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BFH Beschluss v. - VIII B 17/24

Neubeginn der Zahlungsverjährung bei gleichzeitiger Änderung von Anrechnungsverfügung und Ergehen einer geänderten Steuerfestsetzung

Leitsatz

NV: Sind die Kapitalertragsteuer und der Solidaritätszuschlag für eine Dividendenkompensationszahlung nicht einbehalten worden und werden die rechtswidrige begünstigende Anrechnungsverfügung wegen eines Rücknahmegrundes gemäß § 130 Abs. 2 der Abgabenordnung und mangels eines Zuflusses der Abzugsbeträge daneben die Steuerfestsetzung wegen geringerer zugrunde liegender erzielter Kapitalerträge geändert, beginnt die Zahlungsverjährung für den gesamten Steueranspruch neu zu laufen.

Gesetze: AO § 130 Abs. 2 Nr. 2; AO § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3; AO § 228; AO § 229; EStG § 36 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 45a Abs. 3

Instanzenzug:

Tatbestand

I.

1 Die mit der Beschwerde angefochtene Vorentscheidung des betrifft die Körperschaftsteuer, den Solidaritätszuschlag und Zinsen zur Körperschaftsteuer für die Jahre 2007 bis 2009 (Streitjahre) sowie die wegen der Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag für die Jahre 2007 bis 2009 (Streitjahre) ergangenen Abrechnungsbescheide. Der Senat nimmt zur Darstellung des Tatbestands des Streitfalls und der umfangreichen Begründung des FG auf die in juris veröffentlichte Vorentscheidung Bezug. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) vom hat das abgelehnt. Verfahrensrügen gegen die Feststellungen des FG im angefochtenen Urteil hat die Klägerin in ihren Beschwerdebegründungen vom und vom nicht erhoben.

2 Die Klägerin stützt die Beschwerde auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und der Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO. Die Zulassungsgründe betreffen erstens den Komplex des Eintritts der Zahlungsverjährung für alle Streitjahre und zweitens —nur für das Streitjahr 2009— den Komplex der Bedeutung des sogenannten Cum-Ex-Vermerks sowie der Berufsträgerbescheinigung nach den Vorgaben des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom , BStBl I 2009, 631.

3 Die Klägerin beantragt,

die Revision zuzulassen.

4 Der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) beantragt,

die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe

II.

5 1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidung des FG über die Rechtmäßigkeit der Körperschaftsteuerbescheide der Streitjahre (Teil I.2.a der Begründung des FG-Urteils) und über die Rechtmäßigkeit der Zinsbescheide zur Körperschaftsteuer der Streitjahre (Teil I.2.c der Begründung des FG-Urteils) richtet. Gegen die Entscheidungen des FG über diese verfahrensrechtlich selbständigen Streitgegenstände hat die Klägerin ausweislich des Rubrums ihrer Beschwerdeschrift vom zwar auch Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Sie hat für diese Streitgegenstände entgegen ihrer aus § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO resultierenden gesetzlichen Verpflichtung jedoch bereits keine Zulassungsgründe dargelegt. Gegenstand der nachfolgenden Erörterung der Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde sind danach nur die gegen die Entscheidung des FG über die Abrechnungsbescheide für die Streitjahre vorgebrachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und der Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO.

6 2. Die Revision ist im Hinblick auf die geltend gemachten Zulassungsgründe zum Neubeginn und Umfang der Zahlungsverjährung gemäß § 228 der Abgabenordnung (AO) für die Anpassung der Anrechnungsverfügungen nicht zuzulassen.

7 a) Die Voraussetzungen für eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO sind nicht erfüllt.

8 aa) Die Klägerin wirft folgende Frage als klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage auf:

„Beginnt die Zahlungsverjährung gemäß §§ 228, 229 AO mit jeder geänderten Festsetzung der Steuer vollständig neu zu laufen mit der Folge, dass die gesamte Anrechnungsverfügung geändert werden kann, wenn dafür eine Änderungsvorschrift greift?“

9 In Rz 116 der Beschwerdebegründung vom begründet die Klägerin die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage mit der Erwägung, dass ungeklärt sei, ob ein Neubeginn der Zahlungsverjährung für den gesamten Steueranspruch auf der Grundlage einer geänderten Steuerfestsetzung nur dann in Betracht komme, wenn sich die Steuerabzugsbeträge „infolge bei der Veranlagung abweichend erfasster Einkünfte“ änderten, und ob die im geänderten Steuerbescheid abweichend festgesetzten Einkünfte „im Zusammenhang“ mit den nicht mehr anzuerkennenden Abzugsbeträgen stehen müssten. Die Klägerin möchte demnach im Kern geklärt wissen, ob für einen Neubeginn der Zahlungsverjährung die Minderung der festgesetzten Einkünfte, die den Abzugsbeträgen zugrunde liegen, die Anpassung der Anrechnungsverfügung auslösen muss und dies dann nicht der Fall ist, wenn die Anrechnungsverfügung unabhängig vom Ergehen der geänderten Steuerfestsetzung wegen eines Rücknahmegrundes auch gemäß § 130 Abs. 2 AO geändert wird.

