. Der einheitliche Betrieb gemäß § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) spreche dafür, dass die verrechenbaren Verluste untergegangen seien. Denn mit der Aufnahme in das Betriebsvermögen einer GmbH werde die ursprüngliche Betriebsidentität zwingend aufgelöst. Zu einem vergleichbaren Ergebnis gelange außerdem § 4 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG). Weshalb in der vorliegenden Konstellation etwas anderes gelten sollte, sei nicht ersichtlich. Selbst wenn anzunehmen wäre, dass der vormalige Betrieb nicht weggefallen und die verrechenbaren Verluste deshalb nicht untergegangen seien, könne das Ergebnis des FG nicht überzeugen. Denn nach dem Ziel des § 15a EStG seien die Verluste lediglich mit Gewinnen aus dem Betrieb verrechenbar, in welchem die Verluste entstanden seien.
14 Gewerbesteuerrechtlich könne die angegriffene Entscheidung gleichfalls keinen Bestand haben. Zwar sei die Unternehmeridentität zwischen der KG und der Klägerin gewahrt, doch fehle es an der Unternehmensidentität. Nach Aufnahme des Betriebs in das Betriebsvermögen einer GmbH sei die Unternehmensidentität aufgrund des einheitlichen Betriebs —hier gemäß § 2 Abs. 2 GewStG— untergegangen. Falls im Rahmen der Gewerbesteuer die sogenannte faktische Identität als Kriterium der Verlustnutzung herangezogen werden sollte, folge daraus nichts Abweichendes. Denn Gewinne aus einem faktisch identischen Betrieb lägen gerade nicht vor.
15 Das FA beantragt,
das aufzuheben und die Klage abzuweisen.
16 Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
II.
17 Die Revision des FA ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
18 Zutreffend hat das FG der Klage jeweils für das Streitjahr 2012 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat zu Recht erkannt, dass sich die infolge der Anwachsung auf die Klägerin übergegangenen, hier in Rede stehenden Verluste bei dieser körperschaft- und gewerbesteuerrechtlich nach den Umständen des Streitfalls nicht bereits im Jahr 2011, sondern erst im Streitjahr 2012 auswirken. Die für die Klägerin aus ihrer Beteiligung an der KG gemäß § 15a Abs. 4 EStG auf den festgestellten verrechenbaren Verluste in Höhe von 464.141,64 € mindern den Gewinn der Klägerin bei der Körperschaftsteuer erst für das Streitjahr 2012. Auch der für die KG auf den festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust nach § 10a GewStG in Höhe von 1.095.945 € ist bei der Klägerin erst im Streitjahr 2012 zu berücksichtigen.
19 1. Die gemäß § 15a Abs. 4 EStG für die Klägerin gesondert und einheitlich festgestellten verrechenbaren Verluste auf den sind nach den Verhältnissen des Streitfalls in Folge der liquidationslosen Vollbeendigung der KG zum aufgrund der Anwachsung auf die Klägerin (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB i.V.m. § 738 BGB a.F., vgl. auch §§ 712, 712a BGB n.F.) nicht untergegangen. Sie mindern sämtliche Gewinne der Klägerin bei der Körperschaftsteuer des Streitjahrs 2012.
20 a) Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Gemäß § 15a Abs. 1a Satz 1 EStG führen auch nachträgliche Einlagen nicht zu einer Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit eines Verlusts, soweit durch den Verlust ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Soweit der Verlust nach § 15a Abs. 1 und 1a EStG nicht ausgeglichen oder abgezogen werden darf, mindert er die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 2 Satz 1 EStG). Gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist der nach § 15a Abs. 1 EStG nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach § 15a Abs. 2 EStG abzuziehenden und vermehrt um die nach § 15a Abs. 3 EStG hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust), jährlich gesondert festzustellen.
21 b) Scheidet die am Kapital nicht beteiligte Komplementär-GmbH „entschädigungslos“ aus einer zweigliedrigen KG aus, wird die KG ohne Liquidation voll beendet und geht das Vermögen der KG auf den (ehemaligen) alleinigen Kommanditisten im Wege der Anwachsung über (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB i.V.m. § 738 BGB a.F., vgl. auch §§ 712, 712a BGB n.F.). Ist in einem solchen Fall der „gewerbliche Organismus“ der KG noch nicht vollständig eingestellt, ist der verrechenbare Verlust dem verbleibenden Unternehmer zuzurechnen.
