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BGH Urteil v. - IX ZR 160/24

Leitsatz

Zahlungsunfähig ist ein Schuldner, der aus Mangel an liquiden Mitteln nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Hierbei sind nur diejenigen liquiden Mittel einzubeziehen, über die der Schuldner tatsächlich verfügt oder die er sich kurzfristig, also innerhalb von drei Wochen, beschaffen kann. Forderungen gegen Dritte können nur insoweit eingesetzt werden, als sie tatsächlich bestehen und der Schuldner die Forderungen spätestens binnen drei Wochen realisieren kann (Fortführung von , BGHZ 163, 134, 139; Beschluss vom - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 30; Urteil vom - IX ZR 90/10, NZI 2013, 592 Rn. 7).

Gesetze: § 17 Abs 2 S 1 InsO

Instanzenzug: Az: 2 U 19/24vorgehend Az: 16 O 185/23

Tatbestand

1Der Kläger ist Verwalter in dem auf einen am eingegangenen Eigenantrag am eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S.                                            GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin), die vornehmlich Cateringdienstleistungen erbrachte. Seit 2005 war T.        W.       alleiniger Kommanditist der Schuldnerin und Alleingesellschafter und Geschäftsführer der nach masseloser Insolvenz aufgelösten und in Liquidation befindlichen Komplementär-GmbH der Schuldnerin.

2T.        W.       bezog in dem Zeitraum vom bis zum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. In dem zugrundeliegenden Leistungsbescheid wurde der Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit mit Null angegeben. Am 29. und beglich die Schuldnerin mit drei Zahlungen Steuerverbindlichkeiten des T.      W.         bei dem beklagten Bundesland für die Steuerjahre 2018 und 2019 in Höhe von insgesamt 27.740,51 €. Am eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des T.       W.       . Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom zur Rückgewähr der Zahlungen auf.

3Ob die Schuldnerin im Geschäftsjahr 2020 einen Gewinn erwirtschaftet hat, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger hat geltend gemacht, die Zahlungen unterlägen der Anfechtung gemäß § 134 InsO. Die Steuerforderungen des Beklagten gegen T.       W.        seien wertlos gewesen. Dieser sei im Zeitpunkt der Zahlungen nicht mehr in der Lage gewesen, seine Zahlungsverpflichtungen selbst zu erfüllen oder der Schuldnerin die von ihr verauslagten Zahlungen zu erstatten. Der Beklagte hat behauptet, nach dem Gesellschaftsvertrag habe das Jahresergebnis der Schuldnerin ausschließlich T.       W.        zugestanden; ein Gewinnanspruch für das Jahr 2020 könne nicht ausgeschlossen werden. Das Landgericht hat den Beklagten zur Rückgewähr der Zahlungen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Rückgewähr der Zahlungen weiter.

Gründe

4Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5Das Berufungsgericht hat angenommen, bei den angefochtenen Rechtshandlungen habe es sich nicht um unentgeltliche Leistungen im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO gehandelt. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Steuerforderungen des Beklagten gegen T.       W.        wertlos gewesen seien. Der Beklagte habe darauf hingewiesen, dass nach dem Gesellschaftsvertrag das Jahresergebnis der Schuldnerin ausschließlich T.         W.         zugestanden habe. Demgegenüber könne sich der Kläger nicht darauf zurückziehen, dass die Schuldnerin in 2020 keinen Gewinn erzielt habe. Der Kläger trage die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Anspruch des Beklagten gegen T.       W.        wertlos gewesen sei. Nachdem nicht ausgeschlossen werden könne, dass T.        W.        ein Gewinnanspruch für das Jahr 2020 zugestanden habe, könne dessen Zahlungsunfähigkeit nicht festgestellt werden. Ein vertragliches oder gesetzliches Entnahmerecht des T.       W.        zur Deckung der mit der Gewinnbeteiligung bei der Schuldnerin anfallenden Steuerverbindlichkeiten bestehe allerdings nicht.

II.

6Das hält rechtlicher Prüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

71. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen nicht, um eine Anfechtbarkeit der von der Schuldnerin an den Beklagten geleisteten Zahlungen gemäß § 134 Abs. 1 InsO ausschließen zu können.

8a) Die von der Schuldnerin an den Beklagten geleisteten Zahlungen stellen eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO dar, wenn sie unentgeltlich im Zeitraum von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Gläubiger der Schuldnerin benachteiligen.

