Suchen Barrierefrei
BVerfG Beschluss v. - 2 BvL 19/14

Gesetzliche Regelungen zur Mindestgewinnbesteuerung bei Körperschaftsteuer (§ 8 Abs 1 S 1 KStG) und Gewerbesteuer (§ 10a S 1 u 2 GwStG) verfassungsgemäß - insbes kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz durch begrenzten Verlustvortrag bzw formale Gleichbehandlung in Fällen des "Definitiveffekts" nach "bilanzsteuerrechtlichem ´Umkehreffekt´"

Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, Art 14 GG, Art 100 Abs 1 GG, § 10d Abs 2 S 1 EStG vom , § 2 Abs 2 S 1 GewStG vom , § 10a S 1 GewStG vom , § 10a S 2 GewStG vom , § 1 Abs 1 Nr 1 KStG, § 1 Abs 1 Nr 2 KStG, § 1 Abs 1 Nr 3 KStG, § 8 Abs 1 S 1 KStG

Instanzenzug: Az: I R 59/12 Beschlussvorgehend Az: 12 K 12179/09 Urteil

Gründe

A.

1Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob der - seit dem Veranlagungs- beziehungsweise Erhebungszeitraum 2004 - nach den Regelungen der sogenannten Mindestgewinnbesteuerung in § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in Verbindung mit § 10d Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beziehungsweise in § 10a Sätze 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) prozentual beschränkte Abzug von Verlusten durch Verlustvortrag mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Dabei geht es um eine besondere Sachverhaltskonstellation, in der ein vom vorlegenden Gericht so bezeichneter bilanzsteuerrechtlicher "Umkehreffekt" zu einem erhöhten Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer und zu einem vortragsfähigen Gewerbeverlust bei einer Kapitalgesellschaft führte, die diese in der Folgezeit nicht vollständig aufzehren konnte, weil über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

I.

21. Die zu beurteilenden Vorschriften regeln den Abzug von Verlusten in Besteuerungsabschnitten, die auf den Veranlagungs- beziehungsweise Erhebungszeitraum der Verlustentstehung folgen. Das Gesetz spricht bei der Körperschaftsteuer von Verlustvortrag (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG), bei der Gewerbesteuer von der Kürzung von Fehlbeträgen (§ 10a Sätze 1 und 2 GewStG). Im Folgenden wird verallgemeinernd auch allein von Verlustvorträgen gesprochen.

3a) Ein Verlust stellt - in einem allgemeinen Sinne - eine negative Saldogröße dar, das heißt einen Überschuss der in einem bestimmten Besteuerungsabschnitt (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 KStG, § 14 Satz 2 GewStG) angefallenen Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben) über die in demselben Zeitraum erzielten Erwerbseinnahmen (Betriebseinnahmen) (vgl. -, BFHE 220, 129 <138>; Urteil vom - IV R 36/10 -, BFHE 238, 429 <439 Rn. 44>). Grundlage der Saldierung sind die Vorschriften über die Einkünfte- beziehungsweise Gewinnermittlung.

4aa) Für Zwecke der Körperschaftsteuer erfolgt die Gewinnermittlung wie auch die sich daran anschließende Ermittlung des Einkommens - unbeschadet körperschaftsteuerrechtlicher Sondervorschriften - nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG). Die bei der Einkommensermittlung zu bildende Summe der Einkünfte (vgl. § 2 Abs. 3 EStG) setzt eine Saldierung der positiven und negativen Einkünfte innerhalb des Veranlagungszeitraums voraus (periodeninterner Verlustausgleich). Soweit die negativen Einkünfte die positiven Einkünfte übersteigen und daher bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, kommt nach § 10d EStG ein (periodenübergreifender) Abzug der verbleibenden Verluste in anderen Veranlagungszeiträumen in Betracht. Zu dem (grundsätzlich vorrangig durchzuführenden) Verlustrücktrag in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG) tritt der Verlustvortrag in künftige Veranlagungszeiträume (§ 10d Abs. 2 EStG). Zu diesem Zweck wird der nicht ausgeglichene Verlust als "verbleibender Verlustvortrag" gesondert festgestellt (§ 10d Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG; vgl. BVerfGE 136, 127 <127 f. Rn. 2>).

5bb) Bei der Gewerbesteuer ist der maßgebende Gewerbeertrag unter Anknüpfung an die allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätze nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes beziehungsweise des Einkommensteuergesetzes zu ermitteln (§ 7 Satz 1 GewStG). Anschließend erfolgen - vorliegend nicht gegenständliche - gewerbesteuerrechtliche Korrekturen nach §§ 8, 9 GewStG. Der ermittelte maßgebende Gewerbeertrag bildet die Grundlage für einen Abzug von Fehlbeträgen gemäß § 10a Sätze 1 und 2 GewStG. Auch hier werden Fehlbeträge, die im Erhebungszeitraum nicht abgezogen werden können, vorgetragen. Die Höhe des verbleibenden vortragsfähigen Fehlbetrags ist gesondert festzustellen.

6b) Der Verlustvortrag nach § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in der verfahrensgegenständlichen Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom (BGBl I S. 2840; im Folgenden Korb II-Gesetz) ist zeitlich nicht begrenzt, jedoch der Höhe nach beschränkt. Konkret ist der Verlustvortrag in einer Besteuerungsperiode bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von einer Million Euro (sog. Sockelbetrag) vollständig möglich. Übersteigt der Gesamtbetrag der Einkünfte diesen Sockelbetrag, ist ein Abzug vorgetragener Verluste jeweils nur in Höhe von weiteren 60 Prozent des diesen Betrag übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte möglich. Infolge dieser "Vortragstechnik" verbleibt trotz eines weiter vorhandenen Verlustvortrags ein positives Einkommen, das der Besteuerung mit dem linearen Körperschaftsteuertarif unterliegt. Es erfolgt damit eine "Mindestgewinnbesteuerung".

7Eine entsprechende Regelung für den Verlustvortrag gilt nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom (BGBl I S. 2922) bei der Gewerbesteuer. Zunächst wird der ermittelte maßgebende Gewerbeertrag des Abzugsjahres (§ 10 Abs. 1 GewStG) bis zu einem Sockelbetrag von einer Million Euro um Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben (§ 10a Satz 1 GewStG). Anschließend wird der eine Million Euro übersteigende maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Anteil von 60 Prozent um weiter vorhandene Fehlbeträge gekürzt (§ 10a Satz 2 GewStG).

82. a) Die Regelungen des Verlustvortrags bei der Einkommen- und in der Folge auch der Körperschaftsteuer wurden wiederholt geändert (dazu eingehend Heuermann, in: Kirchhof/Kube/Mellinghoff, EStG, § 10d Rn. A 260 ff. <Sept. 2022>). Nachdem frühere Regelungen insbesondere buchführende Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte betroffen hatten, ließ der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes vom (BGBl I S. 1054) umfassend - und ausdrücklich auch für Steuerpflichtige im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes (vgl. BTDrucks 7/4604, S. 4) - eine unbeschränkte Verrechnung von positiven und negativen Einkünften aller Einkunftsarten sowie einen fünfjährigen Verlustvortrag zu.

9Mit dem Steuerreformgesetz 1990 vom (BGBl I S. 1093) hob der Gesetzgeber die zeitliche Begrenzung des Verlustvortrags auf fünf Jahre auf, so dass das Einkommensteuerrecht und diesem folgend das Körperschaftsteuerrecht fortan keine zeitliche Beschränkung des Verlustvortrags mehr vorsahen. Seitdem erfolgt die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags.

10Der zeitlich und betragsmäßig unbeschränkte Verlustvortrag galt bei unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaftsteuersubjekten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG (namentlich bei Kapitalgesellschaften) bis zum Inkrafttreten der verfahrensgegenständlichen Vorschriften. Das im Zuge des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom (BGBl I S. 402) bei der Einkommensteuer eingeführte, nach Einkunftsarten differenzierende Mindestbesteuerungskonzept (Kombination eines unbeschränkten Verlustabzugs innerhalb einer Einkunftsart mit einer Beschränkung des einkunftsartenübergreifenden Verlustabzugs; vgl. Heuermann, in: Kirchhof/Kube/Mellinghoff, EStG, § 10d Rn. A 281 <Sept. 2022>; vgl. auch BVerfGE 127, 335 <337 ff.>) fand bei unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaftsteuersubjekten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG keine Anwendung, weil bei diesen alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten (§ 8 Abs. 2 KStG).

11b) Auch im Gewerbesteuerrecht unterlag die Regelung des Abzugs vortragsfähiger Verluste wiederholt Veränderungen. Der zeitweise für die drei vorangegangenen Erhebungszeiträume mögliche Abzug von Gewerbeverlusten (Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts vom , BGBl I S. 996) wurde ab dem Erhebungszeitraum 1955 auf fünf Jahre erweitert (Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom , BGBl I S. 373), wobei der Abzug - bis zu einer Änderung ab dem Erhebungszeitraum 1975 - nur Gewerbetreibenden gestattet war, die ihren Gewinn aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung nach § 5 EStG ermittelten. Die zeitliche Begrenzung des Abzugs und Vortrags von Gewerbeverlusten wurde durch das Steuerreformgesetz 1990 - wie in § 10d EStG - aufgehoben. Flankierend wurde die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts eingeführt. Die zeitlich und betragsmäßig umfassende Möglichkeit des Vortrags von Fehlbeträgen galt bis zu der verfahrensgegenständlichen Neuregelung des § 10a Sätze 1 und 2 GewStG.

123. Den zu beurteilenden Regelungen in § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG) und in § 10a Sätze 1 und 2 GewStG ging eine gescheiterte Gesetzesinitiative zur Beschränkung des Verlustvortrags voraus (a). Sie wurden daraufhin in zwei parallelen Gesetzgebungsverfahren, durch das Korb II-Gesetz vom (b) und das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom (c), eingeführt.

13a) Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz) vom sah erstmals eine Einschränkung des Verlustabzugs durch Verlustvortrag gemäß § 10d EStG auf die Hälfte der positiven Einkünfte innerhalb derselben Einkunftsart (horizontaler Verlustabzug) vor (vgl. BRDrucks 866/02, S. 4 und 56). Ebenso sollte die Kürzung des positiven Gewerbeertrags des laufenden Erhebungszeitraums durch vorgetragene Gewerbeverluste nach § 10a Satz 1 GewStG - mit dem Ziel der "Verstetigung der Steuereinnahmen" - auf die Hälfte des laufenden Gewerbeertrags beschränkt werden (vgl. BRDrucks 866/02, S. 20 und 72). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde nach einer Sachverständigenanhörung am (vgl. Deutscher Bundestag, Finanzausschuss, Prot. Nr. 15/7 zu BTDrucks 15/119) die Regelung eines Sockelbetrags in Höhe von 100.000 Euro (sog. Mittelstandskomponente) zum Schutz kleiner und mittlerer Unternehmen sowie von Existenzgründern aufgenommen (vgl. BTDrucks 15/481, S. 7 und 13; BTDrucks 15/480, S. 4). Nach Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat fand die angestrebte Beschränkung des Verlustvortrags letztlich jedoch keinen Eingang in das Gesetz (vgl. Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom , BTDrucks 15/841).

14In einer Protokollerklärung vom zur "Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz" hielt die Bundesregierung unter anderem fest, dass weiterhin eine Neugestaltung des geltenden Verlustverrechnungssystems (§ 2 Abs. 3, § 10d EStG; § 10a GewStG) angestrebt werde. Eine Beschränkung des Verlustabzugs sei zur Stabilisierung des Steueraufkommens erforderlich.

15b) Mit dem Korb II-Gesetz beschränkte der Gesetzgeber den Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG auf 60 Prozent, soweit die vorzutragenden Verluste eine Million Euro übersteigen, und zielte damit auch auf die Körperschaftsteuer (BTDrucks 15/1518, S. 10).

16Der Regierungsentwurf zu diesem Gesetz sah ausgehend von einer zeitlich unbegrenzten Vortragsmöglichkeit zunächst erneut vor, den Verlustvortrag oberhalb eines Sockelbetrags (Mittelstandskomponente) in Höhe von 100.000 Euro auf die Hälfte des Gesamtbetrags der Einkünfte zu beschränken (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 10). Dazu trifft der Gesetzentwurf folgende Aussagen (BTDrucks15/1518, S. 10und 13 <Auszug>):

"Die einkommensteuerliche Verlustverrechnung wird mit dem Ziel der Vereinfachung und der Verstetigung des Steueraufkommens geändert. Die bestehenden Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 2 Abs. 3 EStG entfallen. Der Verlustvortrag wird oberhalb eines Sockelbetrages (Mittelstandskomponente) auf die Hälfte des Gesamtbetrags der Einkünfte beschränkt. Die Neuregelung wirkt sich auch bei der Körperschaftsteuer aus."

"Bis zur Höhe eines Sockelbetrags von 100.000 Euro können Verluste unbeschränkt vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (Mittelstandskomponente). Für zusammenveranlagte Ehegatten wird der Sockelbetrag verdoppelt. Den 100.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag der Einkünfte kann der Steuerpflichtige bis zur Hälfte für einen Verlustvortrag nutzen. Im Gegensatz zum geltenden Recht werden dadurch auch Steuerpflichtige erfasst, die nur Einkünfte aus einer Einkunftsart erzielen. Durch diese Regelung wird der Verlustabzug lediglich zeitlich gestreckt, es gehen aber keine Verluste endgültig verloren.

Der Grund für die Beschränkung ist in dem gewaltigen Verlustvortragspotenzial der Unternehmen zu sehen, das diese vor sich herschieben. Um das Steueraufkommen für die öffentlichen Haushalte kalkulierbarer zu machen, ist es geboten, den Verlustvortrag zu strecken. Nur so ist auf Dauer eine Verstetigung der Staatseinnahmen gewährleistet. Die vorgesehene Regelung ist einfach handhabbar."

17Im weiteren Verfahren wurde nach einer Sachverständigenanhörung am (vgl. Deutscher Bundestag, Finanzausschuss, Prot. Nr. 15/30 zu BTDrucks 15/1518) und der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat der Sockelbetrag auf eine Million Euro erhöht und der Abzugsprozentsatz bei Überschreiten des Sockelbetrags von 50 Prozent auf 60 Prozent angehoben (vgl. Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses BTDrucks 15/2243, S. 2).

18§ 10d Abs. 2 EStG in der vorliegend maßgeblichen Fassung des Korb II-Gesetzes lautet:

"§ 10d Verlustabzug

(2) 1 Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 vom Hundert des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustvortrag). 2 Bei Ehegatten, die nach §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrags von 1 Million Euro ein Betrag von 2 Millionen Euro. 3 Der Abzug ist nur insoweit zulässig, als die Verluste nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind und in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht nach Satz 1 und 2 abgezogen werden konnten."

19Die geänderte Fassung des § 10d EStG war erstmals für den Veranlagungszeitraum 2004 anzuwenden (§ 52 Abs. 25 Sätze 2 und 3 EStG i.d.F. des Korb II-Gesetzes).

20c) Parallel zu den Regelungen des Korb II-Gesetzes beschränkte der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom (BGBl I S. 2922) die Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags durch vortragsfähige Gewerbeverluste nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG.

21Entsprechend dem Regierungsentwurf zur Neuregelung des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG sah der Gesetzentwurf vor, dass der maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag in Höhe von 100.000 Euro um Fehlbeträge vorangegangener Erhebungszeiträume und darüber hinaus bis zur Hälfte weiterer nicht berücksichtigter Fehlbeträge gekürzt werden solle (vgl. BTDrucks 15/1517, S. 7). In der allgemeinen Begründung des Gesetzentwurfs wird dazu unter Hinweis auf die in ihrer Gesamtheit verschlechterte kommunale Finanzsituation ausgeführt, dass die Haushalte einiger Gemeinden oft stark von der Gewinnsituation nur eines Steuerpflichtigen abhängig seien und sich die Gewerbesteuer zunehmend als unberechenbar erweise und sehr konjunkturreagibel sei (BTDrucks 15/1517, S. 11). Weiter wird die Änderung des § 10a GewStG wie folgt begründet (BTDrucks 15/1517, S. 19):

"Der geltende § 10a GewStG enthält keine betragsmäßige Begrenzung für die Berücksichtigung von Gewerbeverlusten. So kann bisher der positive Gewerbeertrag des laufenden Erhebungszeitraums in voller Höhe durch vorgetragene Verluste gemindert werden. Die vorgesehene Begrenzung der Kürzung um vorgetragene Verluste auf die Hälfte des laufenden Betriebsertrags führt zu einer Verstetigung der Steuereinnahmen. Durch den Sockelbetrag von 100.000 Euro bleiben insbesondere kleine und mittelständische Betriebe und Existenzgründer von der Begrenzung des Verlustabzugs ausgenommen. Die Regelung knüpft an die entsprechende Neuregelung in § 10d EStG an."

22Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens erfolgten nach der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat auch bei der Gewerbesteuer eine Erhöhung des Sockelbetrags auf eine Million Euro und eine Anhebung des anwendbaren Abzugsprozentsatzes bei Überschreiten des Sockelbetrags auf 60 Prozent (vgl. Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses BTDrucks 15/2248, S. 2).

23Die erstmals ab dem Erhebungszeitraum 2004 anzuwendenden Regelungen in § 10a Sätze 1 und 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom lauten:

"§ 10a Gewerbeverlust

1 Der maßgebende Gewerbeertrag wird bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. 2 Der 1 Million Euro übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 vom Hundert um nach Satz 1 nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. (…)."

244. Mit Bericht vom veröffentlichte die beim Bundesministerium der Finanzen eingesetzte Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" die Ergebnisse einer Evaluierung von Regelungen zur Verlustverrechnung - insbesondere des Verlustvortrags und der Mindestgewinnbesteuerung. Die Facharbeitsgruppe war besetzt mit Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen, des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg, des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, des Hessischen Ministeriums der Finanzen, des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen und des Ministeriums der Finanzen Rheinland-Pfalz sowie einem Vertreter der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 8). Die Evaluierung der Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung erfolgte auf der Basis von bundesweiten und länderspezifischen Daten.

25Nach dem Bericht der Facharbeitsgruppe betrugen die bundesweit festgestellten Verlustvorträge Ende des Jahres 2004 bei der Körperschaftsteuer 506,4 Milliarden Euro und stiegen bis Ende 2006 auf 603,6 Milliarden Euro an (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 21 f. und 24). Seit der Abschaffung der zeitlichen Begrenzung des Verlustvortrags auf fünf Jahre durch das Steuerreformgesetz 1990 seien die Verlustvorträge bei der Körperschaftsteuer kontinuierlich angestiegen. Der Bestand sei im Zeitraum von 1992 bis 2006 jährlich um durchschnittlich 35 bis 40 Milliarden Euro (Saldo der neu entstehenden Verluste und des Verlustverbrauchs durch Abzug oder Wegfall) angewachsen (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 23 und 26 f.).