10 bb) Die so konkretisierte Rechtsfrage ist auf der Grundlage der bisher ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eindeutig zu beantworten und nicht klärungsbedürftig.

11 aaa) Im (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115, Rz 15) hat der BFH entschieden: Ändert sich die Steuerfestsetzung, ist im Umfang dieser Änderung auch die mit dem Änderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung anzupassen, ohne dass der Anpassung bis dahin gegebenenfalls bereits abgelaufene Zahlungsverjährungsfristen bezüglich früher entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entgegenstehen. Dies folgt aus der durch § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 des in der Fassung des Streitzeitraums geltenden Einkommensteuergesetzes (EStG) hergestellten Verknüpfung zwischen Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren, die dem Steuerbescheid eine einem Grundlagenbescheid ähnliche bindende Wirkung für ihm folgende Anrechnungsverfügungen beziehungsweise Abrechnungsbescheide verleiht. Die Anrechnungsverfügung ist der geänderten Steuerfestsetzung anzupassen, indem der geänderte festgesetzte Betrag in sie eingestellt wird. Dies hat innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist des § 228 AO zu geschehen, die mit der Bekanntgabe des Steueränderungsbescheids (insoweit erneut) in Lauf gesetzt wird.

12 bbb) Im (BFH/NV 2019, 107, Rz 9, 11) hat der BFH diese Rechtsprechung bestätigt. Dort wird ausgeführt, dass wenn mit einem Steueränderungsbescheid die Festsetzung der Einkommensteuer geändert werde, im Umfang dieser Änderung auch die mit dem Änderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung anzupassen sei, ohne dass dem bis dahin gegebenenfalls abgelaufene Zahlungsverjährungsfristen bezüglich früher entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entgegenstünden. Die Anrechnungsverfügung ist der geänderten Steuerfestsetzung anzupassen, indem der geänderte festgesetzte Steuerbetrag in sie eingestellt wird. Dies hat innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist des § 228 AO zu geschehen, die mit der Bekanntgabe des Steueränderungsbescheids (insoweit erneut) in Lauf gesetzt wird. Daher kommt eine Teilverjährung der wegen des Steueränderungsbescheids nunmehr angepassten Abschlusszahlung in dem Sinne, dass ein Steueranspruch nur auf Entrichtung eines über die frühere Abschlusszahlung hinausgehenden Betrags besteht, nicht in Betracht.

13 ccc) Schließlich hat der BFH in Rz 16 des Urteils vom  - VII R 68/11 (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115) ausgeführt, die in die Anrechnungsverfügung gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG aufzunehmenden Abzugsbeträge seien anzupassen, soweit sich diese Abzugsbeträge infolge bei der Veranlagung abweichend erfasster Einkünfte geändert haben. Dies folgt aus der gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG angeordneten Verknüpfung zwischen den bei der Veranlagung erfassten Einkünften und den auf sie entfallenden Abzugsbeträgen („soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte [...] entfällt ...“). Die Änderung der Höhe der der Veranlagung zugrunde gelegten Einkünfte führt in der Anrechnungsverfügung beziehungsweise in einem Abrechnungsbescheid zur Berücksichtigung damit im Zusammenhang stehender Änderungen der auf diese Einkünfte entfallenden Abzugsbeträge. Im Leitsatz der Entscheidung heißt es ferner: Werden durch einen die Festsetzung der Einkommensteuer ändernden Steuerbescheid die Einkünfte in abweichender Weise erfasst und führt diese Änderung zu einer entsprechenden Änderung der gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnenden Beträge, ist die erforderliche Berichtigung einer früheren Anrechnungsverfügung durch eine neue mit dem Steueränderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung oder einen Abrechnungsbescheid innerhalb der fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist vorzunehmen, die insoweit durch die Bekanntgabe des Steueränderungsbescheids in Lauf gesetzt wird.

