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BGH Urteil v. - 6 StR 326/24

Instanzenzug: LG Stade Az: 201 KLs 20/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten S.      wegen gewerbsmäßigen Veranstaltens unerlaubten Glücksspiels in 203 Fällen, wegen „vorsätzlicher“ Geldwäsche und wegen „unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit dem Verstoß gegen das Waffengesetz“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und die Angeklagte T.        wegen Beihilfe zu „vorsätzlicher“ Geldwäsche zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt. Zudem hat es gegen den Angeklagten S.      die Einziehung „des Taterlangten“ in Höhe von 49.593,82 Euro, die Einziehung des Wertes „des Taterlangten“ in Höhe von 302.817,80 Euro, davon in Höhe von 100.000 Euro als Gesamtschuldner, sowie die erweiterte Einziehung „des sichergestellten Geldbetrags“ in Höhe von 50.000 Euro und gegen die Angeklagte T.      die Einziehung des Wertes „des Taterlangten“ in Höhe von 100.000 Euro als Gesamtschuldnerin angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen.

2Das Rechtsmittel des Angeklagten S.      hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Die Revision der Angeklagten T.      ist in vollem Umfang erfolgreich. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, mit dem sie zum einen – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertreten – zugunsten des Angeklagten S.      geltend macht, die Feststellungen zu den Fällen 201 bis 203 würden nicht ausreichend belegen, dass es sich hierbei um Glücksspiele gehandelt habe, und sich zum anderen – insoweit vom Generalbundesanwalt vertreten – zu Ungunsten der Angeklagten gegen die unterbliebene Einziehung zweier Immobilien wendet, erweist sich im Wesentlichen als unbegründet, führt aber zugunsten beider Angeklagter zur Aufhebung ihrer Verurteilungen im Fall 204 (§ 301 StPO).

    I.    

3Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

41. Der Angeklagte S.      veranstaltete in den Räumen eines Kulturvereins, dessen Vorsitzender er war, an mindestens 200 Abenden im Zeitraum von September 2020 bis April 2023 ohne die erforderliche behördliche Erlaubnis Pokerrunden mit Geldeinsatz. Er lud hierzu jeweils vorab durch eine von seinem Mobiltelefon versandte vorgefertigte Nachricht mehrere Teilnehmer zum Pokerspiel ein, die sodann einen sogenannten „Buy-In“ in teils dreistelliger Höhe entrichteten. Von jedem ausgespielten „Pot“ behielt der Angeklagte fünf Prozent ein. Hierdurch nahm er bei jeder der von ihm veranstalteten Pokerrunden mindestens 1.200 Euro und insgesamt mindestens 240.000 Euro ein (Fälle 1 bis 200).

5Ebenfalls ohne behördliche Erlaubnis stellte er in den Räumen des Kulturvereins im Februar 2021 zwei Glücksspielautomaten auf (Fall 201), einen weiteren im August 2022 (Fall 202) und zwei weitere im November 2022 (Fall 203). Die Geräte verfügten nicht über eine Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Durch den Betrieb der Glücksspielautomaten erwirtschaftete der Angeklagte einen Gewinn von insgesamt 112.411,62 Euro.

6Im August 2021 erwarben die Angeklagten gemeinsam zwei Immobilien, deren Kaufpreis vollständig kreditfinanziert war. Der Angeklagte S.     begann kurze Zeit nach dem Erwerb mit Umbau- und Renovierungsarbeiten an den Immobilien. Hierfür verwendete er Bargeld aus den von ihm veranstalteten unerlaubten Glückspielen, wobei ihm bewusst war, dass es sich um illegale Einnahmen handelte. Durch die Investition in die beiden Immobilien wollte er deren Wert steigern und die Herkunft der Bargeldeinnahmen verbergen. Insgesamt wandte er in der Zeit bis April 2023 für Baustoffe und die durch Freunde und Bekannte durchgeführten Arbeiten mindestens 100.000 Euro auf. Die Angeklagte T.      , der die Illegalität der Bargeldeinnahmen ebenfalls bekannt war, unterstützte ihn bei den Umbauarbeiten, indem sie hierbei konkrete Anweisungen erteilte, etwa zur Anbringung von Steckdosen (Fall 204).

