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BGH Beschluss v. - V ZB 37/24

Leitsatz

1.     Den beabsichtigten Vollzug einer Urkunde i.S.d. § 53 BeurkG muss der Notar regelmäßig in einem Vorbescheid ankündigen, wenn einer der Urkundsbeteiligten dem Vollzug widerspricht. Nach Zustellung des Vorbescheids hat der Notar zunächst zwei Wochen abzuwarten, ob der dem Vollzug widersprechende Urkundsbeteiligte um vorläufigen Rechtsschutz gegen die Vollziehung nachsucht.

2.    Als Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes kommt in erster Linie ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei dem Prozessgericht mit dem Ziel in Betracht, dem anderen Urkundsbeteiligten aufzugeben, den Notar anzuweisen, die Urkunde (vorläufig) nicht zu vollziehen. Auch kann im Rahmen einer Notarbeschwerde beantragt werden, im Wege einer einstweiligen Anordnung die Vollziehung auszusetzen.

3.    Lehnen die Gerichte den von dem widersprechenden Urkundsbeteiligten beantragten vorläufigen Rechtsschutz ab, ist der Notar berechtigt, die Urkunde zu vollziehen. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn er nicht abwartet, bis über mögliche Rechtsmittel gegen die Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden worden ist.

(Fortführung von Senat, Beschluss vom - V ZB 119/18, NJW 2020, 610 Rn. 45).

Gesetze: § 53 BeurkG, § 15 Abs 2 BNotO

Instanzenzug: LG Mainz Az: 6 OH 12/23

Gründe

I.

1Mit notariellem Vertrag vom verkaufte die Beteiligte zu 2 (nachfolgend Verkäuferin) der Beteiligten zu 1 (nachfolgend Käuferin) mehrere Grundstücke. In § 5.3 des Vertrages ist u.a. Folgendes geregelt:

Der Käufer bevollmächtigt den Verkäufer - mehrere als Gesamtbevollmächtigte - bereits jetzt unwiderruflich, alle Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, die erforderlich und zweckmäßig sind, um das Kaufobjekt Zug-um-Zug gegen Begleichung etwaig bestehender Rückzahlungsansprüche zurück zu übertragen, insbesondere auch die erforderliche Auflassung zu erklären. Der Verkäufer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und berechtigt, Untervollmacht zu erteilen. Die Vollmacht ist im Außenverhältnis unbeschränkt, im Innenverhältnis auf die Durchsetzung des nach Rücktritt bestehenden Rückübertragungsanspruchs [beschränkt].“

2Die Käuferin zahlte die erste Kaufpreisrate von 1,9 Mio. € und wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Des Weiteren leistete sie Teilzahlungen, die sich zusammen mit der ersten Kaufpreisrate auf insgesamt 3.574.127,30 € beliefen. Nachdem die Beteiligten über die seitens der Verkäuferin geschuldeten Erschließungsmaßnahmen in Streit gerieten, verweigerte die Käuferin weitere Zahlungen. Die Verkäuferin erklärte daraufhin am den Rücktritt von dem Grundstückskaufvertrag. Am beurkundete der Notar die Rückabwicklung des Kaufvertrags, wobei die Verkäuferin im eigenen Namen und in Vertretung der Käuferin auftrat. Unter „II. Rückabwicklungsschuldverhältnis“ heißt es in der Urkunde wie folgt:

3Ziff. III. enthält die Auflassung und den Antrag auf Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch nebst entsprechender Bewilligung. Die Verkäuferin beauftragte den Notar, die Änderung des Grundbuchs vornehmen zu lassen. Die Käuferin trat dem Antrag entgegen. Mit Vorbescheid vom kündigte der Notar an, nach Erhalt der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung die Eigentumsumschreibung zu beantragen. Hiergegen legte die Käuferin mit Schreiben vom selben Tag Notarbeschwerde gemäß § 15 Abs. 2 BNotO ein. Daneben beantragte sie vor dem Landgericht, der Verkäuferin im Wege der einstweiligen Verfügung die Verwendung der in dem Kaufvertrag vereinbarten Rückauflassungsvormerkung zu untersagen. Mit Urteil vom wies das Landgericht den Antrag unter Hinweis auf einen wirksamen Rücktritt der Verkäuferin ab. Hiergegen legte die Käuferin Berufung ein, über die im Zeitpunkt der Entscheidung über die Notarbeschwerde noch nicht entschieden worden war.