26Bezogen auf unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften hätten sich die bundesweit zum festgestellten Verlustvorträge von 576,3 Milliarden Euro bei relativ wenigen Unternehmen konzentriert. So seien 95 Prozent der Verlustvorträge auf 5,6 Prozent der Steuerpflichtigen, 90 Prozent auf 2,2 Prozent der Steuerpflichtigen und 50 Prozent auf 0,06 Prozent der Steuerpflichtigen entfallen (vgl. Bericht der Facharbeits-gruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 25). Ebenso hätten sich die vortragsfähigen Gewerbeverluste in starkem Maße bei relativ wenigen Unternehmen geballt. Im Jahr 2004 seien 95 Prozent der festgestellten Gewerbeverluste auf 4,9 Prozent der Gewerbesteuerpflichtigen, 90 Prozent auf 1,9 Prozent der Steuerpflichtigen und 50 Prozent auf 0,04 Prozent der Steuerpflichtigen entfallen (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 32).

27Die Auswertung der Länderdaten von insgesamt 100 Unternehmen mit den höchsten Verlustvorträgen (mehr als 100 Millionen Euro) für die Körperschaft- und die Gewerbesteuer (sog. TOP 100-Unternehmen) zum (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 33 f. und 35 <dort Fn. 43>) habe gezeigt, dass die Verlustvorträge für beide Steuerarten zwischen 2001 und 2008 nahezu gleichmäßig angestiegen seien. Weiter seien im Jahr 2008 83 der TOP 100-Unternehmen mit hohen Gewerbeverlusten Körperschaften gewesen, auf die 86 Prozent der vortragsfähigen Verluste für 2008 entfallen seien (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 35). Die festgestellten Gewerbeverluste seien größtenteils auf aktive Unternehmen und nur zu einem geringen Teil auf insolvente, in Liquidation befindliche oder nicht mehr aktive Unternehmen entfallen (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 37).

28Die Evaluierung der bundesweiten Daten habe ergeben, dass im Jahr 2004 nur ein sehr geringer Anteil der Körperschaft- und Gewerbesteuerpflichtigen von der Mindestgewinnbesteuerung betroffen gewesen sei. Im Mittelstand hätten sich keine nennenswerten Auswirkungen ergeben (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 42). Aufgrund der Mindestgewinnbesteuerung seien bei der Körperschaftsteuer im Jahr 2004 Verlustvorträge von rund 4,45 Milliarden Euro und im Jahr 2006 von rund 8,11 Milliarden Euro nicht verrechenbar gewesen. Bei der Gewerbesteuer habe sich der Betrag der nicht verrechneten Verluste auf rund 6,09 Milliarden Euro im Jahr 2004 belaufen (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 42 f.). Die Steueraufkommenswirkung der Mindestgewinnbesteuerung werde aktuell für ein konjunkturell gutes Jahr auf eine Größenordnung von gut drei Milliarden Euro geschätzt, wovon auf die Körperschaft- und auf die Gewerbesteuer jeweils rund die Hälfte entfalle. Insgesamt führten die Regelungen in konjunkturell starken Jahren zu höheren Steuermehreinnahmen, in konjunkturell schwachen Jahren zu eher geringeren Steuermehreinnahmen (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 43). Eine sich aus den Länderdaten ergebende Erhöhung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage der TOP 100-Unternehmen im Jahr 2008 von insgesamt rund 2,5 Milliarden Euro sei zu 80 Prozent auf fünf Unternehmen zurückzuführen gewesen (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 45).

II.

291. Der Kläger und Revisionskläger des Ausgangsverfahrens war Insolvenzverwalter über das Vermögen der im September 1992 errichteten …-GmbH (im Folgenden B-GmbH). Unternehmensgegenstand war die Erbringung von Dienstleistungen aller Art im Zusammenhang mit der Durchführung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme einschließlich des An- und Verkaufs von bebauten und unbebauten Grundstücken.

30a) Im Oktober 1992 schloss die vom Land Berlin mit der Durchführung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme betraute …-GmbH (im Folgenden D-GmbH) eine Kooperationsvereinbarung mit der B-GmbH. Danach sollte die B-GmbH die für die Entwicklungsmaßnahme erforderlichen Grundstücke, soweit möglich, auf eigene Rechnung erwerben und nach Weisung der D-GmbH verwerten. Die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis bei den Grundstücksgeschäften zuzüglich eventueller Einnahmen aus der Grundstücksbewirtschaftung abzüglich der ihr entstandenen Kosten sollte die B-GmbH der D-GmbH zur Verfügung stellen.

31Die Entwicklungsmaßnahme verlief mangels Nachfrage am Markt und wegen fallender Grundstückspreise (von Anfang an) nicht planmäßig. Am erfolgte ein Nachtrag zu der Kooperationsvereinbarung. Es blieb aber dabei, dass die B-GmbH die Einnahmen aus den Grundstücksgeschäften nach Abzug ihrer Kosten an die D-GmbH weiterzuleiten hatte. Ab dem Jahr 1998 wies die B-GmbH für Ansprüche auf Auslagen-/Aufwendungsersatz in ihren Jahresabschlüssen jährlich ansteigende Ausgleichsforderungen gegen die D-GmbH aus. Nach den Erläuterungen des Jahresabschlusses zum habe der Landesrechnungshof zwar rechtliche Bedenken gegen die Durchsetzbarkeit der Forderungen vorgetragen, die jedoch durch eine externe Stellungnahme überprüft und zurückgewiesen worden seien.

32b) Da die D-GmbH die - sich im Jahresabschluss zum auf 36,9 Millionen Euro belaufenden - Ausgleichsforderungen (weiterhin) bestritt, erhob die B-GmbH Ende des Jahres 2002 Klage zum Landgericht Berlin und machte zunächst einen Teilbetrag in Höhe von rund 5,38 Millionen Euro in Bezug auf Ankauf und Bewirtschaftung eines Grundstücks geltend. In der Bilanz zum beliefen sich die aktivierten Ausgleichsforderungen auf rund 40,46 Millionen Euro. Das Landgericht wies die Klage im Oktober 2003 durch Versäumnisurteil ab und hielt dieses mit Urteil vom aufrecht. Hiergegen legte die B-GmbH Berufung ein. Im Jahresabschluss zum nahm sie "aus kaufmännischer Vorsicht" eine vollständige Wertberichtigung (bis auf einen Merkposten von einem Euro) auf die Ausgleichsforderungen gegen die D-GmbH in Höhe von nunmehr rund 44,18 Millionen Euro vor. In der Folge ergab sich für 2004 ein Jahresfehlbetrag in Höhe von rund 46,61 Millionen Euro.

33c) Mit Beschluss vom eröffnete das zuständige Amtsgericht auf Antrag der Geschäftsführung das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B-GmbH, die zum ihre werbende Tätigkeit eingestellt hatte. Für den Zeitraum vom bis zum Ende der werbenden Gesellschaft am bildete die B-GmbH ein Rumpfwirtschaftsjahr. In der im September 2007 erstellten Schlussbilanz der werbenden Gesellschaft zum wurden (weitere) Forderungen gegen die D-GmbH in Höhe von 25,32 Millionen Euro wertberichtigt und bis auf einen Erinnerungswert von einem Euro abgeschrieben. Es ergab sich ein Fehlbetrag in nahezu gleicher Höhe.

34d) Mit Urteil vom gab das Kammergericht der Berufung gegen das statt und verurteilte die D-GmbH aus der "als wirksam anzusehenden" Kooperationsvereinbarung, an den Insolvenzverwalter der B-GmbH rund 5,38 Millionen Euro nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung des Grundstücks zu zahlen. Die Rechtsstellung der B-GmbH sei (weitgehend) der eines nachgeschalteten treuhänderischen Vermögensverwahrers des Landes Berlin angeglichen. Die seitens der D-GmbH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof blieb ohne Erfolg.

35e) Im August 2008 schloss der Insolvenzverwalter der B-GmbH mit der D-GmbH, dem Land Berlin und einem Kreditinstitut eine "Vereinbarung über die Abgeltung von Ansprüchen". Darin wurden die Einzelheiten des von der D-GmbH "unter Mithaftung des Landes Berlin" an den Insolvenzverwalter zu zahlenden Betrags geregelt. Auf dieser Grundlage wurden in der am erstellten Bilanz zum der B-GmbH die Wertberichtigungen auf die Ausgleichsforderungen gegen die D-GmbH aufgelöst ("Wertaufholung"). Unter Berücksichtigung des daraus resultierenden Ertrags ergab sich zum ein Jahresüberschuss in Höhe von rund 74,69 Millionen Euro.

36f) Im November 2012 hob das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B-GmbH nach vollzogener Schlussverteilung auf. Anfang Juni 2021 wurde das Erlöschen der vermögenslosen B-GmbH von Amts wegen in das Handelsregister eingetragen.

372. a) Das Finanzamt setzte für den Veranlagungszeitraum 2004 mit Bescheid vom auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens der B-GmbH von minus 46,61 Millionen Euro Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von null Euro fest und stellte mit Bescheid vom selben Tag zum einen verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer in Höhe von rund 46,76 Millionen Euro fest. Auch für das Rumpfwirtschaftsjahr 2005 (1. Januar bis ) erging - auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens von rund minus 25,59 Millionen Euro - ein "Nullbescheid" zur Körperschaftsteuer. Weiter wurde zum ein verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer in Höhe von rund 72,35 Millionen Euro gesondert festgestellt.

38Für den dreijährigen Abwicklungszeitraum vom bis zum nahm das Finanzamt auf Grundlage eines Gesamtbetrags der Einkünfte von rund 78,16 Millionen Euro den Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in Verbindung mit § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG vor und berücksichtigte nur Verlustvorträge in Höhe von 47,29 Millionen Euro, so dass ein zu versteuerndes Einkommen von 30,86 Millionen Euro verblieb. Im Bescheid für 2008 vom wurde Körperschaftsteuer in Höhe von rund 4,63 Millionen Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von rund 254.000 Euro festgesetzt. Der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer betrug zum rund 25 Millionen Euro.

39b) Für Zwecke der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags verteilte das Finanzamt den Gewerbeertrag zeitanteilig auf den (Abwicklungs-)Zeitraum vom bis zum und berücksichtigte dabei gemäß § 10a Sätze 1 und 2 GewStG den auf den in Höhe von 45,38 Millionen Euro gesondert festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust nur anteilig. Die auf der Grundlage der Gewerbesteuermessbeträge festgesetzte Gewerbesteuer belief sich für 2008 auf rund 904.000 Euro, für 2007 auf rund 2,27 Millionen Euro und für 2006 auf rund 2,29 Millionen Euro.

40c) Die gegen die vorstehenden Bescheide eingelegten Einsprüche, mit denen der Insolvenzverwalter der B-GmbH hilfsweise begehrte, die Körperschaftsteuer für 2008 und den Gewerbesteuermessbetrag für 2006, 2007 und 2008 aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO in Höhe von null Euro festzusetzen, wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück. Die dagegen gerichtete Klage wies das , 12 K 12177/10 - ab und ließ die Revision zu.

413. Auf die Revision des Insolvenzverwalters der B-GmbH hat der I. Senat des Bundesfinanzhofs das Revisionsverfahren mit Beschluss vom - I R 59/12 - nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und begehrt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in Verbindung mit § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Korb II-Gesetzes und § 10a Satz 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

42Zur Begründung der Vorlage trägt der Bundesfinanzhof vor, dass die Revision im Falle der Verfassungsmäßigkeit der verfahrensgegenständlichen Vorschriften zurückzuweisen wäre. Er ist der Auffassung, die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung verstießen in Fallkonstellationen wie im Ausgangsverfahren (vgl. Rn. 44) gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

43a) Das vorlegende Gericht halte - wie bereits im Urteil vom - I R 9/11 - (BFHE 238, 419) ausgesprochen - daran fest, dass die Mindestgewinnbesteuerung in ihrer "Grundkonzeption" einer zeitlichen Streckung des Verlustvortrags ungeachtet dadurch ausgelöster Zins- und Liquiditätsnachteile nicht gegen Verfassungsrecht verstoße, weil insoweit die Abzugsfähigkeit von Verlusten nicht in ihrem "Kernbereich" betroffen oder gänzlich ausgeschlossen sei, sondern (nur) "der Höhe nach" beschränkt werde. Insoweit sei dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 123, 111 eine Unterscheidung zwischen temporären und endgültigen Steuereffekten zu entnehmen. Es liege auch innerhalb der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis, dass die zeitliche Streckung des Verlustvortrags das Risiko für den einkommenswirksamen Abzug des Verlusts erhöhe, weil "naturgemäß keine Gewissheit besteht, die Verluste in Zukunft verrechnen zu können" (vgl. auch -, BFHE 225, 566).

44b) Das vorlegende Gericht sei jedoch davon überzeugt, dass die verfahrensgegenständlichen Vorschriften den "Kernbereich" einer Ausgleichsfähigkeit von Verlusten dann verletzten, wenn - wie im Ausgangsverfahren - auf der Grundlage eines inneren Sachzusammenhangs beziehungsweise einer Ursachenidentität zwischen Verlust und Gewinn der Mindestbesteuerung im Einzelfall ("konkret") die Wirkung zukomme, den Verlustabzug gänzlich auszuschließen und eine leistungsfähigkeitswidrige Substanzbesteuerung auszulösen.

45Der Streitfall sei dadurch gekennzeichnet, dass der (im Grundsatz) ausgleichsfähige Verlust aus der stichtagsbezogenen () Teilwertabschreibung einer Forderung herrühre und der Ertrag aus der zeitlich nachfolgenden ebenfalls stichtagsbezogenen () Teilwertzuschreibung eben dieser Forderung folge. Insoweit beruhten Aufwand und Ertrag auf demselben Rechtsgrund (der Kooperationsvereinbarung) und entsprächen sich der Höhe nach. Der Ertrag erscheine als zeitverschobener actus contrarius zum Aufwand. Derartige in der Besteuerungspraxis der Auflösung von Kapitalgesellschaften (Liquidation, Insolvenzverfahren) häufig auftretende "bilanzsteuerrechtliche 'Umkehreffekte'" hätten weder einen entsprechenden Liquiditätszufluss noch einen Zuwachs an besteuerungswürdiger Leistungsfähigkeit zur Folge.

46Typisierungs- oder Vereinfachungserfordernisse könnten nicht rechtfertigen, dass der Gesetzgeber auf der Rechtsfolgenseite der verfahrensgegenständlichen Vorschriften eine Differenzierung nach Verlustursachen beziehungsweise nach Zusammenhängen mit der Gewinnentstehung vollständig unterlassen habe. Der Gesetzgeber habe sich trotz der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten (sachverständigen) Bedenken zur Möglichkeit einer zweckwidrigen Definitivbesteuerung damit begnügt, angesichts der in bestimmten Situationen drohenden Substanzbesteuerung den Sockelbetrag von 100.000 Euro auf eine Million Euro zu verzehnfachen und den Abzugssatz für den Restbetrag von 50 Prozent auf 60 Prozent anzuheben. Er habe damit allenfalls die Anzahl der Streitfälle reduziert, ohne aber auch nur im Ansatz zu versuchen, einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Gesichtspunkten der - verfassungsrechtlich durchaus zulässigen - überperiodischen Verluststreckung und dem "Kernbereich" der Verlustverrechnung als Grundprinzip einer Ertragsbesteuerung herzustellen.

47Die verfassungsrechtliche Bewertung werde nicht dadurch beeinflusst, dass auf der Grundlage der §§ 163, 227 AO bei "Definitiveffekten" die verfahrensrechtliche Möglichkeit bestehe, im Einzelfall im Wege der Billigkeit eine Steuerfestsetzung in einer Höhe zu erreichen, die einer Nichtanwendung der Mindestgewinnbesteuerung entspreche. Gehe man - wie das vorlegende Gericht - davon aus, dass der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Wirkung der Mindestgewinnbesteuerung als Verlustnutzungsausschluss ausschließlich durch eine Anhebung des Sockelbetrags und des Prozentsatzes für den Restbetrag habe Rechnung tragen wollen, komme es zu einer strukturellen Gesetzeskorrektur, so dass eine Billigkeitsmaßnahme wegen "sachlicher Unbilligkeit" ausgeschlossen sei.

48c) Eine die Verfassungswidrigkeit vermeidende verfassungskonforme Auslegung der genannten Vorschriften komme nicht in Betracht.

III.

49Dem Bundestag, dem Bundesrat, dem Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium der Finanzen, allen Landesregierungen, dem Präsidenten des Bundesfinanzhofs sowie der Bundesrechtsanwaltskammer, der Bundessteuerberaterkammer, dem Deutschen Steuerberaterverband e.V., dem Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., dem Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., dem Bund der Steuerzahler e.V., dem Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V. und den Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Geäußert haben sich das Bundesministerium der Finanzen namens der Bundesregierung, der IV. Senat des Bundesfinanzhofs, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundessteuerberaterkammer, der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., der Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., der Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V., der Bund der Steuerzahler e.V. sowie der Kläger und Revisionskläger des Ausgangsverfahrens.

501. Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorlage für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

51a) Die Vorlage sei unzulässig, weil der I. Senat des Bundesfinanzhofs seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften nicht ausreichend begründet habe. Es werde nicht erläutert, was genau unter dem Konzept des "Kernbereichs" der Verlustverrechnung als Grundprinzip einer Ertragsbesteuerung zu verstehen sei und inwiefern daraus die Verfassungswidrigkeit sogenannter Definitiveffekte folge. Der Begriff des "Kernbereichs" der Abzugsfähigkeit von Verlusten sei maßgeblich in der Rechtsprechung des I. Senats des Bundesfinanzhofs, insbesondere im Urteil vom - I R 81/97 - (BFHE 185, 393) konzipiert worden. Soweit das vorlegende Gericht den "Kernbereich" der Abzugsfähigkeit von Verlusten wegen "eines inneren Sachzusammenhangs beziehungsweise wegen Ursachenidentität zwischen Verlust und Gewinn" betroffen sehe, führe es nicht aus, wie sich ein "Definitiveffekt" in einem solchen Fall von anderen Konstellationen des endgültigen Wegfalls der gestreckten Verlustvorträge unterscheide.

52b) Die Vorlage sei jedenfalls unbegründet. Die Mindestgewinnbesteuerung sei mit Art. 3 Abs. 1 GG auch vereinbar, soweit es zu einem vollständigen Ausschluss des Verlustabzugs kommen könne, weil ein Steuersubjekt seine unternehmerische Tätigkeit beende. Im Normalfall führten die Regelungen zu einer zeitlich unbegrenzten Streckung des Verlustabzugs. Soweit sich unternehmerische Risiken realisierten, müsse der Gesetzgeber den Untergang eventuell bestehender Verlustvorträge nicht kompensieren, zumal diesem beim Austarieren des Verhältnisses zwischen Nettoprinzip und Abschnittsbesteuerung ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme.