7Am verwahrte der Angeklagte S.      in seiner Wohnung ohne die erforderliche Erlaubnis eine halbautomatische Kurz-Schusswaffe Norico, Kaliber 9 mm, nebst einer Laserzielvorrichtung und 29 Patronen passender Munition sowie einen Schlagring und ein Faustmesser (Fall 205).

82. Das Landgericht hat das Handeln des Angeklagten S.      in den Fällen 1 bis 203 rechtlich jeweils als gewerbsmäßig begangenes unerlaubtes Veranstalten eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 StGB gewertet. Das Geschehen im Fall 204 hat es im Hinblick auf den Angeklagten S.      rechtlich als „vorsätzliche Geldwäsche in einem besonders schweren Fall“ gemäß § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 und Abs. 7 StGB gewürdigt; hinsichtlich der Angeklagten T.      ist es davon ausgegangen, sie habe dem Angeklagten S.       zu dieser Tat Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) geleistet. Im Fall 205 hat das Landgericht einen Verstoß des Angeklagten S.      gegen § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. b WaffG angenommen.

II.

9Die Revision des Angeklagten S.      hat teilweise Erfolg.

101. Der Angeklagte wendet sich zu Recht gegen seine Verurteilung im Fall 204 wegen Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB. Insoweit hält der Schuldspruch sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

11Da der Angeklagte als Täter an den Vortaten beteiligt war, aus denen das in die Renovierung der Immobilien investierte Bargeld stammte, kommt eine strafbare Geldwäsche durch den Angeklagten nur in Gestalt einer sogenannten Selbstgeldwäsche gemäß § 261 Abs. 7 StGB in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann derjenige, der wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, nur dann wegen Geldwäsche bestraft werden, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert. Diese Voraussetzungen hat das Landgericht nicht erkennbar geprüft.

12a) Zwar lässt sich den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit noch hinreichend entnehmen, dass der Angeklagte Bargeld in Höhe von 100.000 Euro, das er aus seinen Glücksspieltaten erlangt hatte, im Sinne von § 261 Abs. 7 StGB in den Verkehr brachte. Denn das Urteil teilt an verschiedenen Stellen mit, dass er mit diesem Geld in Baumärkten Baustoffe und weitere Materialien für die Renovierung der Immobilien erwarb und bei den Renovierungsarbeiten durch Freunde und Bekannte unterstützt wurde, die von ihm entlohnt werden mussten, soweit sie nicht unentgeltlich tätig wurden.

13b) Aus den Urteilsgründen ergibt sich aber auch in ihrer Gesamtheit nicht, dass der Angeklagte beim Inverkehrbringen des Bargelds dessen rechtswidrige Herkunft verschleierte.

14aa) Ein Verschleiern im Sinne von § 261 Abs. 7 StGB erfordert ein zielgerichtetes und irreführendes Vorgehen, das darauf abzielt, dem Geldwäschegegenstand den Anschein einer anderen (legalen) Herkunft zu verleihen oder zumindest die wahre Herkunft zu verbergen (vgl. , NZWiSt 2019, 148, 150; vom – 2 StR 451/15, BGHR StGB § 261 Abs. 1 Verschleierung 1 Rn. 22; Beschluss vom – 5 StR 234/18, BGHSt 63, 268 Rn. 23; Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl., § 261 Rn. 14; LK/Krause, StGB, 13. Aufl., § 261 Rn. 7; MüKo-StGB/Neuheuser, 4. Aufl., § 261 Rn. 74, 135). Dies kann etwa in Betracht kommen bei Bareinzahlungen auf ein Konto ohne Nennung des Einzahlers oder bei legendierten Überweisungen und Rückzahlungen von zuvor aus inkriminiertem Vermögen gewährten Darlehen und daraus gezogenen Nutzungen (vgl. Bülte, NStZ 2024, 91, 92). Die bloße eigennützige Verwertung des aus der Vortat erlangten Gegenstands ohne verschleiernde Umgehung insbesondere von Mechanismen zum Schutz der Integrität des Wirtschafts- und Finanzkreislaufs stellt hingegen ein vom Vortäter typischerweise zu erwartendes Verhalten dar und verwirklicht kein gegenüber der Vortat eigenständiges Unrecht (vgl. BT-Drucks. 19/24180, S. 34 f.; SSW-StGB/Jahn, 6. Aufl., § 261 Rn. 115; BeckOK-StGB/Ruhmannseder, 64. Ed., § 261 Rn. 66).