4Die Notarbeschwerde hat das zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Käuferin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, die am bei dem Bundesgerichtshof eingegangen ist und deren Zurückweisung die Verkäuferin beantragt. Mit Schreiben vom hat der Notar mitgeteilt, dass die Eigentumsumschreibung auf die Verkäuferin am erfolgt sei. Nunmehr erstrebt die Käuferin vorrangig die Feststellung, durch den Vorbescheid des Notars vom und den Beschluss des Landgerichts in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Hilfsweise möchte sie die Erledigung der Hauptsache festgestellt wissen sowie erreichen, dass die Kosten des Verfahrens einschließlich des Beschwerdeverfahrens der Verkäuferin auferlegt werden.

II.

5Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist die Beschwerde nicht begründet. Der Notar sei nach § 53 BeurkG verpflichtet, eine vollzugsreife Urkunde bei dem Grundbuchamt einzureichen. Handele es sich - wie hier - um ein Vertretergeschäft, habe er die Vollziehung wegen des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs nur dann zu unterlassen, wenn für ihn ohne jeden vernünftigen Zweifel erkennbar und damit offensichtlich sei, dass eine wirksame Vollmacht nicht vorliege. Ebenso verhalte es sich, wenn eine im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht entgegen den im Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen evident missbraucht werde. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Vollmacht sei formwirksam, unwiderruflich und im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt worden. Ebenso wenig werde die Vollmacht evident überschritten. Vielmehr bestehe zwischen den Vertragsparteien gerade Streit, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Rücktrittsrecht vorlägen. Für den Notar habe sich der Rücktritt nicht als offensichtlich unwirksam dargestellt. Diese Wertung führe auch nicht zu einer faktischen Vorwegnahme der gerichtlichen Entscheidung über die zwischen den Beteiligten streitige Wirksamkeit des Rücktritts, da der Notar den beabsichtigten Vollzug der Urkunde im Rahmen eines Vorbescheids angekündigt habe.

III.

61. Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m. § 70 Abs. 1, 2 FamFG) und frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 71 FamFG). Dass die Hauptsache erledigt ist, weil die Verkäuferin zwischenzeitlich - nach Einlegung der Rechtsbeschwerde - als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden und damit das ursprüngliche Rechtsschutzziel der Käuferin, diese Eintragung zu verhindern, nicht mehr erreichbar ist, führt nicht zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde.

7a) Allerdings liegen die Voraussetzungen für die von der Käuferin nunmehr vorrangig begehrte Feststellung gemäß § 62 Abs. 1 FamFG, durch das Vorgehen des Notars und des Beschwerdegerichts in ihren Rechten verletzt worden zu sein, nicht vor. Nach dieser Vorschrift spricht das Beschwerdegericht nach Erledigung der Hauptsache auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn dieser ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Die Norm gilt nach allgemeiner Ansicht auch im Grundbuchverfahren und ebenfalls im Verfahren der Rechtsbeschwerde (vgl. nur Senat, Beschluss vom - V ZB 56/18, NJW-RR 2019, 403 Rn. 5). In gleicher Weise findet § 62 FamFG in einem Verfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO Anwendung (vgl. Preuß, DNotZ 2010, 265, 283).

8aa) Eine Wiederholungsgefahr (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG) scheidet von vornherein aus. Eine solche wird auch von der Käuferin nicht geltend gemacht.

9bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde fehlt es auch an einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff i.S.d. § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Ihr Hinweis auf einen Eingriff in ihr Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG trägt nicht. Maßgebende Grundlage für die Bejahung eines Feststellungsinteresses nach § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG ist die höchstpersönliche Eingriffsrichtung, wie dies insbesondere bei unmittelbaren Eingriffen in die Grundrechte der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 2 GG, vgl. etwa , juris Rn. 8), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG, vgl. etwa OLG Köln, FGPrax 2024, 146 Rn. 7) sowie auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, vgl. etwa , FGPrax 2015, 221 Rn. 6) der Fall ist. Hieran fehlt es bei der von der Käuferin geltend gemachten Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG.

10cc) Mit dem weiteren Hinweis der Rechtsbeschwerde, der Notar und das Beschwerdegericht hätten die Käuferin in ihren Verfahrensgrundrechten aus Art. 103 Abs. 1 GG auf Gewährung rechtlichen Gehörs und aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG auf effektiven Rechtsschutz verletzt, lässt sich ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG ebenfalls nicht begründen. Gegenstand der nach § 62 Abs. 1 FamFG zu treffenden Feststellung ist nämlich nicht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung, sondern die aus dieser Entscheidung folgende Verletzung des (Rechts-)Beschwerdeführers in seinen Rechten (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 84/17, FGPrax 2017, 231 Rn. 7). Insoweit fehlt es aber - wie bereits erörtert (Rn. 9) - an einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff i.S.d. § 62 Abs. 1 FamFG.

