Schienenhinterlandanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung; Bedarf für Interimslösung
Gesetze: Art 11 Abs 1 Buchst h EUV 2024/1679, Art 16 Abs 2 Buchst b EUV 2024/1679, Anh III EUV 2024/1679, Art 28 Abs 2 GG, Art 59 Abs 2 GG, § 18 Abs 1 S 2 AEG 1994, § 1 Abs 1 BSWAG, § 3 Abs 1 BImSchG, § 3 Abs 3 BImSchG, § 2 Abs 1 Nr 2 BImSchV 16, § 3 Nr 5 KurAnerkV SH 2019, § 50 WHG 2009, § 75 Abs 1a VwVfG
Tatbestand
1Die Kläger, die Stadt Fehmarn und der Wasserbeschaffungsverband Fehmarn, wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss vom , der einen Abschnitt der deutschen Schienenhinterlandanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung zulässt.
2Das Königreich Dänemark und die Bundesrepublik Deutschland schlossen am einen Staatsvertrag über eine Feste Fehmarnbeltquerung (im Folgenden: FFBQ). Darin verpflichteten sich die Vertragsparteien auch zum Ausbau der jeweiligen Hinterlandanbindungen, der auf deutscher Seite den Ausbau der Straßenverbindung E 47 (B 207) zwischen Heiligenhafen (Ost) und Puttgarden zu einer vierstreifigen Bundesstraße, die Elektrifizierung der Schienenstrecke zwischen Lübeck und Puttgarden sowie den zweigleisigen Ausbau zwischen Bad Schwartau und Puttgarden umfasst.
3Gegenstand des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses ist der Ausbau der Schienenstrecke von der südlichen Rampe der Fehmarnsundbrücke auf der Halbinsel Wagrien bis zum Anschluss an die Schienenverbindung der FFBQ südlich von Puttgarden auf Fehmarn. Die Schienenstrecke über die Fehmarnsundbrücke wird nur elektrifiziert, bleibt aber eingleisig. Im Anschluss daran wird die Bahnstrecke zweigleisig ausgebaut. Nach den Plänen der Beigeladenen soll der Fehmarnsund später durch einen ca. 2,2 km langen kombinierten Absenktunnel mit vier Fahrstreifen für die Straße sowie zwei Gleisen für die Eisenbahn bei Erhaltung der Fehmarnsundbrücke für den langsamen Verkehr (Fußgänger, Radfahrer) gequert werden.
4Die Kläger rügen die fehlende Planrechtfertigung. Das Planungsziel, sämtliche Güter- und Personenschienenverkehre abzuwickeln, werde nicht mit der Elektrifizierung der Sundbrücke, sondern erst durch den geplanten Absenktunnel erreicht. Die Trinkwasserversorgung auf Fehmarn sei durch die Realisierung des planfestgestellten Vorhabens gefährdet. Im Hinblick auf die bereits fortgeschrittenen Planungen einer Fehmarnsundquerung durch einen Absenktunnel sei die Elektrifizierung der Fehmarnsundbrücke als bloß zwischenzeitliche und kurzfristige Notlösung abwägungsfehlerhaft. Aufgrund der Kumulation von vier Bauvorhaben auf dem Gemeindegebiet der Klägerin zu 1 und den damit verbundenen Verschlechterungen der Luftqualität, Lärmbelastungen und Verkehrserschwernissen könne der Tourismus auf der Insel Fehmarn erheblich beeinträchtigt werden.
5Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom für das Vorhaben "ABS/NBS Hamburg - Lübeck - Puttgarden PFA 6" in der Gemeinde Fehmarn im Landkreis Ostholstein Bahn-km 74,049 bis 85,450 der Strecke 1100 Lübeck - Puttgarden in der Gestalt des Planänderungsbescheides vom bis zur Heilung erheblicher Mängel für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
hilfsweise,
den Planfeststellungsbeschluss um geeignete Schutzmaßnahmen zu ergänzen:
Die Beigeladene wird verpflichtet, auf die Elektrifizierung der Fehmarnsundbrücke und Realisierung des Bauabschnitts 6.1a zu verzichten,
weiter hilfsweise,
1. in Abänderung der Nebenbestimmung A.4.4.3:
a) die Beigeladene wird verpflichtet, für die im Bereich zwischen Bau-km 175,4 und Bau-km 175,5 liegenden vier Wassertanks des Wasserbeschaffungsverbands Fehmarn ein baubegleitendes Monitoring zur Überwachung der bauzeitlichen Erschütterungsimmissionen einzurichten,
b) die Beigeladene wird verpflichtet, vor Beginn der Bauarbeiten im Bereich zwischen Bau-km 175,4 und Bau-km 175,5 sowie betreffend notwendige Verlegungen oder Änderungen an den Trinkwasserversorgungsleitungen ein Sicherheitskonzept (oder Havariekonzept) für die vier Wassertanks und Trinkwasserleitungen zu erstellen und mit dem Kläger zu 2 abzustimmen, um Schäden an der kritischen Infrastruktur während der Bauarbeiten zu vermeiden,
2. in Abänderung der Nebenbestimmung A.4.4.1.1:
die Beigeladene wird verpflichtet, auf Nachtarbeiten (von 20:00 Uhr bis 07:00 Uhr) und auf Arbeiten am Wochenende zu verzichten,
3. in Abänderung der Nebenbestimmung A.4.4.2.1:
die Beigeladene wird verpflichtet, eine Geschwindigkeitsabsenkung für den Personen- und Güterzugverkehr im Bereich der Brücke über den Fehmarnsund anzuordnen.
6Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Klagen abzuweisen.
7Sie verteidigen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses und treten dem Vorbringen der Kläger im Einzelnen entgegen.
Gründe
8Die Klagen sind zulässig, aber sowohl mit den Haupt- als auch mit den Hilfsanträgen unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss ist hinsichtlich der von der Rügebefugnis der Kläger umfassten Belange rechtmäßig.
91. Eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses kommt mangels Rügebefugnis der Kläger nicht in Betracht.
10a) Die Klägerin zu 1 kann sich nicht auf die erhebliche Beeinträchtigung der gemeindlichen Aufgabe der Trinkwasserversorgung berufen, weil sie diese - wie sie selbst vorträgt - auf den Kläger zu 2 als kommunale Einrichtung der Daseinsvorsorge übertragen hat (vgl. 7 C 1.21 - ZfB 2022, 207 Rn. 16). Als Teil der öffentlichen Hand kann sie zudem keine umfassende gerichtliche Überprüfung eines ihr Gemeindegebiet betreffenden Planfeststellungsbeschlusses verlangen; ihre Rechtsposition ist vielmehr beschränkt auf die Geltendmachung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) und ihr zivilrechtliches Eigentum.
11Die Gemeinde kann vor allem geltend machen, ein fachplanerisches Vorhaben störe nachhaltig eine bestimmte kommunale Planung, entziehe wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile eines Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung oder beeinträchtige gemeindliche Einrichtungen erheblich (stRspr, vgl. 9 A 6.19 - BVerwGE 170, 266 Rn. 10). Auch eine enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses zu Lasten der Klägerin zu 1 führt nicht zu dem aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG hergeleiteten Anspruch auf vollumfängliche Prüfung, da die Gemeinde nicht Trägerin des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG ist (vgl. 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <391 f.> und vom - 7 A 7.22 - BVerwGE 179, 30 Rn. 28). Schließlich ist eine Gemeinde im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nicht befugt, als Sachwalterin von Rechten Dritter bzw. des Gemeinwohls Belange ihrer Bürger, wie z. B. Lärmschutz, Luftqualität, Verkehr, oder des Schutzes der natürlichen Grundlagen und der haushälterisch und pfleglichen Behandlung aller Schutzgüter, geltend zu machen. Soweit damit Vorschriften des Umwelt- und Naturschutzrechts angesprochen werden, sind diese nicht dazu bestimmt, das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht oder das Grundeigentum einer Gemeinde zu schützen (vgl. 3 A 2.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 79 Rn. 26).
12b) Der Kläger zu 2, dem die Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung übertragen ist, kann sich auf Verstöße gegen Vorschriften zum Schutz der öffentlichen Wasserversorgung (§ 50 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts - Wasserhaushaltsgesetz - <WHG> vom <BGBl. I S. 2585>) berufen (vgl. 3 A 2.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 79 Rn. 28) und eine etwaige Verletzung hierdurch geschützter Belange geltend machen.
132. An der Planrechtfertigung des Vorhabens fehlt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht. Der Verkehrsbedarf für die Schienenhinterlandanbindung in der Bundesrepublik Deutschland ist mit Bindungswirkung für das Bundesverwaltungsgericht gesetzlich festgestellt.
14a) Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergibt sich insbesondere aus dem Staatsvertrag zwischen dem Königreich Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland über eine FFBQ vom (im Folgenden: FFBQV). Darin haben die Vertragsparteien auch vereinbart, dass die Bundesrepublik Deutschland die Hinterlandanbindungen der FFBQ auf ihrem Hoheitsgebiet ausbauen wird (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 FFBQV). Weiter ist in dem Staatsvertrag geregelt, dass die Elektrifizierung der Schienenstrecke zwischen Lübeck und Puttgarden spätestens bis zur Eröffnung der FFBQ abgeschlossen sein soll. Die Bundesrepublik Deutschland ergreift danach die erforderlichen Maßnahmen, um spätestens bis zur Eröffnung der FFBQ eine ausreichende Eisenbahnkapazität auf der eingleisigen Schienenstrecke zwischen Bad Schwartau und Puttgarden sicherzustellen. Der Ausbau der Schienenstrecke zwischen Bad Schwartau und Puttgarden zu einer zweigleisigen elektrifizierten Schienenstrecke soll spätestens sieben Jahre nach der Eröffnung der FFBQ betriebsbereit sein (Art. 5 Abs. 2 Satz 4 bis 6 FFBQV). Der Staatsvertrag legt damit den Bedarf und die zeitlichen Vorgaben für die Schienenhinterlandanbindung, deren Bestandteil das planfestgestellte Vorhaben ist, im Einzelnen detailliert fest. Die Konkretisierung des Vorhabens entspricht dadurch nicht nur derjenigen im Bundesschienenwegeausbaugesetz, sondern geht darüber hinaus (vgl. 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 102). Der Staatsvertrag ist durch das deutsche Zustimmungsgesetz vom (BGBl. II S. 799) in unmittelbar geltendes nationales Recht überführt worden und gilt hiernach verbindlich mit Gesetzesrang (Art. 59 Abs. 2 GG).
15Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ergibt sich zudem aus Abschnitt 2, Unterabschnitt 1 Nr. 14 der Anlage zu § 1 Abs. 1 (Bedarfsplan für die Bundesschienenwege) des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz - BSWAG) vom (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom (BGBl. I Nr. 224). Die "ABS/NBS Hamburg - Lübeck - Puttgarden" wird dort als vordringlicher Bedarf eingestuft. In der Fußnote 4 heißt es dazu: "Aus- und Neubau für eine Zielreisezeit im Taktfahrplan Hamburg - Kopenhagen von unter 150 Minuten und Berlin - Kopenhagen von unter 240 Minuten". Diese Feststellung des Bedarfs ist für die Planfeststellung gemäß § 18 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes - AEG - ebenfalls verbindlich (§ 1 Abs. 2 BSWAG). Der Bau oder die Änderung eines Bundesschienenweges, für den der Bedarfsplan einen vordringlichen Bedarf feststellt, liegt im überragenden öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BSWAG).
16Schließlich ist die Schienenhinterlandanbindung der FFBQ gemäß der Verordnung (EU) 2024/1679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Leitlinien der Union für den Aufbau des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABl. L 2024/1679 vom ) - TEN-VO 2024 - Teil des Kernnetzes des transeuropäischen Verkehrsnetzes und gehört damit zu den Teilen des europäischen Gesamtnetzes, die von größter strategischer Bedeutung für die Verwirklichung der mit dem Aufbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes verfolgten Ziele sind. Die Hinterlandanbindung der Schienenstrecke der FFBQ ist zudem gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. h i. V. m. Anhang III TEN-VO 2024 Teil des Kernnetzkorridors Skandinavien - Mittelmeer. Sie hat damit eine europäische Verbindungs- und Raumerschließungsfunktion (vgl. 9 A 12.19 - juris Rn. 116, in BVerwGE 170, 33 insoweit nicht abgedruckt). Dies verleiht der Planrechtfertigung besonderes Gewicht (vgl. 9 A 25.12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 74).