15bb) Daran fehlt es hier. Dem angefochtenen Urteil lässt sich lediglich entnehmen, dass es dem Angeklagten bei den Investitionen in subjektiver Hinsicht darum ging, die Herkunft der Bargeldeinnahmen zu „verbergen“. Das Urteil verhält sich jedoch an keiner Stelle zu einem in objektiver Hinsicht irreführenden Verhalten des Angeklagten beim Inverkehrbringen des aus den Vortaten erlangten Bargelds. Ein solches Verhalten ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe; vielmehr sprechen die im Urteil mitgeteilten Anschaffungen von Baustoffen und Renovierungsmaterialien in Baufachmärkten über einen längeren Zeitraum – von August 2021 bis April 2023 – eher dagegen, dass der Angeklagte sich hierbei irreführend verhielt, etwa indem er Mechanismen zum Schutz der Integrität des Wirtschafts- und Finanzkreislaufs umging.

162. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 204 und der insoweit verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten entzieht der gegen den Angeklagten S.      verhängten Gesamtstrafe die Grundlage.

173. Im Übrigen hat die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

III.

18Die Revision der Angeklagten T.       ist begründet; ihre Verurteilung wegen Beihilfe zur Geldwäsche hat keinen Bestand.

19Zwar steht einer Strafbarkeit der Angeklagten T.      wegen Beihilfe zur (Selbst-)Geldwäsche nicht schon der Umstand entgegen, dass die Feststellungen des Landgerichts eine Verurteilung des Angeklagten S.      wegen einer (Selbst-)Geldwäsche nicht tragen. Denn aufgrund der gesetzgeberischen Ausgestaltung der Vortatbeteiligung als persönlicher Strafausschließungsgrund gemäß § 261 Abs. 7 StGB können andere Beteiligte aus der Straflosigkeit des Vortäters für sich keine Vorteile herleiten (vgl. , NJW 2005, 3507, 3508; Herzog/El-Ghazi, Geldwäschegesetz, 5. Aufl., § 261 Rn. 195; NK-StGB/Altenhain, 6. Aufl., § 261 Rn. 8; MüKo-StGB/Neuheuser, aaO, Rn. 132; BeckOK-StGB/Ruhmannseder, aaO, Rn. 67).

20Die Verurteilung der Angeklagten T.      wegen Beihilfe zur Geldwäsche kann aber deshalb nicht bestehen bleiben, weil die Strafkammer eine mögliche strafbare Vortatbeteiligung der Angeklagten T.     mit der Folge, dass (auch) ihr der persönliche Strafausschließungsgrund des § 261 Abs. 7 StGB zugutekommen könnte, nicht erkennbar bedacht hat. Bei einer in Betracht kommenden Vortatbeteiligung ist dieser Strafausschließungsgrund regelmäßig in den Blick zu nehmen und zu erörtern (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 177/23, Rn. 7; vom – 2 StR 395/22, Rn. 8 f.; vom – 1 StR 431/19, Rn. 7; vom – 5 StR 541/14, NZWiSt 2015, 272). Daran fehlt es hier, obwohl sich die Erörterung einer strafbaren Vortatbeteiligung durch die Angeklagte T.     aufdrängte.