14 ddd) Die Frage, ob die Zahlungsverjährung für den gesamten Steueranspruch neu beginnt, wenn die Anrechnungsverfügung gemäß § 130 Abs. 2 AO geändert wird, weil die Abzugsbeträge mangels eines Einbehalts dem Grunde nach nicht mehr anerkannt werden und in einer geänderten Steuerfestsetzung zugleich die Kapitalerträge mangels eines Zuflusses der Abzugsbeträge von den Bruttobeträgen auf die Nettobeträge gemindert werden, ist nach den dargestellten Grundsätzen zu bejahen.

15 (1) Zur Begründung ihrer davon abweichenden Auffassung stützt sich die Klägerin darauf, dass in Rz 16 des (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115) darauf abgehoben werde, dass die Abzugsbeträge in der Anrechnungsverfügung „infolge“ der geänderten zugrunde liegenden Einkünfte geändert werden müssten. Dies sei bei einer autonomen zeitgleichen Rücknahme der Anrechnungsverfügung gemäß § 130 Abs. 2 AO nicht der Fall. Auch im Schrifttum ist dies gerade für Cum-Ex-Sachverhalte vertreten worden. Asmus/Werneburg (Deutsches Steuerrecht —DStR— 2018, 1527 (1531); s.a. Kleutgens, Finanz-Rundschau 2018, 774 (778 f.) unter 4.2) haben zu dieser Frage ausgeführt, dass in Cum-Ex-Fällen die Versagung der Anrechnungsvoraussetzungen gemäß § 130 Abs. 2 AO zur Minderung der Einkünfte aus der Dividendenkompensationszahlung auf die Nettoeinkünfte führe und nicht wie im (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115) vorausgesetzt die Minderung der Abzugsbeträge durch eine Änderung der in der Steuerfestsetzung erfassten Einkünfte verursacht werde. In diesem Fall könne eine zuvor abgelaufene Zahlungsverjährung nicht neu beginnen.

16 (2) Es ist indes durch die Aussagen in Rz 14 des (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115) geklärt, dass eine bereits eingetretene Zahlungsverjährung für die Änderung der Anrechnungsverfügung nur dann ein Hindernis darstellt, wenn die Anrechnungsverfügung isoliert geändert wird und nicht zugleich eine sich auf die Anrechnungsverfügung auswirkende geänderte Steuerfestsetzung vorliegt. Dies betrifft nach dem BFH-Urteil zum Beispiel (z.B.) Fälle, in denen aufgrund vorgelegter Steuerbescheinigungen Abzugsbeträge zunächst in die Anrechnungsverfügung eingestellt, später jedoch vom Finanzamt nicht mehr als abzugsfähig anerkannt worden, Steuerbescheinigungen für geltend gemachte Steuerabzugsbeträge erst nach Ablauf der Zahlungsverjährungsfrist vorgelegt worden und einbehaltene Lohnsteuer versehentlich zu hoch in die Anrechnungsverfügung eingegeben worden waren.

17 (3) Wie aus Rz 15, 16 des (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115) weiter hervorgeht, ist jedoch dann, wenn eine geänderte Steuerfestsetzung ergeht, von einer Anpassungsverpflichtung für die Anrechnungsverfügung und einer neu beginnenden Zahlungsverjährung für den gesamten Steueranspruch auszugehen. Die Aussage im (BFH/NV 2019, 107, Rz 11), dass der einheitliche Steueranspruch, wie er sich nach der Anrechnungsverfügung ergibt, nicht teilzahlungsverjährt, bedeutet, dass sich aus einem vorherigen Ablauf der Zahlungsverjährung in Bezug auf die Anpassung der Anrechnungsverfügung an eine geänderte Steuerfestsetzung keine inhaltliche Beschränkung ergibt (so auch Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, § 228 AO Rz 22; Loose in Tipke/Kruse, § 228 AO Rz 5; Klein/Werth, AO, 18. Aufl., § 229 Rz 5).

