Instanzenzug: LG Stade Az: 305 KLs 133 Js 48009/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum Handeltreiben mit Cannabis in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Abgabe von Cannabis an eine Person unter 18 Jahren jeweils als Person über 21 Jahren in sieben Fällen, der Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahren in Tateinheit mit Körperverletzung in drei Fällen, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Erpressung, der versuchten Erpressung in Tateinheit mit Diebstahl und der versuchten Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Kompensations- und Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Schuldspruchänderung; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils hat einen Rechtsfehler lediglich insoweit ergeben, als der Angeklagte sich nach den Feststellungen in den Fällen 9 bis 11 der Urteilsgründe wegen Verabreichung statt wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht hat. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Abgeben im Sinne der Vorschrift ist die unerlaubte Übertragung der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt ohne rechtsgeschäftliche Grundlage und ohne Gegenleistung an einen Dritten, der über die Betäubungsmittel frei verfügen kann. Unter Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch ist dagegen die Übergabe von Betäubungsmitteln an einen anderen zum sofortigen Verbrauch zu verstehen. Ein Verabreichen im Sinne § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG setzt die unmittelbare Anwendung von Betäubungsmitteln am Körper oder das Einführen von Betäubungsmitteln in den Körper des Empfängers ohne dessen aktive Mitwirkung voraus. Die Tatbestandsalternative Abgabe und die Tatbestandsvarianten Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch und Verabreichen, bei denen der Empfänger jeweils keine eigene Sachherrschaft erlangt, schließen sich gegenseitig aus (vgl. etwa Senat, Urteil vom – 6 StR 275/22 Rn. 36; , BeckRS 2021, 10454 Rn. 8; Patzak in Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 1198 ff., 1205 ff., § 29a Rn. 13 ff.). Vorliegend erlangte der Zeuge an dem Stoff jeweils keine eigene Verfügungsgewalt, so dass keine Abgabe vorliegt. Da der Angeklagte den Geschädigten jeweils zwang, das Kokain einzunehmen, ist die Tatbestandsvariante des Verabreichens einschlägig und der Schuldspruch entsprechend zu berichtigen (vgl. , juris Rn. 7).“
3Dem schließt sich der Senat an und ändert den Schuldspruch insoweit entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Der Strafausspruch bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt.
42. Der geringfügige Erfolg der Revisionen lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:260625B6STR202.25.0
Fundstelle(n):
KAAAJ-97646