53aa) Die vom vorlegenden Gericht als verfassungswidrig aufgegriffenen "Definitiveffekte" seien nicht Folge einer dem Gesetzgeber zuzurechnenden Ungleichbehandlung. Im Gegenteil: Dass die Beendigung eines steuerpflichtigen Unternehmens den Untergang bestehender Verlustvorträge bedinge, sei natürliche Folge des im Ertragsteuerrecht verankerten Steuersubjektprinzips. Der "Effekt" eines endgültigen Verlustuntergangs könne prinzipiell alle Steuerpflichtigen treffen. Beginn und Ende der unternehmerischen Tätigkeit seien primär durch unternehmerische Entscheidungen bestimmt.

54Das Bundesverfassungsgericht habe im Verfahren 1 BvR 313/88 sogar die frühere Verlustabzugsbeschränkung in § 10d Satz 4 EStG 1976, die von vornherein eine feste zeitliche Begrenzung des Verlustabzugs vorgesehen habe, als verfassungsrechtlich zulässig angesehen. Insofern sei der partielle Ausschluss des Abzugs von Verlusten nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG beziehungsweise nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG, der nunmehr als "Definitiveffekt" verfassungsrechtlich angegriffen werde, nichts grundlegend Neues. Vielmehr sei dieser Effekt bereits nach der früheren Regelung in § 10d Satz 4 EStG 1976 möglich gewesen: Habe ein bestehender Verlust binnen sieben Veranlagungszeiträumen nicht verrechnet werden können, sei der verbleibende Verlust endgültig vom Abzug ausgeschlossen gewesen.

55bb) Der Ausschluss des Verlustvortrags verstoße auch dann nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn Gewinne und - aufgrund der Mindestgewinnbesteuerung - nicht vollumfänglich abziehbare Verluste auf demselben "Rechtsgrund" beruhten. Das vorlegende Gericht stelle auf besondere Fallkonstellationen eines "inneren Sachzusammenhangs" oder einer "Ursachenidentität" zwischen Verlust und Gewinn ab. Im Ausgangsverfahren resultiere die nicht vollständige Nutzbarkeit des Verlustvortrags aus der Insolvenz der Gesellschaft und dem Untergang des Steuersubjekts.

56cc) Werde eine Schlechterstellung einzelner Steuerpflichtiger unterstellt, sei diese jedenfalls gerechtfertigt. Die Verstetigung der Staatseinnahmen, auf die der Gesetzgeber abgestellt habe (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 13), sei als hinreichend gewichtiger sachlicher Grund anzusehen. Im Übrigen sei im Gesetzgebungsverfahren der zunächst vorgesehene Sockelbetrag von 100.000 Euro auf eine Million Euro angehoben und der abziehbare Anteil des den Sockelbetrag übersteigenden Teils von 50 Prozent auf 60 Prozent erhöht worden. Insoweit sei der Gesetzgeber sachgerecht auf "Definitivfälle" eingegangen.

57Der Gesetzgeber habe aufgrund der ihm zustehenden Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung auf die einfache Handhabbarkeit der Neuregelung des Verlustabzugs abstellen dürfen (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 13). Das gelte umso mehr, als die Feststellung des "Definitivwerdens" eines Verlusts in der Praxis mit erheblichen Abgrenzungs- und Vollzugsproblemen behaftet sei. Finde die Mindestgewinnbesteuerung bei (befristeten) Projektgesellschaften generell keine Anwendung, würden diese nicht nur privilegiert, sondern es würden Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen, die der steuerlichen Belastungsgleichheit und dem Verstetigungsziel zuwiderliefen.

582. Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs knüpft in seiner auf die gewerbesteuerrechtliche Auslegung der Regelungen zur Mindestgewinnbesteuerung bei Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) beschränkten Stellungnahme an sein Urteil vom - IV R 36/10 - (BFHE 238, 429) an. Die in § 10a Sätze 1 und 2 GewStG angeordnete Mindestgewinnbesteuerung verletze den allgemeinen Gleichheitssatz nicht.

59Der IV. Senat teilt im Wesentlichen die im Vorlagebeschluss des I. Senats des Bundesfinanzhofs dargelegte Rechtsauffassung, dass die zeitliche Streckung des Verlustabzugs verfassungsrechtlich jedenfalls gerechtfertigt sei, soweit es sich um einen temporären Effekt handele, die Verluste also erst in späteren Erhebungszeiträumen verrechnet werden könnten. Darüber hinaus bestünden jedoch auch in Fällen, in denen bis zur Beendigung des Gewerbebetriebs keine vollständige Verrechnung entstandener Verluste erfolgt sei, Verluste also "definitiv" würden, tragfähige Gründe dafür, dass § 10a Sätze 1 und 2 GewStG nicht verfassungswidrig sei.

60Entgegen der Auffassung des I. Senats des Bundesfinanzhofs könnten verbleibende besondere Härten durch die Mindestgewinnbesteuerung in § 10a GewStG durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall beseitigt werden (vgl. auch -, BFHE 238, 518). Die Regelung in § 10a GewStG überschreite die Grenzen der Typisierungsbefugnis auch insoweit nicht, als bei bestimmten gewerblichen Geschäftsmodellen strukturell unvermeidbare vorgelagerte Verluste entstünden, die mit den anschließend ebenfalls strukturell entstehenden Gewinnen nicht mehr voll verrechnet werden könnten. Die Möglichkeit von Billigkeitsmaßnahmen in besonderen Einzelfällen flankiere die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers und gestatte ihm, eine typisierende Regelung zu treffen, bei der Unsicherheiten über Zahl und Intensität der von der typisierenden Regelung nachteilig betroffenen Fälle mit zumutbarem Aufwand nicht beseitigt werden könnten. Entgegen der Auffassung des 9 C 10.14 - (BVerwGE 151, 255 <259 ff. Rn. 15 ff.>) sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die durch eine Definitivbelastung mit Gewerbesteuer entstehenden Härten bewusst in Kauf genommen habe. Im Gegenteil ergäben die Gesetzesmaterialien, dass lediglich eine Streckung von Verlustvorträgen, nicht aber deren Wegfall beabsichtigt gewesen sei.

613. Der Kläger und Revisionskläger des Ausgangsverfahrens, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundessteuerberaterkammer, der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., der Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V. und der Bund der Steuerzahler e.V. teilen überwiegend die im Vorlagebeschluss vertretene Auffassung des I. Senats des Bundesfinanzhofs. Die vorgelegten Vorschriften seien jedenfalls bei Eintritt von "Definitiveffekten" verfassungswidrig. Der undifferenzierte Ausschluss des Verlustabzugs durch "Definitiveffekte" verletze das Leistungsfähigkeitsprinzip und verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit "Definitiveffekte" und eine Substanzbesteuerung ausgelöst würden, führe dies zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung. Teilweise wird bereits die infolge der Verlustabzugsbeschränkung eintretende zeitliche Streckung des Verlustvortrags ("Grundkonzeption" der Mindestgewinnbesteuerung) als verfassungswidrig erachtet.

62Der Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. ist der Auffassung, dass die Mindestgewinnbesteuerung im Falle von "Definitiveffekten" sowohl gegen das objektive Nettoprinzip als auch gegen das Prinzip der Abschnittsbesteuerung und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Über den Vorlagebeschluss hinaus sollten neben Insolvenz- und Liquidationsfällen sowie Fällen einer zyklischen Gewinnentwicklung solche Sachverhalte nicht von der Mindestgewinnbesteuerung erfasst werden, in denen aufgrund von Willensentscheidungen des Steuerpflichtigen - beispielweise Verschmelzung, Formwechsel oder Wegzug ins Ausland - die Steuerpflicht beendet werde und dadurch "Definitiveffekte" einträten. Es sei differenzierend darauf abzustellen, ob es für die Beendigung der Steuerpflicht außersteuerliche Gründe gebe.

B.

63Die (noch) zulässige Vorlage des Bundesfinanzhofs bedarf der Präzisierung und Einschränkung.

64Die vom Bundesfinanzhof zur Überprüfung gestellten Vorschriften des § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in Verbindung mit § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Korb II-Gesetzes und § 10a Sätze 1 und 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze sind nur im Rahmen der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage (§ 81 BVerfGG) auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen (vgl. BVerfGE 126, 331 <354>; 130, 131 <140>). Dabei kann das Bundesverfassungsgericht den Inhalt der Rechtsfrage durch Auslegung näher bestimmen (vgl. BVerfGE 126, 369 <387>; 132, 72 <81 Rn. 18>). Grundsätzlich prüft es im Rahmen der konkreten Normenkontrolle eine Regelung nur insoweit am Maßstab der Grundrechte, als die Beteiligten des Ausgangsverfahrens hiervon betroffen sind und eine Grundrechtsverletzung in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 122, 210 <229>; 126, 369 <387>; 139, 285 <298 f. Rn. 41>; 145, 106 <140 Rn. 95>; 149, 382 <389 f. Rn. 13>). Vorliegend steht für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung nicht die Anwendbarkeit der vorgelegten Vorschriften auf sämtliche Körperschaftsteuersubjekte in Rede. Zum Gegenstand der Vorlage macht der I. Senat des Bundesfinanzhofs ausschließlich Fälle eines "inneren Sachzusammenhangs" im Sinne einer Ursachenidentität zwischen Verlust und Gewinn ("bilanzsteuerrechtlicher 'Umkehreffekt'"), in denen der Mindestgewinnbesteuerung im Einzelfall die Wirkung zukomme, den Verlustabzug gänzlich auszuschließen (vgl. -, BFHE 246, 27 <39 Rn. 30 f.>). Das vorlegende Gericht stützt damit seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der von der Vorlage erfassten Regelungen allein auf bilanzierende Körperschaftsteuersubjekte.

65Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG ist einzuschränken, wenn das vorlegende Gericht sie zu weit gefasst hat (vgl. BVerfGE 126, 369 <387>; 139, 285 <297 Rn. 38>; stRspr). Dies ist hier der Fall, weil der Bundesfinanzhof für die Vorlagefrage an bilanzierende Körperschaftsteuersubjekte anknüpft, zugleich aber die allgemeine Einkommensermittlungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG zur Prüfung stellt. Hierdurch erfasst die Vorlagefrage sämtliche Körperschaftsteuersubjekte nach § 1 und § 2 KStG ungeachtet des Bestehens einer Buchführungspflicht und damit der Gewinnermittlung durch Bilanzierung nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Damit bleibt unberücksichtigt, dass eine (handelsrechtliche) Buchführungspflicht nur bei Körperschaftsteuersubjekten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG besteht, weil allein hier sämtliche Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb gelten. Für diese Körperschaftsteuersubjekte sieht § 8 Abs. 2 KStG vor, dass die Einkünfte schon dem Grunde nach entsprechend den für gewerbliche Einkünfte geltenden Vorschriften, insbesondere nach den Grundsätzen der Gewinnermittlung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 EStG, zu ermitteln sind (vgl. Pfirrmann, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8 KStG Rn. 71 <Jul. 2022>). Für die von der Vorlage ebenfalls erfasste Regelung in § 10a Sätze 1 und 2 GewStG gilt Entsprechendes. Insoweit findet die körperschaftsteuerrechtliche Fiktion des § 8 Abs. 2 KStG ihre Entsprechung in der Gewerblichkeitsfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG.

66Der Gesetzesstruktur des Körperschaftsteuer- und des Gewerbesteuerrechts folgend, ist daher eine präzisierende Begrenzung der Vorlagefrage auf Körperschaftsteuersubjekte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG und auf Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG vorzunehmen. Die Entscheidung der in dieser Weise präzisierten Rechtsfrage hängt allerdings von der Beantwortung der Vorfrage ab, ob die Vorschriften der Mindestgewinnbesteuerung in ihrer "Grundkonzeption", die auf eine bloße zeitliche Streckung des Verlustvortrags ausgerichtet ist, mit der Verfassung in Einklang stehen. Wäre dies zu verneinen, käme es auf die vom Gericht zur Prüfung gestellte Problematik nicht mehr an (vgl. etwa BVerfGE 51, 193 <207>; 58, 300 <338>). Insofern ist eine über die vom Bundesfinanzhof für maßgeblich erachtete Fallkonstellation ("Definitiveffekt" im Zusammentreffen mit einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'") hinausgehende Prüfung erforderlich.

C.

67§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in Verbindung mit § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Korb II-Gesetzes und § 10a Sätze 1 und 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom sind, bezogen auf Körperschaftsteuersubjekte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG und auf Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG, mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar (I.). Auch verstoßen die vorgelegten Vorschriften nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG (II.).

I.

68Die von der Vorlage erfassten Vorschriften sind an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (1.). Sie führen infolge des oberhalb des Sockelbetrags von einer Million Euro der Höhe nach beschränkten und hierdurch teilweise zeitlich gestreckten Verlustvortrags zwar zu einer Ungleichbehandlung von Körperschaftsteuersubjekten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG beziehungsweise Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG und bewirken zudem mit Blick auf Fälle eines "Definitiveffekts" nach Eintritt eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" wie im Ausgangsverfahren eine formale Gleichbehandlung (2.). Unter beiden Gesichtspunkten sind die zu prüfenden Vorschriften jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt (3.).

691. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 145, 106 <141 Rn. 98>; 152, 274 <311 Rn. 95> - Erstausbildungskosten; 168, 1 <48 Rn. 139> - Beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften; stRspr). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 145, 106 <141 f. Rn. 98>; 160, 41 <63 Rn. 51> - Privilegierung von Gewinneinkünften; 162, 277 <305 Rn. 68> - Kindergeld für Drittstaatsangehörige; 164, 347 <393 Rn. 129> - Körperschaftsteuererhöhungspotenzial).

70Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er jedoch sachgerecht treffen (vgl. BVerfGE 162, 277 <305 Rn. 69>; 164, 347 <393 Rn. 129>; 168, 1 <48 Rn. 140>; stRspr). Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (vgl. BVerfGE 145, 106 <142 Rn. 98>; 162, 277 <305 Rn. 70>; 168, 1 <48 f. Rn. 140>; stRspr). Dabei ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz im Sinne eines stufenlosen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Prüfungsmaßstabs unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 145, 106 <142 Rn. 98>; 164, 347 <394 Rn. 130>; 168, 1 <49 Rn. 140>; stRspr). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 164, 347 <394 Rn. 130>; 168, 1 <49 Rn. 140>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom - 2 BvL 6/19 -, Rn. 29 - Besonderes Kirchgeld Sachsen).

71Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 145, 106 <143 Rn. 101>; 164, 347 <394 Rn. 131>; 168, 1 <49 Rn. 141>). Willkür des Gesetzgebers kann zwar nicht schon dann bejaht werden, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat (vgl. BVerfGE 89, 132 <141 f.>; 145, 106 <143 Rn. 101>; 168, 1 <49 Rn. 141>). Es genügt aber Willkür im objektiven Sinn, das heißt die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung in Bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand (vgl. BVerfGE 162, 277 <306 Rn. 71>; 164, 347 <394 Rn. 131>; 168, 1 <49 Rn. 141>). Der Spielraum des Gesetzgebers endet dort, wo die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (vgl. BVerfGE 162, 277 <306 Rn. 71>; 164, 347 <394 Rn. 131>; 168, 1 <49 Rn. 141>; stRspr). Willkür in diesem Sinne kann allerdings erst festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl. BVerfGE 89, 15 <23>; 145, 106 <143 Rn. 101>; 168, 1 <49 f. Rn. 141>; stRspr). Entsprechendes gilt für Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Differenzierungsgebot. Hier ist der allgemeine Gleichheitssatz nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, nicht vornimmt (vgl. BVerfGE 90, 226 <239>; 110, 141 <167>; 161, 163 <253 Rn. 241> - Erziehungsaufwand im Beitragsrecht der Sozialversicherung). Er verletzt aber das Gleichheitsgrundrecht, wenn er es versäumt, tatsächliche Ungleichheiten des zu ordnenden Lebenssachverhalts zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie beachtet werden müssen (vgl. BVerfGE 110, 141 <167>; 161, 163 <253 Rn. 241>; stRspr). Entscheidend sind der sachliche Gehalt der Vorschrift und die auf die rechtliche Gestaltung der Norm zurückgehenden Wirkungen (vgl. BVerfGE 49, 148 <165>; 149, 50 <78 f. Rn. 80>; 161, 163 <253 Rn. 241>). Da im Bereich des Steuerrechts tatsächliche Umstände stets normativ mitgeprägt sind, erstreckt sich das Differenzierungsgebot letztlich auch auf die damit zusammenhängenden rechtlich begründeten Ungleichheiten in den zu regelnden Sachverhalten (vgl. BVerfGE 19, 119 <124 f.>; 21, 12 <26 f.>; 37, 38 <46>; 67, 70 <85 f.>; 98, 365 <385>).

72Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich insbesondere ergeben, wenn und soweit sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann (vgl. BVerfGE 139, 285 <309 Rn. 71>; 145, 106 <145 Rn. 105>; 168, 1 <50 Rn. 142>; stRspr). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den rechtfertigenden Sachgrund, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 131, 239 <256 f.>; 133, 1 <14 Rn. 45>; 161, 163 <265 Rn. 279>; stRspr).

73b)aa) Im Bereich des Steuerrechts bindet Art. 3 Abs. 1 GG den Gesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit (vgl. BVerfGE 145, 106 <142 Rn. 99>; 164, 347 <395 Rn. 133>; 168, 1 <50 Rn. 143>), der es gebietet, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Das gilt insbesondere im Einkommensteuer- und im Körperschaftsteuerrecht, das auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuerpflichtigen hin angelegt ist (vgl. BVerfGE 160, 41 <65 Rn. 55>; 164, 347 <395 Rn. 133>; 168, 1 <50 Rn. 143>; stRspr). Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen dem Gerechtigkeitsgebot genügen muss (vgl.BVerfGE 145, 106<142 f. Rn. 99>; 160, 41 <65 Rn. 56>; 168, 1 <50 Rn. 143>). Diese aus dem Gebot der Steuergerechtigkeit vornehmlich für das Recht der Einkommensteuer entwickelten Grundsätzegelten in gleicher Weise für die Gewerbesteuer, die nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung die objektivierte Ertragskraft der Gewerbebetriebe erfasst(vgl. BVerfGE 120, 1 <44 f.>; 135, 126 <144 f. Rn. 56>; 148, 217 <244 Rn. 106>).