11b) Das macht die Rechtsbeschwerde aber nicht unzulässig. Liegen die Voraussetzungen des § 62 FamFG nicht vor und erledigt sich - wie hier - die Hauptsache nach Einlegung des Rechtsmittels, hat der Beschwerdeführer nämlich die Möglichkeit, die Rechtsbeschwerde mit dem Ziel fortzuführen, eine für ihn günstige Kostenentscheidung zu erreichen, d.h. die Rechtsbeschwerde kann auf den Kostenpunkt beschränkt werden (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom - V ZB 28/20, juris Rn. 7 mwN). Dieses zulässige Rechtsschutzziel verfolgt die Käuferin hilfsweise mit der Rechtsbeschwerde für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 62 FamFG durch den Senat abgelehnt werden.

122. Mit diesem Antrag hat die Rechtsbeschwerde in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung über die Kosten ist gemäß § 83 Abs. 2 i.V.m. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen. Eine Kostenentscheidung zu Gunsten des Rechtsbeschwerdeführers hat danach zu ergehen, wenn sein Rechtsmittel ohne die Erledigung der Hauptsache begründet gewesen wäre (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 28/20, juris Rn. 8 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Rechtsbeschwerde der Käuferin hätte zurückgewiesen werden müssen, da das Beschwerdegericht die in dem Vorbescheid des Notars angekündigte Beantragung der Eigentumsumschreibung zu Recht als pflichtgemäß ansieht.

13a) Der rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts entspricht der Rechtsprechung des Senats und wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Hiernach hat der Notar die Vollziehung eines - wie hier - unter § 53 BeurkG fallenden Vertretergeschäfts nur dann zu unterlassen, wenn für ihn ohne jeden vernünftigen Zweifel erkennbar und damit offensichtlich ist, dass eine wirksame Vollmacht nicht vorliegt. Ebenso liegt es, wenn ein evidenter Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht aufgrund von Verstößen gegen im Innenverhältnis bestehende Beschränkungen gegeben ist (vgl. nur Senat, Beschluss vom - V ZB 119/18, NJW 2020, 610 Rn. 16 ff.).

14b) Diese Voraussetzungen verneint das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei.

15aa) Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht der Verkäuferin mit dem Inhalt, die Auflassung auch im Namen der Käuferin zu erklären, musste der Notar nicht haben. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt. Dies ergibt sich aus der ausdrücklichen Regelung in § 5.3 des notariellen Kaufvertrags. Soweit in der Vertragsklausel weiter geregelt ist, dass sich die Vollmacht auf Erklärungen bezieht, die erforderlich und zweckmäßig sind, um das Kaufobjekt Zug um Zug gegen Begleichung etwaig bestehender Rückzahlungsansprüche zurück zu übertragen, lässt sich dies ohne weiteres als Beschränkung der Vollmacht im Innenverhältnis verstehen.

16bb) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, war es für den Notar auch nicht evident, dass die Verkäuferin durch den Gebrauch der Vollmacht ihre im Innenverhältnis zu der Käuferin bestehenden Pflichten verletzte und die Vollmacht missbrauchte. Dass die Voraussetzungen für den von der Verkäuferin erklärten Rücktritt nicht vorlagen und dies für den Notar offensichtlich war, macht selbst die Rechtsbeschwerde nicht geltend. Sie verweist auf die Regelung in dem Kaufvertrag, wonach die Rückgabe nur Zug um Zug gegen Erstattung geleisteter Anzahlungen erfolgen dürfe. Der Notar habe sich insoweit nicht auf die Erklärung der Verkäuferin verlassen dürfen, dass die Käuferin lediglich die erste Rate gezahlt habe und ein etwaiger Anspruch auf Rückerstattung nach § 5 Ziff. 5 des Kaufvertrages nicht bestehe. Diese Erklärung sei wahrheitswidrig, weil die Käuferin nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht nur die erste Kaufpreisrate von 1,9 Mio. € gezahlt habe, sondern insgesamt 3.574.127,30 €. Ob das zutrifft, konnte der Notar mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aber nicht aufklären. Eine Nachforschungspflicht traf ihn insoweit nicht.