18 (4) Zwar ist das (BFH/NV 2019, 107) zu einem Fall ergangen, in dem nur die Steuerfestsetzung geändert worden ist —worauf die Klägerin zutreffend hinweist— und in dem die Anrechnungsverfügung nicht auch auf der Grundlage eines vom Finanzamt angenommenen Rücknahmegrundes gemäß § 130 Abs. 2 AO geändert worden ist. Die Aussagen dieser Entscheidung und die Aussagen in Rz 15, 16 des (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115) sind jedoch auf die hier streitige Konstellation zu übertragen. Sind die Kapitalertragsteuer und der Solidaritätszuschlag für eine Dividendenkompensationszahlung nicht einbehalten worden und werden aus diesem Grund die rechtswidrige begünstigende Anrechnungsverfügung wegen eines Rücknahmegrundes gemäß § 130 Abs. 2 AO und mangels eines Zuflusses der Abzugsbeträge daneben die Steuerfestsetzung wegen geringerer erzielter Kapitalerträge geändert, beginnt die Zahlungsverjährung für den gesamten Steueranspruch neu zu laufen.

19 Es ist kein Grund ersichtlich, warum die parallele Änderung der Anrechnungsverfügung wegen eines Rücknahmegrundes gemäß § 130 Abs. 2 AO neben einer solchen Änderung der Steuerfestsetzung zu einer Gleichbehandlung mit den in Rz 14 des (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115) angesprochenen Fallgestaltungen (s. unter (2)) Anlass geben sollte, in denen eine bereits abgelaufene Zahlungsverjährung der Änderung der Anrechnungsverfügung entgegensteht.

20 Dies leitet der Senat einerseits daraus ab, dass eine Änderung der Anrechnungsverfügung wegen eines nicht erfolgten Steuereinbehalts keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Minderung der den Abzugsbeträgen zugrunde liegenden Kapitalerträge (hier: aus der Dividendenkompensationszahlung) von den Bruttobeträgen auf die Nettobeträge in der Steuerfestsetzung ist. Fehlt es an einer Anrechnungsberechtigung gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG, dürfen die Abzugsbeträge in der Körperschaftsteuerfestsetzung nicht als Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG angesetzt werden (vgl. , BFHE 181, 7, unter II.1.b und II.1.b aa [Rz 13, 15] zum umgekehrten Fall).

21 Wegen der in § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG angeordneten Verknüpfung zwischen den bei der Veranlagung erfassten Einkünften und den auf sie entfallenden Abzugsbeträgen („soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte [...] entfällt ...“) bestimmt vorrangig der Ansatz der Einkünfte (Kapitalerträge) in der Steuerfestsetzung, in welchem Umfang die darauf entfallenden Abzugsbeträge in die Anrechnungsverfügung eingehen. Die Abzugsbeträge können in der Anrechnungsverfügung nicht (mehr) berücksichtigt werden, soweit sie Bestandteil derjenigen Einkünfte sind, die in der Steuerfestsetzung unberücksichtigt geblieben sind (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2022, 1284, Rz 24). Wird die Steuerfestsetzung hinsichtlich dieser Einkünfte geändert, ist die Anrechnungsverfügung unabhängig von den Voraussetzungen in § 130 Abs. 2 AO gemäß § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO zu ändern (, BFH/NV 2014, 339, Rz 10, 12; Klein/Werth, AO, 18. Aufl., § 229 Rz 5). Da die Minderung der mit Abzugsbeträgen belasteten Einkünfte in der geänderten Steuerfestsetzung eine Anpassungspflicht für die Anrechnungsverfügung —statt umgekehrt— auslöst und den Neubeginn der Zahlungsverjährung für den gesamten Steueranspruch zur Folge hat, ist kein Grund ersichtlich, warum bei Ergehen eines geänderten Steuerbescheids diese Rechtsfolge nicht eintreten soll, wenn die Finanzverwaltung die Anrechnungsverfügung zusätzlich wegen eines Rücknahmegrundes gemäß § 130 Abs. 2 AO ändern darf.

22 Selbst wenn die Steuerfestsetzung mit einer Minderung der Einkünfte um die Abzugsbeträge auf der Grundlage einer Korrekturvorschrift innerhalb der Festsetzungsverjährung von der Finanzverwaltung mit dem Ziel geändert wird, die Anrechnungsverfügung innerhalb der neu beginnenden Zahlungsverjährungsfrist ändern zu können, wenn eine isolierte Änderung der Anrechnungsverfügung wegen Eintritts der Zahlungsverjährung nicht mehr zulässig wäre, ergibt sich keine andere Beurteilung. Die Anpassung der Anrechnungsverfügung ist die legitime Folge der vorangegangenen rechtmäßigen Änderung der Steuerfestsetzung.

