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Thüringer FG Urteil v. - 2 K 570/20

Gesetze: DSGVO Art. 2 Abs. 1, DSGVO Art. 13 Abs. 4, DSGVO Art. 14 Abs. 5a, DSGVO Art. 15 Abs. 1, DSGVO Art. 15 Abs. 3, DSGVO Art. 23 Abs. 1 Buchst. e, FGO § 62, FGO § 119 Nr. 4, AO § 32i, AO § 32c Abs. 1 Nr. 1, AO § 32a Abs. 1

Nach Eintritt der Bestandskraft von Grunderwerbsteuerbescheiden kein Anspruch nach der DSGVO auf Akteneinsicht in Grunderwerbsteuerakten oder Kopien aller Grunderwerbsteuerakten

Vertretung des Finanzamts beim Finanzgericht

Leitsatz

1. Der Steuerpflichtige hat nach der DSGVO gegenüber einem für Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt keinen Anspruch auf Vorlage sämtlicher Daten, die von diesem im Zusammenhang mit bereits bestandskräftig gewordenen Grunderwerbsteuerfestsetzungen über ihn erhoben oder verarbeitet worden sind; insbesondere verleiht Art. 15 Abs. 1 DSGVO kein Recht auf Einsicht in die vollständigen Grunderwerbsteuerakten und Art. 15 Abs. 3 DSGVO kein Recht auf Überlassung von Kopien aller Steuerakten.

2. Der Anspruch auf Erteilung einer Kopie geht nicht weiter als die in Art. 15 Abs. 1 DSGVO geregelten Pflichtangaben. Es besteht kein Anspruch auf die Überlassung gesamter Inhalte der Steuerakten, da es sich insoweit nicht um personenbezogene Daten im Sinne von Art. 15 DSGVO handelt. Aus dem Erwägungsgrund 63 zur DSGVO ergibt sich, dass ein gewisser Grad an Aussagekraft der Daten über die betroffene Person zu fordern ist. Infolgedessen kann der Verantwortliche, der eine große Menge von Informationen über die betroffene Person verarbeitet, vor der Auskunftserteilung verlangen, dass die betroffene Person präzisiert, auf welche Information oder welche Verarbeitungsvorgänge sich ihr Auskunftsersuchen bezieht (Anschluss an Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen).

3. Außerdem ist der Auskunftsanspruch auf solche Dokumente beschränkt, die dem Kläger nicht bereits vorliegen, mit der Folge, dass dieser sein allgemeines Auskunftsverlangen auf bestimmte Dokumente zu konkretisieren hat. In diesem Zusammenhang hat er unter anderem zu begründen, warum ihm das jeweilige Dokument nicht bereits vorliegt. Die in den Grunderwerbsteuerakten befindlichen Daten stammen aufgrund der Eigenarten dieser Steuer aus den Notarverträgen und den vom Steuerpflichtigen bzw. seinen Bevollmächtigten eingereichten Belegen; eine Kenntnis des Steuerpflichtigen über diese Daten ist daher grundsätzlich zu unterstellen. Bereits z. B. infolge einer früheren Akteneinsicht bekannte Daten unterliegen nicht einer neuerlichen Auskunftspflicht.

4. Grundsätzlich steht dem Steuerpflichtigen dem Grunde nach ein anlassloser, allerdings nach Art. 2 Abs. 1 DSGVO begrenzter Auskunftsanspruch gegenüber dem Finanzamt zu, soweit dieses im Anwendungsbereich der DSGVO personenbezogene Daten verarbeitet (vgl. ). Der deutsche Gesetzgeber hat allerdings in Ausübung der durch Art. 23 DSGVO den Mitgliedsstaaten eingeräumten Kompetenz, namentlich der Beschränkungskompetenz des Art. 23 Abs. 1 Buchst. e) DSGVO, in den §§ 32a AO ff. vielfältige Beschränkungen des Auskunftsanspruchs im Bereich der Steuerverwaltung vorgenommen.

5. Nach der Rechtsprechung des FG München (zusammenfassend ) unterliegen strukturierte Einzelangaben einem Auskunftsanspruch, nicht aber Volltexte, die ggf. die Quelle der noch nicht strukturierten/gehobenen Daten darstellen.

6. Im Ergebnis gewährleistet der Auskunftsanspruch nach der DSGVO somit keinen Anspruch auf Einsicht in die Steuerakte oder einzelne Verwaltungsdokumente oder die Überlassung von Kopien der in der Steuerakte enthaltenen Schriftstücke. Außerdem ist der Anspruch zeitlich auf die Daten nicht abgeschlossener Besteuerungszeiträume beschränkt, es besteht daher kein Anspruch auf Einsichtnahme in bereits bestandskräftig beendete Grunderwerbsteuerverfahren.

7. Das Finanzamt als verklagte Behörde ist nicht selbst prozessfähig und wird daher im finanzgerichtlichen Verfahren durch den Vorsteher als dem gesetzlichen Vertreter des Finanzamtes vertreten. Es kann sich aber auch durch einen anderen Amtsangehörigen vertreten, hierzu genügt die Vorlage einer Urkunde, aus der hervorgeht, dass der Vorsteher des Finanzamtes einem seiner Beamten für zukünftige Verfahren die Vertretung vor dem FG überträgt.

Fundstelle(n):
PAAAJ-97319

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Thüringer FG, Urteil v. 15.08.2023 - 2 K 570/20

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