17b) Die für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindliche Feststellung des Gesetzgebers, dass ein Verkehrsbedarf besteht, schließt das Vorbringen, für den planfestgestellten Schienenabschnitt bestehe kein Verkehrsbedarf, grundsätzlich aus. Anhaltspunkte, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung verfassungswidrig sein könnte, bestehen nicht. Das wäre nur der Fall, wenn sie evident unsachlich wäre, weil es für das Vorhaben im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung an jeglicher Notwendigkeit fehlte. Die Bedarfsfeststellung kann darüber hinaus auch dann verfassungswidrig werden, wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (stRspr, vgl. 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 114). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
18Zwar geht der Senat davon aus, dass die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene eingleisige, elektrifizierte Bahnstrecke über die Fehmarnsundbrücke nicht für den Güterzugverkehr genutzt werden wird. Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung sind die im Güterzugverkehr üblicherweise eingesetzten Lokomotiven zu schwer für die Traglast der Brücke. Dies ist auch der von den Klägern eingereichten Mitteilung des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) e. V., DIE GÜTERBAHNEN, zu entnehmen.
19Auf den in einem Verfahren von Hinterlandgemeinden der FFBQ - BVerwG 9 A 5.19 - geschlossenen Vergleich, den die Kläger anführen, kommt es hier ebenfalls nicht an. Danach hat sich die Planfeststellungsbehörde vorbehalten, über Schutzauflagen zugunsten der an der Bestandsstrecke anliegenden Gemeinden (u. a. eine Begrenzung der höchstzulässigen Zahl von Güterzügen) zu entscheiden, falls nach Inbetriebnahme der FFBQ vor der vollständigen Fertigstellung der geplanten Hinterlandanbindung bis Lübeck wider Erwarten Güterverkehr auf der bestehenden Bestandsstrecke zwischen Puttgarden und Lübeck abgewickelt werden soll. Davon ist für den Bereich der Sundbrücke - wie dargelegt - nicht auszugehen.
20Die mangelnde Eignung der elektrifizierten Bahnstrecke über die Sundbrücke für den Güterzugverkehr führt jedoch nicht dazu, dass das mit dem dänisch-deutschen Staatsvertrag angestrebte Planungsziel nicht erreicht werden kann. Danach ist ein Güterzugverkehr über die Sundbrücke nicht ausdrücklich vorgesehen. Vielmehr genügt es, spätestens bis zur Eröffnung der FFBQ eine ausreichende Eisenbahnkapazität auf der eingleisigen Schienenstrecke sicherzustellen (Art. 5 Abs. 2 Satz 5 FFBQV). Für die Erfüllung der staatsvertraglichen Pflichten durch die Bundesrepublik Deutschland reicht es demnach aus, dass der Personenverkehr auf der Schiene mit schnellen und modernen Zügen abgewickelt werden kann. Das ist unstreitig der Fall.
21Dass die Sundbrücke nicht dauerhaft den Zugverkehr zwischen Fehmarn und dem Festland aufnehmen, sondern dies mittelfristig durch einen Absenktunnel, die Fehmarnsundquerung, erfolgen soll, widerspricht ebenso wenig den im Staatsvertrag angestrebten Planungszielen. Vielmehr ist dort ein zweistufiges Vorgehen ausdrücklich geregelt. Nach Art. 5 Abs. 2 Satz 6 FFBQV soll der Ausbau der Schienenstrecke zwischen Bad Schwartau und Puttgarden zu einer zweigleisigen elektrifizierten Schienenstrecke spätestens sieben Jahre nach der Eröffnung der FFBQ betriebsbereit sein. Eine evidente Unsachlichkeit ist den Regelungen, die zunächst nur eine ausreichende Eisenbahnkapazität durch umfassende Elektrifizierung bis zur Eröffnung und in einem zweiten Schritt eine durchgehende zweigleisige elektrifizierte Schienenstrecke vorsehen, nicht zu entnehmen. Auch die Formulierung in Art. 5 Abs. 2 Satz 7 FFBQV, wonach die Schienenstrecke über die Fehmarnsundbrücke eingleisig bleiben soll, schließt daneben den späteren Ausbau zu einer zweigleisigen elektrifizierten Schienenstrecke, die den Güterzugverkehr aufnehmen kann - wie hier im Rahmen eines Absenktunnels beabsichtigt - gerade nicht aus. Ob die Parteien des Staatsvertrages im Jahr 2008 davon ausgingen, dass der gesamte Schienenverkehr, also auch der Güterzugverkehr, über die eingleisige elektrifizierte Fehmarnsundbrücke abgewickelt werden kann, ist daher unerheblich. Jedenfalls hat sich die Sundbrücke in der Folgezeit im Rahmen von Prognosen und Untersuchungen als nicht hinreichend belastbar erwiesen. Der erst künftige Bedarf entspricht auch der TEN-VO 2024. Danach müssen die Mitgliedstaaten grundsätzlich bei Strecken, die Teil des Güterverkehrsnetzes sind, den Betrieb von Güterzügen mit einer Zuglänge von mindestens 740 m (einschließlich der Lokomotive oder Lokomotiven) bis zum sicherstellen (Art. 16 Abs. 2 Buchst. b TEN-VO 2024).
223. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 AEG). Soweit die Rügebefugnis der Kläger reicht, leidet der Planfeststellungsbeschluss nicht an einem Abwägungsmangel.
23a) Das planfestgestellte Vorhaben gefährdet die Trinkwasserversorgung auf der Insel Fehmarn durch den Kläger zu 2 nicht.