22 aa) Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits entschieden, dass § 15a EStG zum Wechsel des Kommanditisten in die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters keine Aussage trifft und diese Regelungslücke des Gesetzes in der Weise auszufüllen ist, dass aufgrund der Übernahme der unbeschränkten gesellschaftsrechtlichen Haftung die bisher als verrechenbar festgestellten Verluste zwar nicht in ausgleichsfähige Verluste umzuqualifizieren sind, diese Verluste aber —einkunftsquellenbezogen— in Analogie zu § 15a Abs. 2 EStG von den zukünftig erzielten Beteiligungs- und Unternehmensgewinnen abzusetzen sind. Dies entspricht einem folgerichtigen „Zu-Ende-Denken“ der Anordnungen des § 15a EStG in Übereinstimmung mit seinen strukturellen (systematischen) Grundaussagen sowie den tragenden Grundwertungen der Vorschrift und deren Entstehungsgeschichte (vgl. , BFHE 203, 477, BStBl II 2004, 115, unter II.3.b und c, m.w.N.).
23 bb) Zweck des § 15a EStG ist es, den steuerrechtlichen Verlustausgleich des Kommanditisten (beschränkt haftenden Gesellschafters) mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsquellen auf den zivilrechtlichen Haftungsumfang —als Ausdruck seiner (aktuellen) wirtschaftlichen Belastung— zu begrenzen. Aus diesem Grund setzt insbesondere der erweiterte Verlustausgleich nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG voraus, dass der Kommanditist —bezogen auf die Verhältnisse des jeweiligen Bilanzstichtags— mit einer gegenüber der geleisteten Einlage höheren Haftsumme im Handelsregister eingetragen ist. Andererseits entspricht es den Wertungen des § 15a EStG, verrechenbare Verluste auch dann nicht in ausgleichsfähige Verluste umzuqualifizieren, wenn der Kommanditist seine Haftsumme nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das nach § 15a Abs. 1 EStG verrechenbare Verluste festgestellt wurden, in einem dem Gesamtbetrag des Fremdkapitals der KG entsprechenden (oder übersteigenden) Umfang erhöht (§ 171 Abs. 1, § 172 Abs. 1 und 2, § 175 HGB) und er damit auch für die (Alt-)Verbindlichkeiten einzustehen hat (, BFHE 203, 477, BStBl II 2004, 115, unter II.3.b und c; vgl. auch , BFH/NV 2004, 1228, unter 2.; vom - IV R 16/15, BFHE 261, 101, BStBl II 2018, 527, Rz 28; , BFH/NV 2007, 888, unter II.1.).
24 cc) Diese Grundsätze gelten auch für den vorliegenden Fall, in dem das Vermögen der KG, deren Geschäftsbetrieb noch nicht vollständig eingestellt war, im Wege der Anwachsung nach entschädigungslosem Ausscheiden der am Kapital nicht beteiligten Komplementär-GmbH auf die allein am Kapital beteiligte Kommanditisten-GmbH überging.
25 Geht schon der Anteil am verrechenbaren Verlust des ausscheidenden Gesellschafters aus einer zweigliedrigen KG auf den letzten verbleibenden Gesellschafter über (vgl. , BFHE 177, 466, unter I.5.), gilt dies erst recht für den Fall, in dem der verbleibende Gesellschafter alleiniger Inhaber der verrechenbaren Verluste war. In gleicher Weise ist der Fall zu behandeln, dass es zur Beendigung einer zweigliedrigen KG im Wege der „entschädigungslosen“ Anwachsung auf eine GmbH kommt. Der Umstand, dass die Anwachsung auf eine GmbH erfolgt, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Denn auch diese haftet mit ihrem gesamten Vermögen, wenn auch kraft Rechtsform hierauf beschränkt (im Ergebnis ebenso Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 24. Aufl., § 15a Rz 54j; Seufer in BeckOK EStG, 21. Ed. , EStG § 15a Rz 622).
26 c) Soweit das FA geltend macht, der bei der KG für die Klägerin nach § 15a Abs. 4 EStG festgestellte Verlust könne von dieser nur unter der Voraussetzung genutzt werden, dass sich der Betrieb der vormaligen KG noch bei ihr, der Klägerin, identifizieren lasse, findet dies keine Stütze im Gesetz. Aus dem einheitlichen Gewerbebetrieb, den eine Körperschaft nach § 8 Abs. 2 KStG unterhält, folgt vielmehr —wie das FG zutreffend ausgeführt hat—, dass eine Fortführung des konkret verlustverursachenden Betriebs der KG nicht notwendig ist. Wenn sich aus § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG für den —hier nicht gegebenen— Fall, dass eine Personengesellschaft in die Rechtsstellung einer Körperschaft eintritt, eine abweichende Rechtsfolge ergibt, ist dies Ausfluss einer Spezialregelung des Umwandlungssteuerrechts, das auf den Fall der (einfachen) Anwachsung nicht anwendbar ist (vgl. Brandis/Heuermann/Nitzschke, § 20 UmwStG Rz 37; Rautenstrauch/Adrian, Deutsches Steuerrecht 2006, 359, jeweils m.w.N.). Die Regelung ist auch nicht —zu Lasten des Steuerpflichtigen— analog anzuwenden.