74bb) Die Prüfung einer Ungleichbehandlung oder Gleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG erfordert im Ausgangspunkt die Bildung konkreter Vergleichsgruppen durch eindeutige Bezeichnung der Sachverhalte oder Personengruppen, die miteinander verglichen werden können und ungleich beziehungsweise gleich behandelt werden (vgl. BVerfGE 131, 66 <82>; 161, 163 <249 Rn. 230>; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvL 3/17 -, Rn. 38). Bezogen auf das (Ertrag-)Steuerrecht kann der (bloße) Hinweis auf eine Verletzung des Grundsatzes der Ausrichtung der Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine Vergleichsgruppenbildung nicht ersetzen. Entsprechendes gilt hinsichtlich eines Verstoßes gegen das Gebot der Folgerichtigkeit, das kein selbständig tragendes verfassungsrechtliches Prinzip darstellt (vgl. Eichberger, in: Festschrift für den Bundesfinanzhof, Bd. 1, 2018, S. 501 <511>). Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine belastungsgleiche Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstands getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung (folgerichtige Umsetzung des steuerlichen Ausgangstatbestands) sind allein an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (vgl. BVerfGE 149, 126 <153 Rn. 70> m.w.N.; Eichberger, in: Festschrift für den Bundesfinanzhof, Bd. 1, 2018, S. 501 <511>; vgl. ferner Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 27. Aufl. 2024, Rn. 174; Heintzen, JöR NF 64 <2016>, S. 493 <501>). Der Vorwurf allein, eine Belastungsentscheidung sei nicht folgerichtig umgesetzt, kann eine Verfassungswidrigkeit der betreffenden Norm nicht begründen (vgl. Eichberger, in: Festschrift für den Bundesfinanzhof, Bd. 1, 2018, S. 501 <511>). Eine Verletzung des Folgerichtigkeitsgebots vermag lediglich als Indiz für einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz, nicht aber als hinreichende Bedingung für das Vorliegen einer Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem zu dienen (vgl. BVerfG, Beschluss des 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1140/21 -, Rn. 36; vgl. auch BVerfGE 34, 103 <115> <zur Systemwidrigkeit>; BVerfGK 16, 207 <220> <zur Durchbrechung einer vom Gesetz statuierten Sachgesetzlichkeit>; vgl. weiter Eichberger, in: Festschrift für den Bundesfinanzhof, Bd. 1, 2018, S. 501 <512>; Thiemann, Verluste im Steuerrecht, 2020, S. 202; Kempny, StuW 2014, S. 185 <199>).

75cc) Abweichungen vom Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit im Sach- und Regelungsbereich der Besteuerung von Einkommen und Ertrag (Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer) bedürfen nach Art. 3 Abs. 1 GG der Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 145, 106 <143 Rn. 100> m.w.N.). Dabei können unterschiedliche Maßstäbe zur Anwendung kommen.

76(1) Bei der Auswahl des Steuergegenstands ebenso wie bei der Bestimmung des Steuersatzes belässt der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 145, 106 <143 f. Rn. 102>; 160, 41 <65 Rn. 55>; 162, 277 <308 Rn. 76>; stRspr). Solche Steuerwürdigkeitsentscheidungen beruhen wesentlich auf politischen Wertungen, die nach dem Grundgesetz der Legislative zustehen und von ihr im Wege der Gesetzgebung getroffen werden müssen. Die Entscheidung des Gesetzgebers zur Auswahl des Steuergegenstands ist deshalb nur darauf zu überprüfen, ob sie auf sachwidrigen, willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 137, 350 <366 f. Rn. 42>; 145, 106 <144 Rn. 102>). Will der Gesetzgeber eine bestimmte Steuerquelle erschließen, andere hingegen nicht, ist der allgemeine Gleichheitssatz solange nicht verletzt, wie die Differenzierung auf sachgerechten Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 105, 17 <46> m.w.N.).

77(2) Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands verlangt der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (vgl. BVerfGE 123, 1 <19>; 145, 106 <144 Rn. 103>) eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt (vgl. BVerfGE 145, 106 <144 Rn. 103>; 164, 347 <395 Rn. 134>; 168, 1 <50 Rn. 144>; stRspr).

78(a) Dabei kann sich - nach dem allgemeinen gleichheitsrechtlichen Maßstab auch im Sach- und Regelungsbereich der Besteuerung von Einkommen und Ertrag - eine gegenüber dem bloßen Willkürverbot strengere Bindung des Gesetzgebers in Gestalt steigender Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen ergeben, wenn und soweit sich eine Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann (vgl. BVerfGE 145, 106 <145 Rn. 105>; 162, 277 <306 f. Rn. 72>; 164, 347 <395 Rn. 132>; stRspr). Das gilt grundsätzlich auch für juristische Personen (vgl. BVerfGE 99, 367 <388 f.>; 145, 106 <145 Rn. 105>). Ebenso verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den rechtfertigenden Sachgrund - ohne dass insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereichsspezifische Konkretisierungen für das Steuerrecht zum Tragen kommen (vgl. BVerfGE 158, 282 <328 Rn. 112> m.w.N.) -, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 160, 41 <64 f. Rn. 54>; 162, 277 <307 Rn. 72>; 164, 347 <395 Rn. 132>; stRspr).

79(b) Unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung der betroffenen Steuerpflichtigen muss die Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig im Sinne von belastungsgleich erfolgen (vgl. BVerfGE 160, 41 <65 Rn. 56>; 164, 347 <395 f. Rn. 134>; 168, 1 <50 Rn. 144>; stRspr). Die Bemessungsgrundlage muss - in Einnahmen und Ausgaben - den wirtschaftlichen Vorgang sachgerecht aufnehmen und realitätsgerecht abbilden (vgl. BVerfGE 99, 280 <290>; 168, 1 <50 f. Rn. 144>). Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstands getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung (folgerichtigen Umsetzung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands) bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfGE 145, 106 <144 Rn. 104>; 164, 347 <395 f. Rn. 134>; 168, 1 <51 Rn. 144>). Die dem Gesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit umfasst von Verfassungs wegen die Befugnis, neue Regeln einzuführen, ohne an frühere Belastungsentscheidungen gebunden zu sein (Systemwechsel; vgl. BVerfGE 126, 268 <280 f.>; 164, 347 <400 Rn. 145>; 168, 1 <51 Rn. 145>; stRspr). Auf diese Weise kann der Gesetzgeber die Maßstabsfunktion der Belastungsgrundentscheidung aufheben und sich von den gleichheitsrechtlichen Bindungen befreien (vgl. BVerfGE 168, 1 <51 Rn. 145>).

80dd) Ob die herangezogenen Rechtfertigungsgründe den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, lässt sich nicht unabhängig von den konkret bewirkten Ungleichbehandlungen beurteilen. Führt eine Norm zur Ungleichbehandlung mehrerer Vergleichsgruppen, muss die Ungleichbehandlung bezogen auf die jeweilige Vergleichsgruppe durch einen hinreichenden sachlichen Grund gerechtfertigt werden. Lassen sich die einzelnen Ungleichbehandlungen nur durch unterschiedliche Gründe rechtfertigen, dürfen diese Gründe zueinander nicht in Widerspruch stehen, sondern müssen innerhalb eines vertretbaren gesetzgeberischen Konzepts aufeinander abgestimmt sein (vgl. BVerfGE 116, 164 <181 f.>; 168, 1 <51 Rn. 146>).

81(1) Der allgemeine, rein fiskalische Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung oder Haushaltskonsolidierung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht als Rechtfertigungsgrund für Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands anzuerkennen (vgl. BVerfGE 145, 106 <144 f. Rn. 104>; 160, 41 <66 Rn. 59>; 168, 1 <52 Rn. 147>; stRspr).

82(2) Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands können durch die Verfolgung von Förderungs- oder Lenkungszwecken gerechtfertigt sein. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, mit Hilfe des Steuerrechts aus Gründen des Gemeinwohls außerfiskalische Förder- und Lenkungsziele zu verfolgen (vgl. BVerfGE 122, 210 <231>; 160, 41 <67 Rn. 60 f.>; 168, 1 <52 Rn. 149>; stRspr). Derartige Zwecke sind allerdings nur dann geeignet, rechtfertigende Gründe für steuerliche Be- oder Entlastungen zu liefern, wenn entweder Ziel und Grenze der Lenkung tatbestandlich vorgezeichnet sind oder das angestrebte Förderungs- oder Lenkungsziel jedenfalls von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen wird (vgl. BVerfGE 160, 41 <67 Rn. 63>; 162, 277 <309 Rn. 78>; 168, 1 <52 Rn. 150>). Die gesetzgeberische Entscheidung muss hinreichend bestimmt sein (vgl. BVerfGE 162, 277 <309 Rn. 79>) und zudem muss die Ausgestaltung des Förderungs- und Lenkungszwecks gleichheitsgerecht erfolgen (vgl. BVerfGE 138, 136 <182 Rn. 125>; 160, 41 <68 Rn. 66>; 168, 1 <52 Rn. 151>).

83(3) Jede gesetzliche Regelung muss notwendigerweise verallgemeinern (vgl. BVerfGE 96, 1 <6>; 99, 280 <290>; 101, 297 <309>; 105, 73 <127>). Der Gesetzgeber darf bei der Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstands getroffenen Belastungsentscheidung generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 145, 106 <145 Rn. 106>; 164, 347 <396 Rn. 135>; 168, 1 <53 Rn. 152>; stRspr). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist er berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt (vgl. BVerfGE 145, 106 <145 f. Rn. 106>; 152, 274 <314 Rn. 101>; 164, 347 <396 Rn. 135>).

84Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 145, 106 <146 Rn. 107>; 158, 282 <329 Rn. 115>; 164, 347 <396 Rn. 136>; stRspr). Begünstigungen oder Belastungen können in einer gewissen Bandbreite zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nach oben und unten pauschalierend bestimmt werden (vgl. BVerfGE 111, 115 <137>; 164, 347 <396 Rn. 136>). Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen (vgl. BVerfGE 126, 268 <279>; 133, 377 <412 Rn. 87>; 164, 347 <396 Rn. 136>). Eine typisierende Gruppenbildung liegt zudem nur vor, wenn die tatsächlichen Anknüpfungspunkte im Normzweck angelegt sind (vgl. BVerfGE 111, 115 <137>; 133, 377 <412 Rn. 87>; vgl. auch BVerfGE 145, 106 <146 Rn. 107>; 164, 347 <397 Rn. 136>). Der Gesetzgeber darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (vgl. BVerfGE 145, 106 <146 Rn. 107>; 152, 274 <314 f. Rn. 102>; 164, 347 <396 f. Rn. 136>; stRspr).

85Die Vorteile der Typisierung müssen in einem angemessenen Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 164, 347 <397 Rn. 137>; Beschluss des Zweiten Senats vom - 2 BvL 6/19 -, Rn. 37). Eine zulässige Typisierung setzt voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und das Ausmaß der Ungleichbehandlung gering ist (vgl. BVerfGE 152, 274 <315 Rn. 103>; 162, 277 <307 Rn. 74>; 164, 347 <397 Rn. 137>). Der gesetzgeberische Spielraum für Typisierungen ist umso enger, je dichter die verfassungsrechtlichen Vorgaben außerhalb des Art. 3 Abs. 1 GG sind (vgl. BVerfGE 133, 377 <413 Rn. 88>; vgl. auch BVerfGE 28, 324 <356>; 132, 39 <55 f. Rn. 46>). Er endet dort, wo die speziellen Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG betroffen sind (vgl. BVerfGE 121, 241 <261 f.>; 133, 377 <413 Rn. 88>).

862. Gemessen an diesen Maßstäben bewirken die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung bezogen auf Körperschaftsteuersubjekte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG und auf Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG eine Ungleichbehandlung bei der Abzugsfähigkeit von Verlustvorträgen in Abhängigkeit von der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte (a) sowie eine formale Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen ohne Rücksicht darauf, ob es - wie in dem im Ausgangsverfahren zugrundeliegenden Fall - nach Eintritt eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" zum endgültigen Wegfall eines verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer und eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts kommt (b).

87a) Innerhalb der Gruppe der Körperschaftsteuersubjekte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG und Gesellschaften im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG, die über (gesondert festgestellte) Verlustvorträge verfügen, bewirken die genannten Vorschriften eine Ungleichbehandlung dadurch, dass bei Überschreiten des Sockelbetrags von einer Million Euro der Abzug vorgetragener Verluste pro Besteuerungszeitraum nur beschränkt auf 60 Prozent des Restbetrags zulässig ist.

88Im Tatbestand der zu beurteilenden Vorschriften ist damit eine Ungleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen abhängig von der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte beziehungsweise des maßgebenden Gewerbeertrags angelegt. Bezogen auf den einzelnen Besteuerungszeitraum können Körperschaftsteuersubjekte, deren Gesamtbetrag der Einkünfte unterhalb des Sockelbetrags liegt, Verlustvorträge bis zu einem zu versteuernden Einkommen von null Euro vollständig abziehen. Beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als eine Million Euro, ist dagegen kein vollständiger Verlustabzug durch Verlustvortrag möglich.

89Die hierdurch bewirkte Ungleichbehandlung führt nicht nur dazu, dass bei Überschreiten des Sockelbetrags der Verlustvortrag zeitlich gestreckt wird, sondern hat in Fällen, in denen die unternehmerische Tätigkeit endet, bevor sämtliche verbleibenden Verlustvorträge zum Abzug gebracht werden können, zur Folge, dass bei Beendigung der Steuerpflicht (beispielsweise bei der Auflösung und Abwicklung einer Kapitalgesellschaft) erhöhte Verlustvorträge verbleiben und gegebenenfalls entfallen (sog. Definitiveffekt).

90b) Innerhalb der weiter zu betrachtenden Gruppe der Körperschaftsteuersubjekte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG beziehungsweise Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG mit Verlustvorträgen und einem Gesamtbetrag der Einkünfte oberhalb des Sockelbetrags führen die zu beurteilenden Vorschriften zwar nicht zu einer Ungleichbehandlung, jedoch zu einer formalen Gleichbehandlung sämtlicher Steuersubjekte. Die aus der prozentualen Verlustabzugsbeschränkung resultierende Mindestgewinnbesteuerung gilt damit auch für solche Steuersubjekte, deren zivil- und steuerrechtliche Existenz infolge von Liquidation oder Insolvenz beendet wird und die im Zusammenhang mit einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'" entstandene Verluste nicht vollständig durch Vortrag aufzehren können.

91Der formal gleichbehandelnde Charakter der zu beurteilenden Vorschriften kommt darin zum Ausdruck, dass der Verlustvortrag bei der Ermittlung des Einkommens schlicht durch Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte erfolgt. Es wird weder danach unterschieden, ob die Körperschaft fortbesteht oder auf welche Weise vorgetragene Verluste entstanden sind, namentlich welche bilanzsteuerrechtlichen Ansätze ihnen zugrundeliegen oder ob sie gar zu einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'" in (zeitlichem) Bezug stehen. Daher ist weder maßgeblich, wie sich der Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als einer Million Euro ermittelt, noch ob zwischen diesem und einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'" ein Zusammenhang besteht.

92Damit ist allerdings noch nicht beantwortet, ob diese tatbestandliche Gleichbehandlung von Steuersubjekten, deren Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerpflicht vor der vollständigen Aufzehrung von im Zusammenhang mit einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'" entstandenen und vorzutragenden Verlusten endet, indes auch eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem darstellt. Dies kann aber dahinstehen, weil eine solche Gleichbehandlung jedenfalls gerechtfertigt wäre.

933. Die bewirkten (Un-)Gleichbehandlungen, die sowohl mit Blick auf die "Grundkonzeption" der Mindestgewinnbesteuerung als auch auf die besondere Sachverhaltskonstellation eines "Definitiveffekts" nach Eintritt eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" lediglich anhand des Willkürverbots zu überprüfen sind (a), erweisen sich als verfassungsrechtlich gerechtfertigt (b).

94a) Die Geltung des Willkürmaßstabs ergibt sich nicht bereits aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber mit den zu beurteilenden Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung eine Steuerwürdigkeitsentscheidung getroffen hätte (aa). Gleichwohl sind weder die durch die in der "Grundkonzeption" der Mindestgewinnbesteuerung (Beschränkung des Verlustvortrags der Höhe nach) bewirkte Ungleichbehandlung noch die formale Gleichbehandlung der vom vorlegenden Gericht beschriebenen besonderen Fallkonstellation des zeitlichen Aufeinandertreffens eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" mit einer (insolvenzbedingten) Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit über das Willkürverbot hinaus an strengeren Verhältnismäßigkeitserfordernissen zu messen (bb).

95aa) Die Beschränkungen des Verlustvortrags durch die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung bei der Körperschaft- und der Gewerbesteuer stellen keine Steuerwürdigkeitsentscheidungen bei der Erschließung von Steuerquellen auf Ebene der wesentlich auf politischen Wertungen beruhenden, primären Entscheidung über den Steuergegenstand dar (vgl. BVerfGE 27, 111 <127>; 127, 61 <86>; 137, 350 <367 Rn. 42>; 145, 106 <143 f. Rn. 102>). Sie betreffen vielmehr die Umsetzung und Ausgestaltung der Besteuerung des Einkommens beziehungsweise des Gewerbeertrags der Körperschaft. Durch die Verlagerung nicht ausgeglichener negativer Einkünfte in andere Veranlagungs- beziehungsweise Erhebungszeiträume nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in Verbindung mit § 10d Abs. 2 EStG und nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG ermöglicht der Gesetzgeber ihre Berücksichtigung auch dann, wenn sie nicht im Besteuerungszeitraum der Verlustentstehung mit positiven Einkünften ausgeglichen werden können.

96bb) Die Voraussetzungen für eine Verschärfung des verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs liegen hinsichtlich der "Grundkonzeption" der Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung nicht vor. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Wegfalls von Verlustvorträgen infolge der Beendigung der Steuerpflicht, namentlich durch Insolvenz oder Liquidation einer Kapitalgesellschaft ("Definitiveffekt"), selbst wenn dem ein "bilanzsteuerrechtlicher 'Umkehreffekt'" vorausgegangen sein sollte.

97(1) Die zu beurteilenden Vorschriften knüpfen nicht an ein unzulässiges Differenzierungskriterium im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG an. Eine Diskriminierung von Minderheiten im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG kommt insbesondere bei der Einkommensbesteuerung natürlicher Personen in Betracht. Dagegen fehlt es bei Körperschaftsteuersubjekten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG und bei Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG regelmäßig von vornherein an einer Nähe zu den Kriterien des Art. 3 Abs. 3 GG.

98(2) Weiter ist das maßstabsverschärfende Kriterium fehlender Verfügbarkeit beziehungsweise Beeinflussbarkeit des gesetzlichen Differenzierungsmerkmals (vgl. BVerfGE 127, 263 <280>) mit Blick auf den Sockelbetrag in Höhe von einer Million Euro (sog. Mittelstandskomponente) nicht berührt. Die lediglich zahlenmäßige Differenzierung bei der Höhe des Sockelbetrags knüpft letztlich an Unterschiede hinsichtlich der Art des Wirtschaftens und daraus resultierender positiver und negativer Einkünfte (Betriebseinnahmen und -ausgaben) an. Diese sind Ausdruck der erwerbswirtschaftlichen Betätigung und Freiheit sämtlicher Steuerpflichtiger und deren Einfluss nicht entzogen (vgl. auch Enders, Fiskalzwecke im Steuerverfassungsrecht, 2024, S. 163 und 81).