24aa) Der Kläger zu 2 hat an seinem Betriebsstandort keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen durch bau- oder betriebsbedingte Erschütterungen (§ 3 Abs. 1 und 3 BImSchG) zu gewärtigen. Zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Erschütterungen ist auf die Beurteilungs- und Anhaltswerte der DIN 4150 abzustellen. Dabei handelt es sich um technische Regelwerke, deren Tauglichkeit zur Beurteilung von Erschütterungen in Fachkreisen und in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist. Bei Einhaltung der dort empfohlenen Werte kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass erhebliche Belästigungen durch Erschütterungen vermieden werden (vgl. 7 A 10.20 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 94 Rn. 34).
25(1) Die "Erschütterungstechnische Untersuchung des Baubetriebs" der K. GmbH vom (Planunterlage 16.3a) hat dementsprechend die Vorgaben der DIN 4150-3 (Teil 3: Einwirkungen auf bauliche Anlagen) herangezogen. Danach ist zur Beurteilung der Einwirkungen auf bauliche Anlagen der Maximalwert der unbewerteten Schwingschnelle Vmax [mm/s] zu bestimmen. Soweit sich Objekte außerhalb der rechnerisch ermittelten Grenzabstände befinden, kann angenommen werden, dass aus Sicht des Erschütterungsschutzes keine Konflikte zu erwarten sind. Erschütterungstechnisch relevante Bauaktivitäten sind die Schlagrammungen zur Herstellung der Lärmschutzwand Strukkamp und zur Gründung der Oberleitungsmasten (Dieselexplosionsramme) entlang der Strecke sowie der Einsatz einer Vibrationswalze zur Verdichtung des Unterbaus, z. B. im Gleisbereich oder im Bereich der herzustellenden Wege.
26Die Untersuchung stellt fest, dass sich im Bereich zwischen Bau-km 175,4 und Bau-km 175,5 Wassertanks des Klägers zu 2 befinden. Diese seien zum größten Teil unterirdisch und ragten ca. 1,5 m über die Geländeoberkante. Alle Wasserbehälter seien aus 50 cm starkem Stahlbeton errichtet und hätten ein Volumen von bis 1 500 cbm. Weiter geht die Untersuchung zutreffend davon aus, dass die Oberleitungsmasten nur auf der dem Betrieb des Klägers zu 2 gegenüberliegenden Seite eingerammt werden. Der Abstand zu dem nächstgelegenen, geplanten Oberleitungsmast belaufe sich hierbei auf ca. 50 m. Die maximal zu erwartenden Schwinggeschwindigkeiten lägen in diesem Abstand bei etwa Vmax = 1,1 mm/s. Der heranzuziehende Anhaltswert zur Beurteilung der Wirkung von kurzzeitigen Erschütterungen auf die Auskleidung von unterirdischen Hohlräumen betrage für Stahlbetonbauwerke A = 80 mm/s. Dieser Wert werde unter Berücksichtigung der Sicherheitsaspekte auf 40 mm/s abgesenkt. Der prognostizierte Wert unterschreite den derart festgelegten Anforderungswert demnach sehr deutlich. Deshalb könne davon ausgegangen werden, dass die geplanten Rammarbeiten zu keinen Bauschäden an den Wasserbehältern führten (vgl. Planunterlage 16.3a S. 25). Die Verdichtungsarbeiten erfolgten im Zusammenhang mit der Herstellung der Baustraße. Der Mindestabstand werde hierbei auf ca. 6 m geschätzt. Die maximal zu erwartenden Schwinggeschwindigkeiten lägen in diesem Abstand bei etwa Vmax = 3,6 mm/s. Dementsprechend sei auch beim Einsatz einer Vibrationswalze nicht mit Schäden an den Wasserbehältern zu rechnen (vgl. Planunterlage 16.3a S. 26).
27Gegen diese detaillierte Untersuchung, die von einem Worst-Case-Szenario ausgeht, hat der Kläger zu 2 keine substantiierten Einwände erhoben. Seine Behauptung, dass auch Rammarbeiten auf der seinem Betriebsstandort zugewandten Seite der Bahnstrecke stattfänden, weil Oberleitungsmasten auf beiden Seiten der zweigleisigen Bahnstrecke hergestellt werden müssten, trifft für die hier maßgeblichen Örtlichkeiten nicht zu. Denn die Strecke bleibt bis zur Weiche bei ca. Bau-km 175,7, also auch im Bereich des Betriebsgeländes des Klägers zu 2, eingleisig. Dies ergibt sich aus dem planfestgestellten Lageplan 4.6.0.VA.LP.000.098-B2_LP, wonach im Bereich des Betriebsgrundstücks des Klägers zu 2 auf der ihm zugewandten Seite der Bahnstrecke keine Obermasten (kleine rote Quadrate) vorgesehen sind. Der vom Kläger zu 2 angeführte Baustellenverkehr ist zu vernachlässigen, weil es sich nach den unwidersprochenen Angaben der Beigeladenen um gummibereifte Straßenverkehre handelt, von denen erfahrungsgemäß keine relevanten Erschütterungen ausgehen. Weitere bauliche Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf seine Wassertanks legt der Kläger zu 2 nicht einmal dar.
28Dem bedingt gestellten Antrag, Beweis darüber zu erheben, dass unter Zugrundelegung aller erdenklichen bauzeitlichen Auswirkungen des Bauvorhabens Schäden an den Wasserbehältern entstehen, ist nicht nachzugehen, weil hierdurch keine konkrete Tatsachenbehauptung unter Beweis gestellt wurde und die Erschütterungstechnische Untersuchung nicht in Frage gestellt wurde.
29Die Nebenbestimmung A.4.4.3, wonach - soweit hier von Interesse - erschütterungsarme Verfahren anzuwenden sind, der Einsatz von Schlagrammen und Vibrationswalzen nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig und im Nachtzeitraum auf das absolut notwendige Maß zu beschränken sind und die Beigeladene einen Ansprechpartner für Anfragen im Zusammenhang mit bauzeitlichen Erschütterungen zu benennen hat, begegnet keinen Bedenken. Insbesondere erschließt sich der Bedarf für ein Baustellenmonitoring aufgrund der pauschalen Forderung des Klägers zu 2 nicht. Unabhängig davon haben die Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass erschütterungsintensive Arbeiten im Bereich des Klägers zu 2 messtechnisch von Anfang an überwacht werden.