27 d) Der dem Grunde nach übergegangene Verlust ist —wie das FG ferner zutreffend erkannt hat— nicht wegen der Gesamtrechtsnachfolge von einem verrechenbaren in einen ausgleichsfähigen umzuqualifizieren.
28 aa) Aus den unter II.1.b genannten Gründen entspricht es dem Zweck des § 15a Abs. 2 EStG, die verrechenbaren Verluste —einkunftsquellenbezogen— von den zukünftig erzielten Beteiligungs- und Unternehmensgewinnen abzusetzen.
29 bb) Eine Umqualifikation in ausgleichsfähige Verluste wäre hingegen kein folgerichtiges „Zu-Ende-Denken“ der Anordnungen des § 15a EStG und ginge demnach zu weit.
30 cc) Die Klägerin als GmbH kann die von der KG übernommenen Verluste allerdings grundsätzlich mit sämtlichen Gewinnen aus ihrem gesamten Betrieb saldieren (so auch Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 24. Aufl., § 15a Rz 54j; Seufer in BeckOK EStG, 21. Ed. , EStG § 15a Rz 622). Nicht entgegen steht dem die streng beteiligungsbezogene Betrachtungsweise des BFH, nach der die Verlustverrechnung allein mit Gewinnen aus der nämlichen Beteiligung gestattet ist, bei der auch die Verluste angefallen sind (vgl. , BFHE 248, 144, BStBl II 2015, 532, Rz 34; vom - IV R 16/15, BFHE 261, 101, BStBl II 2018, 527, Rz 27). Denn seit der Anwachsung auf die Klägerin als GmbH gibt es nur noch eine einzige Einkunftsquelle, auf deren Gewinne es für eine mögliche Verrechnung ankommt; § 8 Abs. 2 KStG stellt klar, dass eine —wie im Streitfall— unter diese Vorschrift fallende Körperschaft nur einen einheitlichen Gewerbebetrieb hat (vgl. Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8 KStG Rz 67; Berninghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl. § 8 Rz 80).
31 e) Das FG hat schließlich auch zutreffend erkannt, dass eine Saldierung mit den Gewinnen der Klägerin erst für das Streitjahr 2012 erfolgen kann.
32 aa) Zwar erfolgte die Anwachsung auf die Klägerin nach den Feststellungen des FG bereits zum , was —aus dem Stichtagsprinzip folgend— an sich bedeutet, dass § 15a EStG bei der KG für das gesamte Jahr 2011 nicht mehr anzuwenden gewesen wäre (vgl. , BFHE 203, 484, BStBl II 2004, 118, unter II.1.a cc; Brandis/Heuermann/Stutzmann, § 15a EStG Rz 261; vgl. auch zur Maßgeblichkeit der Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses , BFHE 205, 199, BStBl II 2004, 423, unter 2.). Demnach hätte auf den von dem für die KG zuständigen Finanzamt keine gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlusts gemäß § 15a Abs. 4 EStG mehr erfolgen dürfen. Gleichwohl ist ein solcher Bescheid ergangen und bestandskräftig geworden. Er ist daher die nach § 182 der Abgabenordnung bindende Grundlage für die weitere Berücksichtigung der Verluste bei der Klägerin.
33 bb) Nach § 15a Abs. 2 EStG können Verluste, die nicht nach den Absätzen 1 oder 1a ausgeglichen oder abgezogen werden können, nur mit Gewinnen in künftigen Wirtschaftsjahren verrechnet werden (vgl. z.B. , BFHE 261, 101, BStBl II 2018, 527, Rz 27). Auch wenn die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nicht anwendbar ist, wenn ein vormaliger Kommanditist nach Anwachsung —wie hier die Klägerin— diese Rechtsstellung nicht mehr inne hat, folgt aus Zweck und Systematik des § 15a EStG, dass eine Verlustnutzung oder Saldierung der nicht ausgeglichenen Verluste nur mit Gewinnen nach dem Zeitpunkt der Anwachsung erfolgen kann (, BFH/NV 2007, 888, unter II.2.b). Denn auch dies ergibt sich —neben der Ablehnung der Umqualifikation der bisher verrechenbaren in ausgleichsfähige Verluste— bei folgerichtigem „Zu-Ende-Denken“ der Anordnungen des § 15a EStG (s. oben unter II.1.b).