23 eee) Soweit die Klägerin für die Klärungsbedürftigkeit darauf verweist, dass die für die Streitjahre noch nicht anwendbare Neuregelung in § 229 Abs. 1 Satz 3 AO ausweislich der Gesetzesbegründung eine zuvor ungeklärte Rechtslage erstmals habe eindeutig regeln sollen, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Schlussfolgerung der Klägerin, dass es sich bei dem durch das Jahressteuergesetz 2022 vom (BGBl I 2022, 3394) eingefügten § 229 Abs. 1 Satz 3 AO um eine Änderung und nicht um eine Klarstellung der früheren —hier dargestellten— Rechtslage gehandelt habe, geht vor diesem Hintergrund fehl. Das Gegenteil ist der Fall (vgl. auch Heuermann in HHSp, § 228 AO Rz 22, § 229 Rz 19).

24 b) Der Senat vermag bei der Beurteilung des Neubeginns und Umfangs der Zahlungsverjährung ferner keine Divergenz der Entscheidung des FG zu den von der Klägerin angeführten vermeintlichen Divergenzentscheidungen des BFH zu erkennen. Die Revision ist hinsichtlich dieses Vorbringens daher auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.

25 aa) Die Klägerin sieht in Rz 90 ff. ihrer Beschwerdebegründung vom in den tragenden Aussagen der (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115, Rz 15 f.) und vom  - VII R 18/18 (BFH/NV 2019, 107, Rz 9) Divergenzentscheidungen zur Vorentscheidung. Aus den BFH-Urteilen ergebe sich, dass die Zahlungsverjährung bereits berücksichtigter Anrechnungsbeträge nicht mit jeder geänderten Steuerfestsetzung vollständig neu zu laufen beginne. Vielmehr stehe nach der erstmaligen Erstattung von Anrechnungsbeträgen die abgelaufene Zahlungsverjährungsfrist einer Änderung der Anrechnungsverfügung nur dann nicht entgegen, wenn sich die in die Anrechnungsverfügung aufzunehmenden Abzugsbeträge „infolge“ bei der Veranlagung abweichend erfasster Einkünfte änderten. Das FG habe abweichend davon seiner Entscheidung den tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt, dass die Zahlungsverjährung mit jeder Festsetzung vollständig neu zu laufen beginne und deshalb die gesamte Anrechnungsverfügung geändert werden könne, wenn dafür eine Änderungsvorschrift greife.

26 bb) Zwar kann sich eine Divergenz als Abweichung des FG im Grundsätzlichen auch aus fallbezogenen Ausführungen des FG, z.B. bei der Nichtprüfung materieller Voraussetzungen eines Rechtssatzes ergeben (vgl. z.B. , BFH/NV 2024, 1141, Rz 9). Das FG hat seiner Entscheidung jedoch keinen von den tragenden Rechtssätzen aus den BFH-Urteilen vom  - VII R 68/11 (BFHE 243, 111, BStBl II 2016, 115, Rz 15, 16) und vom  - VII R 18/18 (BFH/NV 2019, 107, Rz 9, 11) abweichenden Rechtssatz zugrunde gelegt. Wie unter II.2.a dargelegt, sind die tragenden Grundsätze dieser Entscheidungen auch auf die von der Klägerin angesprochene Fallkonstellation anzuwenden und vom FG angewendet worden.

27 3. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO und der Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin zum sogenannten Cum-Ex-Vermerk in den Steuerbescheinigungen für das Streitjahr 2009 zuzulassen.

28 a) Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt nicht in Betracht.

29 aa) Die Klägerin hält folgende Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam:

„Genügen die gemäß (BStBl. I 2009, S. 631) bei Cum/Ex-Transaktionen erforderlichen Angaben, d.h. die Angabe der Ausführungsmodalität 'Cum/Ex' in der Steuerbescheinigung gemäß § 45a Abs. 3 Satz 2 EStG und die Vorlage einer Berufsträgerbescheinigung,- ihre Richtigkeit unterstellt - ohne ergänzende Vorlage von Nachweisen zum Steuereinbehalt für die Gewährung der Anrechnung der ausgewiesenen Steuerabzugsbeträge gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG?“