30Dem bedingt gestellten Beweisantrag, wonach aufgrund der zahlreichen bauzeitlichen Auswirkungen des Bauvorhabens auf den Betriebsstandort des Klägers zu 2 ein Baustellenmonitoring notwendig sei, ist danach mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzugehen.
31(2) Nachteilige betriebsbedingte Auswirkungen des Schienenverkehrs auf die Wassertanks des Klägers zu 2 sind ebenfalls nicht zu erwarten. Dies ergibt sich aus der "Erschütterungstechnischen Untersuchung des Betriebs" des Bauvorhabens der K. GmbH vom . Dort wurden die schienenverkehrsinduzierten Immissionen aus Erschütterungen und sekundärem Luftschall auf Grundlage der Betriebsprognose für das Jahr 2030 ermittelt und beurteilt. Laut Untersuchung weisen die Wassertanks einen Abstand von ca. 50 m zur Bahnstrecke auf. In der Regel sei davon auszugehen, dass Erschütterungen durch den Schienenverkehr bereits im nahen Umfeld von Bahnstrecken deutlich unterhalb der für ein Bauwerk als schädlich einzustufenden Schwingungen liegen. Unter Berücksichtigung der Entfernung zwischen der Bahnstrecke und den Wassertanks seien Schäden an den unterirdischen Wassertanks ausgeschlossen (Planunterlagen 16.1a S. 33 und 16.2a S. 30).
32Da die Wassertanks für die Versorgung der Menschen auf der Insel Fehmarn mit Trinkwasser eine besondere Bedeutung haben, hat die Planfeststellungsbehörde es dennoch als angemessen angesehen, die prognostizierte fehlende Beeinträchtigung durch die Anordnung von Nachmessungen im tatsächlichen Betrieb zu überprüfen (PFB S. 303). Mit der Nebenbestimmung A.4.4.4 (PFB S. 84 f.) wird deshalb angeordnet, dass die Beigeladene sechs Monate nach Inbetriebnahme der Gesamtmaßnahme (Hinterlandanbindung der FFBQ) für die im Bereich zwischen Bau-km 175,4 und Bau-km 175,5 liegenden Wassertanks des Klägers zu 2 Erschütterungsmessungen durchzuführen und die auftretenden Erschütterungsimmissionen auf der Grundlage der in den erschütterungstechnischen Untersuchungen des Betriebs (Unterlage 16.1a und 16.2a) berücksichtigten Verkehrsdaten (Zugmengen, Zugarten, erschütterungstechnisch relevante Betriebsparameter) zu ermitteln habe. Die Ergebnisse der Überprüfung sind unverzüglich der Planfeststellungsbehörde mitzuteilen. Dabei ist auch zu prüfen, ob durch die ermittelten Erschütterungen langfristig Auswirkungen auf die Standsicherheit und Integrität der Wassertanks zu erwarten sind.
33Entgegen der Auffassung des Klägers zu 2 ist diese Anordnung hinreichend bestimmt. Sie bezieht sich nach ihrem Wortlaut eindeutig auf seine Wassertanks. Ob die Nebenbestimmung, wie der Kläger zu 2 meint, zu beanstanden ist, weil sie Nachmessungen erst sechs Monate nach Inbetriebnahme der Hinterlandanbindung der FFBQ anordnet, kann hier offenbleiben. Denn die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass sie schon zum Ende der Bauphase, während der Testfahrten, auf der Trasse Schwingungsmessungen durchführen werde.
34bb) Die Trinkwasserleitungen des Klägers zu 2 sind durch die Bauarbeiten im Rahmen des planfestgestellten Vorhabens nicht gefährdet. Dem Bauwerksverzeichnis (4.6.0.DO.VZ000.004-B2_BW-VZ) ist zu entnehmen, dass vorhabenbedingt für die laufenden Nr. 461 bis 466 Maßnahmen an den Trinkwasserleitungen erforderlich werden können. Verlegungen betreffen die laufenden Nr. 461 und 463. Die entsprechenden Darstellungen finden sich in den Plänen 4.6.0.VA.LT.000.096-B1_LT bis 4.6.0.VA.LT.000.098-B2_LT. Danach werden die Leitungen im Wesentlichen parallel zu den bestehenden Leitungen verlegt. Die neuen Leitungen werden hergestellt und in Betrieb genommen, bevor die bestehenden Leitungen zurückgebaut werden. Die Versorgung mit Trinkwasser auf Fehmarn ist dadurch sichergestellt.
35Im Übrigen wird die Sicherheit der Trinkwasserversorgungsleitungen durch die Nebenbestimmung A.4.9 (PFB S. 93 f.) gewährleistet. Danach hat die Beigeladene vor Beginn der Arbeiten Lage, Art und Zustand der Trinkwasserversorgungsleitungen im Baufeldbereich unter Einbeziehung aktueller Leitungsbestandspläne festzustellen. Notwendige Verlegungen oder Sicherungen der Leitungen sind mit dem Kläger zu 2 abzustimmen. Dass die Beigeladene erst im Rahmen der Ausführungsplanung die genaue Lage der Hauptversorgungsleitung des Klägers zu 2 einzumessen hat, soweit diese in einer Entfernung von weniger als fünf Meter zum Baufeld oder der Baustraße vermutet wird, ist nicht zu beanstanden. Weshalb dies, wie die Kläger vortragen, zu spät sei, erschließt sich nicht. Vielmehr wird mit der Nebenbestimmung A.4.9 sichergestellt, dass die Hauptversorgungsleitung rechtzeitig erkundet und ihre Gefährdung durch die Bauarbeiten ausgeschlossen wird.