9aa) Als Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO ist jede Rechtshandlung zu verstehen, die dazu dient, einen zugriffsfähigen Gegenstand aus dem Vermögen der Schuldnerin zu entfernen. Die Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten sind wegen der damit verbundenen Vermögensminderung als Leistung einzustufen. Für die Frage der Unentgeltlichkeit ist auf den Zeitpunkt des Rechtserwerbs des Anfechtungsgegners in Folge der Leistung der Schuldnerin abzustellen, also auf den gemäß § 140 Abs. 1 InsO zu bestimmenden Zeitpunkt, zu dem die rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung eintreten (vgl. , NZI 2021, 26 Rn. 8 mwN). Die in Rede stehenden Zahlungen erfolgten am 29. und und damit innerhalb des Zeitraums von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin.

10bb) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt grundsätzlich vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt hat, wenn sich also mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (vgl. , NZI 2018, 800 Rn. 15 mwN). Die Gläubigerbenachteiligung liegt vor, denn die Aktivmasse der Schuldnerin wurde durch die Zahlungen an den Beklagten verkürzt.

11cc) In einem Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Verfügenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll. Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es hingegen nicht entscheidend darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Verfügung erhalten hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hatte. Die Gegenleistung des Empfängers, dessen gegen einen Dritten gerichtete Forderung bezahlt wird, liegt in der Regel darin, dass er mit der Leistung eine werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert (vgl. , NZG 2020, 559 Rn. 12 mwN). War die Forderung des Zuwendungsempfängers gegen seinen Schuldner im Zeitpunkt des Erhalts der Leistung wirtschaftlich wertlos, hat der Leistungsempfänger nichts verloren, was als Gegenleistung für die Zuwendung des Schuldners angesehen werden kann. Die Leistung auf eine fremde Schuld ist dann als unentgeltliche Verfügung anfechtbar (vgl. , BGHZ 162, 276, 280 mwN). Darlegungs- und beweisbelastet für eine unentgeltliche Verfügung des Schuldners ist der Insolvenzverwalter (vgl. , NZI 2017, 393 Rn. 8 mwN). Demgemäß hat der Insolvenzverwalter auch die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Werthaltigkeit der Forderung gegen den Dritten (Forderungsschuldner) im Zeitpunkt der Zahlung durch den Schuldner (vgl. , NZI 2006, 399 Rn. 15).

12dd) Von der Wertlosigkeit der Forderung des Zuwendungsempfängers ist regelmäßig nicht erst dann auszugehen, wenn über das Vermögen des Forderungsschuldners wegen Zahlungsunfähigkeit bereits das Insolvenzverfahren eröffnet war, sondern schon dann, wenn er materiell zahlungsunfähig, mithin insolvenzreif war (vgl. , NZI 2009, 891 Rn. 8 mwN; vom - IX ZR 12/14, NZI 2016, 398 Rn. 10 mwN). In einem solchen Fall kann sich der Leistungsempfänger nur dann darauf berufen, noch Vollstreckungsmöglichkeiten gegen seinen Schuldner gehabt zu haben, wenn er trotz dessen Zahlungsunfähigkeit insolvenzbeständig auf noch vorhandene Vermögensgegenstände hätte zugreifen können. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Anfechtungsgegner (vgl. aaO).

13b) Die im Streitfall bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht den Schluss des Berufungsgerichts, der Beklagte habe die Zahlungen der Schuldnerin auf die Steuerverbindlichkeiten des T.       W.        nicht als unentgeltliche Leistungen erlangt. Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht, die Steuerforderungen des beklagten Landes gegen T.       W.        seien nicht wertlos gewesen. Vielmehr ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, dass T.       W.        im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen der Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen ist. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich eine Zahlungsunfähigkeit des T.       W.         und damit eine Wertlosigkeit der Steuerforderungen des beklagten Landes nicht in Zweifel ziehen.

14aa) Zahlungsunfähigkeit ist ein objektiver Zustand. Die Frage, ob noch von einer vorübergehenden Zahlungsstockung oder schon von einer endgültigen Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, muss allein aufgrund der objektiven Umstände beantwortet werden (, BGHZ 163, 134, 140). Zahlungsunfähig ist ein Schuldner, der aus Mangel an liquiden Mitteln nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Hierbei sind nur diejenigen liquiden Mittel einzubeziehen, die sich der Schuldner kurzfristig, also innerhalb von drei Wochen, beschaffen kann (vgl. , BGHZ 163, 134, 139; Beschluss vom - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 30; Urteil vom - IX ZR 90/10, NZI 2013, 592 Rn. 7). Der Schuldner muss über sie tatsächlich verfügen oder sie binnen drei Wochen verfügbar machen können. Forderungen gegen Dritte können nur insoweit eingesetzt werden, als sie tatsächlich bestehen und der Schuldner die Forderungen spätestens binnen drei Wochen realisieren kann.