30 Zur Erläuterung der Zulassungsvoraussetzungen führt die Klägerin aus, dass diese Rechtsfrage für die Voraussetzungen des Rücknahmegrundes einer arglistigen Täuschung (§ 130 Abs. 2 Nr. 2 AO) von Bedeutung sei, da unter den in der Frage beschriebenen Umständen eine Täuschung des veranlagenden Finanzamts über den tatsächlichen Einbehalt der Abzugsbeträge für die Dividendenkompensationszahlung nicht vorliegen könne. Diese Frage sei auch für die Rücknahmegründe des Erwirkens eines steuerlichen Vorteils durch unrichtige oder unvollständige Angaben (§ 130 Abs. 2 Nr. 3 AO) und des Kennenmüssens der Rechtswidrigkeit der gewährten Anrechnung (§ 130 Abs. 2 Nr. 4 AO) entscheidungserheblich. Sei dem FA aufgrund des Cum-Ex-Vermerks in den Steuerbescheinigungen das Vorliegen solcher Geschäfte bekannt gewesen, sei im Streitfall für die Rücknahmegründe gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 und 4 AO die Jahresfrist nach § 130 Abs. 3 AO bei Änderung der Anrechnungsverfügung für das Streitjahr 2009 schon abgelaufen gewesen, denn diese Frist sei spätestens im November 2017 angelaufen, weil die Prüfung eines tatsächlichen Steuereinbehalts in der Weisung des vom FA verlangt worden sei.

31 bb) Die Voraussetzungen des Zulassungsrundes sind indes nicht erfüllt. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig.

32 aaa) Die Klägerin hat nur gegen die Änderung der Anrechnungsverfügung und die hierzu ergangenen Abrechnungsbescheide Zulassungsgründe vorgebracht (s. II.1.). In dem geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2009, über dessen Rechtmäßigkeit vom FG mit Eintritt der Rechtskraft der Vorentscheidung durch den Erlass dieses Beschlusses rechtskräftig entschieden ist (§ 116 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 3 FGO), sind die Abzugsbeträge nicht mehr Bestandteil der zugrunde liegenden Kapitaleinkünfte. Abzugsbeträge, die auf Einkunftsteile entfallen, die bei der Veranlagung nicht (mehr) erfasst werden, das heißt —soweit nicht steuerfrei— mit Einkommensteuer belastet worden sind, —z.B. weil sie dem Steuerpflichtigen nur versprochen, aber nicht auch tatsächlich gewährt worden, ihm also nicht zugeflossen sind und die deshalb gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht zu den Einnahmen gehören—, sind von der Anrechnung ausgeschlossen. Der gegen den Steuerpflichtigen erlassene Steuerbescheid hat für die Anrechnungsverfügung beziehungsweise einen Abrechnungsbescheid ähnlich einem Grundlagenbescheid bindende Wirkung (, BFH/NV 2014, 339, Rz 10; vgl. auch , BFH/NV 2022, 1284, Rz 24). Das FA hat aufgrund der geänderten Steuerfestsetzung gemäß § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO die Anrechnungsverfügung —ungeachtet dessen, ob sie ursprünglich rechtmäßig oder rechtswidrig war— zu ändern (, BFH/NV 2014, 339, Rz 10, 12, m.w.N.).

33 bbb) Der Senat hat der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung zugrunde zu legen. Angesichts dessen, dass aufgrund des geänderten Körperschaftsteuerbescheids 2009 eine Änderungsbefugnis des FA für die Anrechnungsverfügung des Streitjahres 2009 auch gemäß § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO besteht, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der für die Änderungsvoraussetzungen in § 130 Abs. 2 AO und die Jahresfrist in § 130 Abs. 3 AO aufgeworfenen Rechtsfrage.

34 ccc) Im Übrigen ist die aufgeworfene Rechtsfrage auch nicht klärungsfähig, wenn der Senat sie auf die vom FG angewandten Rücknahmevoraussetzungen in § 130 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 AO und die Jahresfrist des § 130 Abs. 3 AO bezieht.