36Die Beigeladene hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Führung der Wasserleitung auf der Fehmarnsundbrücke unterhalb des Brückenüberbaus sowohl in den Bauwerksplänen als auch vor Ort mit bloßem Auge eindeutig erkennbar sei. Alle Umbau- und Verstärkungsmaßnahmen für die Elektrifizierung der Brücke könnten daher bereits in der Planung auf eine mögliche Nähe zur Trinkwasserleitung geprüft werden. Bei unterseitigen Verstärkungen der Querträger und Verstärkungen der Anschlüsse zwischen Querträgern und Hohlkästen sei ein Mindestabstand von 0,5 m zur Wasserleitung oder ihrer Befestigung vorgesehen.
37Die vom Kläger zu 2 angesprochenen zwei Dükerleitungen, die vom Festland aus durch den Sund verlaufen, sind von dem planfestgestellten Vorhaben nicht betroffen.
38Nach allem sind ein Ausfall bzw. eine erhebliche Unterbrechung der Trinkwasserversorgung durch den zugelassenen Bau der Bahnstrecke nicht wahrscheinlicher als eine vorhabenunabhängige Beschädigung der Trinkwasserleitungen. Die Erforderlichkeit eines zusätzlichen Sicherheits- oder Havarie-Konzepts der Beigeladenen wegen der Bauarbeiten hat der Kläger zu 2 schon deshalb nicht dargelegt. Abgesehen davon hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass sie ein Sicherungskonzept für die Wasserleitungen und Wassertanks erstellen und mit dem Kläger zu 2 abstimmen werde.
39Dem Antrag, Beweis darüber zu erheben, dass aufgrund der zahlreichen bauzeitlichen Auswirkungen des Bauvorhabens (Worst-Case-Szenario) ein Sicherheits- oder Havarie-Konzept erforderlich ist, um die jederzeitige Versorgung mit Trinkwasser sicherzustellen, war daher jedenfalls mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzugehen. Im Übrigen war der Beweisantrag auch unzulässig, weil er keine Tatsachenbehauptungen, sondern Wertungen enthält.
40b) Die Kläger machen ohne Erfolg die Fehlerhaftigkeit der Abschnittsbildung geltend.
41aa) Die Zulässigkeit einer planungsrechtlichen Abschnittsbildung ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt. Die Planfeststellungsbehörde verfügt über ein planerisches Ermessen, in das sie u. a. Gesichtspunkte einer zweckmäßigen Verfahrensgestaltung einbeziehen kann. Dieses Ermessen wird allerdings durch das materielle Planungsrecht, insbesondere die Ziele des jeweiligen Fachplanungsgesetzes und das Abwägungsgebot begrenzt. Die Aussagekraft der Abwägung darf durch eine Aufspaltung des Vorhabens nicht beeinträchtigt werden. Insbesondere kann eine Teilplanung nicht so weit verselbständigt werden, dass durch die Gesamtplanung geschaffene Probleme unbewältigt bleiben. Auch muss zwischen den Vorteilen, die in der alsbaldigen Verwirklichung eines Teilbereichs liegen, und eventuell damit verbundenen Nachteilen wie etwa höheren Kosten oder der Durchführung von sich später als überflüssig herausstellenden Baumaßnahmen, eine sachgerechte Abwägung getroffen werden. Darüber hinaus dürfen der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (stRspr, vgl. 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 499).
42bb) Nach diesem Maßstab ist die Einbeziehung der Elektrifizierung der Fehmarnsundbrücke und des "Bauabschnitts 6.1a" in Höhe Strukkamp - ungeachtet der Frage der diesbezüglichen Rügebefugnis der Kläger - nicht zu beanstanden.
43Im Planfeststellungsbeschluss wurde eine Abwägung der Vor- und Nachteile der Zwischenlösung durch Elektrifizierung der eingleisigen Bahnstrecke über die Fehmarnsundbrücke, die den gesetzlichen Vorgaben des Art. 5 Abs. 2 FFBQV entspricht, vorgenommen. Hierzu wird ausgeführt, die Planung einer neuen Sundquerung habe noch keinen Stand erreicht, der im Beschluss hätte berücksichtigt werden können. Angesichts der vielfältigen Fragestellungen sowohl in rechtlicher als auch in baulicher Hinsicht sei nicht absehbar, wann die Planungen bis zur Einreichung eines Planfeststellungsantrags fortgeschritten seien. Vor dem Hintergrund der staatsvertraglichen Verpflichtung der Anbindung der FFBQ einschließlich eines vereinbarten Termins der Inbetriebnahme des zwischenstaatlichen Eisenbahnverkehrs müsse die Beigeladene die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Einhaltung dieses Termins ergreifen. Dies beinhalte auch den vorübergehenden Betrieb einer elektrifizierten Schienenanbindung über die Fehmarnsundbrücke. Zu diesem Zweck sei die Elektrifizierung erforderlich. Die Erfüllung der staatsvertraglichen Pflichten und die damit einhergehende Inbetriebnahme eines zwischenstaatlichen Eisenbahnverkehrs auf einer elektrifizierten Strecke sei höher zu gewichten, als die mit der Elektrifizierung der Fehmarnsundbrücke und der späteren Überplanung einhergehenden zusätzlichen Betroffenheiten (PFB S. 137 f.). Diese Abwägung ist im Hinblick auf die Belange der Kläger nicht zu beanstanden.
44Die Beklagte hat plausibel ausgeschlossen, dass der Absenktunnel zum maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung am eine Alternative zu der planfestgestellten Querung des Fehmarnsunds über die bestehende Fehmarnsundbrücke ist. Sie durfte davon ausgehen, dass die FFBQ voraussichtlich 2029 in Betrieb genommen wird. Sofern nachträglich die Einhaltung dieses Termins in Frage gestellt wird, wie die Kläger vortragen, ist dies für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses unerheblich. Weiter wird in dem Beschluss ausgeführt, die Planungen des Absenktunnels durch den Fehmarnsund seien noch nicht in einem Stadium, das eine umfängliche Berücksichtigung im vorliegenden Planfeststellungsverfahren zulasse (PFB S. 339). Hingegen könne die im Staatsvertrag vereinbarte Inbetriebnahme der Hinterlandanbindung, wenn auch gegebenenfalls nur für einen Übergangszeitraum, durch den festgestellten Plan erfolgen. Zu welchen Überplanungen es kommen wird, könne die Behörde noch nicht abschätzen, da keine aussagekräftigen Planunterlagen für den Absenktunnel durch den Fehmarnsund vorlägen. Konkreter Vortrag hierzu fehle auch in den Einwendungen (PFB S. 340).
