Instanzenzug: Az: AnwZ (Brfg) 33/24 Beschlussvorgehend Anwaltsgerichtshof Frankfurt Az: 2 AGH 4/20
Gründe
I.
1Die Klägerin ist bei der Rechtsanwaltskammer in Madrid als "Abogada" zugelassen. Sie war zudem als EU-Beamtin bei dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) tätig und befindet sich seit dem im unbezahlten Urlaub.
2Mit Bescheid vom nahm die Beklagte die Klägerin auf deren Antrag hin als europäische Rechtsanwältin ("Abogada") in die Rechtsanwaltskammer auf. Mit Bescheid vom widerrief die Beklagte die Aufnahme der Klägerin nach § 4 Abs. 1 EuRAG i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 5 BRAO. Der Anwaltsgerichtshof hat die gegen den Widerruf gerichtete Klage der Klägerin zurückgewiesen.
3Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom die Zulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag mit Schriftsatz vom begründet. Mit Beschluss vom , der eine Rechtsmittelbelehrung enthält und der Klägerin am zugestellt worden ist, hat der Senat die Berufung zugelassen (Senatsbeschluss vom - AnwZ (Brfg) 33/24, juris). Eine Berufungsbegründung ist nicht erfolgt. Mit Verfügung vom , der Klägerin zugestellt am , hat der Stellvertretende Vorsitzende des Senats die Klägerin darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum gegeben. Mit Schriftsatz vom hat die Klägerin Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und die Berufungsbegründung nachgeholt.
II.
41. Die Berufung ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig (vgl. § 124a Abs. 3 Satz 5, Abs. 6 Satz 3 VwGO) zu verwerfen, weil die Klägerin sie entgegen § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über ihre Zulassung begründet hat. Der Zulassungsbeschluss ist der Klägerin am zugestellt worden. Die Begründung war also bis zum bei dem Bundesgerichtshof einzureichen (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Zu diesem Zeitpunkt lag keine Begründung vor.
5Nach gefestigter Rechtsprechung muss der Rechtsmittelführer nach Zulassung der Berufung durch das Berufungsgericht in jedem Fall einen gesonderten Schriftsatz zur Berufungsbegründung einreichen; es genügt nicht, wenn sich die Begründung und der Antrag dem Vorbringen im Zulassungsverfahren entnehmen lassen. Dieses Erfordernis stellt keine bloße Förmelei dar; vielmehr soll der Berufungskläger mit der Einreichung der Begründungsschrift eindeutig zu erkennen geben, dass er nach wie vor die Durchführung eines Berufungsverfahrens erstrebt (Senat, Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 52/11, juris Rn. 6 mwN).
62. Wiedereinsetzung in die versäumte Frist ist der Klägerin nicht zu gewähren, da sie nicht ohne Verschulden verhindert war, die Berufung fristgemäß zu begründen (§ 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 60 Abs. 1 VwGO).
7a) Die Erkrankung der Klägerin und die damit einhergehenden Einschränkungen schließen ein Verschulden an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht aus. Eine Krankheit greift nur dann als Grund für eine "nicht verschuldete" Versäumung einer Rechtsmittelfrist durch, wenn sie so schwer war, dass der von ihr betroffene Verfahrensbeteiligte nicht bloß unfähig war, selbst zu handeln, sondern auch außerstande war, einen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen und im gebotenen Umfang zu informieren (Senat, Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 64/13, juris Rn. 4; , juris Rn. 7; , juris Rn. 10; jeweils mwN). Dies hat die Klägerin nicht dargelegt. Die Schilderung der Symptome lässt nicht erkennen, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum nach den insoweit zu stellenden hohen Anforderungen in rechtlichen Angelegenheiten handlungsunfähig gewesen ist (vgl. BVerwG, aaO).
8b) Soweit die Klägerin auf ein schon vor vielen Monaten erfolgtes Einsetzen von Angststörungen hinweist, weil sie sich sehr unsicher wegen des Ausgangs des Verfahrens gegen den Widerruf der Zulassung gefühlt habe, hinderten diese Störungen sie nicht daran, selbst den Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen und diesen Antrag im Juli 2024 sehr ausführlich zu begründen.
9Soweit die Klägerin eine Kulmination durch Mobbing an einer Arbeitsstelle beschreibt, was dazu geführt habe, dass sie seit August 2024 psychologische Online-Beratung in Anspruch nimmt, begründet dies nicht, warum es der Klägerin vom bis zum nicht einmal möglich gewesen sein soll, einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
10Die Klägerin führt aus, dass sie die Arbeitsstelle, an der sie Mobbing ausgesetzt gewesen sei, verlassen und danach eine Stelle als Juristin bei einer Gesellschaft angefangen habe, wo sie immer noch in der Probezeit sei. Aus dem von der Klägerin beigefügten psychologischen Bericht ergibt sich, dass die von der Klägerin geschilderten Symptome der physischen und psychischen Erschöpfung wegen eines Arbeitsplatzwechsels Anfang 2025 wieder aufgetreten seien. Dies zeigt jedoch, dass die Klägerin trotz der von ihr angeführten Beeinträchtigungen in der Lage war, Entscheidungen in rechtlichen Angelegenheiten zu treffen und durchzuführen. So beendete sie ein Arbeitsverhältnis und begründete sodann ein neues, in dem sie zudem als Juristin tätig ist. Eine Krankschreibung führt die Klägerin nur bezüglich der Arbeitsstelle an, an der sie gemobbt worden sei. Deswegen sei sie zweimal im August 2024 krankgeschrieben gewesen.
11Der Klägerin war es ferner möglich, seit August 2024 Online-Beratungstermine bei einer Psychologin wahrzunehmen. Warum sie in dem Zeitraum vom bis zum nicht in der Lage gewesen sein soll, selbst oder unter Einschaltung Dritter beispielsweise über das Internet mit einem Rechtsanwalt Kontakt aufzunehmen, ergibt sich nicht. Die Information eines Rechtsanwalts im gebotenen Umfang wäre zudem im vorliegenden Fall durch die Übermittlung der gerichtlichen Entscheidungen und die von der Klägerin selbst verfassten Schriftsätze ohne erheblichen Aufwand möglich gewesen.
III.
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Guhling Grüneberg Ettl
Lauer Schmittmann
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:080725BANWZ.BRFG.33.24.0
Fundstelle(n):
HAAAJ-97699