17cc) Die Rechtsbeschwerde kann auch nichts daraus für sich herleiten, dass die Beschwerde nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO auf neue Tatsachen gestützt werden kann und das Beschwerdegericht auch nach der Entscheidung des Notars bekannt gewordene Umstände zu berücksichtigen hat (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 25/21, NJW-RR 2022, 428 Rn. 9). Dass die Käuferin nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts entgegen den von der Verkäuferin gegenüber dem Notar gemachten Angaben nicht nur die erste Kaufpreisrate, sondern weitere Beträge gezahlt hat, besagt als solches nichts dazu, ob ihr entsprechende Rückzahlungsansprüche zustanden bzw. zustehen und sie insoweit ein Zurückbehaltungsrecht hatte. Soweit die Käuferin in der Rechtsbeschwerde insoweit auf weitere Regelungen des Kaufvertrags verweist und hieraus einen evidenten Missbrauch der Vollmacht herleiten möchte, handelt es sich um neuen Vortrag, der nach § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO, § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht berücksichtigt werden kann. Dass das Beschwerdegericht entsprechenden Vortrag der Käuferin hierzu in der Beschwerdeinstanz übergangen hat, wird nicht aufgezeigt.

18c) Schließlich hätte der Beschwerde der Käuferin auch nicht deshalb stattgegeben werden müssen, weil das von der Käuferin angestrengte einstweilige Verfügungsverfahren im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war. Eine Pflicht des Notars, den Eintragungsantrag bis zum Abschluss dieses Verfahrens zurückzustellen, bestand entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht.

19aa) Im Ausgangspunkt ist es allerdings richtig, dass der Notar wegen seiner Unparteilichkeit verpflichtet ist, durch die Ausgestaltung des Verfahrens dafür zu sorgen, dass seine Vorgehensweise nicht zu einer faktischen Vorwegnahme der gerichtlichen Entscheidung über die zwischen den Beteiligten streitige Wirksamkeit einer Erklärung führt. Deshalb muss der Notar den beabsichtigten Vollzug einer Urkunde i.S.d. § 53 BeurkG regelmäßig in einem Vorbescheid ankündigen, wenn einer der Urkundsbeteiligten - wie hier - dem Vollzug widerspricht, so dass der Betroffene zur Wahrung seiner Rechte um Rechtsschutz nachsuchen kann (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 119/18, NJW 2020, 610 Rn. 45). Zu Recht verweist die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf, dass der Erlass eines Vorbescheids nicht nur formale Bedeutung hat, sondern den effektiven Rechtsschutz der Urkundsbeteiligten sichern soll. Damit wäre es unvereinbar, wenn der Notar in einem Vorbescheid die Stellung eines Eintragungsantrages ankündigte und im unmittelbaren zeitlichen Anschluss den Antrag bei dem Grundbuchamt einreichte.

20bb) Noch nicht entschieden hat der Senat, wie lange der Notar nach Erlass des Vorbescheids mit der Vollziehung warten muss und welche Bedeutung hierbei der Einlegung von Rechtsmitteln durch den widersprechenden Urkundsbeteiligten zukommt. Dessen Interesse an einem effektiven Rechtsschutz steht im Widerstreit zu dem Interesse des anderen Urkundsbeteiligten an der Vollziehung der Urkunde, zu der der Notar nach § 53 BeurKG grundsätzlich verpflichtet ist. Hiermit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Notar mit der Vollziehung zuwarten müsste, bis der Instanzenzug ausgeschöpft ist. Ein angemessener Ausgleich zwischen den gegensätzlichen Interessen der Urkundsbeteiligten lässt sich wie folgt erreichen:

21(1) Wie ausgeführt (Rn. 19) muss der Notar den beabsichtigten Vollzug einer Urkunde i.S.d. § 53 BeurkG regelmäßig in einem Vorbescheid ankündigen, wenn einer der Urkundsbeteiligten dem Vollzug widerspricht. Nach Zustellung des Vorbescheids hat der Notar zunächst eine als ausreichend anzusehende Frist von zwei Wochen abzuwarten, ob der dem Vollzug widersprechende Urkundsbeteiligte um vorläufigen Rechtsschutz gegen die Vollziehung nachsucht. Danach wird die Urkunde - Vollzugsreife vorausgesetzt - zu vollziehen sein. Auf die Vollziehung ist in dem Vorbescheid zweckmäßigerweise hinzuweisen, auch wenn ein fehlender Hinweis den Vorbescheid nicht rechtswidrig macht. Weist der widersprechende Urkundsbeteiligte dem Notar innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Vorbescheids nach, vorläufigen Rechtsschutz beantragt zu haben, muss der Notar abwarten, bis die gerichtliche Entscheidung vorliegt.