45cc) Soweit die Klägerin zu 1 beanstandet, durch das zeitliche Zusammentreffen des Baus der FFBQ, der Bundesstraße B 207 (E 47), des planfestgestellten Vorhabens sowie der geplanten Sundquerung auf ihrem Stadtgebiet komme es zu für den Tourismus erheblichen Beeinträchtigungen und zur Überlastung ihres Verkehrsnetzes während der langen Bauzeit, wird daraus keine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts ersichtlich.
46Der geltend gemachte Status als staatlich anerkanntes Seebad kann zwar grundsätzlich in den Gewährleistungsbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG fallen, wenn die Anerkennung von der Gemeinde im Rahmen ihrer Selbstverwaltung geschaffene Einrichtungen und getätigte Maßnahmen voraussetzt (vgl. 7 A 4.12 - BVerwGE 147, 184 Rn. 61). Dies ist im Hinblick auf § 3 Nr. 5 der Verordnung über die Anerkennung als Kurort, Erholungsort oder Tourismusort des Landes Schleswig-Holstein vom (GVOBl. SH 2019, 574) bereits zweifelhaft. Jedenfalls ist die konkrete und erhebliche Beeinträchtigung solcher Einrichtungen bzw. Maßnahmen nicht hinreichend dargelegt (vgl. bereits 9 A 6.19 - BVerwGE 170, 266 Rn. 24).
47Zudem ist auch eine vom Fremdenverkehr geprägte Gemeinde grundsätzlich nicht befugt, eine befürchtete Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen des Fremdenverkehrs als eigene Rechtsbeeinträchtigung geltend zu machen. Die Wirtschaftsstruktur einer Gemeinde wird von vielfältigen Faktoren bestimmt und beeinflusst, die nicht speziell dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde zugeordnet sind. Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht kann aber ausnahmsweise dann verletzt sein, wenn die Auswirkungen des Vorhabens die Wirtschaftsstruktur und die Leistungsfähigkeit einer durch Fremdenverkehr geprägten Gemeinde massiv und nachhaltig verschlechtern ( 7 A 4.12 - BVerwGE 147, 184 Rn. 63 und vom - 9 A 6.19 - BVerwGE 170, 266 Rn. 25). Konkrete Hinweise, dass sich das Vorhaben in derart nachteiliger Weise auf das Gemeindegebiet der Klägerin zu 1 auswirkt, sind allerdings weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein das Vorbringen, der Tourismus mache einen Anteil von 50 % an der gesamten Wertschöpfung der Klägerin zu 1 aus und auf ihrem Gemeindegebiet befänden sich zahlreiche Tourismusanbieter, reicht hierfür nicht aus. Negative Auswirkungen des Vorhabens auf die Wirtschaftsstruktur der Gemeinde gehen daraus nicht hervor.
48Ungeachtet dessen hat die Beigeladene nach der Nebenbestimmung A.4.10 (PFB S. 95, 326) unter Einbeziehung der Klägerin zu 1 im Rahmen der Ausführungsplanung die Benutzung der Straßen und Wege mit dem Fernstraßenbauvorhabenträger, dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr sowie dem Landkreis Ostholstein abzustimmen und zu optimieren, um die Belastung anderer Verkehrsteilnehmer durch Baustellenverkehre zu minimieren.
49c) Auch die übrigen Einwände der Kläger gegen die Abwägung greifen nicht durch.
50aa) Dass es sich bei dem planfestgestellten Vorhaben entgegen der Auffassung der Kläger nicht um eine unzulässige Vorratsplanung, sondern um eine Interimsplanung handelt, ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen. Ein Verzicht auf die Elektrifizierung der eingleisigen Fehmarnsundbrücke bis zur Fertigstellung des Absenktunnels birgt die Gefahr, dass die vereinbarte Betriebsaufnahme zum Zeitpunkt der Fertigstellung der FFBQ nicht möglich ist (PFB S. 208, 210 f., 340). Durch die Elektrifizierung der bestehenden Bahnstrecke über die Fehmarnsundbrücke vor einer für die Planfeststellungsbehörde bei Erlass des Beschlusses nicht absehbaren Inbetriebnahme des Absenktunnels können - wie dargelegt - für einen nicht unerheblichen Zeitraum bereits elektrifizierte Züge von der FFBQ über die Schienenhinterlandanbindung verkehren. Aus der Verpflichtung der Beigeladenen, die Verankerung der Oberleitungsmasten auf der Fehmarnsundbrücke reversibel auszuführen (Nebenbestimmung A.4.7 Nr. 1 Satz 2), folgt nichts Anderes. Die denkmalschutzrechtliche Nebenbestimmung soll lediglich sicherstellen, dass die Oberleitungsanlagen rückbaubar sind, ohne dass es durch den Rückbau zu einer Veränderung der Charakteristika des Baudenkmals kommt (PFB S. 320).
51bb) Ein Verstoß gegen den Grundsatz der umfassenden Problembewältigung liegt nicht darin, dass die FFBQ, die Straßenhinterlandanbindung B 207, die Schienenhinterlandanbindung und die Erneuerung der Fehmarnsundquerung nicht in einem einheitlichen Planfeststellungsverfahren (§ 78 Abs. 1 VwVfG) geplant worden sind (vgl. bereits 9 A 6.19 - BVerwGE 170, 266 Rn. 29). Dies gilt auch für die Schienenhinterlandanbindung und die Sundquerung. Das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung erfordert nur ausnahmsweise, die Auswirkungen des Vorhabens, die auf anderen Streckenabschnitten hervorgerufen werden, bereits bei der anstehenden Entscheidung über das Planvorhaben in den Blick zu nehmen. Bei einem in mehrere Planungsabschnitte unterteilten Gesamtvorhaben ist in der Regel - und so auch hier - davon auszugehen, dass die (Fern-)Wirkungen des Ausbaus auf den nachfolgenden Planungsabschnitt mit den beim dortigen Ausbau entstehenden unmittelbaren Auswirkungen verschmelzen und erst in der darauf bezogenen Planfeststellung bewältigt werden müssen (vgl. 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 511 m. w. N.).