15bb) Der Kläger hat bereits mit der Klageschrift vom vorgetragen, zum Zeitpunkt der Vornahme der Zahlungen sei T.         W.        nicht mehr in der Lage gewesen, die Steuerverbindlichkeiten selbst zu erfüllen. Dieser sei auch nicht mehr in der Lage gewesen, die von der Schuldnerin verauslagten Zahlungen an diese zu erstatten. Aufgrund der fehlenden Gewinne der Schuldnerin in Folge der Covid-19-Pandemie sei es T.       W.        seit dem Frühjahr 2020 nicht mehr möglich gewesen, seinen Lebensunterhalt aus den Gewinnen der Schuldnerin zu finanzieren. Er sei daher gezwungen gewesen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu beziehen. Er habe daneben keine weiteren Einkünfte erzielt und auch über keine Vermögensrücklagen verfügt. Diese Behauptung hat der Kläger unter Beweis durch Einvernahme des Zeugen T.         W.         gestellt. Er hat sich für seine Behauptung, dass die Schuldnerin ab dem Jahr 2020 keinen Gewinn mehr erzielt habe, weiter auf die Vorlage von im Rahmen der Anträge auf Leistungen nach dem SGB II für T.      W.        erstellte Aufstellungen über die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Schuldnerin gestützt. Der Kläger hat damit geltend gemacht, dass die Steuerforderungen des Beklagten gegen T.      W.        zum Zeitpunkt der Leistungen der Schuldnerin wertlos gewesen seien. Der Beklagte hat diesen Vortrag bestritten und vorgebracht, T.       W.       habe gegen die Schuldnerin einen Anspruch auf unterjährige Entnahmen zur Bedienung von Steuervoraus- und -nachzahlungen gehabt. Diesen Vortrag hat der Beklagte ebenfalls unter Beweis durch Einvernahme des T.      W.        als Zeugen gestellt. In beiden Instanzen ist eine Zeugeneinvernahme nicht erfolgt.

16cc) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, eine Zahlungsunfähigkeit des T.       W.        lasse sich deshalb nicht feststellen, weil der Kläger die Möglichkeit eines T.       W.        zustehenden Gewinnanspruchs für das Geschäftsjahr 2020 nicht ausgeschlossen und insoweit seiner Darlegungslast nicht genügt habe. Indem es gemeint hat, der darlegungs- und beweisbelastete Kläger könne sich nicht darauf zurückziehen, dass die Schuldnerin in 2020 keinen Gewinn erwirtschaftet und ausgewiesen habe, hat es die angebotenen Beweise prozessordnungswidrig nicht erhoben.

17(1) Die Behauptung des Klägers, T.        W.         sei zum Zeitpunkt der Vornahme der Zahlungen nicht mehr in der Lage gewesen, seine Steuerverbindlichkeiten selbst zu erfüllen oder aber der Schuldnerin die von ihr verauslagten Zahlungen zu erstatten, zielte auf die Wertlosigkeit der Steuerforderungen des Beklagten gegen T.       W.        ab. Diesen Vortrag hat der Kläger bereits mit der Klage erhoben und unter Zeugenbeweis gestellt. Mit der Erwiderung auf die Berufungsbegründung des Beklagten hat der Kläger sein tatsächliches Vorbringen erster Instanz nebst Beweisantritten ausdrücklich wiederholt. Da der Kläger zudem behauptet hat, dass T.        W.        lediglich über monatliche Einkünfte in Höhe von 1.626 € aufgrund der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II verfügt habe und die im September 2021 fälligen Steuerverbindlichkeiten 27.740,51 € betrugen, welche T.        W.         nicht in der Lage gewesen sei zu befriedigen, kommt dessen Zahlungsunfähigkeit in Betracht. Die vorgelegten Leistungsbescheide erstreckten sich über den Zeitraum vom bis zum .

18(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigen die Regelungen des Gesellschaftsvertrags der Schuldnerin nicht, von einer Beweisaufnahme über die Behauptungen des Klägers zur Zahlungsunfähigkeit des T.          W.        abzusehen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts beruhen auf einem Fehlverständnis des Gewinnanspruchs des Gesellschafters. Ansprüche eines Gesellschafters auf den Jahresgewinn der Gesellschaft sind nur dann bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit des Gesellschafters zu berücksichtigen, wenn solche Ansprüche bestehen und dem Gesellschafter deshalb entsprechende Mittel tatsächlich zufließen oder kurzfristig binnen drei Wochen zu realisieren sind, die Gesellschaft also leistungsfähig und leistungswillig ist.