21So kommt eine strafbare Teilnahme der Angeklagten T.       an den Glücksspieltaten des Angeklagten S.     schon insoweit in Betracht, als sie ausweislich ihres – von der Strafkammer für glaubhaft erachteten – Geständnisses vom Angeklagten S.      „Schuldenlisten aus dem unerlaubten Glücksspiel“ erhielt, um diese weiter zu bearbeiten. Zudem erstellte die Angeklagte jedenfalls für den Monat April 2021 aufgrund der von ihr errechneten Einnahmen aus elf in diesem Monat durchgeführten Pokerrunden eine „Einnahmenliste“ und leitete diese sodann dem Angeklagten S.     zu. Darüber hinaus stellte sie S.     für die Durchführung der Pokerrunden und das Aufstellen von Glücksspielgeräten zwei in ihrem Miteigentum stehende Immobilien zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund war es geboten, eine strafbare Vortatbeteiligung der Angeklagten T.      zu erörtern.

IV.

221. Soweit sich die Revision der Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten S.      gegen dessen Verurteilung in den Fällen 201 bis 203 wendet, erweist sie sich als unbegründet. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin tragen die Feststellungen die Annahme des Landgerichts, bei den vom Angeklagten aufgestellten Geräten handele es sich um Glücksspielautomaten und nicht etwa nur um Geschicklichkeitsspiele. Die diesbezüglichen Feststellungen der Strafkammer sind auch ausreichend beweiswürdigend belegt; so hat der Angeklagte S.      gestanden, dass es sich bei den von ihm aufgestellten Geräten um Glücksspielautomaten gehandelt habe, zudem hat die Strafkammer hierzu einen Polizeibeamten vernommen und sich auf Durchsuchungs- und Observationsberichte sowie eigene Notizen des Angeklagten S.      gestützt.

232. Auch soweit die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten beider Angeklagten beanstandet, das Landgericht habe zu Unrecht davon abgesehen, gemäß § 74 StGB zwei Immobilien einzuziehen, in die durch die Geldwäsche im Fall 204 Gelder investiert worden seien, bleibt ihr Rechtsmittel ohne Erfolg; es führt aber zu einer umfassenden Überprüfung des Urteils im Fall 204.

24a) Eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auf die Entscheidung über die Einziehung der Immobilien liegt nicht vor.

25aa) Zwar kann die Revision grundsätzlich auf die tatgerichtliche Einziehungsentscheidung und auch auf einen abtrennbaren Teil davon beschränkt werden. Eine Rechtsmittelbeschränkung ist allerdings nur dann wirksam, wenn der angefochtene Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann und die bei Teilrechtskraft stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (st. Rspr.; vgl. etwa , Rn. 10; vom – 2 StR 262/18, Rn. 5).

26bb) Dies ist hier nicht der Fall. Die angefochtene Einziehungsentscheidung steht mit dem Schuldspruch wegen Geldwäsche in einem untrennbaren Zusammenhang. Sie kann nicht losgelöst von der Prüfung einer Strafbarkeit der Angeklagten wegen Geldwäsche bzw. wegen einer Beihilfe hierzu im Fall 204 geprüft und beurteilt werden.

27b) Mangels wirksamer Beschränkung auf den Einziehungsausspruch bezüglich der Immobilien unterliegen auch der Schuld- und Strafausspruch im Fall 204 sowie der an die (vermeintlichen) Erträge aus dieser Tat anknüpfende Ausspruch über die gesamtschuldnerische Haftung beider Angeklagter der Überprüfung auf die Revision der Staatsanwaltschaft. Dies hat zur Folge, dass aufgrund der defizitären Feststellungen zu einer (Selbst-)Geldwäsche durch den Angeklagten S.      die Verurteilungen beider Angeklagter im Fall 204 auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft der Aufhebung unterliegen (§ 301 StPO). Die Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten S.      zieht die Aufhebung des Ausspruchs über seine Haftung als Gesamtschuldner nach sich.

V.

28Da der Senat nicht ausschließen kann, dass ein neues Tatgericht Feststellungen zu treffen vermag, die eine (Selbst-)Geldwäsche des Angeklagten S.      im Fall 204 oder eine Teilnahme an einer solchen Tat durch die Angeklagte T.       begründen, bedarf die Sache im Umfang der Aufhebungen neuer Verhandlung und Entscheidung.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:300425U6STR326.24.0

Fundstelle(n):
NAAAJ-98267