35 (1) Gemäß § 45a Abs. 2 Satz 1 EStG war nach der im Streitjahr 2009 geltenden Rechtslage Gläubigern von Dividendenkompensationszahlungen eine Steuerbescheinigung auszustellen. Wurden die Kapitalerträge für Rechnung des Schuldners durch ein inländisches Kreditinstitut oder ein inländisches Finanzdienstleistungsinstitut gezahlt, so hatte anstelle des Schuldners das Kreditinstitut oder das Finanzdienstleistungsinstitut die Bescheinigung zu erteilen (§ 45a Abs. 3 Satz 1 EStG). Satz 1 galt in den Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG entsprechend; der Emittent der Aktien (die ausschüttende AG) galt insoweit als Schuldner der Kapitalerträge (§ 45a Abs. 3 Satz 2 EStG). Indem die ausschüttende Aktiengesellschaft als Schuldnerin der Dividendenkompensationszahlung im Sinne des § 45a Abs. 3 Satz 1 EStG fingiert wurde, war die inländische Depotbank des Erwerbers (anstelle der ausschüttenden Aktiengesellschaft als Schuldnerin) zur Ausstellung der Bescheinigung für den Erwerber verpflichtet (vgl. auch Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785 (795)). Die zum Steuerabzug verpflichtete, den Verkaufsauftrag ausführende Stelle (§ 44 Abs. 1 Satz 3 Alternative 3 EStG) und die die Steuerbescheinigung gemäß § 45a Abs. 3 EStG ausstellende Bank fielen auseinander. Mittels der Fiktion in § 45a Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG wurde es der Depotbank des Erwerbers vom Gesetzgeber aber ermöglicht, ihre Bescheinigungspflicht ohne Kenntnis über den tatsächlichen Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlung zu erfüllen, denn sie wusste und konnte erkennen, dass die ausschüttende Aktiengesellschaft die Kapitalertragsteuer auf die originäre Dividende einbehalten hatte (vgl. Desens, Deutsche Steuer-Zeitung 2012, 142 (152); Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785 (794); Schmid/Mühlhäuser, DStR 2017, 2778 (2782); , BGHSt 66, 182, Rz 56).

36 Angesichts dieser gesetzlichen Vorgaben zur Erteilung der Bescheinigung lieferte die Steuerbescheinigung, welche dem Aktienerwerber und Erzieler von Dividendenkompensationszahlungen von seiner Depotbank ausgestellt worden war, keinen Anscheinsbeweis für den tatsächlichen Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlungen, da die inländische Depotbank des Erwerbers zu der von ihr bescheinigten Tatsache aus eigener Kenntnis nichts sagen konnte und der Einbehalt der Steuer auf die Kompensationszahlungen auch nicht als typischer Geschehensablauf angesehen werden konnte (vgl. zum Ganzen , BFHE 276, 20, BStBl II 2022, 324, Rz 64, 65; , Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 656, Rz 89 bis 91 und ab Rz 99; Schön, Recht der Finanzinstrumente 2015, 115 (124, 126); Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785 (792 ff., 800).

37 (2) Das FG hat für den Streitfall zudem festgestellt, dass die vorgelegte Berufsträgerbescheinigung für das Streitjahr 2009 —anders als in der aufgeworfenen Rechtsfrage vorausgesetzt— wegen vorhandener Absprachen der Beteiligten in der außerbörslichen Handelskette über die Aktien inhaltlich falsch war und bei den an den Transaktionen beteiligten Herren X, Y und Z eine sichere Kenntnis über den Nichteinbehalt der Kapitalertragsteuer für die Dividendenkompensationszahlungen vorlag, welche sich die Klägerin zurechnen lassen musste (Rz 164, 166 des FG-Urteils). Das FG ist deswegen ausdrücklich davon ausgegangen, dass das FA bei der Veranlagung über den Steuereinbehalt nicht durch die Vorlage der Steuerbescheinigungen und der Berufsträgerbescheinigung, sondern auch durch Dritte getäuscht worden ist (Rz 174 des FG-Urteils).

38 Der Senat hätte diese bindenden Feststellungen des FG gemäß § 118 Abs. 2 FGO in einem Revisionsverfahren zu berücksichtigen. Die aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei ausschließlicher Vorlage einer Steuerbescheinigung mit Cum-Ex-Vermerk und einer mangels getroffener Absprachen in der Handelskette inhaltlich zutreffenden Berufsträgerbescheinigung keine Täuschung eines veranlagenden Finanzamts über den Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlung im Sinne des § 130 Abs. 2 Nr. 2 AO vorliegen könnte, weil das FA bei der Veranlagung wegen des gesetzlich geregelten Bescheinigungsverfahrens zum Nachweis eines tatsächlichen Steuereinbehalts auf die vorgelegten Steuerbescheinigungen grundsätzlich nicht vertrauen durfte, stellt sich angesichts der Feststellungen des FG für das Streitjahr 2009 im Streitfall nicht. Rechtsfragen, die nur entscheidungserheblich sind, wenn von einem anderen als dem vom FG festgestellten Sachverhalt ausgegangen wird, sind im Revisionsverfahren nicht klärungsfähig (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom  - X B 142/15, BFH/NV 2016, 1030, Rz 9; vom  - VIII B 162/19, BFH/NV 2021, 289, Rz 16). Es bedarf weder hier noch in einem Revisionsverfahren einer Aussage des Senats, ob er sich unter den von der Klägerin in der Fragestellung beschriebenen —hier nicht vorliegenden— Umständen der Begründung in den Rz 159 bis 162 des FG-Urteils zur Annahme einer Täuschung uneingeschränkt anschließen könnte.