19(a) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass T.        W.          aufgrund eines Gewinnanspruchs entsprechende Mittel tatsächlich zugeflossen sind. Ebenso wenig hat das Berufungsgericht geklärt, ob die Schuldnerin hinsichtlich eines Gewinnanspruchs für das Jahr 2020 entgegen der Behauptung des Klägers auch im September 2021 leistungsfähig und leistungswillig war. Anders als das Berufungsgericht meint, genügt allein der - von ihm ohnehin nur als möglich angesehene - rechtliche Bestand einer Forderung des Schuldners gegen einen Dritten nicht, um Zweifel an der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu begründen.

20(b) Unabhängig davon ist die Begründung des Berufungsgerichts auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil nach dem unstreitigen Vorbringen kein Anspruch auf Gewinnauszahlung für das Jahr 2020 bestand. Denn die Schuldnerin erstellte weder einen Jahresabschluss für das Jahr 2020 noch fasste sie den erforderlichen Feststellungsbeschluss.

21Auf den Streitfall findet das Handelsgesetzbuch in der bis zum geltenden Fassung Anwendung (Art. 137 Satz 1 MoPeG). Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB aF hat der Kommanditist einen Anspruch auf Gewinnauszahlung, sofern der Gewinn nicht zum Ausgleich von Verlusten auf dem Kapitalkonto benötigt wird. Der Anspruch auf Gewinnauszahlung entsteht jedoch erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses (vgl. , BGHZ 80, 357, 358; vom - II ZR 263/94, BGHZ 132, 263, 267; Staub/Casper, HGB, 6. Aufl., § 169 Rn. 25; MünchKomm-HGB/Grunewald, 5. Aufl., § 167 Rn. 2).

22Diese Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewinnauszahlung für das Jahr 2020 lagen im Streitfall nach dem unstreitigen Sachvortrag nicht vor. Aus dem Gesellschaftsvertrag der Schuldnerin ergibt sich nichts anderes. § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags regelt allein das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter der Schuldnerin und beschränkt dieses auf den Kommanditisten. Hingegen entscheidet über die Verwendung eines Gewinns der Schuldnerin die Gesellschafterversammlung (§ 6 Abs. 2 lit. b, § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags), die in ihrer Entscheidung frei ist.

23Diese Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags ersetzen nicht den erforderlichen Feststellungsbeschluss. Zuständig für die Feststellung des Jahresabschlusses ist nach § 6 Abs. 2 lit. a des Gesellschaftsvertrags der Schuldnerin die Gesellschafterversammlung. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass für das Geschäftsjahr 2020 kein Jahresabschluss mehr aufgestellt worden ist. Dass nach § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags ein Jahresabschluss innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf eines Geschäftsjahres aufzustellen ist, ersetzt - anders als das Berufungsgericht zu meinen scheint - die fehlende Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses nicht.

24(3) Hinsichtlich eines Entnahmerechts des Gesellschafters zur Deckung der mit einer Gewinnbeteiligung anfallenden Steuerverbindlichkeiten hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass insoweit keine Ansprüche des T.        W.          bestanden haben. Die Revisionserwiderung rügt insoweit nichts.

25dd) Indem das Berufungsgericht den durch den Kläger für die Wertlosigkeit der Forderung angebotenen Beweis durch Einvernahme des T.       W.          als Zeugen nicht erhoben hat, hat es §§ 286, 373 ZPO verletzt. Der Beweisantritt erfolgt nach dem Gesetz durch die Benennung des Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung des Zeugen stattfinden soll; einem erheblichen Beweisantritt hat das Prozessgericht nachzugehen. Soweit es den Kläger für darlegungs- und beweisbelastet erachtet hat, dass die Schuldnerin in 2020 keinen Gewinn erwirtschaftet und ausgewiesen habe, hat es zudem das Vorbringen des Klägers nur unzureichend erfasst. Der Kläger hat mit der Behauptung, T.        W.        sei eine Erfüllung der Steuerverbindlichkeiten nicht möglich gewesen, auch vorgetragen, diesem hätten hierfür keine sonstigen Einkünfte oder sonstiges Vermögen zur Verfügung gestanden.

262. Das angefochtene Berufungsurteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil die erforderlichen Feststellungen zu der Wertlosigkeit der Steuerforderungen des Beklagten gegen T.       W.        nicht getroffen worden sind. Das wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Sollte die Zahlungsunfähigkeit des T.        W.        feststehen, kann noch zu klären sein, ob der Beklagte trotz der Zahlungsunfähigkeit des T.        W.         noch - insolvenzbeständige - Vollstreckungsmöglichkeiten gegen diesen hatte. Hierzu wird das Berufungsgericht den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben.

Schoppmeyer                         Röhl                         Schultz

                       Selbmann                   Weinland

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:310725UIXZR160.24.0

Fundstelle(n):
LAAAJ-97997