99Nichts anderes gilt für das - von der "Grundkonzeption" der Mindestgewinnbesteuerung miterfasste - Risiko des Eintritts von "Definitiveffekten" und der damit einhergehenden nicht vollständigen Nutzbarkeit von Verlustvorträgen. In diesen Fällen ist das Kriterium fehlender Verfügbarkeit beziehungsweise Beeinflussbarkeit des gesetzlichen Differenzierungsmerkmals schon deshalb nicht einschlägig, weil der Wegfall weiterer Verlustvorträge gerade nicht unmittelbar in den Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung angelegt ist, sondern sich erst mittelbar als Folge anderer Rechtsvorschriften (namentlich § 8c KStG oder § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) oder schlicht der Beendigung der Steuerpflicht des jeweiligen Körperschaftsteuersubjekts (Grundsatz der Individualbesteuerung; zur "personalen Anknüpfung" des Einkommensteuerrechts vgl. -, BFHE 220, 129 <137 und 142>) oder Gewerbebetriebs (Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer; vgl. BVerfGE 13, 318 <330>; 26, 1 <10>; 40, 109 <115>; 46, 224 <237>) darstellt.

100(3) Weiter ergibt sich eine Verschärfung des Prüfungsmaßstabs nicht aufgrund nachteiliger Auswirkungen der Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung auf die Ausübung von Freiheitsrechten, hier der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG).

101In Bezug auf Körperschaftsteuersubjekte im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG und von § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG erfasste Gesellschaften, die gemäß Art. 19 Abs. 3 GG als inländische juristische Personen Träger des Eigentumsrechts aus Art. 14 GG sind (vgl. BVerfGE 164, 76 <110 Rn. 106> m.w.N.), stellen die vorgelegten Vorschriften zwar eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (a). Eine erhebliche Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen (vgl. BVerfGE 148, 217 <248 Rn. 116>) liegt darin jedoch nicht (b).

102(a) Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat für Steuern, die - wie etwa die Gewerbe- und die Einkommensteuer - an den Hinzuerwerb oder das Innehaben vermögenswerter Rechtspositionen anknüpfen, entschieden, dass es sich insoweit, nicht aber bei der Auferlegung von staatlichen Geldleistungspflichten allgemein, um einen Eingriff in die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG handelt (vgl. BVerfGE 115, 97 <110 ff.>; 162, 325 <345 Rn. 76>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1505/20 -, Rn. 67 - Solidaritätszuschlag 2020/2021). Ein entsprechendes Steuergesetz - hier die Mindestgewinnbesteuerung bei der Körperschaftsteuer beziehungsweise der Gewerbesteuer - stellt sich danach als rechtfertigungsbedürftige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 115, 97 <111 f.>; 162, 325 <345 Rn. 76>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1505/20 -, Rn. 67). Die Mindestgewinnbesteuerung wirkt sich auf den Hinzuerwerb oder das Innehaben vermögenswerter Rechtspositionen aus, indem sie bei einem Überschreiten des Sockelbetrags zu einer - gegenüber einer unbeschränkten Verlustvortragsmöglichkeit - höheren Festsetzung der Körperschaftsteuer beziehungsweise des Gewerbesteuermessbetrags im jeweiligen Besteuerungszeitraum führt.

103(b) Die zeitliche Streckung des Verlustabzugs führt jedoch nicht zu einer Beeinträchtigung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG von solcher Intensität, dass dies eine Verschärfung der Gleichheitsprüfung bedingen würde (vgl. BVerfGE 148, 217 <248 Rn. 116>; 158, 282 <329 f. Rn. 117>; vgl. auch BVerfGE 153, 358 <399 Rn. 100>). Dies gilt sowohl hinsichtlich der durch die gesetzlichen Regelungen bewirkten zeitlichen Streckung des Verlustvortrags (aa) als auch bei endgültigem Wegfall von durch die Mindestgewinnbesteuerung erhöhten Verlustvorträgen bei Eintritt eines "Definitiveffekts", selbst wenn dieser mit einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'" zeitlich zusammentrifft (bb).

104(aa) Für sich genommen bewirken die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung, dass infolge des der Höhe nach beschränkten Verlustvortrags bei der Ermittlung des Einkommens nicht abzugsfähige Verluste (zeitlich unbegrenzt) in künftige Veranlagungszeiträume vorgetragen werden. Hierdurch erhöht sich zwar die Besteuerung in dem jeweiligen (früheren) Besteuerungszeitraum. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass gerade dieser aus der Mindestgewinnbesteuerung resultierende höhere Besteuerungszugriff den einzelnen Steuerpflichtigen in erheblicher Weise zu belasten vermag (in diesem Sinne auch -, BFHE 238, 429 <442 Rn. 60> zu § 10a Sätze 1 und 2 GewStG; a.A. Lehner, in: ders., Verluste im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2004, S. 1 <7 f.>; ders., DStJG 28 <2005>, S. 204; Frye, FR 2010, S. 603 <607>). Dagegen spricht insbesondere, dass der Gesetzgeber einen Verlustvortrag in Höhe von einer Million Euro pro Besteuerungsperiode als Sockelbetrag (sog. Mittelstandskomponente) mit einem prozentualen (Zusatz-)Abzug von 60 Prozent des verbleibenden Gesamtbetrags der Einkünfte kombiniert. Dass mit dieser relativen Beschränkung des Verlustvortrags eine die Vermögensverhältnisse des einzelnen Körperschaftsteuersubjekts beziehungsweise Gewerbebetriebs grundlegend beeinträchtigende Belastung einhergehen könnte, ist nicht erkennbar. Grundsätzlich führen die Verlustvortragsbeschränkung und die damit verbundene Streckung des Verlustabzugs nur dazu, dass sich der aggregierte Bestand an Verlustvorträgen erhöht oder langsamer abbaut, nicht aber, dass sich periodenübergreifend betrachtet ein höherer Steuerzugriff ergibt. Auch soweit für die einzelnen Steuerpflichtigen (abhängig von der konkreten Finanzierungsstruktur) gegebenenfalls Zins- oder Liquiditätsnachteile infolge der teilweisen Nichtberücksichtigung von Verlustvorträgen entstehen, ist eine zu einer strengeren Rechtfertigungsprüfung im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG führende erhebliche Belastung nicht zu erkennen.

105(bb) Bei Eintritt eines "Definitiveffekts" durch Auflösung oder Insolvenz der betroffenen Körperschaft oder des Gewerbebetriebs endet zwar die Möglichkeit, vorgetragene Verluste vollständig aufzubrauchen. Dieser Umstand führt aber weder für sich genommen noch im Falle des vom vorlegenden Gericht in den Blick genommenen Zusammentreffens mit einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'" zu erhöhten Anforderungen bei der Gleichheitsprüfung auf der Rechtfertigungsebene. Hierbei sind zwei Aspekte zu unterscheiden. Zunächst geht es um den Verfall des Vortragspotenzials als solchem; dieses stellt bereits keine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition dar (α). Davon zu trennen ist die laufende Ertragsbesteuerung trotz des Bestehens von Verlustvorträgen. Dass die betroffene Körperschaft oder Gesellschaft während des Bestehens der Steuerpflicht nicht sämtliche Verluste bis zum Aufzehren der erzielten Einkünfte abziehen kann und damit bei Eintritt eines "Definitiveffekts" höhere Verlustvorträge entfallen können, berührt zwar den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG, ist aber nicht als Belastung von solcher Intensität zu werten, dass dies eine Verschärfung der Rechtfertigungsanforderungen bei der Gleichheitsprüfung bedingen würde (β). Nichts anderes ergibt sich für die mit der Vorlage aufgegriffene besondere Fallkonstellation, in der Verlustvorträge im Zusammenhang mit einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'" stehen (γ).

106(α) Das in Verlustvorträgen verkörperte und bei Eintritt eines "Definitiveffekts" nicht vollständig nutzbare "Abzugspotenzial" stellt als solches keine vermögenswerte Rechtsposition im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG dar (vgl. -, BFHE 185, 393 <397>; Urteil vom - I R 76/08 -, BFHE 225, 566 <574>; Urteil vom - I R 9/11 -, BFHE 238, 419 <424 Rn. 19>; Urteil vom - IV R 36/10 -, BFHE 238, 429 <443 Rn. 65>; Vorlagebeschluss vom - I R 59/12 -, BFHE 246, 27 <34 Rn. 22>; ablehnend auch Wendt, DStJG 28 <2005>, S. 41 <61>; Heintzen, DStJG 28 <2005>, S. 163 <175>; Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, 2010, S. 309; Kube, DStR 2011, S. 1829 <1833>; Drüen, FR 2013, S. 393 <401>; Schmieszek, in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 10d Rn. 141 und 147 <Aug. 2024>).

107Die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG) führt zwar zu einer (verfahrensrechtlichen) Zuordnung des Verlustvortrags zu dem jeweiligen Körperschaftsteuersubjekt. Anders als im Falle des sogenannten Körperschaftsteuerminderungspotenzials im Sinne der Beschlüsse in BVerfGE 164, 76 und 164, 139 kann die Nutzung des Verlustvortrags jedoch nicht aufgrund einer eigenen Entscheidung der Körperschaft oder des Gewerbetreibenden erfolgen. Während das Körperschaftsteuerminderungspotenzial auf bereits erzielten Gewinnen beruht, durch einen gesellschaftsrechtlichen Gewinnausschüttungsbeschluss der Gesellschafterversammlung realisiert werden kann und direkt die zu entrichtende Körperschaftsteuer mindert (vgl. BVerfGE 164, 76 <79 Rn. 4>; 164, 139 <141 Rn. 4>), betrifft der verbleibende Verlustvortrag die Ebene der Ermittlung des Einkommens und setzt damit voraus, dass in einem späteren Besteuerungsabschnitt (in ausreichendem Umfang) positive Einkünfte erzielt werden.

108Deshalb ist aus der Perspektive des Verlustentstehungsjahrs, in dem die gesonderte Feststellung der Verlustvorträge (erstmals) erfolgt, nicht konkret bezifferbar, in welcher Höhe der Bestand an Verlustvorträgen künftig realisierbar sein wird (vgl. BVerfGE 164, 76 <119 f. Rn. 133 ff.>; 164, 139 <178 f. Rn. 115 ff.>). Dies hängt insbesondere von der zunächst ungewissen Entwicklung der positiven Einkünfte in späteren Veranlagungszeiträumen ab.

109Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für den (festgestellten) vortragsfähigen Gewerbeverlust. Dieser ist zwar dem Gewerbetreibenden zugeordnet (vgl. -, BFHE 171, 246 <255>), betrifft aber lediglich die Ermittlung des Gewerbeertrags. Zudem ist der Gewerbeverlust infolge des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer (vgl. Rn. 99) ohnehin nicht isoliert verkehrsfähig.

110(β) Damit verbleibt als im Rahmen der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigende Belastung der Umstand, dass die (bilanzierende) Körperschaft oder der Gewerbebetrieb vor der Auflösung oder Insolvenz Verluste erlitten hat, die in den jeweiligen Besteuerungsperioden - infolge der Streckung des Verlustvortrags - nicht vollständig aufgezehrt werden konnten und gegebenenfalls verfallen ("Definitiveffekt"). Der Umstand, dass in solchen Konstellationen ein vollständiger einkommens- beziehungsweise ertragswirksamer Abbau vorgetragener Verluste ausscheidet, ist jedoch letztlich eng mit dem allgemeinen Risiko wirtschaftlicher Betätigung verbunden. Er führt nicht zu einer solch intensiven Beeinträchtigung der Eigentumsgarantie, dass daraus eine strengere Gleichheitsprüfung folgen würde. Denn auch in solchen Fällen bleibt es dabei, dass während des Bestehens der Steuerpflicht selbst dann, wenn in den jeweiligen Besteuerungszeiträumen ein den Sockelbetrag von einer Million Euro übersteigender positiver Gesamtbetrag der Einkünfte beziehungsweise maßgebender Gewerbeertrag erwirtschaftet worden ist, dieser lediglich zu 40 Prozent der Besteuerung mit Körperschaft- beziehungsweise Gewerbesteuer unterliegt (vgl. -, BFHE 238, 429 <442 Rn. 60>, zur Gewerbesteuer).

111(γ) Eine andere Bewertung ist auch nicht für die vom vorlegenden Gericht in den Blick genommene besondere Fallkonstellation angezeigt, in der Verluste aufgrund eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" entstanden sind, aber infolge der Insolvenz des Unternehmens während des Bestehens der Steuerpflicht nicht vollständig, sondern jeweils nur mit dem Sockelbetrag und 60 Prozent des diesen übersteigenden Restbetrags berücksichtigt werden konnten (a.A. Desens, FR 2011, S. 745 <747 f.>; Enders, Fiskalzwecke im Steuerverfassungsrecht, 2024, S. 165; Wendt, DStJG 28 <2005>, S. 41 <77>). Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ist - wie in der "Grundkonzeption" der Mindestgewinnbesteuerung (vgl. Rn. 104) - nicht erheblich beeinträchtigt.

112Können im Zusammenhang mit einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'" Verluste bis zur Auflösung oder Insolvenz der Kapitalgesellschaft nicht vollständig abgezogen werden und verfällt deshalb eine durch die Mindestgewinnbesteuerung erhöhte Verlustvortragsposition ("Definitiveffekt"), resultiert daraus keine über die beschriebenen nachteiligen Auswirkungen auf Freiheitsgrundrechte (vgl. Rn. 110), insbesondere auf die Garantie des Eigentums, hinausgehende Beeinträchtigung. Art. 14 Abs. 1 GG ist damit auch in dieser Fallkonstellation nicht (strukturell) erheblich nachteilig betroffen.

113Im Falle eines mehrere Besteuerungsperioden betreffenden "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" in zeitlichem Zusammenhang mit einer Auflösung des Körperschaftsteuersubjekts beziehungsweise des Gewerbebetriebs ("Definitiveffekt") kommt es im Besteuerungszeitraum des Eintritts des ertragswirksamen und gewinnerhöhenden "Umkehreffekts" (beispielsweise infolge einer Forderungszuschreibung oder Wertaufholung) zu einer Festsetzung von Körperschaftsteuer sowie eines Gewerbesteuermessbetrags, obgleich Verlustvorträge beziehungsweise Fehlbeträge vorhanden sind, die künftig nicht mehr vollständig abgetragen werden können. Die Mindestgewinnbesteuerung führt - wie in jedem Besteuerungsabschnitt - auch bei Eintritt des "Umkehreffekts" zu einer Beschränkung des Verlustvortrags, soweit der Gesamtbetrag der Einkünfte beziehungsweise der maßgebende Gewerbeertrag den Sockelbetrag überschreitet. Daraus folgt für sich genommen keine die Schwelle der Erheblichkeit der Eigentumsbeeinträchtigung überschreitende Steuerbelastung. Denn selbst wenn in der jeweiligen Besteuerungsperiode ein den Sockelbetrag übersteigendes positives Ergebnis erzielt wird, wird dieses lediglich zu 40 Prozent zur Besteuerung mit Körperschaft- und Gewerbesteuer herangezogen.

114Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf den dem Ausgangsverfahren zugrundeliegenden Sachverhalt. Denn hier kam es nicht - wie der vom vorlegenden Gericht verwendete Begriff eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" suggeriert - zu einem bloßen Bucheffekt. Vielmehr trat ein "Zuwachs an bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgütern" (BVerfGE 115, 97 <112>) ein, weil die bilanzierte Forderung im Zeitpunkt ihrer Wertberichtigung infolge des klageabweisenden Urteils des Landgerichts wirtschaftlich nicht werthaltig war und erst nach dem der Klage stattgebenden Berufungsurteil einen wirtschaftlichen Wert erlangte. Die Mindestgewinnbesteuerung von 40 Prozent erfasste somit eine wirtschaftlich entstandene Position.

115(4) Ein zu einer Verhältnismäßigkeitsprüfung hin verschobener Rechtfertigungsmaßstab ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Erwägung des vorlegenden Gerichts, die Abzugsfähigkeit von Verlusten dürfe nicht in ihrem "Kernbereich" betroffen und gänzlich ausgeschlossen sein (vgl. -, BFHE 246, 27 <31 f. Rn. 15 und 37 Rn. 27>). Soweit die Ausführungen des vorlegenden Gerichts nahelegen, es sei im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich ein "Kernbereich" einer Nettoertragsbesteuerung im Sinne eines absoluten Mindestmaßes der Abzugsfähigkeit von Verlusten gewährleistet, lässt sich dies dem allgemeinen Gleichheitssatz beziehungsweise dem gleichheitsrechtlich fundierten Leistungsfähigkeitsprinzip nicht abstrakt entnehmen (vgl. auch Valta, in: 18. und 19. Deutscher Finanzgerichtstag <2022/2023>, 2024, S. 59 <76 f.>). Vielmehr ist das Prüfprogramm des Art. 3 Abs. 1 GG darauf gerichtet, konkrete Personengruppen oder Sachverhalte unter dem Gesichtspunkt der (rechtlichen) Möglichkeit eines periodenübergreifenden Verlustvortrags zu vergleichen und zu klären, ob bestehende (Un-)Gleichbehandlungen gerechtfertigt sind. Es bleibt mangels entsprechender Ausführungen im Vorlagebeschluss bereits unklar, woraus das vorlegende Gericht einen "Kernbereich einer Nettoertragsbesteuerung" ableiten will. Den von ihm angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts lässt sich ein absolut geschütztes Mindestmaß für den Verlustvortrag, das der Bundesfinanzhof im Sinne eines besonders geschützten "Kernbereichs" der Verlustabzugsberechtigung zu begreifen scheint, nicht entnehmen.

116Aus den allgemein gehaltenen Ausführungen der 3. Kammer des Ersten Senats im Nichtannahmebeschluss vom - 1 BvR 313/88 -, dass sich mit Blick auf § 10d Satz 4 EStG 1976 der erlittene Verlust "immerhin (…) in 7 Jahren" auswirke (1 Jahr Verlustausgleich, 1 Jahr Verlustrücktrag, 5 Jahre Verlustvortrag) und sieben Jahre "einen relativ langen Zeitraum" darstellten, folgt lediglich, dass das Bundesverfassungsgericht die damals vorgesehene zeitliche Beschränkung des Verlustvortrags auf fünf Jahre für verfassungsgemäß erachtet hat.

117Die Annahme eines verfassungsrechtlich garantierten "Kernbereichs" einer Nettoertragsbesteuerung lässt sich auch nicht auf den Beschluss in BVerfGE 99, 88 stützen, der unterschiedliche Möglichkeiten der Verlustberücksichtigung beziehungsweise der Nichtberücksichtigung bei verschiedenen Einkunftsarten betraf. Die verfahrensgegenständlichen Vorschriften sind anders konzipiert; sie unterscheiden gerade nicht nach Einkunftsarten. Die Beschränkung des Verlustvortrags betrifft ausschließlich die der Gewinnermittlung nachgelagerte Ermittlung des Einkommens.