34 cc) Ausgehend von dem Umstand, dass die letzte —bestandskräftige— gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlusts gemäß § 15a Abs. 4 EStG bei der KG mit Bescheid vom auf den erfolgt ist, sind zukünftige Gewinne bei der Klägerin erst solche nach dem . Ein Abzug des für die KG festgestellten Verlusts in Höhe von 464.141,64 € kann deshalb erst im Rahmen der Körperschaftsteuer für das Streitjahr 2012 erfolgen.
35 2. Das FG hat weiter zutreffend dahin erkannt, dass die Klägerin den für die KG auf den festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust nach § 10a GewStG bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags 2012 nutzen kann.
36 a) Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Mio. € um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Der 1 Mio. € übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist nach § 10a Satz 2 GewStG bis zu 60 % um nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert festzustellen (§ 10a Satz 6 GewStG). Vortragsfähige Fehlbeträge sind die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags nach den Sätzen 1 und 2 des § 10a GewStG zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleibenden Fehlbeträge (§ 10a Satz 7 GewStG). Im Fall des § 2 Abs. 5 GewStG kann der andere Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben (§ 10a Satz 8 GewStG).
37 b) Zwar hätten für den Erhebungszeitraum 2011 zwei getrennte Bescheide (jeweils für die Zeit vor und nach der Anwachsung) ergehen müssen (vgl. , BFHE 211, 387, BStBl II 2006, 404, unter I.2.; vom - IV R 8/16, BFHE 261, 175, BStBl II 2018, 484, Rz 21; Hackemann in Hallerbach/Nacke/Rehfeld, Gewerbesteuergesetz, 2. Aufl., § 10a Rz 203).
38 Das FG hat aber in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH rechtsfehlerfrei angenommen, dass der tatsächlich ergangene Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts der KG auf den Grundlagenbescheid für den streitigen Gewerbesteuermessbescheid der Klägerin im Streitjahr 2012 ist und diesem —da er in Bestandskraft erwachsen ist— Bindungswirkung insbesondere bezüglich der Höhe der Verluste, aber auch hinsichtlich deren Abzugsfähigkeit zukommt (vgl. etwa , BFHE 240, 90, BStBl II 2013, 958, Rz 14; vom - IV R 31/13, BFHE 255, 266, BStBl II 2017, 482, Rz 33). Ob bereits vor der Anwachsung bei der KG der nach § 10a Satz 6 GewStG festgestellte Verlust im Hinblick auf die eingestellte Biogasanlage und den Verkauf von Teilbetriebsflächen durch das für die Feststellung zuständige Finanzamt hätte gekürzt werden müssen, ist deshalb im Streitfall unerheblich.
39 c) Ebenso zutreffend hat das FG angenommen, dass der so festgestellte Gewerbeverlust bei der Klägerin nutzbar ist. Es fehlt insbesondere nicht an der nach der ständigen Rechtsprechung zu § 10a GewStG für die Gewerbeverlustnutzung erforderlichen Unternehmensidentität, nachdem das Vermögen der KG im Wege der Anwachsung auf die Klägerin als Kapitalgesellschaft übergegangen war. Eine Fortführung der Tätigkeit der bisherigen KG durch die Klägerin ist für die Verlustnutzung jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn —wie im Streitfall— der konkrete Betrieb, bei dem der Verlust entstanden war, im Zeitpunkt der Anwachsung nicht vollständig eingestellt war.
40 aa) Für das Geltendmachen eines Gewerbeverlusts bedarf es sowohl der Unternehmeridentität als auch der Unternehmensidentität (vgl. z.B. , BFHE 264, 32, BStBl II 2019, 407, Rz 18 ff.; vom - IV R 26/21, BFHE 283, 374, BStBl II 2025, 51, Rz 23 ff.). Zwischen den Beteiligten steht insoweit ausschließlich im Streit, ob die erforderliche Unternehmensidentität gewahrt ist.