39 Nichts anderes ergibt sich aus dem weiteren Vorbringen der Klägerin in dem am eingegangenen Schriftsatz. Die Klägerin betont zur weiteren Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage nochmals, aufgrund der Angaben der an den Geschäften auf Dritter Seite beteiligten Personen und Unternehmen sei es nicht das Verständnis der Verantwortlichen der Klägerin und der X Bank gewesen, dass es zur Anrechnung nicht gezahlter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag kommen würde. Das FG hat jedoch tragend auf eine Täuschung des FA im Sinne des § 130 Abs. 2 Nr. 2 AO durch zurechenbares Drittverhalten abgestellt. Auf dieser Grundlage ist die aufgeworfene Rechtsfrage wie schon dargelegt nicht entscheidungserheblich.

40 Da der Senat in einem Revisionsverfahren von einer Täuschung des FA über den Steuereinbehalt gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 2 AO durch Dritte auszugehen hätte, ist die aufgeworfene Rechtsfrage auch nicht für die Berechnung der Jahresfrist in § 130 Abs. 3 Satz 1 AO entscheidungserheblich. Die Jahresfrist gilt gemäß § 130 Abs. 2 Satz 2 AO für den Rücknahmegrund des § 130 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht. Auch insoweit fehlt es an der Klärungsfähigkeit.

41 b) Ferner kommt auch eine Zulassung wegen der geltend gemachten Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht in Betracht.

42 aa) Die Klägerin sieht eine Divergenz zum (BFHE 276, 20, BStBl II 2022, 324, Rz 64, 65) darin, dass das FG eine Täuschung des FA über den tatsächlichen Einbehalt der Kapitalertragsteuer für die Dividendenkompensationszahlungen ungeachtet des „Cum-Ex-Vermerks“ mit der Vorlage der Steuerbescheinigung für das Streitjahr 2009 angenommen habe, weil diese eine „formelle Richtigkeit“ beanspruchen könne. Der BFH habe in Rz 64, 65 des (BFHE 276, 20, BStBl II 2022, 324) den von der Depotbank des Erwerbers ausgestellten Steuerbescheinigungen gemäß § 45a Abs. 3 Satz 2 EStG nur eine „formelle Richtigkeit“ zugestanden, aber eine Nachweisfunktion für den tatsächlich erfolgten Kapitalertragsteuereinbehalt abgesprochen (s. unter II.3.a bb ccc).

43 bb) Auch diese von der Klägerin behauptete Divergenz liegt angesichts der dargelegten bindenden Feststellungen und Würdigung des FG zur Täuschung des FA über den erfolgten Steuereinbehalt gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht vor.

44 Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das FG für die Annahme einer Täuschung des FA über den tatsächlichen Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlungen tragend nicht allein auf eine abstrakte Nachweisfunktion formell richtiger Steuerbescheinigungen gemäß § 45a Abs. 3 Satz 2 EStG abgestellt. Es hat sich auf die Vorlage der Steuerbescheinigungen nebst der inhaltlich unzutreffenden Berufsträgerbescheinigung und die zurechenbare Kenntnis Dritter über den nicht erfolgten Steuereinbehalt gestützt. Da das FG eine Täuschung des FA über den Steuereinbehalt bei der Veranlagung für das Streitjahr 2009 mit diesen gesamten Umständen begründet hat, ist dem FG-Urteil nicht der tragende abstrakte Rechtssatz zu entnehmen, dass eine Täuschung des FA im Sinne des § 130 Abs. 2 Nr. 2 AO über den Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlungen allein schon wegen der Nachweisfunktion einer formell richtigen Steuerbescheinigung mit Cum-Ex-Vermerk anzunehmen sei. Folglich ist das FG nicht von den tragenden Rechtssätzen in Rz 64, 65 des (BFHE 276, 20, BStBl II 2022, 324) abgewichen, in denen formell richtigen Steuerbescheinigungen im Sinne des § 45a Abs. 3 Satz 2 EStG diese Nachweisfunktion abgesprochen worden ist.

45 4. Der Senat sieht gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO von weiteren Ausführungen ab.

46 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2025:B.250725.VIIIB17.24.0- 2 -

Fundstelle(n):
IAAAJ-97583