118Ebenso wenig lassen sich aus dem Beschluss in BVerfGE 123, 111 zur Verfassungsmäßigkeit der steuerbilanzrechtlichen Beschränkung der Bildung von Jubiläumsrückstellungen Erkenntnisse zu der (nicht vollständigen) Nutzbarkeit von Verlustvorträgen gewinnen. In dieser Entscheidung führte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts unter anderem aus, die (Un-)Zulässigkeit einer Rückstellung betreffe ausschließlich den maßgeblichen Zeitpunkt der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung eines gewinnmindernden Aufwands, also das "Wann", nicht das "Ob" der Besteuerung. Der maßgebliche Zeitpunkt lasse sich aber nicht mit Hilfe des Maßstabs wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit oder des objektiven Nettoprinzips bestimmen (vgl. BVerfGE 123, 111 <125>). Soweit das vorlegende Gericht daraus verallgemeinernd ableiten will, es sei zwischen temporären und endgültigen Steuereffekten zu unterscheiden (vgl. -, BFHE 246, 27 <37 Rn. 28>), steht einem solchem Verständnis schon der grundlegend verschiedene Ausgangspunkt entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich in dieser Entscheidung nicht mit Verlustvorträgen, sondern mit der Frage zu befassen, ob eine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz, dass für die steuerliche Gewinnermittlung das handelsrechtliche Vorsichtsprinzip maßgeblich ist, bei Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Vorliegend geht es aber weder um die Bildung von Rückstellungen noch um die Gewinnermittlung, sondern um die sich daran anschließende Einkommensermittlung durch Abzug aggregierter Verlustpositionen. Es steht gerade nicht in Frage, ob ein gewinnmindernder Aufwand (Betriebsausgabe) im zutreffenden Besteuerungszeitraum erfasst wurde.

119(5) Eine über die Willkürkontrolle hinausgehende Verschärfung des gleichheitsrechtlichen Rechtfertigungsmaßstabs folgt auch nicht aus der durch den Gesetzgeber in den vorgelegten Vorschriften vorgenommenen Ausgestaltung der Besteuerung in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung berühren auf der einfachrechtlichen Ebene das objektive Nettoprinzip (also den Grundsatz, dass im Bereich der Unternehmensbesteuerung nur das Nettoeinkommen, das heißt der Saldo aus den Einnahmen und den Betriebsausgaben <vgl. § 4 Abs. 4 EStG> der Besteuerung unterliegt; vgl. BVerfGE 127, 224 <248>; vgl. allgemein für die Einkommensteuer BVerfGE 123, 111 <121>) und das Abschnittsprinzip (§ 7 Abs. 3 Satz 1 KStG). Diese teilweise in Widerstreit geratenden Grundsätze zu gewichten und in einen angemessenen Ausgleich zu bringen und damit das Leistungsfähigkeitsprinzip (einfachrechtlich) "abschnittsübergreifend" zu konkretisieren, ist Aufgabe des Gesetzgebers.

120(a) Prägendes Merkmal der Körperschaftsteuer ist die Anknüpfung an das Einkommen als Saldogröße, in der positive und negative Einkünftebestandteile zum Ausgleich kommen. Der Gedanke der Nettobesteuerung weist stets ein "zeitliches Moment" auf. Ein Gewinn oder Verlust wird als Saldogröße erst durch die zeitliche Eingrenzung einer Wirtschafts-periode messbar (vgl. -, RFHE 27, 107 <112>; vgl. auch Schick, Der Verlustrücktrag, 1976, S. 12). Indem der Gesetzgeber (einfachrechtlich) konkrete Zeitabschnitte für die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage definiert, verknüpft er das objektive Nettoprinzip und das Abschnittsprinzip. Das Abschnittsprinzip liefert den konkreten Zeitbezug für die nach Maßgabe des Leistungsfähigkeitsprinzips angestrebte Nettobesteuerung. Daraus folgt jedoch nicht, dass es sich bei dem "abschnittsübergreifend" wirkenden objektiven Nettoprinzip um ein für sich stehendes Prinzip handelt, das neben das im Ausgangspunkt "innerperiodisch" wirkende objektive Nettoprinzip tritt. Soweit das Bundesverfassungsgericht offengelassen hat, ob (und in welcher Ausgestaltung) das objektive Nettoprinzip verfassungsrechtlich verankert ist (vgl. BVerfGE 123, 111 <121>; 126, 268 <279 f.>; 127, 224 <248>), bedarf diese Frage auch im Hinblick auf dessen zeitliche Konturierung vorliegend keiner Klärung. Denn ein abschnittsübergreifend wirkendes objektives Nettoprinzip ist lediglich eine - über die einzelne Besteuerungsperiode hinausreichende und auf den Abzug aggregierter Verlustpositionen gerichtete - Ausprägung des objektiven Nettoprinzips.

121Davon ausgehend obliegt es dem Gesetzgeber, bei seiner Entscheidung über die Reichweite und Ausgestaltung des Verlustvortrags das objektive Nettoprinzip und das Abschnittsprinzip anhand vertretbarer Sachgesichtspunkte zu gewichten, ohne dass diese Wertung einseitig zugunsten eines dieser einfachrechtlichen (Besteuerungs-)Prinzipien vorgezeichnet wäre (vgl. bereits BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 313/88 -; Thiemann, Verluste im Steuerrecht, 2020, S. 329 f. spricht von der "Bewältigung eines Alltagsproblems von Gesetzgebung"). Er ist dabei befugt, den periodenübergreifenden Verlustabzug bei Vorliegen sachlicher Gründe der Höhe nach einzuschränken. Diesbezüglich verfügt er über einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum, der seine Grenze allein im Willkürverbot findet.

122(b) Nichts anderes ergibt sich bezogen auf die Regelung der Mindestgewinnbesteuerung bei der Gewerbesteuer. Dies folgt bereits daraus, dass die Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 Satz 1 GewStG an den nach den Vorschriften des Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnden Gewinn aus Gewerbebetrieb anknüpft. Ausgehend von dem (auch) für die Gewerbesteuer geltenden Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit (vgl. BVerfGE 120, 1 <44 f.>; 148, 217 <244 Rn. 106>), prägt das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip - über den Verweis in § 7 Satz 1 GewStG - die Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb (vgl. -, BFHE 246, 27 <32 Rn. 18>; Lamprecht, in: Desens/Tappe, Gewerbesteuergesetz, 2024, § 7 Rn. 67). Dabei gilt nach dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung das Kalenderjahr als Erhebungszeitraum (§ 14 Satz 2 GewStG).

123(6) Das Gebot folgerichtiger Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstands einmal getroffenen Belastungsentscheidung (vgl. Rn. 74 und 79) vermag für sich genommen keine Verschärfung der gleichheitsrechtlichen Rechtsfertigungsanforderungen hin zu einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu begründen (vgl. BVerfGE 149, 126 <153 Rn. 70>; Eichberger, in: Festschrift für den Bundesfinanzhof, Bd. 1, 2018, S. 501 <511 f.>). Davon abgesehen machen sowohl das Zusammenwirken von objektivem Nettoprinzip und Abschnittsprinzip als auch die Gesetzeshistorie zum Verlustabzug durch Verlustvortrag (Thiemann, Verluste im Steuerrecht, 2020, S. 311 spricht von einem "gesetzgeberischen Experimentierfeld") deutlich, dass die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung ohnehin nicht auf einer einheitlichen Belastungsentscheidung beruhen, an der sich der Gesetzgeber messen lassen müsste (ebenso Valta, in: 18. und 19. Deutscher Finanzgerichtstag <2022/2023>, 2024, S.59 <75>).

124b) Die durch die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung in der sogenannten Grundkonzeption bewirkte Ungleichbehandlung (aa) wie auch die Gleichbehandlung in der besonderen Sachverhaltskonstellation eines "Definitiveffekts" nach Eintritt eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" (bb) sind nicht willkürlich, weil durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

125aa) Die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung infolge der Begrenzung des Verlustvortrags der Höhe nach in der "Grundkonzeption" der Mindestgewinnbesteuerung wird durch den sachlichen Grund kontinuierlicher und gegenwartsnaher Besteuerung als besonderem Fiskalzweck getragen (1). Zudem ist die konkrete Ausgestaltung der genannten Vorschriften durch Aufnahme eines Sockelbetrags und den gewählten Abzugsprozentsatz bei zeitlich unbegrenzter Verlustvortragsmöglichkeit - auch bei Eintritt von "Definitiveffekten" - von der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis gedeckt (2).

126(1) Die vom Gesetzgeber angestrebte kontinuierliche und gegenwartsnahe Besteuerung des Einkommens von Körperschaftsteuersubjekten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG beziehungsweise des Gewerbeertrags von Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG zum (primären) Zweck einer Verstetigung der Steuereinnahmen stellt einen sachlichen Grund dar, der Ungleichbehandlungen infolge der Beschränkung des Verlustvortrags beziehungsweise der Kürzung von Fehlbeträgen zu tragen vermag (a), über den rein fiskalischen Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung hinausgeht (b) und sich auch nicht als von vornherein unerreichbar erweist (c).

127(a) Die eine Verstetigung des Steueraufkommens (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 10 und 13) bezweckenden Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung bewirken eine zeitliche Vorverlagerung der Steuerfestsetzung unter Berücksichtigung gesamtwirtschaftlich auftretender konjunktureller Schwankungen. Durch die gewählte Streckung des Verlustvortrags "auf der Zeitachse" (vgl. BT-Plenarprotokoll 15/67 vom , S. 5764 B) stellen die Regelungen einen Gegenwartsbezug der Steuerfestsetzung her und gewährleisten zugleich eine kontinuierliche Steuererhebung (vgl. BVerfGE 96, 1 <7>).

128(aa) Der Gesetzgeber erfasst mit den verfahrensgegenständlichen Regelungen die Aufschwungphase innerhalb des typischen Konjunkturzyklus. Wird nach einer temporären Verlustphase oder sogar erstmals ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte erzielt, ist die Mindestgewinnbesteuerung darauf gerichtet, jedenfalls einen gewissen Zugriff des Staats auf gegenwärtige Unternehmensgewinne zu gewährleisten, indem Altverluste nicht unbeschränkt in Ansatz gebracht werden können. Die Verlustvortragsbeschränkung dämpft damit weniger die absolute Schwankung des Steueraufkommens; vielmehr führt sie dieses in Phasen gesamtwirtschaftlicher Besserung schneller wieder in Richtung Konjunktur- niveau (vgl. Valta, 18. und 19. Deutscher Finanzgerichtstag <2022/2023>, 2024, S. 59 <68>; Thiemann, Verluste im Steuerrecht, 2020, S. 340 f.). Damit ist dem Gesetzgeber durch Sicherstellung einer positiven Bemessungsgrundlage daran gelegen, das Steueraufkommen "beständig zu machen" (vgl. Heuermann, in: Kirchhof/Kube/Mellinghoff, EStG, § 10d Rn. A 85 <Sept. 2022>). Steuerzahlungen werden zeitlich nach vorne verlagert und können - bei vorhandenen Verlustvorträgen vergangener Perioden - früher vereinnahmt werden (vgl. Hahne, FR 2008, S. 897 <898>; Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, 2010, S. 57; Enders, Fiskalzwecke im Steuerverfassungsrecht, 2024, S. 177 f.).

129(bb) Durch die angestrebte kontinuierliche und gegenwartsnahe Besteuerung (vgl. auch Schmehl, Allgemeine Verlustverrechnungsbeschränkungen mit Mindestbesteuerungseffekt, 2004, S. 20) wird die Mindestgewinnbesteuerung der allgemeinen Aufgabe der laufenden Besteuerung von Einkommen und Ertrag gerecht, den Gegenwartsbedarf der öffentlichen Haushalte laufend zu decken (vgl. BVerfGE 87, 153 <179>). Indem der Gesetzgeber sein Bestreben deutlich macht, das Steueraufkommen "für die öffentlichen Haushalte kalkulierbarer zu machen" (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 13), stellt er einen Bezug zum Haushaltsrecht und den periodisch erfolgenden Haushaltsplanungen her. Die bessere Kalkulierbarkeit der öffentlichen Haushalte beziehungsweise der Haushaltspläne, die die gegenwärtigen Ausgaben je Haushaltsjahr abbilden, stellt nicht zuletzt deshalb einen sachlichen Grund für die Verlustvortragsbeschränkung dar, weil der Finanzverfassung die Vorstellung zugrundeliegt, dass die Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Ländern einschließlich der Gemeinden in erster Linie aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolgt (Prinzip des Steuerstaats) und die öffentliche Hand grundsätzlich nur begrenzt auf Kredite zurückgreifen darf (vgl. BVerfGE 78, 249 <266 f.> m.w.N.; 82, 159 <178>; 93, 319 <342>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1505/20 -, Rn. 106).

130Auch der Abzugsbeschränkung bei der Gewerbesteuer - als dem Aufkommen nach bedeutendster unmittelbar den Gemeinden zufließender Steuer und vielfach Hauptfinanzierungsquelle kommunaler Aufgaben (vgl. Drüen, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 1 GewStG Rn. 3 <Nov. 2024>; BTDrucks 16/4841, S. 32) - liegt letztlich der Gedanke der Verstetigung der Steuereinnahmen durch eine kontinuierliche und gegenwartsnahe Besteuerung zugrunde. Die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Gewerbesteuer vom enthält die Erwägung, dass die Haushalte einiger Gemeinden oft stark von der Gewinnsituation nur eines Steuerpflichtigen abhängig seien und sich die Gewerbesteuer zunehmend als unberechenbar und sehr konjunkturreagibel erweise (vgl. BTDrucks 15/1517, S. 11; siehe auch BT-Plenarprotokoll 15/67 vom , S. 5764 B).

131(b) Die Zwecksetzung der zu beurteilenden Vorschriften geht über den rein fiskalischen Zweck staatlicher Einnahmenerzielung beziehungsweise Einnahmenerhöhung hinaus (so auch Desens, FR 2011, 745 <749>; Enders, Fiskalzwecke im Steuerverfassungsrecht, 2024, S. 174 f.; a.A. Röder, in: Hüttemann/Schön, Unternehmenssteuerrecht, 2024, Rn. 5.207; ders., StuW 2012, S. 18 <25>; Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 25. Aufl. 2024, Rn. 8.68; Dorenkamp, Systemgerechte Neuordnung der Verlustverrechnung - Haushaltsverträglicher Ausstieg aus der Mindestbesteuerung, IFSt-Schrift Nr. 461 <2010>, S. 27).

132Die Mindestgewinnbesteuerung ist darauf gerichtet, trotz bestehender Verluste aus vorangegangenen Besteuerungsabschnitten eine positive Bemessungsgrundlage bei der Körperschaft- und der Gewerbesteuer verfügbar zu machen. Normzweck ist nicht eine Erhöhung der Steuereinnahmen in absoluten Zahlen, sondern lediglich eine sich "verstetigende" Verteilung der Nutzung vorhandener Verluste über die Besteuerungsperioden. Dabei nimmt der Gesetzgeber in späteren Besteuerungsperioden geringere Steuereinnahmen in Kauf (vgl. Enders, Fiskalzwecke im Steuerverfassungsrecht, 2024, S. 175). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die zeitliche Streckung des Verlustvortrags steigere das Risiko, dass Verluste über die Zeit nicht vollständig aufgezehrt werden können. Eine solche allgemeine Risikoerhöhung ist - gerade in Bezug auf in ihrer Existenz zeitlich nicht von vornherein begrenzte juristische Personen - nicht mit einem rein fiskalischen Zweck der Erhöhung der Staatseinnahmen gleichzusetzen.

133Die Konzeption der Mindestgewinnbesteuerung ist nicht auf eine dauerhafte Erhöhung der Steuereinnahmen ausgerichtet. Sie ist dadurch geprägt, dass sie an den Gesamtbetrag der Einkünfte und die Ermittlung des Einkommens anknüpft und sich damit bewusst von der Gewinnermittlung auf Basis einzelner Betriebseinnahmen und -ausgaben löst. Der Verlustvortrag ist nicht auf eine Kompensation einzelner Geschäftsvorfälle, sondern auf eine Saldierung aggregierter Verlustpositionen mit dem Gewinn beziehungsweise dem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte der jeweils laufenden Periode angelegt (vgl. Altvater, in: Kessler/Kröner/Köhler, Konzernsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, § 11 Rn. 24). Durch die spezifische Anknüpfung an die Einkommensermittlung und die Anwendung eines proportionalen Abzugs von 60 Prozent des eine Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte wird die Steuerzahllast des einzelnen Steuerpflichtigen im Zeitverlauf insgesamt nicht betragsmäßig erhöht (a.A. Herzig/Wagner, Wpg 2004, S. 53 <63>, bezogen auf Unternehmen mit "zyklischen Ergebnisverläufen"), sondern die Bemessungsgrundlage abweichend über die Veranlagungszeiträume verteilt (vgl. Enders, Fiskalzwecke im Steuerverfassungsrecht, 2024, S. 178; Thiemann, Verluste im Steuerrecht, 2020, S. 334). Da bei der Körperschaft-steuer ein linearer Tarif gilt, wirken sich Verlustvorträge über verschiedene Veranlagungszeiträume (Inflationseffekte ausgeblendet) grundsätzlich gleichermaßen steuermindernd aus. Entsprechendes gilt bei der durch die feste Gewerbesteuermesszahl und den jeweils geltenden Hebesatz bestimmten Gewerbesteuer.

134(c) Es ist nicht ersichtlich, dass die Annahme des Gesetzgebers, durch eine Streckung des Verlustvortrags "auf Dauer eine Verstetigung der Staatseinnahmen zu gewährleisten" (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 13), evident neben der Sache liegt (in diesem Sinne auch Desens, FR 2011, S. 745 <749>; Enders, Fiskalzwecke im Steuerverfassungsrecht, 2024, S. 186). Insoweit besteht ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; das Bundesverfassungsgericht prüft nicht, ob dieser im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (vgl. BVerfGE 123, 1 <20 f.>; 149, 1 <22 Rn. 46>; 162, 178 <186 Rn. 19> - Verwertungsschutz für Hausgrundstücke; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1505/20 -, Rn. 117).

135Dem Evaluierungsbericht der beim Bundesministerium der Finanzen eingesetzten Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom kann entnommen werden, dass für den Betrachtungszeitraum 2004 bis 2008 speziell in Fällen hoher Verlustvorträge einzelner Körperschaftsteuersubjekte die verfahrensgegenständliche Mindestgewinnbesteuerung zu einem temporär höheren und damit verstetigten Steueraufkommen geführt hat. Aus Sicht des Jahres 2011 geht die Facharbeitsgruppe (verallgemeinernd) davon aus, dass die Steueraufkommenswirkung der Mindestgewinnbesteuerung für ein konjunkturell gutes Jahr auf eine Größenordnung von gut drei Milliarden Euro zu schätzen sei. Davon entfalle auf die Körperschaft- und die Gewerbesteuer jeweils rund die Hälfte (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 43). Die weitere Feststellung, dass die Mindestgewinnbesteuerung in konjunkturell starken Jahren zu höheren Steuermehreinnahmen, in konjunkturell schwachen Jahren zu eher geringeren Steuermehreinnahmen führe (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 43), belegt, dass das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel einer kontinuierlichen und gegenwartsnahen Besteuerung (dazu Rn. 129 f.) erreicht werden konnte.