41 bb) Das Erfordernis der Unternehmensidentität wird aus dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer abgeleitet, der es nicht zulässt, dass Verluste eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG bei einem anderen Gewerbebetrieb berücksichtigt werden. Die Unternehmensidentität liegt vor, wenn der im Verlustabzugsjahr bestehende Gewerbebetrieb mit jenem identisch ist, der im Verlustentstehungsjahr bestand (vgl. , BFHE 255, 266, BStBl II 2017, 482, Rz 27; vom - III R 35/17, BFHE 264, 32, BStBl II 2019, 407, Rz 19; vom - IV R 26/21, BFH/NV 2024, 592, Rz 24).
42 cc) Bei einer Kapitalgesellschaft wird die Unternehmensidentität regelmäßig als unproblematisch angesehen, weil ihre Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt (vgl. , BFHE 264, 32, BStBl II 2019, 407, Rz 20; vom - IV R 26/21, BFHE 283, 374, BStBl II 2025, 51, Rz 26; vom - III R 30/21, BStBl II 2025, 56, Rz 24). Eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Betätigung berührt die Unternehmensidentität einer Kapitalgesellschaft nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BFH nicht, solange derselbe einheitliche Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG weiterhin existiert (vgl. , BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310, unter II.C.1.; vom - I R 18/08, BFH/NV 2010, 941, unter II.3.; vom - III R 30/21, BStBl II 2025, 56, Rz 24). Das Kriterium der Unternehmensidentität hat danach für den Fortbestand des vortragsfähigen Gewerbeverlusts bei einer Kapitalgesellschaft —zumindest grundsätzlich— keine Bedeutung (vgl. , BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138, Rz 31; vom - III R 30/21, BStBl II 2025, 56, Rz 24, m.w.N.; , BFHE 246, 27, BStBl II 2014, 1016, Rz 35).
43 dd) Nach Ergehen des FG-Urteils hat der BFH zwischenzeitlich geklärt, dass die Grundsätze der fortbestehenden Unternehmensidentität bei einer Kapitalgesellschaft auch dann gelten, wenn die Kapitalgesellschaft im Wege der Anwachsung einen für eine Personengesellschaft festgestellten Gewerbeverlust übernommen hat (vgl. , BStBl II 2025, 56, Rz 30). Obgleich in Rechtsprechung und Literatur für die Nutzung der Fehlbeträge in diesem Fall teilweise gefordert wird, dass es auf die tatsächliche Fortführung des verlustverursachenden Unternehmens ankomme (etwa , EFG 2017, 929; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 10a Rz 36; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 11. Aufl., § 10a Rz 10a), oder —wie das FA meint— für die Übernahme der nach § 10a Satz 6 GewStG festgestellten Verluste es der Fortführung der „faktischen Identität“ des Gewerbebetriebs bedürfe, kommt es bei der Körperschaft infolge der Anwachsung zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG). Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür, in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem eine Kapitalgesellschaft im Wege der Anwachsung einen für eine Personengesellschaft festgestellten Gewerbeverlust übernommen hat, die Verlustnutzung —wie das FA meint— von der identitätswahrenden Fortführung des verlustverursachenden Betriebs der Personengesellschaft abhängig zu machen (vgl. , BStBl II 2025, 56, Rz 30 ff.). Der Senat schließt sich zur weiteren Begründung den Ausführungen des III. Senats an und nimmt auf sie Bezug.
44 ee) Ob von diesem Grundsatz der Unerheblichkeit der Unternehmensidentität bei einer Kapitalgesellschaft dann eine Ausnahme zu machen wäre, wenn die unternehmerische Tätigkeit der Personengesellschaft bereits vor der Anwachsung vollständig beendet ist, kann der Senat im Streitfall offenlassen; denn das gewerbliche Unternehmen, von dem der Verlust herrührt, war nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) zu diesem Zeitpunkt lediglich weitgehend, aber nicht vollständig eingestellt.
45 d) Schließlich erweist sich als zutreffend, dass eine Verrechnung der durch Anwachsung auf die Klägerin übergegangenen Gewerbesteuerverluste nicht schon im Jahr 2011 möglich war. Der Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts der KG nach § 10a GewStG lautet auf den . Materielle Fehler ändern —wie das FG zutreffend ausführt— nichts an der Bindungswirkung des Bescheids (s. dazu oben unter II.2.b). Die Nutzung eines festgestellten Gewerbeverlusts durch den Gesamtrechtsnachfolger ist erst in dem nächsten Erhebungszeitraum möglich (vgl. , BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427). Dies ist das Streitjahr 2012.
46 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
47 4. Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2025:U.190325.XIR2.23.0
Fundstelle(n):
LAAAJ-98567