52cc) Abgesehen davon, dass die Rügebefugnis der Klägerin zu 1 die Belange der Luftreinhaltung und des Lärmschutzes - wie hier - ohne Bezug zu einer kommunalen Rechtsposition nicht umfasst (vgl. 9 A 22.18 - BVerwGE 165, 185 Rn. 11 ff.), hat die Beigeladene die zu erwartenden stofflichen Immissionen aus dem Betrieb der planfestgestellten Eisenbahnstrecke ermitteln lassen. Dabei wurde auch die Belastung aus dem Straßenverkehr sowie eine allgemeine Hintergrundbelastung aus anderen Emissionsquellen berücksichtigt (Planunterlage 20.6 S. 11 ff., 17 f.). Eine nennenswerte Erhöhung der Luftschadstoffbelastung hat sich danach nicht ergeben. Auf dieser Grundlage geht die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass im Betrieb die Immissionsgrenzwerte der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eingehalten werden. Zudem hat die Beigeladene eine Gesamtlärmbetrachtung (Straßen- und Schienenverkehrslärm) vornehmen lassen. Hiernach ergeben sich hinsichtlich der planfestgestellten Strecke an keinem maßgebenden Gebäude Gesamtpegel, die einem enteignungsgleichen Eingriff (70/60 dB(A) u. a. in allgemeinen Wohngebieten und 72/62 dB(A) u. a. in Misch- und Gewerbegebieten) entsprechen (Planunterlagen 15.1 S. 5, 15.4 S. 14). Die betroffenen Campingplatzgebiete wurden dabei in Umsetzung des Bundestagsbeschlusses vom (BT-Drs. 19/20624) mit der Schutzwürdigkeit eines allgemeinen Wohngebiets behandelt (Planunterlage 15.1a S. 6). Die Immissionsgrenzwerte für allgemeine Wohngebiete (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) werden dort eingehalten. Zur näheren Begründung wird auf das Urteil des Senats vom im parallel geführten Verfahren - BVerwG 7 A 6.24 - (Rn. 29 ff.) Bezug genommen.
53dd) Die Belange des Klägers zu 2 wurden bei der Abwägung ebenfalls hinreichend berücksichtigt. Dass die öffentliche Aufgabe der Trinkwasserversorgung auf der Insel Fehmarn durch das planfestgestellte Vorhaben nicht beeinträchtigt wird, wurde bereits ausgeführt. Der Vortrag des Klägers zu 2, dass sowohl durch den streitgegenständlichen Planfeststellungsabschnitt 6 als auch durch das geplante Vorhaben der Fehmarnsundquerung zahlreiche Leitungsverlegungen, auch der beiden Dükerleitungen und der Hauptversorgungsleitung, notwendig würden, führt nicht auf einen Abwägungsfehler. Ein Verzicht auf die Elektrifizierung der Fehmarnsundbrücke und auf den "Bauabschnitt 6.1a" im Planfeststellungsbeschluss war daher auch ihm gegenüber nicht geboten.
54Zwar hat die Beigeladene im gerichtlichen Verfahren eingeräumt, dass durch die Planfeststellungsabschnitte 6 und Fehmarnsundquerung dieselben Leitungen des Klägers zu 2 betroffen sind. Durch Abstimmungen solle jedoch gesichert werden, dass mit einer einmaligen Verlegung Baufreiheit auch für die später planfestzustellende neue Fehmarnsundquerung hergestellt wird. Die Beigeladene strebe Gespräche mit dem Kläger zu 2 über die Verlegung der Trinkwasserleitungen an, um seine doppelte Betroffenheit zu vermeiden. Auch werde die bauliche Ausführung der Anbindung und Elektrifizierung der bestehenden Fehmarnsundbrücke, der Bauabschnitt 6.1a, so spät wie möglich begonnen. Der Kläger zu 2 hat sich demgegenüber weder mit den Ausführungen im Planfeststellungsverfahren noch mit dem Vorbringen der Beigeladenen auseinandergesetzt. Seine pauschale Rüge, er werde "mehrfach durch unnötige doppelte Bauzeiten" beeinträchtigt, erfüllt damit schließlich nicht das Erfordernis einer eigenen Prüfung und rechtlichen Durchdringung des Prozessstoffs durch die Prozessbevollmächtigten (§ 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO, vgl. 9 A 6.19 - BVerwGE 170, 266 Rn. 11 m. w. N.).
55Die vom Kläger zu 2 befürchtete "Einkesselung", die eine Erweiterung seines Betriebsstandortes verhindere, kann sich nach seinem eigenen Vorbringen erst durch einen Planfeststellungsbeschluss ergeben, mit dem die neue Fehmarnsundquerung einschließlich am Wegenetz notwendiger Folgemaßnahmen zugelassen würde. Sie ist hier ebenso wenig Streitgegenstand wie eine etwaige Verlagerung seines Betriebsstandortes im Planfeststellungsabschnitt Fehmarnsundquerung. Eine kumulative Betrachtung ist - wie dargelegt - nicht vorzunehmen.
56Dem bedingt gestellten Antrag, Beweis darüber zu erheben, dass aufgrund der zahlreichen bauzeitlichen Auswirkungen des Vorhabens "Schienenanbindung FBQ, PFA 6" in kumulativer Betrachtung mit den bauzeitlichen Auswirkungen des Vorhabens "Fehmarnsundquerung" der Betriebsstandort des Klägers zu 2 zukünftig keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr hat, ist deshalb mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzugehen.
574. Die auf Planergänzung gerichteten Hilfsanträge sind schon deshalb jedenfalls unbegründet, weil erhebliche Mängel bei der Abwägung der Belange der Kläger (§ 75 Abs. 1a VwVfG) nicht vorliegen.
58Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO sowie auf § 162 Abs. 3 VwGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2025:220525U7A5.24.0
Fundstelle(n):
TAAAJ-97818