136Nach dem Evaluierungsbericht für die Jahre 2004 bis 2008 zeigten sich auf Grundlage der ausgewerteten Daten großer Unternehmen in vier Ländern (in dem Bericht als "TOP 100­Unternehmen" bezeichnet) für jeden Besteuerungszeitraum Mehreinnahmen bei der Körperschaftsteuer (für 2008 in Höhe von rund 213 Millionen Euro) und der Gewerbesteuer (für 2008 in Höhe von rund 375 Millionen Euro) infolge der Mindestgewinnbesteuerung (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 45 und S. 44, mit einer Übersicht für die Jahre 2004 bis 2008). Dem Umstand, dass (gerade) bei einzelnen Steuerpflichtigen mit hohen Verlustvorträgen infolge der kontinuierlichen und gegenwartsnahen Besteuerung ein Verstetigungseffekt zu erkennen war, kommt insbesondere bei der Gewerbesteuer Bedeutung zu, weil - wie in den Gesetzesmaterialien angeführt - die Haushalte einiger Gemeinden "oft stark von der Gewinnsituation nur eines Steuerpflichtigen abhängig" sein können (vgl. BTDrucks 15/1517, S. 11).

137(2) Die "Grundkonzeption" der Mindestgewinnbesteuerung genügt bezogen auf Körperschaftsteuersubjekte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG und Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen an typisierende Regelungen. Die zeitliche Streckung eines Teils des Verlustvortrags abhängig vom Überschreiten eines Sockelbetrags beim Gesamtbetrag der Einkünfte beziehungsweise Gewerbeertrag bei zeitlich unbegrenzter Vortragsmöglichkeit ist nach dem objektiven Regelungsgehalt Ergebnis eines Typisierungsvorgangs (a). Daraus resultierende Nachteile für die Steuerpflichtigen stehen nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Gesetzeszweck. Dies gilt auch, soweit sich das Risiko erhöht, dass körperschaftsteuerliche Verlustvorträge oder ein vortragsfähiger Gewerbeverlust im Laufe der Zeit nicht vollständig aufgezehrt werden und gegebenenfalls (teilweise) ungenutzt wegfallen ("Definitiveffekt") (b).

138(a) Der Gesetzgeber geht - gerade bei "ewig lebensfähigen" juristischen Personen (vgl. Hey, in: Schön/Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, MPI Studies on Intellectual Property, Competition and Tax Law, Bd. 16, 2010, S. 1 <23>; Kube, DStR 2011, S. 1781 <1788>) - zunächst vertretbar davon aus, dass Verluste vergangener Besteuerungsperioden im Laufe der Zeit grundsätzlich abgetragen werden können (aa). Die in der Höhe des Sockelbetrags und des Abzugsprozentsatzes zum Ausdruck gebrachte Typisierung anhand der Unternehmensgröße liegt ebenfalls im Rahmen des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums (bb). Weiter dienen die ausgewählten typisierenden Merkmale einer einfach zu handhabenden Normanwendung (cc).

139(aa) Die prozentuale Verlustabzugsbeschränkung bei zeitlich nicht begrenzter Vortragsmöglichkeit kann sich bei Körperschaftsteuersubjekten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG und Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG darauf stützen, dass juristische Personen in ihrer zeitlichen Existenz nicht begrenzt und im Normalfall darauf angelegt sind, über die Zeit fortzubestehen und Gewinne zu erzielen. Der Fortführungsgedanke liegt auch den allgemeinen handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen zugrunde. Nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist bei der Bewertung der ausgewiesenen Vermögensgegenstände grundsätzlich von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, es sei denn, dieser Annahme stünden tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegen. Die gesetzlich als Regelfall (vgl. Kliem/Koch, in: Grottel/Justenhoven/Kliem/Schubert, Beck'scher Bilanzkommentar, Handels- und Steuerbilanz, 14. Aufl. 2024, § 252 HGB Rn. 14) unterstellte Unternehmensfortführung ("Going Concern") gilt als zentraler Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung auch für die steuerliche Gewinnermittlung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 EStG (vgl. Tiedchen, in: BeckOGK HGB, § 252 HGB Rn. 19 und 22 <Sept. 2024>).

140(bb) Die in der gesetzlichen Verankerung eines Sockelbetrags des Verlustvortrags in Höhe von einer Million Euro (sog. Mittelstandskomponente) zum Ausdruck kommende Anknüpfung an "große" Unternehmen liegt nicht außerhalb des gesetzgeberischen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums im Rahmen des Typisierungsvorgangs (vgl. dazu BVerfGE 158, 282 <345 Rn. 152>). Die tatbestandliche Differenzierung anhand der "Unternehmensgröße" folgt mit Blick auf den durch eine kontinuierliche und gegenwartsnahe Besteuerung zu verwirklichenden Verstetigungszweck keinem atypischen Fall als Leitbild.

141(α) Dass der Gesetzgeber sachlich vertretbar davon ausgehen durfte, gerade "große Unternehmen" (vgl. Deutscher Bundestag, Finanzausschuss, Prot. Nr. 15/7 zu BTDrucks 15/119, S. 24) seien zur Erreichung des Verstetigungszwecks der Besteuerung tatbestandlich zu erfassen, bestätigt bereits die für die Jahre 2004 bis 2008 (nachlaufend) durchgeführte Evaluierung seitens der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung", die zu dem Ergebnis kam, dass sich ein Großteil des Verlustvortragsvolumens bei der Körperschaft- und der Gewerbesteuer überproportional stark bei wenigen Kapitalgesellschaften konzentriere (vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe "Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung" vom , S. 25, 32 und 45). Die beobachtete Ballung erheblicher Verlustvorträge bei wenigen großen Kapitalgesellschaften lässt die Fokussierung auf große Unternehmen damit nicht als evident realitätsfern erscheinen; den ihm zukommenden Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum hat der Gesetzgeber insoweit nicht überschritten.

142(β) Ebenso wenig liegt die gewählte Höhe der gesetzlichen Parameter (Sockelbetrag kombiniert mit einem Abzugsprozentsatz) evident neben der Sache. Dabei steht - aus einer ex-ante-Perspektive im Hinblick auf die bei der Vorbereitung des Gesetzes verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten (vgl. BVerfGE 25, 1 <12>; 150, 1 <89 f. Rn. 175>; 158, 282 <346 Rn. 154>) betrachtet - hinsichtlich der genannten Parameter von vornherein kein eindeutig geeigneteres Pauschalierungsmaß (vgl. zur Pauschalierung des Betriebsausgabenabzugs bei Beteiligungsaufwendungen BVerfGE 127, 224 <262>) zur Verfügung, infolge dessen der Gesetzgeber mit dem konkret gewählten Sockelbetrag und dem angesetzten Prozentsatz die verfassungsrechtlichen Anforderungen verfehlt haben könnte.

143Dem Gesetzgeber war daran gelegen, mittelständische Unternehmen von der Mindestgewinnbesteuerung auszunehmen. Der in den Entwürfen des Korb II-Gesetzes und des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze insoweit zunächst jeweils vorgesehene Sockelbetrag von 100.000 Euro stieß ebenso wie der Abzug von lediglich 50 Prozent des Restbetrags (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 13 und BTDrucks 15/1517, S. 19) in der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages jedoch auf Kritik. Es sei eine "vernünftige", "umfangreichere" Mittelstandskomponente erforderlich (vgl. Deutscher Bundestag, Finanzausschuss, Prot. Nr. 15/30 zu BTDrucks 15/1518, S. 3 und 6). In den zu beiden Gesetzgebungsvorhaben durchgeführten Vermittlungsverfahren griff der Gesetzgeber dies auf und schränkte den Anwendungsbereich der Mindestgewinnbesteuerung durch Verankerung eines Sockelbetrags in Höhe von einer Million Euro deutlich ein. Bezogen auf § 10a Sätze 1 und 2 GewStG lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass durch diesen Sockelbetrag "insbesondere kleine und mittelständische Betriebe und Existenzgründer" von der Begrenzung des Verlustabzugs ausgenommen werden sollten (vgl. BTDrucks 15/1517, S. 19).

144(cc) Weiter durfte sich der Gesetzgeber bei der Auswahl und der Ausgestaltung (Höhe) der typisierenden Merkmale auf eine möglichst hohe Praktikabilität und Einfachheit der Vorschriften als sekundären Regelungszweck stützen (vgl. BVerfGE 110, 412 <436 f.> unter Hinweis auf BVerfGE 96, 1 <6 f.> und BVerfGE 101, 297 <309 f.>; vgl. auch Weber, Atypischer Einzelfall und allgemeines Gesetz, 2023, S. 36). Dass die zu beurteilenden Vorschriften infolge der Anknüpfung an den Gesamtbetrag der Einkünfte als Saldogröße und des darauf anzuwendenden festen Abzugsprozentsatzes praktisch "einfach handhabbar" sind (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 13 und BTDrucks 15/1665, S. 4) und der feste Sockelbetrag durch die Nichterfassung kleiner und mittlerer Unternehmen dazu beitragen kann, die Rechtsanwendung zu vereinfachen, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen; auch insoweit hat der Gesetzgeber seinen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums nicht überschritten.

145(b) Der aus der typisierenden Regelung der Mindestgewinnbesteuerung resultierende Nachteil, dass Verlustvorträge über die Zeit mangels ausreichender positiver Einkünfte nicht vollständig aufgezehrt werden können (aa) und gegebenenfalls endgültig ungenutzt wegfallen ("Definitiveffekt") (bb), steht in einem vertretbaren Verhältnis zu dem mit der Regelung primär verfolgten Ziel kontinuierlicher, gegenwartsnaher Besteuerung.

146(aa) Die zu beurteilenden Vorschriften führen infolge des Verschiebens des Verlustabzugs in spätere Besteuerungszeiträume zu höheren und "älteren" Verlustpositionen (vgl. Valta, 18. und 19. Deutscher Finanzgerichtstag <2022/2023>, 2024, S. 59 <68>). Der Steuerpflichtige trägt damit zusätzlich zu der Ungewissheit, ob in der Zukunft überhaupt Gewinne erzielt werden können, auch das Risiko, ob er über einen hinreichenden Zeitraum tätig sein wird und innerhalb dessen kontinuierlich Gewinne erwirtschaftet, um vorhandene Verluste sukzessive in Ansatz bringen zu können (vgl. Thiemann, Verluste im Steuerrecht, 2020, S. 344; vgl. auch Ratschow, in: BeckOK EStG, § 10d Rn. 35 <Apr. 2025>). Ein solches allgemeines Risiko ist indes keine Besonderheit der genannten Vorschriften, sondern vielmehr jeder Regelung immanent, die den Verlustabzug nicht in zeitlicher und betragsmäßiger Hinsicht unbegrenzt gestattet. Die Risikoerhöhung durch die zu beurteilenden Vorschriften hebt sich letztlich kaum von dem sogenannten Unternehmerrisiko ab, das dadurch geprägt ist, dass der Steuerpflichtige auf eigene Rechnung und Gefahr tätig wird, also das Erfolgsrisiko der eigenen Betätigung trägt (vgl. BVerfGE 160, 41 <69 f. Rn. 71>). In diesem Sinne hat auch der Bundesfinanzhof wiederholt darauf hingewiesen, dass "naturgemäß keine Gewissheit besteht, die Verluste in Zukunft verrechnen zu können" (vgl. -, BFHE 246, 27 <38 Rn. 28> und Urteil vom - I R 9/11 -, BFHE 238, 419 <426 Rn. 22> unter Hinweis auf Urteil vom - I R 76/08 -, BFHE 225, 566; vgl. auch Thiemann, Verluste im Steuerrecht, 2020, S. 344).

147Nichts anderes gilt für Zins- und Liquiditätsnachteile infolge erhöhter Steuerzahllasten in Besteuerungszeiträumen, in denen nur ein beschränkter Verlustvortrag möglich ist. Derartige Auswirkungen sind weithin unbestimmt und hängen von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, namentlich von der jeweiligen Finanzierungsstruktur, ab.

148(bb) Auch soweit die zu beurteilenden Vorschriften - als Folge der Streckung des Verlustvortrags auf der Zeitachse - den wirtschaftlichen "Wertverlust" bei Wegfall von Verlustvorträgen infolge eines "Definitiveffekts" erhöhen (vgl. Valta, 18. und 19. Deutscher Finanzgerichtstag <2022/2023>, 2024, S. 59 <68 f.>), hat der Gesetzgeber mit Blick auf das angestrebte Reglungsziel die Grenzen seiner Typisierungsbefugnis nicht überschritten (so auch -, BFHE 238, 429 <442 Rn. 57>; Heuermann, FR 2012, S. 435 <441>; Ratschow, in: BeckOK EStG, § 10d Rn. 35 <Apr. 2025>; a.A. Desens, FR 2011, S. 745 <750>).

149Ein Wegfall von Verlustvorträgen ist in den verfahrensgegenständlichen Vorschriften nicht als Rechtsfolge vorgesehen, sondern resultiert unmittelbar (erst) aus anderen Vorschriften oder Rechtsgrundsätzen (ähnlich -, BFHE 238, 429 <439 Rn. 44>; vgl. auch Heuermann, FR 2012, S. 435 <440 f.>; Ratschow, in: BeckOK EStG, § 10d Rn. 35 <Apr. 2025>; Vogel, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 10d EStG Rn. 24 <Nov. 2024>; Ergenzinger, in: Lademann, EStG, § 10d Rn. 59 <Mai 2019>). Die nur mittelbare Bedeutung der Mindestgewinnbesteuerung im Zusammenhang mit dem Untergang von Verlustvorträgen bei Eintritt eines "Definitiveffekts" findet auch in der Gesetzesbegründung Ausdruck: "Durch diese Regelung wird der Verlustabzug lediglich zeitlich gestreckt, es gehen aber keine Verluste endgültig verloren" (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 13). Dieser Passus bezieht sich allein auf Wirkungen, die "durch diese Regelung" bezweckt werden sollen, lässt hingegen nicht den Schluss zu, es käme generell nicht zu endgültig nicht mehr nutzbaren Verlusten. Denn der Fortbestand eines Unternehmens ist nicht Regelungsgegenstand der verfahrensgegenständlichen Vorschriften. Vielmehr beruht das Umschlagen eines durch die zeitliche Streckung des Verlustabzugs zunächst lediglich "potenziellen Definitiveffekts" in einen konkreten Verfall einer Verlustposition regelmäßig auf der Auflösung oder Beendigung des Steuersubjekts (vgl. Heuermann, in: Kirchhof/Kube/Mellinghoff, EStG, § 10d Rn. A 86 <Sept. 2022>; Kube, DStR 2011, S. 1781 <1789 f.>; Thiemann, Verluste im Steuerrecht, 2020, S. 347). Den Umstand, dass die Mindestgewinnbesteuerung damit nur die Höhe nicht mehr verwertbarer Verlustvorträge beeinflusst, nicht aber über das - durch andere Rechtsnormen (namentlich des schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c KStG oder des Umwandlungssteuerrechts) oder schlicht den Grundsatz der Individualbesteuerung beziehungsweise das Objektsteuerprinzip (vgl. Rn. 99) bestimmte - "Ob" des Verfalls von Verlusten entscheidet, durfte der Gesetzgeber im Rahmen des Typisierungsvorgangs berücksichtigen.

150Soweit im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten wird, ein Wegfall des Verlustvortrags führe nicht bloß zu einer Verstetigung der Staatseinnahmen in der Zeit, sondern "schlicht zu ihrer Erhöhung" (vgl. Desens, FR 2011, S. 745 <750>), ist dies eine Frage der grundsätzlich gewählten Perspektive. In diesem Kontext ist zu entscheiden, ob es um eine Besteuerung gegenwärtiger Unternehmensgewinne oder um eine vollständige "gegenwärtige Verlustnutzung" durch Verlustvortrag im Falle eines allgemeinen "Definitiveffekts" geht. Der Gesetzgeber rückt zur Erreichung des Verstetigungszwecks und somit sachlich gerechtfertigt die Gegenwartsorientierung und Kontinuität der Besteuerung von Einkommen und Ertrag in den Fokus (vgl. Rn. 129 f.). Dabei stellt er sicher, dass auch im Besteuerungszeitraum des Eintritts des "Definitiveffekts" ein Verlustvortrag von 60 Prozent des eine Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte erfolgt.

151bb) Die durch die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung bewirkte Gleichbehandlung in der vom Bundesfinanzhof vorgelegten besonderen Sachverhaltskonstellation eines endgültigen Wegfalls von Verlustvorträgen ("Definitiveffekt") nach Eintritt eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" überschreitet den gesetzgeberischen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Gesetzgeber bei der Normsetzung von Erwägungen hat leiten lassen, die mit einer zulässigen Typisierung in keinem erkennbaren Zusammenhang stehen.

152(1) Der allgemeine Gleichheitssatz als Differenzierungsgebot ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, nicht vornimmt (vgl. BVerfGE 90, 226 <239>; 110, 141 <167>; 161, 163 <253 Rn. 241>). Der Gesetzgeber verletzt das Gleichheitsgrundrecht insofern erst dann, wenn er es versäumt, tatsächliche Ungleichheiten des zu ordnenden Lebenssachverhalts zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie beachtet werden müssen (vgl. BVerfGE 110, 141 <167>; 161, 163 <253 Rn. 241>); entscheidend sind der sachliche Gehalt der Vorschrift und die auf die rechtliche Gestaltung der Norm zurückgehenden Wirkungen (vgl. BVerfGE 49, 148 <165>; 149, 50 <78 f. Rn. 80>; 161, 163 <253 Rn. 241>). Da im Bereich des Steuerrechts tatsächliche Umstände stets normativ mitgeprägt sind, erstreckt sich das Differenzierungsgebot letztlich auch auf die damit zusammenhängenden rechtlich begründeten Ungleichheiten in den zu regelnden Sachverhalten (vgl. BVerfGE 19, 119 <124 f.>; 21, 12 <26 f.>; 37, 38 <46>; 67, 70 <85 f.>; 98, 365 <385>).

153(2) Danach war der Gesetzgeber mit Blick auf die zu beurteilenden Vorschriften bei seiner Typisierungsentscheidung nicht von Verfassungs wegen gehalten, die seitens des vorlegenden Gerichts aufgegriffenen besonders gelagerten Fälle eines "Definitiveffekts" nach "bilanzsteuerrechtlichem 'Umkehreffekt'" durch eine Härteklausel abzumildern und damit zu privilegieren. Diese Sachverhaltskonstellation erwies sich für den Gesetzgeber - aus der für die Beurteilung maßgeblichen ex-ante-Perspektive - als nicht ohne Schwierigkeiten regelungsfähig und damit als nicht ohne Weiteres vermeidbar (a). Das Ausmaß der durch die tatbestandliche Gleichbehandlung bewirkten Nachteile steht zudem nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung (b).