22(2) Als Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes kommt in erster Linie ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei dem Prozessgericht mit dem Ziel in Betracht, dem anderen Urkundsbeteiligten aufzugeben, den Notar anzuweisen, die Urkunde (vorläufig) nicht zu vollziehen. Mit Erlass der einstweiligen Verfügung gilt die Erklärung als abgegeben (vgl. Stein/Jonas/Bruns, ZPO, 23. Aufl., Vor § 935 Rn. 46; KK-Vollstreckung/Kessen, ZPO, 8. Aufl., § 928 Rn. 15). Wird dem Notar von dem der Vollziehung widersprechenden Urkundsbeteiligten eine entsprechende einstweilige Verfügung vorgelegt, liegt ein gemeinsames Verlangen i.S.d. § 53 BeurkG vor, das der Notar beachten muss.

23(3) Auch kann im Rahmen einer Notarbeschwerde gemäß § 15 Abs. 2 BNotO beantragt werden, im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m. § 64 Abs. 3 FamFG die Vollziehung auszusetzen. Da die Beschwerde nach § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG bei dem Notar einzulegen ist, hat er in diesem Fall - nach Ablehnung der Abhilfe - die Sache unverzüglich dem Beschwerdegericht zur Entscheidung über die Beschwerde nebst Aussetzungsantrag vorzulegen (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Dabei ist der Prüfungsmaßstab allerdings im Vergleich zu dem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Prozessgericht eingeschränkt (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 6/20, juris Rn. 4 ff.). Denn materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Wirksamkeit der zu vollziehenden Erklärungen können - von den Fällen der Evidenz abgesehen - mit Aussicht auf Erfolg nicht mit der Notarbeschwerde, sondern nur bei dem Prozessgericht geltend gemacht werden (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 119/18, NJW 2020, 610 Rn. 16 f.; Beschluss vom - V ZB 6/20, juris Rn. 6 f.).

24Die Einlegung einer Notarbeschwerde ohne Antrag, eine einstweilige Anordnung zu erlassen, steht der Vollziehung der Urkunde jedenfalls nicht entgegen. Der Notar muss die Entscheidung des Gerichts nicht abwarten, da der Notarbeschwerde keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. Frenz/Miermeister/Frenz, BNotO, 5. Aufl., § 15 Rn. 37 mwN; vgl. allgemein auch Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 64 Rn. 57). Unerheblich ist, dass das Beschwerdegericht eine einstweilige Anordnung nach § 64 Abs. 3 FamFG auch von Amts wegen erlassen kann (vgl. Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl. § 64 Rn. 76). Dazu verpflichtet ist das Gericht nämlich nicht.

25(4) Lehnen die Gerichte den von dem widersprechenden Urkundsbeteiligten beantragten vorläufigen Rechtsschutz ab, ist der Notar berechtigt, die Urkunde zu vollziehen. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn er nicht abwartet, bis über mögliche Rechtsmittel gegen die Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden worden ist. Hierdurch wird gewährleistet, dass der Vollzug der Urkunde nicht über Gebühr verzögert wird (vgl. Heinemann, ZfIR 2020, 202, 204).

26cc) Daran gemessen hat der Notar der dem Vollzug widersprechenden Käuferin hinreichend Gelegenheit gegeben, um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen. Der Vorbescheid datiert vom und die Grundbucheintragung, die die Käuferin verhindern wollte, war im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts am noch nicht erfolgt. Nachdem der Antrag der Käuferin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch abgelehnt worden war, stand der Vollziehung der Urkunde vom kein Hindernis mehr entgegen. Dass über die von der Käuferin gegen dieses Urteil eingelegte Berufung im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts noch nicht entschieden worden war, ist unerheblich. Dies begründete - wie ausgeführt (Rn. 25) - keine Pflicht des Notars zu einem weiteren Zuwarten.

IV.

27Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO i.V.m. § 84 FamFG. Bei der Bestimmung des Gegenstandswerts hat sich der Senat entsprechend dem Hauptantrag der Käuferin an der Festsetzung durch das Beschwerdegericht orientiert.

Brückner                      Göbel                      Hamdorf

                     Malik                       Grau

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:050625BVZB37.24.0

Fundstelle(n):
PAAAJ-97559