154(a) Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Typisierung eintretende Härten in atypischen Fällen einer "Definitivsituation" nach Eintritt eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" für den Gesetzgeber ohne Schwierigkeiten durch eine abweichende Tatbestandsbildung vermeidbar gewesen wären (vgl. BVerfGE 84, 348 <360>; 133, 377 <413 Rn. 88>; 145, 106 <146 Rn. 108>; 164, 347 <397 Rn. 137>). Bereits unklar bleibt, ob für den Gesetzgeber - ungeachtet seiner allgemeinen Kenntnis darüber, dass es zu einem Wegfall von Verlustpositionen und damit zu einer "definitiven" Steuerbelastung in Höhe nicht mehr abzugsfähiger Verluste kommen kann (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 13) - gerade die im verfahrensgegenständlichen Vorlagebeschluss beschriebene "Definitivsituation" nach "bilanzsteuerrechtlichem 'Umkehreffekt'" erkennbar war. Jedenfalls drängt sich eine tatbestandliche Alternativgestaltung, mithilfe derer das Regelungsziel präziser, aber gleich effektiv hätte erreicht werden können, nicht auf (vgl. BVerfGE 84, 348 <365>; 125, 1 <17, 23 f.>) und wird auch seitens des vorlegenden Gerichts nicht benannt.

155Die Konzeption des Verlustvortrags ist nicht auf eine Kompensation einzelner Geschäftsvorfälle, sondern auf die Saldierung aggregierter (vorgetragener) Verluste mit dem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte der laufenden Periode angelegt (vgl. Rn. 133). Der Verlustvortrag erfolgt losgelöst von bei der Gewinnermittlung nach den Vorschriften des Handels- und Bilanzsteuerrechts abzubildenden Gewinn- und Verlustursachen. Gerade diese "Ursachenneutralität" des Verlustvortrags, die durch die Mindestgewinnbesteuerung unberührt bleibt, hat zur Folge, dass sich die besondere Sachverhaltskonstellation des Ausgangsverfahrens nicht als ohne Schwierigkeiten gesetzlich regelungsfähig und damit als ohne Weiteres vermeidbar erweist. Zu der Schwierigkeit, die Konstellation einer "Identität" zwischen Verlust- und Gewinnursache tatbestandlich zu erfassen, tritt die Frage, welche "Definitiveffekte" auf der Ebene des Verlustabzugs schutzwürdig sein sollen und welche nicht (vgl. Valta, in: 18. und 19. Deutscher Finanzgerichtstag <2022/2023>, 2024, S. 59 <78>). Davon abgesehen wäre zu fragen, ob eine bestimmte Ausnahme zur Vermeidung damit verbundener Ungleichbehandlungen nicht zur Schaffung weiterer Privilegierungstatbestände führen müsste. All dies steht einer Einschränkung des Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers entgegen. Es ist nicht ersichtlich, dass alle vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzungen - sowohl mit Blick auf den primären Regelungszweck einer Verstetigung der Steuereinnahmen als auch auf den sekundären Zweck einfacher Handhabung der Norm - unter Vermeidung in bestimmten (Einzel-)Fällen entstehender Härten und ohne Inkaufnahme anderer Nachteile hätten erreicht werden können (vgl. BVerfGE 125, 1 <23>).

156(b) Die Vorteile der typisierenden Ausgestaltung der Mindestgewinnbesteuerung stehen nicht außer Verhältnis zu den mit ihr im Einzelfall verbundenen Härten infolge der formalen Gleichbehandlung von Körperschaftsteuersubjekten, bei denen es nach Eintritt eines "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekts'" zu einem (teilweisen) Wegfall von Verlustvorträgen infolge einer Beendigung der Steuerpflicht kommt.

157Hierbei sind insbesondere die folgenden Aspekte zu berücksichtigen. Zunächst bewirkt die Mindestgewinnbesteuerung selbst nicht den Wegfall von Verlustvorträgen (aa). Weiter sehen das Körperschaftsteuerrecht und diesem folgend das Gewerbesteuerrecht besondere Vorschriften der Liquidationsbesteuerung bei Kapitalgesellschaften vor (bb) und schließlich lässt das allgemeine Verfahrensrecht die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall zu (cc). Es ist - unter Heranziehung der genannten Aspekte - nicht ersichtlich, dass die vorliegend zu beurteilende Sonderkonstellation mehr als nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Steuerpflichtigen beträfe und das Ausmaß der Gleichbehandlung nicht gering bliebe (dd).

158(aa) Die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung nehmen zwar Einfluss auf die Höhe der jeweils zu berücksichtigenden Verlustvorträge, wirken sich jedoch nur mittelbar auf den Wegfall von Verlustvorträgen aus (vgl. Rn. 149). Ursächlich für den Untergang von Verlustvorträgen ist häufig das Erlöschen des Steuersubjekts (ebenso Ratschow, in: BeckOK EStG, § 10d Rn. 35 <Apr. 2025>), so auch im Ausgangsverfahren nach insolvenzbedingter Auflösung der Kapitalgesellschaft.

159(bb) Hinsichtlich der durch die Mindestgewinnbesteuerung bewirkten Härten ist weiter zu berücksichtigen, dass bei der liquidations- oder insolvenzbedingten Auflösung von Körperschaftsteuersubjekten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG gemäß § 11 KStG besondere Gewinnermittlungsvorschriften gelten. Dabei wird unter anderem das Jährlichkeitsprinzip des § 7 Abs. 3 Satz 1 KStG "außer Kraft" gesetzt (vgl. Röder, in: Hüttemann/Schön, Unternehmenssteuerrecht, 2024, Rn. 5.73) und die Abschnittsbesteuerung zugunsten eines verlängerten Abwicklungszeitraums, der drei Jahre nicht übersteigen soll, geöffnet (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG). Entsprechendes gilt nach § 16 Abs. 1 GewStDV für die Gewerbesteuer. Die Verlängerung des Gewinnermittlungszeitraums bewirkt eine verbesserte Verlustverrechnungsmöglichkeit während der Abwicklungsphase, indem Ertrags- oder Aufwandsposten zum Ausgleich gebracht und verzerrende Effekte durch die einheitliche Besteuerung abgemildert werden können (vgl. Bergmann, Liquidationsbesteuerung von Kapitalgesellschaften, 2012, S. 66 ff. und 75; ders., GmbHR 2012, S. 943 <943 f.>; Hageböke, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl. 2023, § 11 KStG Rn. 11 f.; Pfirrmann, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 11 KStG Rn. 7 <Mai 2023>). Die besondere Liquidationsbesteuerung vermag letztlich auch das Ausmaß von durch die Mindestgewinnbesteuerung verursachten Härten zu beeinflussen, soweit gegenläufige Bilanzierungseffekte innerhalb des mehrjährigen Abwicklungszeitraums eintreten und sich ausgleichen können.

160(cc) Schließlich fallen bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von generalisierenden und typisierenden Normen bestehende Billigkeitsregelungen - im Steuerrecht insbesondere §§ 163, 227 AO - zur Milderung unbilliger Härten ins Gewicht (vgl. BVerfGE 48, 102 <114> m.w.N.; 93, 165 <171>; vgl. auch -, BFHE 238, 429 <442 Rn. 57>; Urteil vom - IV R 29/10 -, BFHE 238, 518 <523 Rn. 21>). Die Möglichkeit einer individuellen Billigkeitsmaßnahme zur Vermeidung unbilliger Härten kann dazu beitragen, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zu bestätigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 741/14 -, Rn. 10; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1103/15 -, Rn. 12).

161(α) Eine Billigkeitsmaßnahme kann geboten sein, wenn ein Gesetz, das in seinen generalisierenden Wirkungen verfassungsgemäß ist, bei der Steuerfestsetzung im Einzelfall zu Grundrechtsverstößen führt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1103/15 -, Rn. 11). Mit Billigkeitsmaßnahmen darf jedoch nicht die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden. Müssten notwendige Billigkeitsmaßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (vgl. BVerfGE 48, 102 <116>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1103/15 -, Rn. 11). Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem "ungewollten Überhang" des gesetzlichen Steuertatbestands abhelfen (vgl. BVerfGE 48, 102 <116>; 99, 246 <267>; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2539/07 -, Rn. 32; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1103/15 -, Rn. 12). Typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechende Folgen vermögen keine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2539/07 -, Rn. 33; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1103/15 -, Rn. 12). Härten, die dem Besteuerungszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass nicht rechtfertigen, sondern sind gegebenenfalls durch eine Korrektur des Gesetzes zu beheben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 89/91 -, NVwZ 1995, S. 989 <990>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1103/15 -, Rn. 12).

162(β) Bezogen auf Fälle eines "Definitiveffekts" nach einem "bilanzsteuerrechtlichen 'Umkehreffekt'" ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber daraus resultierende Härten bei der Normsetzung als typische Folge der gesetzlichen Regelung in Kauf genommen hat. Vielmehr durfte er die einfachrechtlich abgesicherte Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen in atypischen Einzelfällen in seine Typisierungsentscheidung einstellen, soweit - trotz der Anhebung des Sockelbetrags und Abzugsprozentsatzes im Gesetzgebungsverfahren - Unsicherheiten über Anzahl und Intensität von Härten im Einzelfall mit zumutbarem Aufwand nicht beseitigt werden konnten (vgl. auch -, BFHE 238, 429 <442 Rn. 57>). Die Korrektur eines "ungewollten Überhangs" des Gesetzes nach den Regelungen in §§ 163, 227 AO bedeutet indes keine "strukturelle Gesetzeskorrektur" im Sinne der Ausführungen des vorlegenden Gerichts (vgl. -, BFHE 246, 27 <42 Rn. 38>). Soweit das 9 C 10.14 - entschieden hat, dass Billigkeitsmaßnahmen zur generellen Vermeidung von Definitiveffekten der Mindestgewinnbesteuerung ausschieden, weil sie einer strukturellen Gesetzeskorrektur gleichkämen (vgl. 9 C 10.14 -, BVerwGE 151, 255 <263 Rn. 24>), bedeutet dies letztlich nur, dass die Chancen für eine Billigkeitsmaßnahme im Einzelfall gering erscheinen, soweit allein an den Umstand angeknüpft wird, dass Verlustvorträge endgültig wegfallen (vgl. Wendt, DStJG 28 <2005>, S. 41 <78, dort Fn. 212>; Maciejewski/Süß, DStR 2023, S. 1752 <1756>). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Existenz der §§ 163, 227 AO Eingang in den Typisierungsvorgang im Rahmen der Normsetzung finden durfte und musste.

163(dd) Die Vorteile der typisierenden Tatbestandsbildung der Mindestgewinnbesteuerung stehen - unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Aspekte (siehe Rn. 158 bis 162) - in einem angemessenen Verhältnis zu den mit ihr notwendig verbundenen Nachteilen. Bei der vorzunehmenden Evidenzkontrolle ist nicht erkennbar, dass durch die typisierende Gleichbehandlung in der im Vorlagebeschluss beschriebenen Sachverhaltskonstellation eintretende Härten mehr als nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Körperschaftsteuersubjekten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG beziehungsweise Gesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG beträfen (α) und das (qualitative) Ausmaß mehr als nur gering einzuschätzen wäre (β).

164(α) Davon, dass die verfahrensgegenständlichen Vorschriften über besonders gelagerte Fälle hinaus (Un-)Gleichheiten entstehen ließen und ganze Gruppen von Betroffenen stärker belasteten (vgl. BVerfGE 71, 39 <50>; vgl. auch BVerfGE 138, 136 <225 Rn. 227>; Wollenschläger, in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 3 Rn. 204 <dort Fn. 592>), ist nicht auszugehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber im Rahmen seines Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums durch die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte Erhöhung des Sockelbetrags von zunächst vorgesehenen 100.000 Euro auf eine Million Euro die Zahl etwaiger Härtefälle insoweit verringerte, als die Mindestgewinnbesteuerung bei Unterschreiten des Sockelbetrags nicht zur Anwendung kommt (ebenso -, BFHE 238, 429 <441 Rn. 53>). Weiter bewirken die besonderen Gewinnermittlungsvorschriften nach § 11 KStG für die Abwicklung von Körperschaftsteuersubjekten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG grundsätzlich, dass durch den kompensatorischen Effekt des verlängerten Abwicklungszeitraums gegenläufige Bilanzierungseffekte bereits auf Ebene der Gewinnermittlung ausgeglichen werden können und damit etwaige Härtefälle von vornherein nicht entstehen oder zumindest entschärft werden. Es verbleiben (nur solche) Fälle, in denen - wie im Ausgangsverfahren - der "bilanzsteuerrechtliche 'Umkehreffekt'" seinen Ursprung bereits vor Beginn des besonderen Abwicklungszeitraums im Sinne des § 11 KStG hat.

165(β) Obgleich sich im Einzelfall in absoluten Zahlen eine erhebliche Steuerbelastung ergeben kann, erweist sich das Ausmaß der durch die zu beurteilenden Vorschriften bewirkten Gleichbehandlung in qualitativer Hinsicht als (noch) nicht sehr intensiv. Dabei ist neben den bereits angeführten Aspekten zu berücksichtigen, dass entsprechend der gesetzlichen Konzeption der Mindestgewinnbesteuerung auch in dem Besteuerungszeitraum, in dem der "Definitiveffekt" eintritt, ein Verlustabzug in Höhe von 60 Prozent des eine Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte beziehungsweise des maßgebenden Gewerbeertrags erfolgt. Das allgemeine Risiko der nicht vollständigen Verlustnutzung realisiert sich auch in der besonderen Konstellation des Ausgangsverfahrens nur hinsichtlich des in den vorangegangenen Besteuerungszeiträumen infolge der Mindestgewinnbesteuerung nicht abgezogenen (zeitlich gestreckten) Teilbetrags an Verlusten.

166Soweit das vorlegende Gericht ausführt, der Mindestgewinnbesteuerung könne "- wie im Streitfall - auf der Grundlage eines inneren Sachzusammenhangs beziehungsweise einer Ursachenidentität zwischen Verlust und Gewinn" die Wirkung zukommen, "den Verlustabzug gänzlich auszuschließen" (vgl. -, BFHE 246, 27 <39 Rn. 30>), übergeht es, dass durch den prozentualen Abzug grundsätzlich sichergestellt ist, dass kein Steuerpflichtiger in einer Besteuerungsperiode mit positivem Gesamtbetrag der Einkünfte beziehungsweise des Gewerbeertrags vollständig vom Verlustabzug ausgeschlossen ist (vgl. -, BFHE 238, 429 <440 Rn. 48>). Die im Beschluss in BVerfGE 99, 88 (für bestimmte Leistungseinkünfte) aufgezeigte "Untergrenze" eines völligen Ausschlusses der Verlustverrechnung (Verlustausgleich und -abzug) ist vorliegend weder einschlägig noch wäre sie in der Sachverhaltskonstellation des Vorlagebeschlusses erreicht. Die Entscheidung des Gesetzgebers für eine prozentuale Beschränkung oberhalb des Sockelbetrags bei zeitlich unbegrenztem Verlustvortrag bildet (gewissermaßen) das Gegenstück zu dem früheren, vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandeten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 313/88 -) Modell eines betragsmäßigen Vollabzugs bei zeitlicher Begrenzung des Verlustvortrags auf fünf Jahre nach § 10d Satz 4 EStG 1976.

II.

167Das vorlegende Gericht wirft in seiner Vorlage allein die Frage auf, ob die zu beurteilenden Vorschriften der Mindestgewinnbesteuerung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Das Bundesverfassungsgericht ist im Verfahren der konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG jedoch nicht darauf beschränkt, die Verfassungsmäßigkeit einer Norm nur vom Blickwinkel des vorlegenden Gerichts und dessen verfassungsrechtlichen Bedenken aus zu prüfen. Vielmehr ist die Norm insoweit, als sie zulässigerweise zur Prüfung gestellt worden ist, unter allen denkbaren verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten Gegenstand des Verfahrens (vgl. BVerfGE 93, 121 <133>; 133, 1 <12 Rn. 41>; 167, 290 <313 Rn. 65> - Kommunalinvestitionsförderungsgesetz). Vorliegend sind die zu beurteilenden Vorschriften daher auch unter dem Gesichtspunkt einer Vereinbarkeit mit Art. 14 Abs. 1 GG zu prüfen.

168Die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung führen als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zwar zu einer - wenn auch nicht sehr intensiven (vgl. Rn. 103 ff.) - Beeinträchtigung der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Denn sie wirken sich (mittelbar) auf den Hinzuerwerb oder das Innehaben vermögenswerter Rechtspositionen aus (vgl. BVerfGE 115, 97 <111>; 162, 325 <345 Rn. 76>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1505/20 -, Rn. 67), indem sie bezogen auf die einzelne Besteuerungsperiode zu einer - verglichen mit einem unbeschränkten Verlustvortrag - höheren Festsetzung der Körperschaftsteuer beziehungsweise des Gewerbesteuermessbetrags führen. Dass daraus mit Blick auf die in der "Grundkonzeption" der Mindestgewinnbesteuerung eintretende und gesetzgeberisch angestrebte bloße zeitliche Streckung des Verlustvortrags ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Form einer unverhältnismäßigen Steuerbelastung resultierte, ist jedoch nicht erkennbar.

169Nichts anderes ergibt sich in Fällen, in denen Verlustvorträge nicht vollständig aufgezehrt werden können und ungenutzt wegfallen ("Definitiveffekt"), ungeachtet der Frage, ob dem endgültigen Verlustuntergang ein "bilanzsteuerrechtlicher 'Umkehreffekt'" vorausging. Auch in einem solchen Fall ist nicht erkennbar, dass die steuerliche Belastung durch die Regelungen der Mindestgewinnbesteuerung strukturell so weit ginge, dass der wirtschaftliche Erfolg grundlegend beeinträchtigt wäre und damit nicht mehr angemessen zum Ausdruck käme (vgl. BVerfGE 115, 97 <117>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1505/20 -, Rn. 149). Denn bezogen auf den einzelnen Besteuerungszeitraum bewirkt die prozentuale Verlustvortragsbeschränkung lediglich, dass 40 Prozent des den Sockelbetrag übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte beziehungsweise des maßgebenden Gewerbeertrags zur Besteuerung herangezogen werden (vgl. zur Gewerbesteuer -, BFHE 238, 429 <442 Rn. 60>). Besteuert wird ein nach den Grundsätzen des bilanziellen Betriebsvermögensvergleichs ermittelter Gewinn, der auf einem bilanzsteuerrechtlich realisierten "Zuwachs an bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgütern" (vgl. BVerfGE 115, 97 <112>) und damit auf dem Hinzuerwerb einer vermögenswerten Rechtsposition beruht. Ob und inwieweit dem ein Liquiditätszufluss korrespondiert, ist - unabhängig von der Frage, ob dem verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt - keine Frage der Mindestgewinnbesteuerung, sondern allgemein der Gewinnermittlung durch (bilanziellen) Betriebsvermögensvergleich.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:ls20250723.2bvl001914

Fundstelle(n):
KAAAJ-97325